Friedliche Kollision??

  • Bekanntlich werden ja irgendwann unsere Heimatgalaxie und die Andromedagalaxie kollidieren. Mir wurde gesagt, das es jedoch dabei kaum Kollisionen im eigentlichen Sinn geben wird. Doch ich kann mir schwer vorstellen, das die beiden Galaxien "durch sich hindurch" fliegen werden, ohne dass dabei Sterne kollidieren werden. Ach ja, außerdem werden sich die Galaxien durch ihre Schwerkraft vereinen und ihre beiden massereichen Zentren immer weiter annähern. Irgendwann müssten dann die beiden schwarzen Löcher in den Zentren zusammensstoßen. Was passiert dann??
    Außerdem müsste es durch die gewaltige Sternanzahl und Dichte in den Zentren zu wahren Kollisionsfeuerwerken kommen. Wie sieht überhaupt so ein Zusammenstoß aus? Verschmelzen die Sterne? Oder zerstören sie sich gegenseitig? So ein Zusammenstoß von Galaxien muss doch irgendwie sehr turbulent sein. Oder liege ich da grundlegend falsch??
    Ich freue mich auf aufklärende Antworten
    Lg Alek

  • Hallo Alek,


    auch wenn man es sich auf den ersten Blick kaum vorstellen kann, im Wesentlichen sind auch unsere Welteninseln "leer" - so dass sie sich wie man bei vielen wechselwirkenden Galaxien sehen kann zunächst einmal durchdringen.
    Was sich am massivsten auswirkt sind die Veränderungen im galaktischen Schwerefeld sowie die aufeinandertreffenden Gasmassen, so dass sich Schockfronten ausbreiten. Die Sternentstehungsrate wird sich durch diese Komprimierungsvorgänge im interstellaren Medium deutlich steigern.
    In den dichteren Regionen der Galxien können durchaus Sterne kollidieren, ich denke je nach Masse wird es dann gänzlich unterschiedliche Ereignisse geben, von der Vereinigung kleinerer Sterne zu größeren bis hin zu eruptiven Ereignissen, wenn z.B. ein Neutronenstern oder ein Weisser Zwerg mit einem Stern zusammenstößt. Diese Zusammenstöße dürften aber eher ein gravitatives Einfangen über verschiedene Umlaufbahnen und ähnliches sein als ein "harter Stoß" wie von zwei Murmeln. Turbulent wird die Sache in großen Maßstäben auf jeden Fall - wie gesagt, das Suchwort wäre "wechselwirkende Galaxien" - darunter findet man auch eine Reihe spannender Beiträge und Bilder.


    Jörg

  • Hallo Alek,


    rechne es doch einfach mal aus [;)]


    Die Sterndichte in unserer Milchstraße variiert stark, von etwa 2000 Sternen pro Kubikparsec im Zentrum über 1/10 Stern pro Kubikparsec in Sonnenumgebung hin zu noch kleineren Dichten noch weiter draußen. Die Milchstraße ist weniger als 1000 Parsec dick. (Ein Parsec sind knapp 30 Billiarden km). Nehmen wir mal an, über die Dicke sei die Dichte überall gleich (das ist eine Überschätzung, weils ja auch nach oben und unten weniger wird), dann würde man von oben betrachtet in Sonnennähe 100 Sterne pro Quadratparsec sehen und im Zentrum der Galaxis 2 Millionen. Die meisten Sterne sind zwar viel kleiner als die Sonne, aber die hat einen Durchmesser von 1.4 Millionen km, macht eine Fläche von pi*(Durchmesser/2)² = 1,5 Milliarden Quadratkilometer. Alle Sterne zusammen kämen also in Sonnennähe auf 150 Billiarden Quadratkilometer Fläche innerhalb der (30 Billiarden km)² = 900 Billiarden Billiarden Quadratkilometer. Nun kürzen, und schon landet man bei gerade mal einem Sechs-Trillionstel der Fläche. Im Zentrum der Galaxis kommst du zwar immerhin auf ein Zweihundert-Milliardstel, aber nunja...


    Stell dir vor, du hast ein A4-Papier. Ein Zweihundert-Milliardstel von dessen Fläche wäre kleiner als ein Punkt, den du mit einem Bleistift malst. Nun leg ein zweites A4-Papier (die zweite Galaxie sozusagen) darüber. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, daß zwei Bleistiftpunkte willkürlich auf zwei A4-Zetteln verteilt genau übereinanderliegen? Richtig, sie ist winzig [;)] Und mit genau so einer winzigen Wahrscheinlichkeit kollidieren einzelne Sterne.


    Das alles ist zwar jetzt sehr vereinfacht abgeschätzt und geht davon aus, daß die beiden Galaxien mit ihrer "Breitseite" aufeinanderzukommen, was ja bei Milchstraße und M31 nicht ganz stimmt, aber es macht die Größenordnungen klar.


    Eine Galaxienkollision bedeutet aber trotzdem, daß die beiden Kontrahenten den Zusammenstoß nicht unbeschadet überstehen. Für die gigantischen Gas- und Staubwolken, die die Galaxien durchziehen, gilt das nämlich nicht. Sie stoßen zusammen, bilden Schockfronten aus, dabei entstehen neue Sterne. Gleichzeitig behlligen Starke Gezeitenkräfte zwar nicht die einzelnen Sterne, aber sie zerreißen die Spiralarme. Beispiele wie sowas aussieht, gibt es viele zu sehen.


    Aber wie du sagst, das ist erst der Anfang. wenn die beiden es nicht bei einer Begegnung belassen - und das ist bei den meisten Galaxienkollisionen so - dann laufen sie zwar nach dem Zusammenstoß kurz wieder auseinander, aber die Schwerkraft hält sie zusammen und sie nähern sich wieder einander an. Es folgt bald die nächste Kollision. Die Galaxien werden dadurch mehr und mehr in ihrer ursprünglichen Form zerstört, bis irgendwann nur noch ein großer Klumpen übrigbleibt. Ein Klumpen aus Sternen allerdings, denen selber während des ganzen Schauspiels nicht allzu viel passiert ist.


    Die beiden Schwarzen Löcher werden tatsächlich miteinander verschmelzen, aber das lassen wir am besten mal außen vor. Was dabei passiert, ist ein Fall für die Allgemeine Relativitätstheorie [;)]


    Viele Grüße,
    Caro

  • Hallo Caro,


    Du beschreibst das richtig bildhaft - kompliment. Mal weiter gedacht - restrukturiert sich das Gewusel dann wieder in Richtung Spiralarme etc. oder bleibt das ganze dann eine elliptische Galaxie? Irgendwo vor gar nicht langer Zeit meine ich gelesen zu haben dass man erwarte, dass als Endergebnis eine größere Spiralgalaxis entsteht, wenn die Mischung der beiden Altgalaxien ihre turbulente Phase hinter sich hat.


    Jörg

  • Jörg,
    es spricht vieles dafür, dass dann das Zeitalter der Spiralgalaxie vorbei ist. Maßgeblich ist, ob es genügend Gas zwischen den Sonnen gibt, die über Reibung alles wieder auf eine Scheibenbahn 'zwingen' können. So eine massive Störung (durch die Massen der beiden Galaxien und ihres Aufprallwinkels) wird wohl für immer die Gestalt der dann neuen Galaxie bestimmen. Bestehende Sonnen dürften sich gar nicht zurück auf die Scheibenebene zwingen lassen, bei deren Gasreste nach ihrem Ableben sieht es wieder anders aus.
    Vermutlich werden ganze Spiraläste dabei von beiden Galaxien abgerissen und eigenständige kleine Satelliten-Galaxien bilden.


    schau mal hier die Videosimulation

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    Die Technik der Simulation dürfte sich jeweils ähneln. Man zerlegt die Gebilde in einzelne Punkte, die untereinander wie ein Gas bzw. Flüssigkeit interaktieren (vor allem aber anders als diese über die Schwerkraft). Inwieweit in den Simulationen auch die Masse der sog. dunklen Materie enthalten ist, kann ich allerdings nicht sagen.


    Gruß


    PS:
    Um spielerisch das Verhalten von Flüssigkeiten oder allgemein von mechanischen Verhalten zu simulieren empfehle ich ein Blick auf das Programm Phun, dass sich kinderleicht bedienen lässt und eine 2D-Physik-Simulation darstellt.
    Hier eine Simulation von einem Körper, der durch eine Flüssigkeitswand hindurchfährt und eine Druckwelle auslöst:

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    Gruß

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