Es ist ähnlich der Testfahrt mit neuem Fahrzeug.
Man fährt bekannte Wege ab, da wo man jedes Schlagloch zu kennen glaubt,
und möchte erfahren wie diese Karre in der Kurve liegt und den Berg hochzieht.
Mir geht es beim ersten richtigen Gassi mit meinem neuen 16er Reisedob, dem Zitronenfalter nicht anders.
Samstag Abend kurz nach 20 Uhr fuhr ich gemütlich mit dem Autole durch den schwäbischen Wald zu meinem bevorzugten Beobachtungsplatz,
einem Plateau auf 450m ü.NN, mit Rundumsicht ohne störende Beleuchtung.
Bei Sonnenuntergang wurden die Sehhilfen aufgestellt und mehrere Spaziergänger
zeigten freundliches Interesse am Treiben und meiner Ausrüstung.
Der neue 16“F4.5 Dob, und eine Batterie von Weitwinkelfernrohren stand in Reihe auf den Feldweg
hinter dem geöffneten Kofferraum der A-Klasse.
Die „Kurzen“ auf Giro und Vermessungsstativ ,das sind ein Skywatcher 120/600mm, ein Sucher 80/320mm mit 2“ Drehfokussierer
und ein Ebensolcher mit 60/240mm.
Sie ermöglichen mit 2“ 30mm WW Okularen ,meine XtraWW-Träume das sind mehr als stolze 4°, 7° und 11°am Sternenhimmel.
Der Füssener Astrostuhl und eine kühle Flasche Muskattrollinger
vervollständigten das Equipement zum wahrhaften Genuss-Spechteln.
Der sehr tief stehende Saturn, das erste Objekt, mehr als 130fach (14mm Meade UWA) war nicht wirklich gewinnbringend.
Die Antaresregion war zuerst Ziel der Fernrohre bei Eintritt der Dunkelheit.
Doch die den Himmel kreuzende ISS änderte für wenige Minuten das Beobachtungsprogramm.
Mit einem Kurzfernrohr wurde die Station gehalten, parallell dazu konnten 2 Mitspechtler an der beiden anderen Gucklöchern die Sonnensegel sehen.
90 Minuten später konnten wir wieder......
Zurück bei Antares, dort konnte im 80mm der Schimmer von M4 wahrgenommen werden,
Im 11° GF des 60mm Suchers war dazu der kompakte M80 zu sehen.
Der 16“ löst den lockeren Kugelsternhafen mit Leichtigkeit auf.
M80 bleibt dagegen im Kern auch bei 300x ein von unzähligen Sternsprenkeln eingerahmter Wattebausch.
Rund um die Teekanne werden die nächsten Ziele angepeilt.
Deutlich sind M16 und 17 in den Gesichtsfeldern der 60 und 80mm Sucher auzumachen.
Begeistern tut mich der Anblick dieser Objekte im kleinen 60mm.
Schwenke ich noch ein wenig weiter südlich und positioniere die kleine Sagittariuswolke mittig,
ist am oberen Gesichtsfeldrand M17 noch zusehen, dazu noch die offenen Sternhaufen Messier 18 und 25.
Im 16“ sind die Dunkelschläuche des Trifidnebels bei 60x ohne Filter zu erkennen,
M8 der Lagunennebel darunter ist ein Pflichtbesuch, wenn man in dieser Gegend den Himmel abstreift.
Mein Dob läuft wunderbar leicht, und hält mit und Okulare seine Position,
nur beim 20mm Nagler T2 - das ist mit 1,1kg das Schwergewicht im Okularkoffer-
folgt der Hut bei Deklinationen unter - 20° ganz langsam der Schwerkraft.
Im 60mm Sucher blitzt nordöstlich des Teakannendeckels der Kugelsternhaufen M22 auf,
mit Hilfe des 16 Zoll Dob finden die Mitspechtler auch daran Gefallen mit 130-fach und 200-facher Vergrösserung-
(8,8mm Meade UWA)
Zum Vergleich wird auf M13 gezielt und ich sehe auf Anhieb bei 130 fach den Propeller in der südlichen Hälfte,
den Scotty (Walter Scott Houston) in seiner Kolumne bei Sky & Telescope beschrieb,
ich nenne diese Struktur pragmatisch „Mercedesstern in M13“-
Die Galaxie NGC 6207 ist nordöstlich als zarter Schimmer schwach zu erkennen.
Wieder zurück in Richtung Südhimmel wird der zuerst der kleine Kugelsternhaufen M72,
anschließend der Saturnnebel NGC 7009 im Aquarius eingestellt.
Bei 60facher Vergrösserung (30mm Kokushi Khoki Wide Scan III) ist ein helles kleines grünliches Oval zu erkennen.
Mit 300facher Vergrösserung (Meade UWA 6,7mm)sind seitlich 2 Spitzen bei indirektem Sehen erahnbar.
NGC 7293 der Helixnebel ist bei grober Ausrichtung des 60mm mit UHC Filter auf Anhieb lokalisiert,
und der 16“er wird auf die selbe Himmelstelle geschoben,
Der zeigt ab 60fach die wahre Gestalt dieses Objekts, aus dem Bobbele im 60mm wird ein großer in Ost-West elongierter ovaler Ring.
Die kurzen Fernrohre werden in Richtung Schwan geschoben.
Mit UHC Filter zeigt der 60mm Sucher den schönsten NGC 7000 und auch die Struktur des Pelikannebels IC 5067 im 11°großen Gesichtsfeld.
Logisch dass nun auch der 16“ zum Schwan bewegt wird.
Die Schwinge des Cirrusnebels NGC 6960 und die Hexenhand NGC 6992 sind im 16er sehr gut zu sehen.
Begeisterung findet auch der Anblick der ganzen Objekts im 4°grossen Feld des 120/600.
Wir cruisen weiter zu den Nebel um Gamma Cygni (Ic1318) und zum Crecentnebel, der ein Objekt für den 16“ ist.
Mitspechtler Hannes meint der Nebel habe eine Form ähnlich eines Fötus, da stelle ich den Fötennebel NGC 7008 ein.
Gegenüber dem Crescent erscheint dieser bei 60fach recht winzig.
Bei 200fach ist die Stuktur „einer mit Sternen gefüllten umgefallenen 6“ deutlicher zu sehen.
Ein Höhepunkt des Perseidenstroms:
Plötzlich zieht vor Mitternacht ein grünlicher Bolide mit geschätzten -5mag seine Bahn.
Er hinterlässt eine Rauchspur quer durch Kepheus und Schwan, die mehrer Sekunden lang zu sehen ist.
Einen solchen Trümmer habe ich viele Jahre nicht gesehen!
NGC 7479 , eine Balkenspirale im Pegasus ist nach Wiedererlangen der Adaption mein nächstes Ziel mit dem 16er.
Ein längliches Zentrum ist zu deutlich sehen, für mehr reicht mir die Fantasie nicht aus.
NGC 7331 ist da dankbarer. Im Gesichtsfeld bei 60fach schimmern nördlich der Spindel die Mitglieder von Stephans Quintett.
Mit gefällt dieser Überblick am Besten.
Bevor der Wunsch „Andromeda“ erfüllt wird geht es zuerst zu Mirrachs Geist NGC 404.
Danach alle Rohre auf die Andromedagalaxie.
Im 80mm kann man schön die nahezu 4° große Ausdehnung der Galaxie mit viel Himmel drumherum ausmachen.
Im 16er sind beide Begleiter und 2 Staubstreifen sehr leicht zu sehen. Dieser Anblick erfreut das Sternguckerherz!
Dagegen ist Messier 33 für die Mitspechtler auf den ersten Blick fast enttäuschend.
Ich kann „beim Dranbleiben am Okular“ sehr schön die beiden Arme und zahlreiche Verdichtungen erkennen.
Paralell dazu ist die Batterie mit den Kurzfernrohren auf den Perseus ausgerichtet
und es werden damit zahlreiche Sternansammlungen und Sternhaufen mit verschieden großen Gesichtsfeldern beäugt (Klaro ist u.a. Hatschie mit dabei).
Im Nordosten geht eine durch die Refraktion deformierte Monsichel auf,
es ist 1Uhr MESZ und wir beschließen einen schönen Spechtelabend, von dem es mir lange Zeit geträumt hat.
Vielleicht gibt es kommedes Wochenende davon eine ausführliche Wiederholung?
PS: Fazit der Testfahrt: Den Gelben nehm ich - bitte Einpacken.