Zwei Fragen zur Gravitation im All

  • Hallo


    mich haben vor ein paar Tagen zwei Fragen zur gravitation im All beschäftigt.
    1. Wie groß muss ein Körper sein, um Monde zu haben bzw. wie groß muss die Differenz sein? Könnten Satteliten auch Monde haben?
    2. Können Monde Monde haben?


    Vielen Dank für eure Antworten!


    Elias

  • Moin Elias,
    solange man ein System aus zwei Himmelskörpern hat (Zwei-Körper-Problem) kreisen die auf Ellipsenbahnen umeinander. Voraussetzung ist, dass sie nicht zu schnell sind, so dass sie nicht auf immer und ewig auseinanderfliegen. Die Grenze nennt man Fluchtgeschwindigkeit. Der gemeinsame Schwerpunkt beider Objekte liegt in einem der Brennpunkte der Ellipse. Als Sonderfall gilt die Kreisbahn oder wenn die Ellipse so länglich ist, dass sich die Himmelskörper berühren (Kollisionsfall). Die Größe der Objekte ist egal, mit wenig Masse werden die Bahnen aber sehr langsam, schon geringste Kräfte würden ausreichen, dass bei Kleinstobjekten, die Gravitationskraft diese nicht mehr zusammenhält.


    Etwas komplizierter ist das Drei-Körper-Problem (oder allg. Mehrkörperproblem). Da geht es um die Frage, ob die Bahnen auf lange Sicht stabil sind. Ein Mond definiert sich zum Beispiel dadurch, dass er eine 'stabile' Bahn um einen Planeten hat, der wiederum 'stabil' um eine Sonne fliegt. Es wäre jetzt überhaupt kein Problem, auch noch einen Mond-Mond da unterzubringen. Nimm einfach ein Planet weit von der Sonne weg, dort einen Mond auf einer weitab gelegen Umlaufbahn mit einem Mond-Mond.


    Sind aber die Planeten und deren Monde zu eng beieinander, würde ein Mond-Mond früher oder später sich aus seiner Bahn lösen und selbst als - vermutlich - planetoider Körper* direkt um die Sonne oder als Mond um den Planeten bewegen.


    Genaue Bahnberechnungen bei Mehrkörperproblemen sind nur 'numerisch' möglich, analytisch lassen sie sich meines Wissens nicht darstellen. (Analytisch heißt soviel, dass man die Position und Geschwindigkeit eines Körpers als Funktion der Ausgangspositionen und und Ausgangsgeschwindigkeiten aller beteiligten Himmelskörper hinschreiben kann. Das geht nur bei 2 Körpern und da heißt das "Kepplersche Bahngleichungen).


    Das man dennoch die Planetenbahnen ziemlich genau mit den Keplergleichungen beschreiben kann, hängt damit zusammen, dass für jeden einzelnen Planet im Sonnensystem faktisch nur die Sonne wirklich relevant ist. Die Einflüsse der Planeten untereinander sind sehr gering. Immerhin reichten sie aber aus, um damals aus den Bahnstörungen (Abweichungen zur Keplerbahn) des Uranus, die Existenz und ungefähre Position des Neptuns vorherzusagen.
    siehe auch in Wikipedia unter "Neptun" und dort unter "Entdeckung"


    Gruß


    PS: Als Beispiel für eine Mond-Mond-Bahn kann man die jüngsten Sattelitenmissionen zum Mond nehmen.
    siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Lunar_Reconnaissance_Orbiter



    *Ob der dann selbst als Planet gilt, hängt von weiteren Kriterien ab, wie Mindestgröße (schwer genug, so dass er sich zu einer Kugel formt)und eigenständige Bahn um die Sonne usw.

  • Hallo Elias,
    ich verstehe deine Fragen so: Sieht man von relativistischer Betrachtung ab, dann gibt es nur eine Gravitation. Es ist die gleiche Kraft, die den Apfel vom Baum fallen läßt, die unseren Mond auf seiner Bahn hält und die zwischen fernen Galaxien wirkt. Zu einer Umlaufbahn mit Zentralkörper kommt es, wenn Gleichgewicht herrscht zwischen Fliehkraft und Massenanziehungskraft (Gravitationskraft). Schreibt man die richtigen Gleichungen hin und fordert eine ellipsen- oder kreisförmige Umlaufbahn, dann hat man 4 Variablen: m1, m2, r und v. Legt man 3 davon fest, z.B. m1, m2 und v, dann ist auch r festgelegt. Erteilt man einem künstlichen Satelliten die passende Geschwindigkeit und Richtung, dann kann man ihn auf den gewünschten Abstand in einer geostationären Bahn bringen und hat einen neuen Mond geschaffen. Begibt man sich weit genug weg von unserer Sonne und aus der Ebene der Ekliptik hinaus, dann wird man die Erde als Mond erkennen, die selbst nochmal einen Mond hat. Die im Detail durchgeführte nicht ganz einfache Rechnung findet man in Baule: Die Mathematik des Naturforschers und Ingenieurs, Band 4, Gewöhnliche Differentialgleichungen.
    Gruss Heinz Dieter.

  • Hi Elias,


    im Prinzip können beliebig kleine Körper "Monde" haben, und auch Monde könnten ihrerseits Monde haben.


    Der Grund, warum das in der Natur dennoch nur sehr selten vorkommt, ist einfach, dass so ein System immer sehr stark von dem großen Zentralkörper gestört würde, es sei denn der "Mond" und sein "Mond-Mond" sind sehr weit vom Zentralkörper weg.
    Dann gibt es sowas durchaus: Die Erde umkreist die Sonne, wäre also sowas wie ein Sonnen-Mond (nennt man meist Planet ;) ), und wird ihrerseits vom Mond umkreist. Das funktioniert gut, weil der Abstand Erde-Sonne viel grösser ist als der von Erde zu Mond.


    Viele Grüsse,
    Dominik

  • Hallo Elias,


    wie bereits von anderen Teilnehmern erklärt wurde, ist ein Mond-Mond physikalisch möglich.
    Ich möchte aber eine Kleinigkeit hier richtigstellen:


    Kalle schrieb:


    Zitat


    "Genaue Bahnberechnungen bei Mehrkörperproblemen sind nur 'numerisch' möglich, analytisch lassen sie sich meines Wissens nicht darstellen. (Analytisch heißt soviel, dass man die Position und Geschwindigkeit eines Körpers als Funktion der Ausgangspositionen und und Ausgangsgeschwindigkeiten aller beteiligten Himmelskörper hinschreiben kann. Das geht nur bei 2 Körpern und da heißt das "Kepplersche Bahngleichungen)."


    Zitat Ende


    Zur Geschichte: das n-Körper Problem ist seit der Veröffentlichung von Newtons 'Principia
    Mathematica' immer wieder von den ersten Mathematikern der jeweiligen Zeit angegangen worden.
    Im Jahr 1885 hat König Oskar II von Schweden und Norwegen einen Preis für die Lösung dieses
    Problems ausgesetzt. Wörtlich:


    "Given a system of arbitraily many mass points that attract each other according to Newton's
    law, under the assumption that no two points ever collide, try to find a representation of
    the coordinates of each point as a series in a variable that is some known function of time
    and for all whose values the series converges uniformly."


    Im Jahre 1991 hat der chinesische Mathematikstudent Quidong Wang dieses Problem gelöst.
    Quelle: Q.Wang, The global solution of the n-body problem, Celestial Mechanics 50 (1991)
    pp. 73-88.


    Er hat eine analytische, uniform konvergierende Lösung gefunden. Nebenbei bemerkt,
    'analytisch' ist ganz und gar nicht gleichbedeutend mit in einer Formal ausdrücken -
    aber das führt zu weit.


    Leider hat o.g. Lösung einen Schönheitsfehler - man müsste die Potenzreihe auf mehrere
    Millionen Terme auswerten, um brauchbare Ergebnisse zu erhalten. Wichtig ist dennoch,
    dass das n-Körper Problem in König Oskars Sinne gelöst ist!


    Das 3-Körper Problem lässt sich in Spezialfällen exakt lösen. Aber schon beim 2-Körper
    Problem ergeben sich Gleichungen, die transzendent sind und nur iterativ gelöst werden
    können (Gleichung der exzentrischen Annomalie).


    Michael

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