Buchrezension "Vor dem Urknall"

  • Vor dem Urknall
    Eine Reise hinter den Anfang der Zeit


    Autor: Brian Clegg
    Verlag: rowohlt
    346 Seiten
    Preis: 19.95 €
    ISBN: 978-3-498-00939-7


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    © rowohlt
    Mit freundlicher Unterstützung
    des Verlages


    <b>Klappentext: </b>


    <i>Die Idee des „Big Bang“ hat mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet. Noch ist sie die favorisierte Theorie über den Beginn des Universums, möglicherweise aber nicht mehr lange. Denn wenn das Universum aus dem Urknall hervorging, woher kam er dann, und was war davor?


    Eine unglaubliche Reise in die dunkelsten Tiefen der Vergangenheit und ein Blick in Gottes letzten Schlupfwinkel.


    </i>


    <b>Rezension: </b>


    Zur Einführung in die Thematik beginnt der Autor mit den Schöpfungsmythen welche es um die Entstehung der Welt gibt. Dabei gibt es Mythen aus ganz verschiedenen Kulturen, Religionen und Zeiten. Danach erklärt er was das Universum ist, wie gross und alt es ist. Dabei geht er in allen Einzelheiten durch die verschiedenen Epochen der Erkenntnisse und zeigt die Neuheiten und die damit verbundenen Vorteile auf. So geht man durch die Zeit und kann den Wissenszuwachs genau mitverfolgen.
    Im nächsten Kapitel dann geht es um die Frage des Urknalls – wie sind die Wissenschaftler auf die Idee des Urknalls gekommen? Der Autor weist Stufe für Stufe die Entwicklung der Theorie auf, zeigt Rätsel über die die Forscher gestolpert und dadurch der Lösung immer ein Stück näher gekommen sind.


    Danach geht es zur grossen Konkurrenz der Urknalltheorie: der Steady State-Theorie. Dargestellt werden in diesem Kapitel: die Idee hinter der Theorie, ihre Entwicklung und natürlich die Probleme. Über diese Probleme spannt der Autor den Bogen zum damalig grössten Problem der Urknalltheorie: der Gleichmässigkeit der Hintergrundstrahlung. Hierfür findet sich schon bald eine Lösung: die Inflation. Und doch gibt es auch heute noch einige Ungereimtheiten, welche noch der Klärung bedürfen. Diese werden vom Autor klar benannt und erklärt.


    Bevor der Autor nun zum eigentlichen Thema kommt, gibt es einen kurzen Ausflug in die Welt der Zeit. Was ist Zeit? Was ist „zeitlos“? Und war vorher nichts? All diese Fragen werden in diesem kurzen Kapitel erläutert. Gleich im Anschluss zeigt der Autor die verschiedenen Alternativen auf, welche sich Wissenschaftler bisher überlegt haben. Hier spielt vor allem die Stringtheorie eine Rolle, die der Autor kurz aber verständlich darlegt.
    Die verschiedenen Alternativen wie z.B. zyklische Membrankollisionen oder Multiversen werden nur knapp behandelt – dies gibt dem Leser einen groben Überblick über den Inhalt der Theorie, aber keine detaillierten Einblick, wie genau die Theorie nun funktioniert.


    Das Buch ist sehr gut gegliedert und jedes Kapitel ist in kleinere, meist nur wenige Seiten umfassende Abschnitte unterteilt. Das macht das Lesen sehr kurzweilig. Zusätzlich schafft es der Autor sehr gut seinen roten Faden durchzuziehen und konsequent zu verfolgen. Wenn er kleinere Exkurse macht, die der Erklärung der Grundlagen zum Verständnis der Theorie gehören, schafft er es immer wieder schnell und geradlinig zum eigentlichen Thema zurückzukommen.


    Brian Clegg erzählt sehr strukturiert und sachlich. Er schafft trotzdem eine behagliche Atmosphäre und erzählt sehr offen und unterhaltsam von den Dingen die das Universum ausmachen. Kleinere Anekdoten aus dem Leben sind ebenso Bestandteil seiner Erzählungen wie auch witzige und geistreiche Zitate wichtiger Persönlichkeiten.
    Zwischendurch stolpert man immer wieder über mehrfach verschachtelte Sätze – am Anfang ist dies etwas mühsam und man muss häufig zweimal drüber lesen. Mit der Zeit gewöhnt man sich aber daran und der Text liest sich flüssiger, wenn auch nicht perfekt.


    Schade ist der Umstand, dass das Buch weder Grafiken noch Bilder aufweist. In manchen Themengebieten können Grafiken enorm zum besseren Verständnis beitragen. Da der Mensch nicht nur, aber vor allem, durch Visualisierungen Informationen aufnimmt und Zusammenhänge ersichtlicher werden, haben diese auch in Sachbüchern, meiner Meinung nach, durchaus ihre Berechtigung. Bei diesem Buch nun braucht man umso mehr Vorstellungskraft, als das es sehr abstrakte Themen anspricht. Hat man zuvor noch keine Bilder gesehen, die diese Themen behandeln, kann man sich unter den Beschreibungen nur schwer etwas vorstellen - eine ausserordentliche Herausforderung.


    Etwas zu hoch gegriffen ist indes meiner Meinung nach der Titel „Vor dem Urknall“. Zum einen geht es in 4/5tel des Buches nicht um das, was vor dem Urknall sein könnte – er erklärt, wie wir gesehen haben mehr, was wir zum heutigen Zeitpunkt über das Universum wissen und wie wir dieses Wissen erlangt haben.
    Es war ein langer Weg zur Erkenntnis und oftmals gab es die Idee schon lange, bevor die Wissenschaft bereit dazu war. Und so finden viele Wissenschaftler in diesem Buch ihren Platz, die man vielleicht nicht unbedingt mit der einen oder anderen Theorie verbindet. Erst im letzten Teil des Buches zeigt der Autor Theorien anderer Wissenschaftler auf, welche die heutigen Beobachtungsergebnisse anders zu erklären versuchen. Diese Alternativen bieten viele verschiedene Ansätze. Jedoch erklären was VOR dem Urknall war oder dem was wir als Urknall bezeichnen, kann keiner von ihnen. Das Problem verlagert sich nur auf eine höhere Ebene. Dem Leser tut der Autor dies aber erst auf den letzten Seiten des Buches kund – vielleicht zu spät?


    Ich gehe konform mit dem Autor, dass die Urknalltheorie eben genau das ist was der Name sagt: eine Theorie. Es gibt viele Dinge, welche die Theorie wunderbar erklärt. Andererseits gibt es einige Dinge, die noch nicht endgültig gelöst sind bzw. die momentan auch andere Lösungen zulassen. Der Titel ist aber eindeutig sehr provokativ gewählt und gibt den Inhalt nicht wieder. Ebenso hätte ich mir von dem Buch mehr Informationen über die Alternativtheorien gewünscht – sie werden nur sehr knapp umrissen und es wird lediglich umschrieben inwiefern sie zu den aktuellen Beobachtungen passen und wieweit sie noch der Bestätigung bedürfen. Diese wenigen Seiten stehen, betrachtet man das Gesamtvolumen, in keinem Verhältnis zu der Anzahl Seiten, welche für die Erklärung des heutigen Wissens aufgewendet wurden.


    <b>Fazit: </b>
    Ein sehr interessantes Buch, welches aber leider nur bedingt dem entspricht was man von dem Titel erwartet. Der Autor schreibt sehr interessant und für einen Einblick in die Kosmologie ist das Buch sehr gut gemacht. Er beschränkt sich auf das Wichtigste und behandelt alle Themen sachlich und knapp. Trotzdem erfährt man genau so viel, wie zum Verständnis wichtig ist – unterstützende Grafiken fehlen bedauerlicherweise.
    Meiner Einschätzung nach ist das Buch ebenso für Laien wie auch für interessierte Fortgeschrittene geeignet.

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