84 Millionen Sterne und mehr - mit VISTA

  • <b>Ein internationales Astronomenteam hat mit einer gigantischen Aufnahme des VISTA-Infrarotdurchmusterungsteleskops am Paranal-Observatorium der ESO die zentralen Bereiche unserer Milchstraße erfasst. Die Forscher erzeugten aus dem neun Gigapixel großen Bild einen Katalog, der mehr als 84 Millionen Sterne enthält. Das erfasst mehr als zehn mal so viele Sterne wie alle vorangegangenen Studien und bedeutet für das Verständnis unserer Heimatgalaxie einen gewaltigen Fortschritt. Betrachtern bietet das Bild die Möglichkeit, in höchster Auflösung in das Zentrum der Milchstraße zu zoomen. Es ist so groß, daß es neun Meter lang und sieben Meter hoch wäre, würde man es in der Auflösung ausdrucken, wie sie im Buchdruck üblich ist.</b>


    „Untersucht man die Myriaden von Sternen in der Umgebung des galaktischen Zentrums im Detail, dann kann man nicht nur etwas über die Entstehung und Entwicklung unserer Milchstraße lernen, sondern über Spiralgalaxien ganz allgemein”, sagt Roberto Saito von der Pontificia Universidad Católica de Chile, der Universidad de Valparaíso und dem chilenischen „Milky Way Millennium Nucleus“-Projekt, der Erstautor der neuen Studie.


    Wie bei den meisten anderen Spiralgalaxien findet sich auch um die zentralen Bereiche unserer Milchstraße herum eine größere Anzahl älterer Sterne. Wie dieser sogenannte Bulge sich gebildet und entwickelt hat, ist eine der Schlüsselfragen zum Verständnis unserer Heimatagalaxie. Die Suche nach einer Antwort wird dadurch erschwert, dass dieser Bereich der Milchstraße für Beobachtungen im herkömmlichen sichtbaren Licht nicht direkt zugänglich ist.


    „Beobachtungen des Bulges der Milchstraße sind schwierig, weil zwischen Bulge und Erde dichte Staubwolken liegen, die das sichtbare Licht abschwächen“, erklärt Dante Minniti von der Pontificia Universidad Catolica de Chile, einer der Koautoren der Studie. „Für einen direkten Blick in das Herz unserer Galaxis müssen wir im nahen Infrarot beobachten. Infrarotstrahlung wird von dem kosmischen Staub deutlich weniger stark beeinträchtigt.”



    VISTA-Gigapixelmosaik der Zentralregion der Milchstraße. Bild: ESO/VVV Consortium, Acknowledgement: Ignacio Toledo, Martin Kornmesser


    Mit seinem großen Hauptspiegel, seinem großen Gesichtsfeld und seiner hochempfindlichen Kamera ist VISTA, das Visible and Infrared Survey Telescope for Astronomy (wörtlich das “Astronomische Teleskop für Durchmusterungen im sichtbaren Licht und im Infrarot”) wie geschaffen für diese Aufgabe. Das Astronomenteam verwendete die Daten des „VISTA Variables in the Via Lactea“- Programms (abgekürzt VVV, zu Deutsch etwa “VISTA-Beobachtungen von Veränderlichen in der Milchstraße“ [1]), einer der sechs großen Durchmusterungen, die mit VISTA durchgeführt werden. Sie erzeugten daraus ein gigantisches Farbbild mit einer Größe von 108.200 x 81.500 Pixeln, also eine 9-Gigapixel-Aufnahme. Das Ergebnis ist eines der größten astronomischen Bilder überhaupt. Außerdem haben die Wissenschaftler mit Hilfe dieser Daten den größten Sternkatalog des Zentralbereichs unserer Milchstraße aller Zeiten geschaffen [2].


    Als Teil der Analyse der riesigen Datenmengen trugen die Astronomen die Farben von rund 84 Millionen Sternen gegen die Helligkeit dieser Sterne auf. Diese Grafik, ein sogenanntes Farben-Helligkeits-Diagramm, enthält mehr als zehn mal so viele Datenpunkte wie alle vorangegangenen Studien und beinhaltet erstmals Daten des gesamten Bulges. Solche Farben-Helligkeits-Diagramme helfen den Wissenschaftlern dabei, Eigenschaften von Sternen wie ihre Oberflächentemperaturen oder Massen sowie das Alter der Sterne zu ermitteln [3].


    „Zu jedem Zeitpunkt seines Lebens entspricht einem Stern ein ganz bestimmter Punkt in diesem Diagramm. Die Lage dieses Punktes hängt von der Helligkeit und der Temperatur des Sterns ab. Die neuen Daten liefern uns einen Schnappschuss von 84 Millionen Sternen auf einmal – eine regelrechte kosmische Volkszählung für diesen Teil unserer Milchstraße“, ergänzt Minniti.


    Das neue Farben-Helligkeits-Diagramm des galaktischen Bulges ist eine wahre Fundgrube für Astronomen, die die Struktur und Zusammensetzung unserer Milchstraße erforschen. Eines der ersten Ergebnisse ist beispielsweise die große Anzahl lichtschwacher roter Zwergsterne. Solche Sterne sind ideale Kandidaten für die Suche nach extrasolaren Planeten mit der sogenannten Transitmethode. [4]


    „Das Besondere am VVV-Programm ist, dass es eine der großen, öffentlich zugänglichen VISTA-Durchmusterungen ist. All diese Daten sind also über das ESO-Datenarchiv für jedermann frei zugänglich. Daraus werden sich mit Sicherheit in Zukunft noch viele weitere interessante Resultate ergeben“, schließt Saito.


    Endnoten


    [1] Das „VISTA Variables in the Via Lactea”-Programm (VVV) ist eine ESO-Durchmusterung, die mit dem VISTA-Teleskop durchgeführt wird. Für VVV werden seit 2010 der Zentralbereich der Milchstraße und der südliche Bereich der galaktischen Ebene mit fünf verschiedenen Filtern im nahen Infrarot systematisch abgelichtet. Für das Projekt sind innerhalb von fünf Jahren insgesamt 1929 Stunden Beobachtungszeit veranschlagt. Via Lactea ist die lateinische Bezeichnung für die Milchstraße.


    [2] Die für diese Studie verwendete Aufnahme deckt etwa 315 Quadratgrad ab, also etwas weniger als 1% des gesamten Himmels. Die zugrundeliegenden Beobachtungen wurden mit drei verschiedenen Nahinfrarotfiltern durchgeführt. Der daraus gewonnene Katalog umfasst die Positionen der Sterne und ihre Helligkeiten in den drei entsprechenden Farbbändern. Er enthält etwa 173 Millionen Objekte, von denen bislang 84 Millionen als Sterne bestätigt werden konnten. Alle anderen Objekte sind entweder zu lichtschwach, überdecken sich mit ihren nächsten Nachbarn oder sind durch Bildartefakte so sehr beeinträchtigt, dass keine genauen Messungen möglich waren. Bei einigen anderen handelt es sich aber auch um ausgedehnte Objekte wie zum Beispiel ferne Galaxien.


    [3] In einem Farben-Helligkeits-Diagramm wird die Farbe einer Gruppe von Objekten gegen ihre scheinbare Helligkeit aufgetragen. Den Farbwert ermittelt man durch die Differenz der Helligkeitswerte in den verschiedenen Farbbändern. Das Farben-Helligkeits-Diagramm ist einem Hertzsprung-Russell- oder HR-Diagramm sehr ähnlich, wobei letzteres allerdings anstelle der scheinbaren Helligkeit die absolute Helligkeit verwendet und den Spektraltyp anstelle des Farbwerts verwendet. Für die Erstellung eines HR-Diagramms wird daher als zusätzliche Information immer auch die Entfernung der dargestellten Sterne benötigt.


    [4] Mit der Transitmethode weist man Planeten um andere Sterne nach, indem man winzige Abschwächung der Helligkeit des Sterns nachweist, die auftritt, wenn ein Planet von der Erde aus gesehen direkt vor dem Stern vorbeiläuft und dabei einen kleinen Teil der leuchtenden Sternoberfläche abdeckt. Durch die geringe Größe roter Zwergsterne, die üblicherweise den Spektraltyp K oder M haben, ist der relative Helligkeitsabfall auch bei kleineren Planeten vergleichsweise groß, so dass man bei diesen Sterntypen mit der Transitmethode besonders einfach Planeten nachweisen kann.


    Mehr Infos, weitere Bilder und Videos gibt es auf den deutschen Seiten des ESO Science Outreach Network (ESON) unter: http://www.eso.org/public/germany/news/eso1242

  • Japp, das hab ich auch gemerkt - schon als ich vorhin nochmal das kleine Bild für hier runtergeladen hab. Die Kollegen haben mir auch tatsächlich bestätigt, daß es an Leuten liegt, die sich alle die große Version angucken [:)]

  • das Bild pragt zurzeit auf meinem Desktop
    um mal zu beginnen, was man darauf finden kann, einen Kugelsternhaufen.
    Den man erster sieht, wenn man ganz nah ran zoomt.

  • super Klasse, man kann sich richtig drin verlieren


    was mir leider fehlt, ist ein Koordinatensystem, um Dinge wiederzufinden


    Beste Grüße


    Gruggy

  • Hallo Caro,


    vielleicht sollte die ESO mal darüber nachdenken, die Bilder in Vollauflösung im JEPG-Format mit stärkerer Kompression anzubieten. Eine Kompression von 1:10 hat kaum sichtbare Artefakte und würde die Bildgrösse in diesem Fall auf etwa 2,5 GB reduzieren.
    Ausserdem stört es mich immer, dass bei den Downloadlinks nur die Dateigrösse, aber nicht die Bildauflösung angegeben ist.


    Gruss Heinz

  • Hallo Heinz,


    am Bildschirm macht es keinen Unterschied, im Druck aber schon. Und genau dafür werden die Originalgröße-Bilder normalerweise angegeben. Dieses Bild hier ist sicher eine Ausnahme, weil kaum jemand das ganze mit 300 oder 600 dpi drucken wird, aber prinzipiell kannst du daraus ein riesen Poster machen. Die Pixelgröße des Originalbildes kannst du immer weiter oben ablesen. Bildschirmgröße und mittlere Größe (gibts bei dem hier nun nicht) werden immer so auf roundabout 1000 bzw. 3000-4000 Pixel Kantenlänge skaliert.


    Viele Grüße
    Caro

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