gilt der zweite Hauptsatz nur für die Zukunft?

  • mag ja sein, daß in ferner Zukunft (10^100 y)unser Universum so ausdünnt, daß keine Energieumwandlungen mehr möglich sind und eine Leptonenwüste ohne Information übrigbleibt, und von jetzt bis in die unendliche Zukunft nimmt die Entropie ständig zu.


    aber:
    die kosmische Hintergrundstrahlung ist die beste uns bekannte Schwarzkörperststrahlung.
    Sch. ist die höchste Form von Informationsverlust.
    Das frühe Universum enthielt nur ein Plasma, das die bis heute stark verdünnte Sch. erzeugt hat.
    Die Entropie hatte also zu dieser Zeit ein Maximum, denn heute ist demgegenüber alles wohlgeordnet und das Universum enthält eine riesige Fülle von Information,
    die Entropie ist kleiner geworden.


    Gilt der zweite Hauptsatz nur für die Zukunft?
    Oder ist unser Universum kein abgeschlossenes System,
    steht es irgendwie in Wechselwirkung mit anderen Universen
    (wie es die Stringtheorie postuliert)?

  • Hallo silbi,


    ich gebe ja zu, die Entropie ist eine etwas eigenwillige Größe der Thermodynamik, die sich dem Verständnis gerne hartnäckig widersetzt.


    Trotzdem ist die Entropie vom frühen Universum bis heute alles andere als kleiner geworden. Das frühe Universum enthielt das von dir benannte Plasma. Zum Zeitpunkt der Rekombination, also der Aussendung der Hintergrundstrahlung, hatte es bereits Struktur, wie wir von COBE bis hin zu WMAP eindeutig gesehen haben. Im Zuge der Expansion des Universums und der "Abkühlung" der Strahlung wird die Rekombination zu einer extrem irreversiblen Sache, kaum ein Photon der Hintergrundstrahlung wird heute noch ein Atom wieder ionisieren können. Damit haben wir jede Menge Entropie erzeugt. Die weitere Strukturierung des Universums tat ihr übriges zur Entropievergrößerung, denn die Struktur des Universums ist alles andere als regelmäßig, bis hin zu sehr großen Skalen. "Information" ist eine sehr relative Sache, gerade in Bezug auf Hintergrundstrahlung und Entropie.


    Caro

  • >>>kaum ein Photon der Hintergrundstrahlung wird heute noch ein Atom wieder ionisieren können. Damit haben wir jede Menge Entropie erzeugt<<<


    Hi Caro,
    immer wenn ich denke, ich hätte verstanden was Entropie ist und somit den zweiten Hauptsatz,
    dann stellt sich heraus: es gilt nur für den Alltagsgebrauch, und nicht für die Kosmologie.
    Ich hatte mir den Lehrsatz eingeprägt:


    Der Zweite Hauptsatz der Thermodynamik besagt, dass bei der Hervorbringung von
    Ordnung eine mehr als gleichwertige Erzeugung von Unordnung erfolgt


    Daß nun der irreversible Energieverlust, der mit der Ausdünnung der Hintergrundsstrahlung verbunden ist, als Verminderung der Ordnung angesehen wird, und diese Verminderung höher bewertet wird, als die durch die Strukturierung des Universums gewonnene Ordnung…
    auf diese Idee wäre ich nie gekommen.


    Kannst Du es mir verübeln, wenn ich das als einen Trick der Astrophysiker ansehe, den zweiten Hauptsatz für die Kosmologie zu retten?
    Caro, bitte bitte, nimms nicht persönlich,
    aber wenn ich jetzt sage: aha! wäre es zwar Dir zuliebe,
    aber andererseits kann ich Dich auch nicht anlügen [:I]

  • silbi,


    ich fürchte, du denkst das eine oder andere Mal in die falsche Richtung. Zum Beispiel:
    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">...die durch die Strukturierung des Universums gewonnene Ordnung
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Die Strukturierung des Universums ist alles andere als ein ordnender Prozeß, denn die entstehenden Strukturen sind nicht wirklich geordnet. eine Gleichverteilung wäre in diesem Sinne eine größere Ördnung.


    Caro

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Caro</i>
    <br />silbi,


    ich fürchte, du denkst das eine oder andere Mal in die falsche Richtung. <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    das wird wohl der Grund sein, Caro [|)]


    ich denke vielleicht über Energie so wie ein Physiker
    (in dem Sinne, daß ich nicht formuliere
    „an diesem schönen Urlaubstag ist mir wieder Energie zugeflossen“)


    aber was Un-Ordnung=Entropie betrifft, bin ich noch im Denkschema eines gewöhnlichen Sterblichen befangen
    wenn ich meinen Schreibtisch aufräume, dann akzeptiere ich zwar, daß dies mit der Entropiezunahme im übrigen Universum erkauft werden muß,
    aber: wenn aus dem Einheitsbrei nach dem Urknall ein schönes, nach Galaxienhaufen usw
    geordnetes Universum geworden ist,
    sehe ich das als Entropieabnahme,
    wenn dann irgendwann wieder ein dunkler, kalter, stark verdünnter Leptonennebel übrigbleibt, hat eben die Entropiezunahme wieder eingesetzt…(gegenwärtiges Entropieminimum ?)


    wenn aber, wie Du meinst, die sichtbare Ordnung des Universum nur eine FataMorgana ist….dann habe ich den Unterschied zwischen dem physikalischen und dem Alltagsbegriff der Ordnung nicht verstanden [V]

  • Hi Silbi,
    nimm mal die ganzen nicht sichtbaren Teilchen in Deine Überlegung mit auf: Dunkle Materie, Dunkle Energie aber auch "kaltes" Gas. Sonst ist Dein System offen wie ein Scheunentor. [:D]
    Und dann, allein durch die Expansion und den Raumgewinn erhöht sich die mögliche Zahl an Teilchenverteilungen.
    Gruß

  • die dunkle Materie klumpt sich und strukturiert sich afaik wie baryonische Materie, die dunkle Energie ist gleichmäßig verteilt,


    Kalle, ich bin in dieser Frage mal wieder an meine Grenzen gestoßen...[:(]
    und damit muß ich mich wohl ebenso abfinden wie mit dem Nichtverständnis einiger Erkenntnisse der Quantentheorie
    (zum Beispiel: wenn mein Bleistifft runterfällt, nimmt er nicht nur den direkten Weg zum Fußboden, sondern auch über den Mond und das galaktische Zentrum [xx(] )


    naja, wenn die Physiker damit zufrieden sind,
    ich werde mich dem wohl besser so entziehen:


  • ...jawohl, und wenn ich die Lottozahlen tippe, werden sie quantentheoretisch auch gezogen....
    Nur mit welcher Wahrscheinlichkeit? Auf der Autobahn zwischen Mannheim und Stuttgart (ca. 140 km) den richtigen Streckenmillimeter per Dartpfeil zu treffen ist etwa gleich wahrscheinlich.
    Gruß

  • Hallo Silbi,


    Entropie kannst Du auch als "Anzahl der Möglichkeiten" ansehen. Es gibt doch dieses schöne Beispiel mit dem Bier: Ein frisch gezapftes mit schön viel Schaum drauf. Das Bier selber scheint wohlgeordnet, der Schaum wirkt eher sehr unaufgeräumt. Der Schaum zerfällt nach einiger Zeit ebenfalls zu flüssigem Bier.


    Nun könnte man annehmen, durch den Zerfall des Schaumes (Unordnung) zu Flüssigkeit (Ordnung) führt zu einer niedrigen Entropie. Ist aber nicht so. Im Schaum haben die Teilchen wesentlich weniger Möglichkeiten sich anzuordnen, nämlich nur in den Wänden der Blasen, in der Flüssigkeit sind sie frei beweglich. Im Vergleich hat der Schaum also eine niedrige Entropie und zerfällt zu einer höheren Entropie. Im Schaum steckt sozusagen mehr "Information", nämlich mindestens die Einschränkung der Anordnungsmöglichkeiten. Der Schaum konnte sich sowieso nur bilden, weil man von aussen Energie in das System gesteckt hat... Wobei man den Begriff "Information" ohnehin nur sehr vorsichtig in Verbindung mit Entropie gebrauchen sollte.


    Durch die Expansion des Universums wächst auch die Entropie, es gibt ständig mehr Möglichkeiten der Anordnung. Und zwar so gewaltig, das der Entropieverlust in den Strukturen (die ja für sich offen sind und sowieso... ) nicht weiter ins Gewicht fällt. Das sich dabei ein paar nette Strukturen wie unsere Erde bildet, ist eben eine der Möglichkeiten.


    cu - Arndt

  • Hallo,


    mir scheint, die Übersetzung von Entropie mit Ordnung / Unordnung ist irreführend, weil die Begriffe Ordnung und Unordnung mit Alltagserfahrungen belegt sind, die nicht zum Entropiebegriff passen.


    Viele Grüße


    Jürgen

  • Einfach mal Wiki dazu nehmen:


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">
    Problematik des Begriffs Entropie


    In populärwissenschaftlichen Büchern, aber auch in vielen Lehrbüchern wird die Entropie mit Unordnung gleichgesetzt. Diese Analogie trifft für einige Systeme zu, z. B. besitzt ein geordneter Kristall eine viel geringere Entropie als seine Schmelze. Für andere Systeme ist diese Betrachtung eher problematisch, z. B. besitzt eine geordnete Biomembran in Wasser eine höhere Entropie als ihre ungeordneten, in Wasser gelösten Bestandteile (siehe Beispiele unten). Das Problem besteht in erster Linie darin, dass der umgangssprachliche Begriff Unordnung nicht eindeutig definiert ist und die Entropie kein Maß für die Symmetrie des Systems darstellt, sondern für die Anzahl der mikroskopisch erreichbaren Zustände unabhängig von ihrem wie auch immer definierten Ordnungsgrad. Insbesondere in Lehrbüchern der theoretischen Physik wird der Begriff Unordnung deshalb gemieden.


    Verwirrung entsteht auch dadurch, dass der Begriff der Entropie in unterschiedlichen Disziplinen mit Bezug auf unterschiedliche Phänomene verwendet wird. Die Entdeckung der Entropie im Zusammenhang mit der Thermodynamik und ihre zentrale Rolle für diese Theorie beschränkte nicht ihre Übertragung auf andere Bereiche, wie z.B. der Informationstheorie. Die Entropie ist eine statistisch definierte Größe und kann in vielen Kontexten sinnvoll verwendet werden. Unbeschadet dessen können die Definitionen in den Einzeldisziplinen inkonsistent oder sogar widersprüchlich sein. So nutzte Norbert Wiener den Begriff der Entropie ebenso zur Beschreibung von Informationsphänomenen wie Claude Elwood Shannon, allerdings mit einem negativen Vorzeichen. Dass sich die Definition von Shannon durchgesetzt hat, ist vor allem der besseren technischen Verwertbarkeit seiner Arbeiten zuzuschreiben. Es wird aber aus diesem Beispiel deutlich, dass bei einer interdisziplinären Anwendung des Entropiebegriffes mindestens Vorsicht und eine genaue Quellenanalyse geboten ist.


    Die Entropie ist keine direkt messbare statistische Größe, wie z. B. die Temperatur und der Druck. Es können nur Änderungen der Entropie erfasst werden, und sie ist auch keine strenge Erhaltungsgröße wie Energie, Masse, Teilchenzahl oder Ladung eines Systems. Dies ist auch ein wesentlicher Unterschied zwischen ersten und zweiten Hauptsatz der Thermodynamik. Während der erste Hauptsatz nichts anderes als die Formulierung des streng gültigen Energieerhaltungssatzes in der Sprache der Thermodynamik ist, stellt der zweite Hauptsatz nur eine statistisch gerechtfertigte Behauptung dar. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit für einen Verstoß gegen den zweiten Hauptsatz in makroskopischen Systemen extrem gering. Er kann allerdings nicht direkt aus den mikroskopischen Gleichungen gefolgert werden und wurde sogar im Rahmen der klassischen Mechanik durch Poincaré widerlegt. All diese Eigenschaften führen zu Problemen beim Verständnis für den Begriff der Entropie.
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Und hier:


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">
    Die Informationstheorie ist eine mathematische Theorie aus dem Bereich der Wahrscheinlichkeitstheorie und Statistik, die auf Claude Shannon zurückgeht.


    ...


    Die Shannonsche Theorie verwendet den Begriff der Entropie, um die Informationsdichte (Informationsgehalt) von Nachrichten zu charakterisieren. Je ungleichförmiger eine Nachricht aufgebaut ist, desto höher ist ihre Entropie.
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Nun ist genaues Lesen gefordert und vielleicht auch mehrmaliges. Aber obiges sollte alle Fragen beantworten.


    Gruß,


    Maurice

  • [:)]<blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: JuergenF</i>
    <br />Hallo,


    mir scheint, die Übersetzung von Entropie mit Ordnung / Unordnung ist irreführend, weil die Begriffe Ordnung und Unordnung mit Alltagserfahrungen belegt sind, die nicht zum Entropiebegriff passen.


    Viele Grüße


    Jürgen
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    mag sein Jürgen,
    wiki sagt ja auch:
    &gt;&gt;&gt;Insbesondere in Lehrbüchern der theoretischen Physik wird der Begriff Unordnung deshalb gemieden.&lt;&lt;&lt;


    aber die Lehrbücher der theoretischen Physik....
    naja, die sind nicht so meine bevorzugte Lektüre [8D]

  • Wie ich das nun verstanden habe, nach dem Lesen in den jeweiligen Beiträgen in Wiki, hatte das Plasma am Anfang des Universums eine niederige Entropie als die gegenwärtige Situation. Und die Entropie nimmt nur noch zu, nicht ab.


    Entropie kann man sehr wohl mit Ordnung und Unordnung beschreiben, WENN man akzeptiert dass in geordneten Systemen die Möglichkeiten beschränkter sind (*), die Entrope also niedriger und die Informationsdichte höher.
    In ungeordneten Systemen ist die Entropie höher, die Informatonsdichte aber niedriger.


    Wäre nett wenn das mal jemand bestätigen könnte. Dann kann ich es abhaken. [;)]


    Gruß,


    Maurice


    (*) = Sieh es wie die Ablage auf deinem Büro.
    <b>Ordnung</b> = Es gibt z.B. 3 Ablagefächer und somit nur 3 Möglichkeiten: Eingang / Ausgang / in Bearbeitung.
    Die Entropie nimmt ab, die Informationsdichte zu. Schliesslich weißt du in welchem Fach du suchen musst.


    <b>Unordnung</b> = Du kannst die Zettel überalle auf dem Büro, im Raum, im Haus, auf der Welt, im Universum ablegen. [;)] Die Möglichkeiten sind schier unendlich dann.
    Die Entropie nimmt zu, die Informationsdichte ab. Du weißt nämlich garnichts über den Verbleib des Zettels.

  • Maurice, alle diese Beispiele aus Büro, Suppentopf, Alltag... die sind einleuchtend,
    weil hier immer die Verminderung der Entropie
    (=Vermehrung der Ordnung, wie ich so naiv immer dachte, aber die theoretischen Physiker ja nicht)
    mit einer Enropieerhöhung außerhalb dieses Systems einhergeht.


    Mein Problem ist aber:
    Caro hat beschrieben, daß aus der Sicht der Kosmologen die gegenwärtige Ordnung im Universum erkauft wurde mit der Energievermnderung der Photonen der Hintergrundstrahlung,
    es gibt also eine Verknüpfung zwischen Energie und Entropie....

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Caro hat beschrieben, daß aus der Sicht der Kosmologen die gegenwärtige Ordnung im Universum erkauft wurde mit der Energieverminderung der Photonen der Hintergrundstrahlung<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Äh. Das tat ich nicht. Ich sagte, daß derzeit alles andere als Ordnung herrscht...


    Caro

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Caro</i>
    <br /><blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Caro hat beschrieben, daß aus der Sicht der Kosmologen die gegenwärtige Ordnung im Universum erkauft wurde mit der Energieverminderung der Photonen der Hintergrundstrahlung<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Äh. Das tat ich nicht. Ich sagte, daß derzeit alles andere als Ordnung herrscht...


    Caro
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    sorry, Caro, dann habe ich Deine Aussage
    &gt;&gt;&gt;kaum ein Photon der Hintergrundstrahlung wird heute noch ein Atom wieder ionisieren können. Damit haben wir jede Menge Entropie erzeugt&lt;&lt;&lt;
    wohl falsch interpretiert [|)]

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