Gibt es die Zeit "an sich"??

  • Jogi,
    Du hast mich noch nicht richtig verstanden - Das Konzept 'Zeit' ist IMHO so stark in unserer Denkweise und unserem Empfinden verankert, dass es uns schwer fällt überhaupt irgendwelche Aussagen zu machen, ohne uns auf 'Zeit' zu beziehen. Du redest ja auch immer von Stunden und gefühlter Zeit. Ich rede von einer Welt in der gemessene und gefühlte Zeit nur Illusionen sind, die uns von den darunter liegenden Naturgesetzen oder -kräften vorgespielt werden.
    Die Frage wäre dann nur noch, ob sich die bisher gefundenen Gesetze, die die Zeit enthalten, auch ohne die Zeit formulieren ließen.
    DS, Holger

  • Hallo zusammen


    Die Zeit an sich gibt es nicht, so wie es eigentlich nichts "an sich" gibt, es gibt immer nur das Ganze.


    Dieses "an sich" wird schon seit vielen hundert Jahren in Religion, Philosophie und Wissenschaft kontrovers diskutiert. Dabei steht man immer vor dem Problem von unterschiedlichen Wirklichkeitsannahmen.
    Es gibt das Einzelphänomen an sich in unserer Erscheinungs- oder Alltagswelt, doch besteht dieses Einzelphänomen immer wieder aus weiteren und anderen Einzelphänomenen in einem Wirkzusammenhang. Nichts entsteht aus sich selbst heraus, kein Ding dieser Welt!


    Ein Ding an sich, ist immer eine Verkettung von vielen Einzelphänomenen, welches sich bis zum Urknall zurückverfolgen lässt, das Ding an sich ist also quasi unweigerlich immer mit der ganzen Geschichte des Universums verbunden.


    Der Physiker würde vielleicht sagen, es gibt nur ein Feld, in dem das Ding an sich, oder wie hier die Zeit, nur einen Funktionswert einnimmt.


    Ein Theologe würde sagen: Gott gebiert sich zu jeder Sekunde aus sich selbst heraus, immer wieder neu und ohne Unterlass.


    Bei genauer Beobachtung ist dieses Ding "an sich" eher ein "für uns", also aus unserer subjektiven Wahrnehmung, aus unserer individuellen Wahrnehmung gegriffen, so wie es unser Bewustsein aus seinen Sinnen konstruiert.
    Die Zeit ist schnell, sie ist langsam, sie ist vergangen, sie ist augenblicklich hier und sie wird noch nach uns sein usw. Wo ist die Zeit in all diesen Zuständen zu finden?
    Nur im Wirkungszusammenhang des Ganzen.


    Gruß Uwe

  • moin,
    die Frage ist scheinbar sehr eng mit der Frage, was denn die Wirklichkeit nun ausmacht, und ggF welche dennn nun die "wirkliche" Wirklichkeit ist, verknüpft. Denn wenn ich eine der scheinbaren Realitäten als "die" Realität annehme, ordne ich ihr eben eine Zeit zu und habe das Problem eingegrenzt.
    Allerdings, mir scheint, die eine Realität gibt es nicht. Unter der Annahme, dass neben mir andere Individuuen existieren (was keineswegs sicher ist, mehr oder weniger sicher sein kan man sich nur der eingenen Existenz) gibt es natürlich viele scheinbare Realitäten, eben soviele wie Köpfe. und jede ist gleichberechtigt, gewissermaßen ein philosophisches Inertialsystem. Und, um auf das Thema zurück zu kommen: In jeder gibt es ein unterschiedliches Zeitmaß (welches auch in sich variabel ist)
    Allerdings gibt es eine kleine Hintertür: eben unter der vorigen Annahme kann ein Individuum Gedanken mit einem anderen Austaushen. Unsere "objektive" Realtität basiert darauf, alles, was in den scheinbaren Realitäten gleich ist, als "real" zu bezeichnen und alles andere erstmal nicht. Das Experiment, unabhänigig ob es nun in einem physikalischen Raum stattfindet oder nur in meinem Kopf (a la Matrix), muss die gleichen Ergebnisse liefern. Sonst sind die Ergebnisse nicht "wahr". Auf dieser Ebene greifen dann auch die Beschreibungen über Entropie, Expansionsrichtung des Univesums etc.
    Die objektive Zeit in dem Sinne ist also ein Mehrheitsvotum, so wie jede Aussage der Wissenschaft, ja eigentlich jede Aussage, die die "Außen"welt betrifft. Genauso wie "die" Realität. Was Zeit an sich isr, wird damit aber nicht erklärt.

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: starrookie</i>
    <br />Die Frage wäre dann nur noch, ob sich die bisher gefundenen Gesetze, die die Zeit enthalten, auch ohne die Zeit formulieren ließen.
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Klar. Das "Kind" hätte dann nur einen anderen Namen. Das Ergebnis muss das gleiche sein. Das Fortschreiten von Prozessen und Sichentwickeln läßt nun mal am einfachsten mit der "Zeit" beschreiben.


    Weg = Geschwindigkeit * Zeit
    E = m * c^2


    ... wie soll das noch einfacher gehen?
    Es ist im Grunde unerheblich "was" Zeit ist. Alternativ könnte man fragen, ob es einen Raum gibt und was außerhalb ist?

  • watkin,
    hmmm...Fortschreiten wäre ja wieder ein zeitlicher Begriff. Für mich ist die Frage - mal am Beispiel der Quantenphysik - kann ich auch eine andere Form der Schrödingergleichung formulieren |Irgendwas&gt; = H |Psi&gt;, in der die Zeit nicht vorkommt, die aber erklärt, warum zwei Beobachter einen anderen Zustand des Systems beobachten? Und das in einer vorhersagbaren Art und Weise, die zumindest alle derzeit gültigen Gesetzmäßigkeiten (in ihrer dann zeitlosen Formulierung) einschließt und zusätzlich vielleicht sogar die gefühlte Zeit oder Augenblickserlebnisse erklärt?
    DS, Holger

  • Hallo Sternfreunde, hallo AO,


    "In einem Kasten gibt es - NICHTS! Und ich meine Nichts im gedanklich-idealen Sinn: Keine Maus, keine Atmosphäre, auch keine Quantenfluktuationen und sowas...
    Meine Frage: Gibt es in diesem Kasten "Zeit"?"


    Du hast dir die Frage durch deine "rein theoretische" Annahme (denn innerhalb unseres Universums kommt so etwas nicht vor!), das es "NICHTS" gibt (geben muß) doch selbst beantwortet, bzw. postuliert! Wenn es denn da die Zeit gäbe, gäbe es doch etwas....aber es darf ja "NICHTS" geben! Was also soll die Frage? Natürlich gibt es dort nichts, du selbst hast ja alles ausgeschlossen, selbst Quantenfluktuationen....


    Gruss, Helmut

  • Hi Fear - im Vakuum klare Sache - folgt ja auch schon aus der Relativitätstheorie. Es gibt also mindestens ein Bezugssystem, in dem keine Zeit existiert - trotzdem kann das Subjekt dieses Bezugssystems mit anderen Objekten wechselwirken, was in allen anderen Bezugssystemen mit Hilfe der Schrödingergleichung als zeitliche Abfolge wahrgenommen wird. Wenn für das Photon aus seiner 'Sicht' diese Wechselwirkungen ebenfalls existieren, dann gibt es eben immer ein System (das des Photons), das ohne Zeit bei der Beschreibung auskommt - theoretisch wäre also denkbar, dass es für jede Wechselwirkung eine Beschreibung gibt, die keine Zeit benötigt...uns zusätzlich solche, die Zeit beinhalten.


    Das Vorhandensein von Zeit wäre dann also nicht zwingend notwendig - Occams Rasierer ließe uns dann vernünftiger Weise daran zweifeln, ob es Zeit überhaupt gibt.


    Anders wäre da, wenn das Photon 'gar nicht mitkriegt, dass es wechselwirkt'...wer kennt ein Photon, das berichten könnte?


    DS, Holger

  • Moin,
    gut möge das Photon sich seiner Eigenlebenszeit erfreuen, aber wie sieht denn die Zeit im nicht bewegten System vom System des Photons aus gesehen aus?


    Wenn ich mal das Posting von Holger aufgreife, speziell, dass es mindestens ein Bezugssystem ohne Zeit gibt, könnte daraus dann nicht folgen, dass die Zeit eine komplizierte Koordinatentransformation ist? (gut, gibt dem Kind dann auch nur einen anderen Namen, und "erklärt" es trotzdem nicht so richtig)

  • Hi,


    aus Sicht eines Photons im Vakuum vergeht "keine" Zeit. Aber daraus kann man doch nicht folgern dass es ein Bezugssystem gibt das "ohne Zeit auskommt"!


    Viele Grüsse,
    DK

  • hm,
    also das verstehe ich nicht ganz, kann man denn etwas Zeit durch etwas anderes definieren als dass "sie vergeht" im weitesten Sinne? Oder stecken in den Anführungszeichen beim "keine" nochmehr Dinge drin? (Hm, also sehe ich das richtig, dass ich grade im Kreis denke?)

  • Dominik,
    aus Sicht des Photons, vergeht Zeit wie bei jedem anderen Inertialsystem auch. Nur die Flugstrecke verkürzt sich auf "null" und daher braucht das Photon keine Zeit um von A nach B zu kommen, weil A = B.


    Gruß

  • Kalle,


    nein, für Photonen vergeht keine Eigenzeit. Und es ist auch gar nichts "wie bei jedem anderen Intertialsystem auch". Das ist genau Dominiks Punkt: es gibt kein Inertialsystem, in dem ein Photon in Ruhe wäre. Solche Systeme sind genausowenig definiert wie unendlich schnelle IS in Galileischer Kinematik. Deswegen kann man aus dem "Nichtvergehen" von Zeit für Photonen nicht schließen, dass es ein Inertialsystem gäbe, in dem Zeit nicht vergeht.


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">also das verstehe ich nicht ganz, kann man denn etwas Zeit durch etwas anderes definieren als dass "sie vergeht" im weitesten Sinne?<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    "Zeit vergehen" meint Eigenzeit, die Zeit, die man mit einer Uhr messen kann (oder zumindest prinzipiell könnte). Für Photonen vergeht keine Zeit.


    Das heißt aber nicht, dass die Ereignisse, die so ein Photon "erlebt", keine zeitliche Reihenfolge hätten. Sie sind nämlich in jedem Bezugssystem genau gleich geordnet, nur eben mit mal mehr und mal weniger Koordinatenzeit zwischen ihnen.
    "Koordinatenzeit" ist nicht, was eine Uhr misst, sondern eine Rechengröße mit genau definierter Bedeutung. In diesem Fall wären an zwei verschiedenen Punkten des Lichtpfads zwei <i>verschiedene</i>, geeignet synchronisierte Uhren angebracht. Sie werden jeweils gestoppt, sobald das Photon vorbeikommt. Die Koordinatenzeitdifferenz ist dann die Differenz der Anzeige der beiden Uhren.


    Das ist ein wichtiger Punkt in der RT: Man benutzt zwei verschiedene Definitionen von Zeit, Eigenzeit und Koordinatenzeit. Im vorrelativistischen Weltbild waren die beiden gleich, die Koordinatenzeit war absolut und alle Uhren hatten sich daran zu halten. Deswegen wirft man die Begriffe auch heute noch viel zu oft durcheinander, obwohl dann nichts sinnvolles rauskommt.

  • Hallo Jemand,
    Ich zitiere mal aus einem Buch von Adalbert Pauldrach, "Dunkle kosmische Energie" (Prof. für Astrophysik an der Uni München):


    "Obwohl aus unserer Sicht die Zeit für ein Photon stehen bleibt, steht die Zeit aus Sicht eines Photons keineswegs still. Sie vergeht - als dessen Eigenzeit - exakt auf die gleiche Art und Weise, wie die Eigenzeit in jedem anderen Inertialsystem vergeht."


    Schreib ihm, dass das dann "Mist" ist.[;)]


    Gruß

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Schreib ihm, dass das dann "Mist" ist.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Kannst du machen, ich kenne den Herrn und das Buch nicht. Diese Aussage ist wirklich Mist. Weil du mir nicht glaubst, frag Dominik.
    Ich lasse gelten:für sehr schnelle Objekte vergeht deren Zeit aus unserer Sicht sehr langsam, aber für das Objekt ist alles normal, wie in jedem anderen Inertialsystem auch.
    Die Erweiterung auf Photonen und deren Bezugssystem ist aber ein Verbrechen an der Physik. Sowas darf man nicht tun.

  • Das Problem ist die Grenzwertigkeit bei c.
    Ich sagte: Stell Dir vor das Photon führt eine Armbanduhr, die für das Teilchen genauso tickt, wie sonst auch.
    Du sagst: Selbst in diesem System bewegt sich das Photon per Definitonen mit c, weil ohne Ruhemasse (und weil c genau über solche Photonen definiert ist) und fliegt der Uhr davon.


    Gruß

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Ich sagte: Stell Dir vor das Photon führt eine Armbanduhr, die für das Teilchen genauso tickt, wie sonst auch.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Für welches Teilchen? Für das Photon? So dass das Photon sich selbst mit c davon fliegt?
    Oder was meinst du?

  • Hallo Kalle,


    Jemand hat ja oben schon versucht das Problem in Deiner Argumentation zu erklären.


    die spezielle Relativitätstheorie basiert auf 2 Postulaten:


    1.: Die Naturgesetze haben in allen Inertialsystemen die gleiche Form ("Relativitätsprinzip")
    2.: Licht bewegt sich (im Vakuum) in jedem(!) Inertialsystem mit der identischen Geschwindigkeit c ("Invarianz der Lichtgeschwindigkeit")


    Aus 2. folgt doch logisch absolut zwingend dass es kein Inertialsystem geben kann in dem das Photon ruht (...wenn wir mal an die Richtigkeit der SRT glauben, die immerhin eine der am besten überprüften Theorien ist die die Menschheit jemals hervorgebracht hat...). Also kann man einem Photon auch keine vergehende Eigenzeit zuweisen. Das von Dir zitierte Buch kenne ich nicht, jedoch spielt es keine Rolle wer eine solche Aussage tätigt, sie ist wie oben dargelegt nunmal unrettbar falsch.


    Viele Grüsse,
    Dominik


    Edit: Wir sind ja Astronomen. Wären wir aber Teilchenphysiker, dann würden wir ein ruhemasseloses Punktteilchen (=&gt; ein Photon) sogar darüber definieren dass sein Eigenzeitintervall 0 ist...

  • Dominik,
    Du hast natürlich recht, es kann im Rahmen der RT kein Inertialsystem geben, in dem das Photon ruht, damit gibt es also auch keine Lorentz-Transformation in das Bezugssystem des Photons, weil dieses kein Intertialsystem ist - aber es gibt natürlich Inertialsysteme, in denen das Photon in einer zeitlichen Reihenfolge mit Objekten wechselwirkt. Kennst Du jemanden, der mal versucht hat, solche Zusammenhänge im 'Nicht-Inertialsystem' des Photons zu beschreiben? Besitzt dieses Nicht-Inertialsystem eine Größe, die irgendwie mit der Zeit aus anderen Systemen zusammenhägt oder spielt ein Konzept von Zeit darin gar keine Rolle?
    DS, Holger

  • Hi Holger,


    ich bin mir nicht ganz sicher ob ich Deine Frage korrekt verstehe: Meinst Du eventuell sowas wie "die Welt aus Sicht eines Photons"?
    Grundsätzlich würde ich aber sagen hier stößt man sehr schnell an die Grenzen einer klassischen Betrachtung eines Photons als "ein Punktteilchen". Denn eigentlich gibt es ja den Fall "Photon bewegt sich durchs Vakuum, wechselwirkt mit Objekt A, dann später mit Objekt B etc." aus Sicht des Photons nicht. Was passiert ist dass ein Photon z.B. absorbiert wird, und das so angeregte Atom dann wieder ein Photon gleicher Energie abgibt. Nur, Photonen haben keine innere Struktur, kein wie auch immer geartetes "Gedächtnis". Man kann ja nichtmal unterscheiden ob das das selbe oder ein anderes Photon mit gleicher Energie wäre...


    Viele Grüsse,
    DK

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