Rotverschiebung

  • Im November 2004 gab es einen Thread "Hilfe bei Facharbeit".
    Dort postete Flatratte, bei der Rotverschiebung entfernter Galaxien handele es sich um eine Expansion des Raumes, nicht um einen Doppler-Effekt. Ich setzte dem entegegen, daß sich wegen der Expansion die Galaxien voneinander entfernen und diese Geschwindigleit anhand der durch den Dopplereffekt verursachten Rotverschiebung gemessen wird.
    Flatratte hat recht.
    Die von mir vertretene Vorstellung, daß das Licht der sich entfernenden Galaxien eine Doppler-Verschiebung erfährt, ist falsch. Die Ausdehnung des Raumes dehnt die Lichtwellen während ihrer Ausbreitung, und das ist nicht der Doppler-Effekt. Das Thema wird im „Spektrum der Wissenschaft“, Ausgabe Mai 2005, Artikel „Der Urknall – Mythos und Wahrheit“ behandelt.
    Zu meiner Rechtfertigung kann ich sagen, daß auch Profis Fehler machen. In besagtem Artikel heißt es: „Ungeachtet [dieser Tatsache] bringen viele Astronomen immer wieder diesen Vergleich, womit sie ihren Studenten keinen Gefallen tun.“

  • Mehr noch: Eine grundlegende Annahme von Einstein's Allgemeiner Relativitaetstheorie ist, dass die Raumzeit eine Struktur hat, die der Mathematiker von einer 4-dimensionalen differenzierbaren Mannigfaltigkeit fordert.
    Wenn man streng mathematisch argumentiert, darf man sich Vektoren nicht mehr als Pfeile vorstellen, die von einem Punkt der Mannigfaltigkeit zu einem anderen zeigen (wie Ortsvektoren im euklidischen Raum), sondern die Vektoren existieren in sogenannten Tangentialraeumen, die an jeden Punkt der Mannigfaltigkeit "angeheftet" sind.
    Eine Folge davon ist, dass der Vektor der Relativgeschwindigkeit zwischen zwei weit entfernten Punkten der Mannigfaltigkeit (z.B. zwischen dem Ort eines Beobachters auf der Erde und einer weit entfernten Galaxie) NICHT DEFINIERT IST. Man kann, streng gesprochen (obwohl es schwer vorstellbar ist!), nicht mehr sagen, dass die Galaxie von der Erde aus gesehen, zurueckweicht.
    Was in Wirklichkeit passiert, ist, dass sich die Metrik der Raumzeit zwischen uns und den Galaxien veraendert hat (das Universum ist expandiert), entlang des Weges des Photons von der Galaxie zu uns. Dies fuehrt zu einer Erhoehung der Wellenlaenge des Lichtes.


    Viele Gruesse,


    Andreas

  • Relativität und Big Bang sind in Europa, besonders in Deutschland so etwas wie heilige Kühe, an denen zu rütteln so etwas wie ein Sakrileg ist.
    Es gibt genügend Phänomene, die sich mit mit der Relativitätstheorie oder der Quantentheorie so ohne weiteres nicht erklären lassen. Ich will damit keineswegs sagen, dass diese Theorien grundsätzlich falsch sind, ganz im Gegenteil, sondern dass sie wahrscheinlich nur Teil eines größeren Ganzen sind, einer Theorie "für alles" wie Davies es nennt.
    Ähnliches gilt für den Urknall. In letzter Zeit haben sich haben sich vermehrt verschiedene renommierte Wissenschaftler (vor allem in den USA) mit Alternativen zum Urknallmodell beschäftigt. Selbst das "alte" Steady-State-Modell wird wieder diskutiert.
    Was ich damit sagen will, dass man in der Naturwissenschaft vorsichtig sein, dieses oder jenes als "absolute Wahrheit" hinzunehmen.
    Die gibt es bestenfalls nur in der Mathematik, und auch da gibt's noch viele ungelöste Probleme.

  • Es ist der Diskussion nicht dienlich, wenn die Verteidingung wissenschaftlicher Theorien als "heilige Kuh" bezeichnet wird. Daß die Relativitäts- und Quantentheorie nicht "alles" erklären, wissen die Physiker auch selbt. Daß sie Alternativen zum Urkanllmodell diskutieren, wissen sie ebenfalls selbt. Außerdem nimmt niemand in den Naturwissenschaften Ergebnisse als "absolute Wahrheit" hin. Die Belehrung ist absolut überflüssig.

  • Was ich damit meinte war, dass auch die gescheitesten Köpfe nicht gegen eine Art "Betriebsblindheit" gefeit sind.
    Ich erinnere da zum Beispiel an die vehemente Ablehnung Einsteins, die Schwarzschildlösungen erst als richtig und dann als relevant anzuerkennen.
    Ähnliche "Verbohrtheiten" gab es auch in der Chemie und Biologie.

  • hallo andreas


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">
    Eine Folge davon ist, dass der Vektor der Relativgeschwindigkeit zwischen zwei weit entfernten Punkten der Mannigfaltigkeit (z.B. zwischen dem Ort eines Beobachters auf der Erde und einer weit entfernten Galaxie) NICHT DEFINIERT IST. Man kann, streng gesprochen (obwohl es schwer vorstellbar ist!), nicht mehr sagen, dass die Galaxie von der Erde aus gesehen, zurueckweicht.
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    ...mit abstand das erfrischendste das ich hier darüber gelesen habe , sonst bekommt man nur monoton das raumdehnungsecho, den luftballon, den rosinenkuchenteig...(nichts gegen rosinenkuchen an sich, aber...)

    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">
    Was in Wirklichkeit passiert, ist, dass sich die Metrik der Raumzeit zwischen uns und den Galaxien veraendert hat (das Universum ist expandiert), entlang des Weges des Photons von der Galaxie zu uns. Dies fuehrt zu einer Erhoehung der Wellenlaenge des Lichtes.
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    frage: heisst das die gleiche metrik verändert sich oder ich wechsle in eine andere metrik? robertson walker metrik heisst das wohl? ich würde auf ersteres tippen soweit ich mich ans durchblättern einschlägiger lehrbücher erinnern kann...


    hallo cato
    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">
    Es gibt genügend Phänomene, die sich mit mit der Relativitätstheorie oder der Quantentheorie so ohne weiteres nicht erklären lassen.
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    ...zum beispiel welche???


    grüsse
    mark

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">frage: heisst das die gleiche metrik verändert sich oder ich wechsle in eine andere metrik? robertson walker metrik heisst das wohl? ich würde auf ersteres tippen soweit ich mich ans durchblättern einschlägiger lehrbücher erinnern kann...<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Die Robertson-Walker-Metrik enthält einen Skalenfaktor, der von der Zeit abhängt.
    Es bleibt schon immer die Robertson-Walker-Metrik, die ist allerdings zeitabhängig.


    Gruß,


    Andreas

  • andi:


    ok, dann lehn ich mich jetzt einfach mal aus dem fenster, sozusagen aus der hüfte geschossen:


    auf die rw-metrik kommt man ja wenn man das kosmologische prinzip annimmt und sich auf einen standpunkt stellt von dem aus die materieverteilung homogen aussieht, so einer art mit gas gefülltes universum. (witzige vorstellung, selbst bei guter sicht sieht der nachthimmel für mich keinesfalls homogen aus)
    wieso darf man dann galaxien"bewegungen" damit beschreiben? in diesem massstab ist die materieverteilung doch eindeutig nicht homogen, das heisst doch, ich beschreibe die raumzeit da mit einer gleichmässigen materiedichte die gar nichts mit der wirklichkeit zu tun hat, oder?
    und wenn es für die galaxien gilt, gilt es denn dann nicht auch für den raum um mich herum? um dann alles zusammenzuhalten muss da nicht eine gegenbewegung stattfinden? womöglich arbeit verrichtet werden?


    das nächste mal ziel ich dann wieder ;)


    mark

  • Ich glaube man sollte es so betrachten: Man stellt eine Annahme für die Ableitung der RW Metrik (kosmologisches Prinzip für die Materieverteilung im Raum), und daher kann die RW Metrik dort angewendet werden, wo diese Annahme gilt. Dort wo die Annahme nicht gilt, muß es nicht eine RW Metrik geben (kann, aber muß nicht). Wo gilt die Annahme? Beobachtungen zeigen daß die Verteilung der Materie bei einer Skala größer als 100 Mpc schon relativ homogen ist.

  • Genau. Das kosmologische Prinzip, aus dem sich die
    Robertson-Walker-Metrik ableiten läßt, besagt, daß
    das Universum auf genügend großen Skalen homogen
    und isotrop ist. Wenn man kleinere Skalen betrachtet
    (z.B. intrinsische Längenskalen von Galaxienhaufen
    oder Galaxien selbst), muss man vermutlich Störungs-
    theorie verwenden, um die dynamischen Gleichungen
    dieser Regionen herzuleiten. Dazu fügt man dann
    entsprechende Störungsterme in die Robertson-Walter-
    Metrik ein.


    Gruß,


    Andreas

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