Hier im Forum gibt es jede Menge Astrofotografen die uns regelmäßig mit neuen Pretty Pictures beglücken.
Das man mit einer CCD oder DSLR aber noch viel mehr machen kann ist vielen vielleicht nicht bewusst, oder warum werden sonst so wenige Veränderliche photometriert?
Langweilig? Unsexy, weil keine schönen Bilder bei rauskommen? Oder fehlt einfach nur das nötige Hintergrundwissen und Werkzeug?
Das Veränderliche weder langweilig noch unsexy sind kann jeder schnell selber herausfinden und was man an Werkzeug benötigt will ich hier mal kurz zusammenfassen. Dies hier soll nur zur Beobachtung anregen, wer sich tiefer mit der Materie beschäftigen möchte, dem sei folgendes Buch empfohlen:
http://www.bav-astro.de/vorstand/E4-Flyer.pdf
Ich beschränke mich dabei auf die Photometrie von kurzperiodischen Bedeckungsveränderlichen mittels CCD oder DSLR weil sie einen schnellen Beobachtungserfolg versprechen.
Natürlich gibt es noch viele andere Möglichkeiten Veränderliche zu Beobachten: Die visuelle Schätzung von Langperiodischen, die Überwachung von Eruptivveränderlichen, die Suche nach unbekannten Veränderlichen in den Archiven und vieles mehr...
Welche Sterne soll man denn nun beobachten? Die Bundesdeutsche Arbeitsgemeinschaft für Veränderliche Sterne (BAV) hat einige Programme zusammengestellt die Sterne enthält deren Beobachtung besonders lohnenswert erscheint.
http://www.bav-astro.de/index.php?sprache=de
Dabei handelt es sich um Sterne die entweder nur unzureichend untersucht sind, die eine auffällige Dynamik zeigen oder aus anderen Gründen für die Fachwelt interessant sind.
Bedeckungsveränderliche sind Doppelsterne die sich bei ihrem Umlauf gegenseitig verfinstern und dadurch einen Lichtwechsel erzeugen. Die meiste Zeit über leuchten sie im Normallicht, welches dann zu einen mehr oder weniger tiefen Minima abfällt. Die Zeitpunkte der Minima werden ermittelt.
Nach den Keplerschen Gesetzen sollte ein solcher Umlauf streng periodisch ablaufen, was aber nicht immer der Fall ist, da äußere Störungen, Massenaustausch zwischen den Sternen oder andere Phänomene die Bahn und damit die Periode verändern können.
Was wir als erstes benötigen sind die Elemente des Veränderlichen:
Gehen wir erst mal von einer strengen Periodizität aus und kennen wir den Zeitpunkt eines Minimums und die Periode können wir für zukünftig zu erwartende Minima Ephemeriden rechnen. Die beiden Werte des erstes Minimum („Nullepoche“) und Periode sind die Elemente des Veränderlichen und werden in entsprechenden Katalogen wie dem GCVS, neben anderen Daten, wie den Ort, die maximale und minimale Helligkeit, die Dauer der Bedeckung und weiteren erfasst. Als Zeitangabe wird grundsätzlich das Julianische Datum verwendet, welches prinzipiell nichts anderes ist als eine fortlaufende Tageszählung.
Viele Astroprogramme können das Julianische Datum berechnen, oder man kann es auch aus einer Tabelle entnehmen:
http://www.bav-astro.de/Material/BAVB02_R41.pdf
<u><b>Schritt 1: Veränderliche auswählen:</b></u>
Zur Ephemeridenrechnung gibt es ein schönes Tool namens „BAVMinMax, zu finden ist es hier:
http://www.sternfreunde-muenster.de/downloads.php
Eine Beschreibung des Programms gibt es auch:
http://www.bav-astro.de/rb/rb2006-4/243.pdf
Mittels vieler Filtermöglichkeiten kann schnell ermittelt werden welche Sterne zu einem gegebenen Zeitpunkt sinnvoll beobachtet
werden können.
<u><b>Schritt 2: Veränderliche aufsuchen:</b></u>
Hat man geeignete Kandidaten zur Beobachtung herausgesucht, benötigt man zum Aufsuchen und zur Identifizierung noch geeignetes Kartenmaterial. Für BAV Programmsterne gibt’s hier geeignete Karten:
http://www.bav-astro.de/Materi…ung=karten_BAV&sprache=de
Für andere Veränderliche bietet sich die AAVSO an:
http://www.aavso.org/vsp
<u><b>Schritt 3: Den Veränderlichen aufnehmen:</b></u>
Hat man den Veränderlichen aufgesucht, kann die Beobachtung beginnen, in dem der Stern im Abstand einiger Minuten fotografiert wird. Dazu sollte natürlich zeitlich ausreichend vor dem berechneten Minimum begonnen werden um den Abstieg der Helligkeit gut zu dokumentieren. Einen Hinweis für die Dauer der Bedeckung findet man ebenfalls in den Katalogen unter der Bezeichnung „D“.
Wo wir schon beim GCVS (General Catalogue of Variable Stars) sind, den findet man hier:
http://www.sai.msu.su/gcvs/gcvs/index.htm
Interessant, weil aktueller ist auch folgende URL:
http://www.as.up.krakow.pl/ephem/
Die Belichtungszeit sollte so gewählt werden, dass das Signal des Veränderlichen deutlich gemessen werden kann aber nicht an der Sättigungsgrenze liegt. Das kann man gut über die Histogrammfunktion überprüfen. Allgemein liegt die Belichtungszeit im Rahmen weniger Sekunden. Im Gegensatz zur Pretty-Picture Fotografie sind leichte Unschärfen oder sogar unrunde Sterne durch fehlerhaftes Guiding kein Problem.
<u><b>Schritt 4: Aufnahmen auswerten:</b></u>
Sind die Bilder auf der Festplatte, kann das Auswerten beginnen. Viele Astro-Bildbearbeitungsprogramme bieten eine Photometriefunktion, haben wir aber gleich einige Dutzend bis hundert Bilder empfiehlt sich „MuniWin“, damit läuft die Auswertung fast automatisch. Die Software gibt´s hier:
http://c-munipack.sourceforge.net/
Eine gute Beschreibung des Programms kann man hier downloaden:
http://www.bav-astro.de/rb/rb2011-4/270.pdf
MuniWin kann von registrieren der Aufnahmen bis zur Erstellung der Lichtkurve alles in einem Abwasch erledigen, was noch fehlt ist die zeitliche Bestimmung des Minimums.
<u><b>Schritt 5: Lichtkurve erstellen:</b></u>
Auch dafür gibt´s ein tolles Tool: „Minima“ von Bob Nelson. Diese Software bietet gleich mehrere Möglichkeiten zur Minimabestimmung. Den Download gibt´s hier:
http://members.shaw.ca/bob.nelson/software1.htm ("Minima" auswählen)
Wenn alles gut gegangen ist, sollte eine schöne Lichtkurve vorliegen.
Jetzt sollte man auf keinen Fall versäumen sein Ergebnis zu veröffentlichen. Die BAV hat dazu einige Info´s zusammengestellt welche Daten benötigt werden und wie sie aufbereitet werden sollten:
http://www.bav-astro.de/Material/BAVB03_R52.pdf
und
http://www.bav-astro.de/Material/BAVB16_R11a.pdf
Richtig interessant wird die Sache wenn der beobachtete Zeitpunkt vom errechneten Zeitpunkt abweicht. Welche Prozesse können dazu geführt haben? Solche Fragen sind es die die Veränderlichenbeobachtung so spannend macht. Probiert es doch mal aus! Auch wenn die Ergebnisse erst auf den zweiten Blick spannend sind haben sie doch mehr Aussagekraft als eine 593. Aufnahme des Orionnebels.
CS Christoph