Entdeckung der Spiralstruktur

  • Hallo!


    Ich lese, dass man wirklich schwierige und für heutige Amateure nahezu unmögliche Objekte wie etwa Saturnmond Hyperion bereits 1848 entdeckte.


    Die Spiralstruktur von Galaxien wie M51, dem heutigen Sternfreund wohl vertraut, erschloss sich den Beobachtern erst ein paar Jahre später, unter Verwendung von aus heutiger Sicht absurd großen Instrumenten.


    Warum eigentlich? Grade für die Spiralarme braucht es doch eher gute Sichtbedingungen (sicherlich verfügbar im 19. Jhd.) als perfekte Optik? Kann mir das nicht erklären.


    Ideen?


    <font color="limegreen">Betreff "Historische Frage" präzisiert und in's passende Forum verschoben. Stathis</font id="limegreen">

  • Hi Tanja,
    man kannte Galaxien-Nebel auch schon um die Jahrhundertwende und früher. Nur wusste man damals halt noch nicht, dass es Sternsysteme (sprich Galaxien) sind. Man stand damals vor dem Rätsel, dass es anscheinend sehr viele Nebel gab, die alle eine Spiralstruktur aufweisen. Erst Hubble erkannte, dass es eigenständige Sternsysteme außerhalb der Milchstraße sind.


    Ich hatte letztens das Vergnügen noch einen uralten Beitrag aus 1902 zu lesen - inkl. fotografischer Abbildung von M51.
    Leider ist der Artikel nur eine Fotokopie. Ich habe ihn eingescannt und er ist hier abrufbar:
    Leo Brenner - Die neusten Triumpfe der Himmelsphotographie [1902]




    Aufgenommen 1899 von James Keeler am 36"-Großreflektor des Lick-Observatorium


    Eine bessere Qualität ist auf der Webseite des Lick-Observatorium einsehbar:
    http://collections.ucolick.org…on_line/E2E.1/E2E.p6.html
    immerhin 4h belichtet (... und alle Bilder anklicken, um die voller Größe zu sehen.)


    (puuuh ... was man nicht alles findet, wenn man danach sucht.)


    Gruß

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Kalle66</i>
    Ich hatte letztens das Vergnügen noch einen uralten Beitrag aus 1902 zu lesen - inkl. fotografischer Abbildung von M51.
    Leider ist der Artikel nur eine Fotokopie. Ich habe ihn eingescannt und er ist hier abrufbar:
    Leo Brenner - Die neusten Triumpfe der Himmelsphotographie [1902]
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Hi Kalle,


    ich habe gerade den von dir eingescannten Artikel mit großer Begeisterung gelesen. Aber irgendwas scheint da eventuell schief gelaufen zu sein. Ist das richtig, dass die dritte und vierte Seite identisch sind und der Artikel mittendrin aufhört?
    Ich würde mich sehr freuen, wenn man auch noch den Rest des Artikels lesen könnte.
    Es ist echt phantastisch in einer solchen Quelle Objekte wie M52 oder die Knochenhand wiederzuerkennen. Vielen Dank für diese Gelegenheit!


    Mit freundlichen Grüßen,
    Christoph

  • Hallo Kalle,
    vielen Dank für die hochinteressante Lektüre. Leo Brenner (eigentlich Spiridon Gopcevich) war zu seiner Zeit eine hoch umstrittene Person, eben auch weil er u.a. behauptete, mit seinem 6"-Refraktor den Andromedanebel in Einzelsterne aufgelöst zu haben. Aber eigentlich hatte er Recht damit! Die Speichen im Saturnring wurden von Keeler auch schon vor über hundert Jahren gesehen, was ihm keiner abnahm.
    Rätselhaft auch der weitere Lebensweg und der Tod von jenem Leo Brenner.
    Da gab es übrigens von einem Mitarbeiter der Uni Graz in den neunziger Jahren einen interessanten Artikel über L.B. in Sky & Telescope.
    Hebe ich aber nur in gedruckter Form, müsste ich erst heraussuchen.
    Viele Grüße
    Andreas

  • Jogi,
    gestern ja, gegen Mitternacht. [:D]


    Ich bekam den Text als Kopie von einem Stammtisch-Kollegen hier in Hannover. Die Hintergründe von Leo Brenner kenne ich nicht. Ich finde, er gab in dem Beitrag u.a. einfach den Stand der Wissenschaft anno 1902 wieder. Und das ist doch die beste Antwort auf Tanjas Frage.


    Interessant, wie damals der Wandel von der visuellen Astronomie zur fotografischen vonstatten ging, wie man plötzlich die Öffnung von Spiegelteleskopen gegenüber von Linsenteleskopen zu schätzen lernte.


    Damals glaubte man noch nicht an Galaxien, es gab noch keine Rotverschiebung und auch Einstein war noch 'unwissend'. Wenngleich es damals viele Diskrepanzen in der Physik gab, die vielen ein massives Störgefühl verursachte. Z.B. hatte Lorentz schon seine Transformationsgleichungen aufgestellt (ohne sie a la Einstein begründen zu können), der Wellen- und Teilchendualismus des Lichts wurde zwar durch Experimente offensichtlich, nur wusste man keine Antwort darauf. Ich denke ein Situation, wie heute, wenn wir über Dunkle Energie spekulieren.


    Auch die Energiefrage, woher die Sonnen ihre Energie beziehen, war ungeklärt, Atomkraft (sprich Quantenphysik) war noch unbekannt. Heisenberg war gerade geboren, Rutherford machte seine Steuversuche erst 10 Jahre später.


    Dagegen war die Beobachtung der Fraunhofer-Spektrallinien schon ein alter Hut, wenngleich deren physikalische Bedeutung teilweise unbekannt war. Kirchhoff hatte damals schon den Zusammenhang mit Spektren verschiedener Elemente entdeckt. Auch die sog. Schwarzkörperstrahlung, also der Zusammenhang von Temperatur und 'Strahlungsfarbe' wurde von ihm entdeckt, wiederum ohne deren quantenphysikalische Bedeutung zu kennen. Da schaffte ja Einstein parallel zur spez. RT 1905 einen bahnbrechenden Beitrag (sein sog. Wunderjahr).


    Gruß

  • Hallo Kalle,
    vielen Dank für den Link. Das ist ein hochinteressanter Artikel. Wenn man das liest, erkennt man was sie mit ihren Mittel alles geleistet haben.
    Viele Grüße
    Ute

  • versuche die frage nochmal klarer zu stellen: warum entdeckte man mitte des 19. jahrhunderts zuerst wirklich schwierige objekte wie hyperion (1848), bevor man etwas verhältnismäßig einfaches wie die spiralstruktur von m51 erkannte (1852)

  • Tanja,
    weil Planeten durch ihre Helligkeit einfacher zu beobachten sind, als die lichtschwachen Galaxien-Nebel.
    Jetzt ist Hyperion nicht besonders hell mit 14,2 mag. Aber Saturn interessierte damals die Astronomen doch mehr als die matschige Nebelflecken.


    Im übrigen entdeckte Herschel um die Zeit, dass die Magellanschen Wolken aus Sternen bestanden und keine 'Nebel' sind. Er stellte übrigens einen recht umfangreichen Katalog von Nebeln auf.


    Was den Astronomen damals fehlte, waren Methoden zur Entfernungsbestimmung jenseits der Parallaxe (die nur im nahen Sonnenumfeld Ergebnisse lieferte: Bessel machte die erste Sternparallaxe 1838).


    Gruß


    PS:
    Die Spiralstruktur von M51 erkannte lt. Wikipedia übrigens bereits William Parsons (= Lord Rosse) im Jahr 1845. [;)]

  • Wolfgang Steinicke hat am DST 2011 einen äußerst interessanten Vortrag gehalten mit dem Titel:
    "M 51 - Das Mysterium der Entdeckung der Spiralstruktur"
    Gibt es den Vortrag irgendwo nachzulesen?


    Ich kann mich an die Details nur noch wage erinnern: Der Leviathan von Lord Rosse hatte zwar gigantische 1,83 m Spiegeldurchmesser, der Spiegel aus Spekulum Metall jedoch nur ca 50% Reflektionsvermögen. Außerdem konnte man durch die azimutale Meriadianmontierung M 51 nur eine recht kurze Zeit verfolgen. Seine Okulare hatten ein nur sehr kleines Gesichtsfeld. Hinzu kam noch das notorisch schlechte Wetter in Irland.


    Den größten Einfluss hatte jedoch die ideologische Voreingenommenheit und Erwartungshaltung. Lord Rosse wollte glaube ich, den Kern von M 51 in Einzelsterne auflösen, da er der Meinung war, es sei ein Sternhaufen, wie viele andere auch. Auf die Spiralarme hatte er zunächst gar nicht geachtet.


    Heutigen visuellen Beobachtern geht es ja auch nicht anders. Ist das Staubband der Sombrero Galaxie im 14-Zöller erst erkannt, gelingt es auch im 8-Zöller, weil man weiß, worauf man schauen muss.


    p.s.
    Da man damals bereits diverse Satrunmonde kannte, hat man sehr intensiv nach weiteren gesucht. Wer suchet, der findet. Auf Spiralstrukturen in den "Nebeln" war man nicht vorbereitet. Erst als sie Lord Rosse in M 51 quasi in's Auge stachen, folgten schnell viele weitere auch schwierigere Beispiele.

  • Stahis,
    das zeigt, dass auch Mitte des 19. Jahrhunderts einiges los war in der Astroszene. Da gab's auch ein 'schneller, höher, weiter' mit Standortvorteil in England, wenn man die politischen Wirren auf dem Kontinent berücksichtigt und daran denkt, dass England damals technisch 'Vorreiter' war.


    Zumindest, was die Lichtverschmutzung betraf, war ja damals selbst London, Paris und Berlin nachts 'dunkel'.


    Gruß

  • Servus


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Stathis</i>
    <br />Wolfgang Steinicke hat am DST 2011 einen äußerst interessanten Vortrag gehalten
    ...
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Yep, den hab ich auch gehört, bei mir sind vor allem folgende Details hängen geblieben:
    M51 stand damals fast im Zenit und war nur für ein paar Minuten in Reichweite des Teleskops, in der Zeit musste das Objekt aufgesucht werden und dann wollten auch gleich mehrere Beobachter durchgucken, das Ganze auf einer wackligen Plattform in 18m Höhe.
    Zum Aufsuchen wurde 500x vergrößert, zum Beobachten bis zu 2000x, da kann man die Ärmchen schon mal übersehen ... man wollte halt vor allem die Nebel in Sterne auflösen.

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