SOFIA in Stuttgart

  • Wir, Helmut, ein Astronomiefreund und ich, starteten gestern gegen 8 Uhr im Münchner Westen um uns über die wie immer überbevölkerte A 8 zu quälen, damit wir unseren Date mit SOFIA nicht verpassen, mit der waren wir nämlich um 10 Uhr 53 verabredet.


    Sofia? Ist das Sofia? Also die hübsche Dame da links?


  • Nein, im Ernst, SOFIA ist natürlich keine hübsche junge Dame, sondern eher bereits eine etwas betagtere, die sich einem heftigen Lifting unterzogen hat...


    Die Trägermaschine für das Stratospheric Telescope for Infrared Astronomy ist eine 30 Jahre alte Boeing 747SP, eigentlich sogar 2, das Vorderteil stammt von einem bereits in der Wüste geparkten Panam Jumbo, das Hinterteil von einem von TWA ( oder war`s andersrum? )
    Egal, jedenfalls wurden diese beiden Flugzeugleichen von der NASA reaktiviert, grundlegend überholt und dann den Bedürfnissen des Teleskops angepasst.


    Und so sieht die 747SP "Clipper Lindbergh" nun aus:




  • Warum macht nun so ein Konzept eines mit viel Aufwand betriebenen Teleskops in einem Flugzeug Sinn?


    Weshalb denn nicht, wie beim Hubble Space Telescope vorgemacht, gleich eines auf einem Satelliten in eine Umlaufbahn bringen?


    Hauptgrund ist, daß man an ein solches, einmal im Erdorbit befindliches Teleskop nur mehr unter immensen Problemen drankommt wenn gewartet werden soll, auch Umrüstungen auf anderes Equipment ( gerade die Kameraentwicklung verläuft momentan rasant ) sind praktisch nicht möglich.


    Sofia hingegen ermöglicht ja ungehinderten Zugriff und so konnten gestern z.B. MItarbeiter von Schott in Mainz, die den Hauptspiegel aus Zerodur geliefert haben, sich gestern kleine Risse vor Ort in Stuttgart anschauen und entscheiden ob und was zu tun ist.


    Aber zurück zu unserem Besuch gestern.


    Bei seiner Visite in Stuttgart wurde an 2 Tagen Besuchergruppen ermöglicht dieses Projekt, das unter der Federführung des deutschen Sofia-Instituts an der Uni Stuttgart steht, in Augenschein zu nehmen.


    Da die Maschine auf dem Vorfeld des Stuttgarter Flughafens geparkt steht, waren natürlich alle Sicherheitsmaßnahmen nötig wie beim Boarden eines Linienfluges.


    Auch so etwas wie eine boardingcard gab es:


  • Zuerst ging es zu Fuß über einen Parkplatz und an Parkhäusern vorbei auf den Flieger zu, wo man ihn auch das erste Mal zu sehen bekam.


    Unsere Anspannung wuchs, wo bekommt man als Fliegerfan und Astronom schon einmal die Gelegenheit beiden Interessensgebieten gleichzeitig zu fröhnen?


    Für uns wie Weihnachten und Ostern an einem Tag



  • Und dann standen wir vor SOFIA.


    Schon ein ganz schönes Trumm Flugzeug, auch wenn es "nur" eine 747SP, also special performance ist ( wie wahr in diesem Fall ) die um 14m kürzer ist als ein normaler Jumbo Jet, ganz zu schweigen von den inzwischen gebräuchlicheren 747-400.

  • Das leider geschlossene Segment-Tor vor dem Heck des Flugzeugs schützt das dahinter montierte Teleskop mit immerhin 2,7m Hauptspiegeldurchmesser.


    Geschlossn blieb es an den beiden Tagen in Stuttgart, weil bereits gestern mit dem Herunterkühlen der Instrumente begonnen wurde, auch auf dem Rückflug, der für den 21. ab 19 Uhr geplant ist, wird wissenschaftlich gearbeitet. So bekamen wir leider nur die mechanischen Teile des Teleskops zu sehen, die sich im Inneren der druckbelüfteten Kabine davor befinden.
    Das Segment mit dem Teleskop selbst und auch der weitere hintere Teil des Flugzeugs haben keinen Druckausgleich.
    Geflogen wird übrigens auf etwa 14km Höhe bei den Beobachtungskampagnen.



  • Im Inneren herrscht die nüchterne Atmosphäre von wissenschaftlichen Arbeitsplätzen, Komfort sucht man vergebens...


    Es gab eine Einführung in die Technik und Daten von Teleskop und Flieger, über ein Funk-Kopfhörersystem, weil bereits einige Aggregate am Laufen waren und so der Grund-Lärmpegel schon relativ hoch.



  • Hier ein Blick auf die Montierung des Teleskops ( blau ) und den sie umgebenden Druckschott.


    Das Teleskop selbst kann nur in einem Rahmen von 2° ausgerichtet werden, andere Positionsveränderungen muß der Pilot der 747 durch eine Änderung des Flugkurses vornehmen.


    Die Ausrichtungsgenauigkeit von SOFIA liegt bei 2 Bogensekunden! Das Teleskop selbst befindet sich, hier nicht sichtbar, auf der anderen Seite des Schotts.



  • Hier der Blick der rechten Rumpfinnenseite nach hinten, über den Arbeitsplatz des "Telescope Assembly Operator" zur Innenseite des Teleskops.


    Der TA Operator managed die Beobachtungssession, er beobachtet, wann der Pilot die nächste Kurskorrektur vornehmen muß, damit das beobachtete Objekt nicht aus dem Bildfeld wandert, das geschieht alle rund 12 Minuten, da das Teleskop ja nur über 2° nachgeführt werden kann.


    Ebenso beobachtet er den Flugbetrieb auf der vorgesehenen Flugstrecke und ist in dauerndem Kontakt mit der Cockpitcrew über Bordfunk.






  • Nach einer Fahrt mit dem Bis zum Terminal 3 und einem Besuch der astronomischen Ausstellung dort war unser Besuch von Sofia zu Ende und wir verabschiedeten uns von außerhalb des Flugplatzes noch einmal von diesem tollen Flugzeug, das wir fürchte ich in dessn gelanten 20-jähriger Nutzungsdauer in Deutschland kaum wieder sehen werden - Heimatflughafen ist Palmdale im schönen Californien.


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