DIY Solar Scintillation Seeing Monitor

  • Hallo,


    heute möchte ich Euch ein Bastelprojekt für Sonnenbeobachter vorstellen, den Solar Scintillation Seeing Monitor. Das Projekt besteht aus zwei Teilen: Die Hardware - der Seeing-Monitor - wird hier beschrieben; ein Software-Plugin für die Aufnahmesoftware FireCapture habe ich im Software-Forum eingestellt: http://www.astrotreff.de/topic.asp?TOPIC_ID=200690.


    Worum geht es? Laut einer Forschungsarbeit korrelieren geringe, schnelle Helligkeitsschwankungen des Sonnenlichts (“Scintillation”) mit dem Seeing. Genaugenommen hauptsächlich mit dem bodennahen Seeing, welches einen großen Anteil an den Bedingungen zur Sonnenbeobachtung hat.


    Der Autor der Forschungsarbeit hat eine Arduino-basierte Schaltung veröffentlicht und diese habe ich (mit geringen Modifikationen) umgesetzt. Die Schaltung und den Quellcode der Original-Firmware findet ihr hier: https://www.ecu.edu/cs-cas/phy…uino-Interface-final2.pdf


    Ich habe an der dort beschriebenen Hard- und Software nur geringe Änderungen vorgenommen. Die Fotodiode VTP4085H wurde durch eine BPW34 ersetzt, da die Originaldiode nur schwer erhältlich ist. Die günstige BPW34 hat einen kleineren Beobachtungswinkel; da der Sensor aber ohnehin am besten direkt am Teleskop-Objektiv befestigt wird, hat das für meine Anwendungsfälle keinen großen Einfluss. Den 220 Ohm Rückkopplungswiderstand habe ich durch einen 2K Trimmer ersetzt, um die Eingangsintensität justieren zu können. Inzwischen habe ich noch ein LCD-Shield angeschlossen, um den Monitor auch ohne PC betreiben zu können.


    Das Arduino-Sketch aus dem Originaldokument wurde ebenfalls leicht modifiziert: Die Anzahl Samples für jeden Messwert wurde auf 2000 reduziert. Damit werden ca. 2 Messwerte pro Sekunde berechnet. Zusätzlicher Code steuert das LCD-Display an und die Ausgabestrings wurden geändert. Die Firmware aus diesem Sketch ist zum Betrieb der hier bereitgestellten Software erforderlich.


    Zusätzlich zum FC-Plugin habe ich eine Windows-Software erstellt, mit welcher die Messwerte angezeigt und protokolliert werden können.



    Hier sind ein paar Impressionen von den einzelnen Entwicklungsschritten:


    Der erste Prototyp auf dem Steckbrett


    Zweite Version auf Lochrasterplatine, mit Arduino Nano und LCD-Shield.


    Aktueller Stand: Seeing Monitor im Gehäuse


    Zum Test der Funktionalität habe ich die gemessenen Seeing-Werte protokolliert und mit der Bildqualität (laut AVIStack2) verglichen:


    Bitte beachtet, dass die linke y-Achse (Seeing-Werte) und die rechte y-Achse (Bildqualität laut AVIStack2) in gegensätzlichen Richtungen laufen.


    Weitere Infos und die Software zum Download findet Ihr hier: http://www.joachim-stehle.de/sssm.html


    Viele Grüße,
    Joachim

  • Hallo Joachim,


    Ein tolles Projekt. Gratulation zur ausgezeichneten Umsetzung. Mit Arduino habe ich bisher keine Erfahrung. Nur mit Raspberry PI. Würde das Projekt auch auf dem RPI laufen?


    Clear Skies,
    Gert

  • Hallo Joachim,


    Klasse Projekt. Das muss ich auch mal ausprobieren.
    Arduino Sketches laufen ja auch unter Energia auf TI MSP430 Mikros und da habe ich einige davon.

  • Das ist ein äußerst nettes Projekt und wie geschaffen für den Arduino!


    (==&gt;)Gert:<blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Mit Arduino habe ich bisher keine Erfahrung. Nur mit Raspberry PI. Würde das Projekt auch auf dem RPI laufen?<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">Der Raspi hat zwar geschätzt Faktor 100 mehr Rechenpower als nötig, ihm fehlt aber etwas Entscheidendes: Er hat keine Analogeingänge und keinen A/D-Wandler!


    Wer dieses Projekt mit geringstmöglichen Mitteln nachbauen möchte, dem empfehle ich folgende Komponenten von Pollin:
    Entwicklungsboard Best.-Nr. 810366 für 3,95 Euro
    LCD 2x8 Zeichen Best.-Nr. 121118 für 2,95 Euro


    Gruß,
    Martin

  • Vielen Dank für die positiven Kommentare. Die Lorbeeren gebühren allerdings hauptsächlich dem Autor der Original-Bauanleitung. Und ein großes Dankeschön auch an Robert Pudlo für ausgiebige Beta-Tests.


    (==&gt;)Gert:
    Wie Martin bereits angemerkt hat, fehlen dem Raspi die AD-Wandler (zwei Kanäle werden benötigt). Außerdem müsste der Schaltplan auf notwendige Änderungen wegen dem Wechsel der Spannung von 5V auf 3.3V untersucht werden. Ist sicher alles machbar (mit externem AD-Wandler); lohnt sich aber wohl nur, wenn man anschließend auf dem Raspi mit den Daten weiter arbeiten will. Mit dem Arduino geht es einfach, günstig, platz- und stromsparend (die Schaltung kann direkt vom USB-Port versorgt werden).


    Gruß,
    Joachim

  • Hi Joachim,


    Die VTP4085H sind bei Digikey (http://www.digikey.de) ab Lager für 2.64€ pro Stück lieferbar. Allerdings haben die recht hohe Versandkosten (18€) wenn man unter 60€ Bestellwert ist.
    Ich hab mir welche bestellt da ich sowieso noch ein paar andere Komponenten gebraucht habe.
    Der Sketch wird problemlos in Energia mit MSP430 akzeptiert. Testen konnte ich noch nicht da muss ich erst noch die HW aufbauen.

  • Hallo Roger,


    danke für die Bezugsquelle! Über den Conrad Beschaffungs-Service ist das Bauteil zu deutlich höheren Preisen, aber mit geringeren Versandkosten erhältlich.


    Hast Du Erfahrungen mit Digikey? Liefern die aus Europa oder USA? Falls USA: Wie ist das Zoll-Handling?


    Bin schon gespannt, wie sich der MSP430 bewährt – bitte berichte!


    Gruß,
    Joachim

  • Hi Joachim,


    Ja bei Digikey hab ich schon ein paarmal bestellt.
    Die Ware wird aus USA geliefert man kauft aber in Deutschland.
    Es ist also keinerlei Verzollung mehr nötig.
    Bin auch schon gespannt wie sich der MSP430 schlägt, sollte aber kein Problem sein. Die AD Wandler haben bessere Spezifikationen und die Stromaufnahme ist auch geringer.
    Der Umbau auf 3.3V sollte einfach sein.

  • Hallo,


    Eigentlich hab ich persönlcih mit Sonnenbeobachtugn wenig am Hut, aber das Thema reizt mich.


    Ich spinne gerade (erst mal nur in Gedanken) die Sache weiter, ob man nicht eine mobile autonome Messstation daraus machen könnte:
    Arduino mit Micro-SD Karte und Echtzeituhr, Stromversorgung über kleines Solarpanel mit Akkupuffer, automatische Abschaltung in der Nacht, Volles Messprogramm nur bei direktem Sonnenschein.
    Alles zusammen in eine wetterfeste Box verpackt.
    So aufgerüstet, könnte man vollautomatisch Daten für Standortbewertungen sammeln. Man bräuchte allerdings mehrere dieser Boxen für simultane Messung.


    Was meint Ihr, macht das Sinn?


    Wie sieht's eigentlich aus, wenn man das Seeing nachts bewerten will? Das wird wohl ungleich komplexer, weil zumindest ein kleines Teleskop mit elektronischer Nachführung erforderlich wird, das einen einzelnen Stern "im Fadenkreuz" hält, oder?


    Gruß,
    Martin

  • Hallo zusammen,


    Die Fotodioden sind angekommen. Am Montag hol ich mir den Operationsverstärker und dann geht es los.


    Den Arduino Sketch hab ich mir mal angeschaut. Super simpel. Ich werde das direkt in C schreiben und entsprechend die Berechnung modifizieren. Ich verwende ja 3.3V und nicht 5V. Ausserdem hab ich einen 12bit (oder 10bit je nach Baustein) ADC mit 200ksps im MSP. Also werde ich 10000 Samples zur Durchschnittsberechnung verwenden. Da habe ich dann immer noch etwa 20 Werte pro Sekunde.


    Hallo Joachim,


    Wie hast du denn den Seeing Monitor kalibriert?

  • (==&gt;)Roger:
    20 Werte pro Sekunde halte ich für sehr hoch. Ich habe mir sogar bereits überlegt, ob ich auf 1 Wert pro Sekunde wechsle. Die Einzelwerte schwanken sehr stark; wirklich relevant ist der Trend. Das Original-Sketch ist sogar noch langsamer.


    Im Plugin kann deshalb eine Mindestzeit konfiguriert werden, für welche die Messung ständig unter dem Schwellwert liegen muss. Damit können kurze Ausreißer nicht gleich eine Aufnahme starten. Und während der Aufnahme kann eine Hysterese bis zur Pausefunktion eingestellt werden, um die Gegenrichtung abzusichern.


    Zu Kalibrieren gibt es nicht viel. Prinzipiell wird das Verhältnis von Abweichungen zu Eingangspegel verwendet. Du könntest lediglich versuchen, den Verstärungsfaktor von 425,5 (z.B. mit einem Spindeltrimmer) genau einzustellen, da musst Du aber schon sehr genau messen...


    Solange nicht mehrere Geräte parallel verwendet werden, müsste aber der "relative" Wert ausreichen.


    (==&gt;)Martin:
    Zum Thema "Simultanmessung" mit mehreren Geräten siehe mein Kommentar an Roger. Falls Du Vorschläge für ein wetterfestes Gehäuse (Tau/Kondenswasser?) und für eine brauchbare Solarversorgung für ein Gerät der Arduino- oder ESP8266-Klasse hast, hätte ich daran großes Interesse!


    Gruß,
    Joachim

  • Hallo Joachim,


    Zum selber mitbasteln habe ich momentan wohl leider zu wenig Zeit, aber ein paar Ideen kann ich ja loswerden.


    Für eine autonome Messstation wird zusätzlich ein SD oder MikroSD Adapter und eine Echtzeituhr-Erweiterung benötigt. Die Gesamt-Stromaufnahme dürfte in der Größenordnung 50mA liegen. Die Seeing-Messung funktioniert sowieso nur bei Sonnenschein, deshalb sollte ein kleines Solarmodul mit ca. 5V (unstabilisiert) und 0,5-1 Watt genügen.
    Die Box sollte eine Gummidichtung haben, Kabeldurchführungen werden mit PG-Schraubhülsen gemacht. Ein Beutel Silica-Gel dürfte bis zum Wechsel der SD-Karte das Innere trocken halten.


    Wenn man schon mal so eine Box baut, kann sie gleich noch die tägliche Sonnenscheindauer messen.


    Das kleine Pollin-Board mit dem 168er Prozessor kann komplett mit 3,3V betrieben werden. Mit einem Ultrakondensator und einer Spannungsbegrenzung direkt parallel zum Solarmodul ist die Stromversorgung schon komplett. Ein Akku wird nicht benötigt!
    Lediglich eine Unterspannungs-Überwachung mit kontrolliertem Shutdown (aktueller Wert wird noch auf die SD-Karte geschrieben, dann stoppt der Prozessor) muss gewährleistet sein.


    Gruß,
    Martin

  • Hallo Joachim,


    Ich würde auch nicht mit 20 Werten pro Sekunde arbeiten sondern mit 2 und die restliche Zeit alles in powerdown bringen, dann hält die Batterie länger.
    Die Idee von Martin mit dem Solarmodul finde ich gut. Das sollte machbar sein.
    Das z.B. sollte passen
    https://www.conrad.de/de/solar…x35-4-v-35-ma-191308.html
    oder mit 5V
    https://www.conrad.de/de/solar…x65-5-v-81-ma-191321.html


    Im MSP habe ich im Moment eine Stromaufnahme von ca. 2mA da ist allerdings noch kein Display angeschlossen. Mit einem Sharp Memory Display kommen da vieleicht nochmal 1mA dazu.

  • Hallo,


    das FireCapture-Plugin für den Seeing-Monitor ist jetzt in einer neuen Version v0.92 verfügbar.


    Größte Neuerung ist das zusätzliche Diagrammfenster, welches live eine Grafik der gemessenen Seeing-Werte anzeigt. Damit ist nun kein weiteres Programm neben FireCapture notwendig, um den Verlauf des Seeings anzuzeigen und das Diagramm kann parallel zur Ausführung von Aufnahmeserien in FC angezeigt werden.



    Mit der neuen Version kann anstelle des Selbstbau-Monitors jetzt auch der SSM von AiryLab verwendet werden. Wer diesen Monitor besitzt oder keine Lust bzw. Zeit für einen Eigenbau hat, kann damit auch das kommerziell erhältliche Gerät verwenden. An dieser Stelle vielen Dank an die Firma AiryLab, welche mir das Protokoll zur Verfügung gestellt hat.



    Für weitere Analysen habe ich eine optional einschaltbare Loggingfunktion implementiert. Diese protokolliert zu jedem aufgezeichneten Frame das zum Aufnahmezeitpunkt gemessene Seeing. Die Logdatei verwendet ein CSV-Format und kann deshalb leicht in diverse Software wie z.B. Excel importiert werden.


    Für deutschsprachige Sonnenbeobachter möglicherweise auch interessant: Das Plugin enthält jetzt eine mehrsprachige Oberfläche und ist in deutscher Version (einschließlich deutschem Handbuch) verfügbar.


    Weiterhin gibt es diverse Verbesserungen und Erweiterungen wie z.B. die Möglichkeit, beim Aufnahmestart ein akustisches Signal auszugeben. Außerdem wird eine neue Firmware-Version unterstützt, welche das Seeing alternativ aus 10000 anstatt wie bisher aus 2000 Abtastwerten berechnen kann.


    Plugin und Firmware stehen unter http://www.joachim-stehle.de/sssm.html zum Download bereit. Kommentare, Fehlermeldungen und Verbesserungsvorschläge sind wie immer willkommen.


    Gruß,
    Joachim

  • Ich möchte mal einen Prototypen vorstellen.


    Ich habe eine Platine entworfen, die alle benötigten Bauteile des hier vorgestellten Monitors vereinen soll. Es handelt sich im Wesentlichen um einen angepassten Arduino-Klon, dementsprechend kann das Gerät per Arduino IDE programmiert werden.




    Als Anzeige möchte ich ein OLED-Display verwenden.



    Die Diode (BPW 34S R18R) sitzt auf einer runden Platine und wird per Koaxialkabel direkt an die Hauptplatine angebunden. Ziel ist es, dass diese in einem Lacerta Sonnensucher Platz hat. Dann könnte man den Sucher schnell in eine Sensorhalterung umbauen, sobald man die Sonne gefunden hat. Das Koaxialkabel wird natürlich noch verlängert.



    Mal sehen, ob das dann alles so klappt und vor Allem, ob die Schaltung das Seeing auch wirklich messen kann. In Ermangelung von gutem Wetter .....


    Hier noch ein paar Fotos von der Platinenherstellung einer (wie sich herausstellte fehlerhaften) Vorversion:







    Nun muss ich noch die Aussparungen für die Anschlüsse und den Bildschirm in das Gehäuse fräsen ...



    Es grüßt mit vielem Dank an die Vorposter für die tollen Ideen und die Bereitstellung der Software/Sketches.
    Robert

  • Lieber Joachim,


    ich habe nun Deine PC-seitigen Programme ausprobiert. Die Windows-Variante funktioniert reibungslos. Beide Werte werden korrekt gelesen und dargestellt. Das FC-Plugin empfängt allerdings nur den Intensitätswert, das Seeing steht fest bei 10.0, auch wenn auf dem Display was anderes steht. Hmm, mach ich was falsch? Benutze FC v2.5.11.


    Danke-&gt; Robert

  • Hallo Robert,


    tolle Arbeit! Eine Platine habe ich auch in Planung, allerdings für einen fertigen Arduino Nano, um die SMD-Frickelei zu vermeiden. Ist die Lötstoppmaske eine Folie? Wie wird diese verarbeitet?


    Zum Plugin: Liegt der Intensitätswert unterhalb von 0,5? In diesem Fall setzt das Plugin fix den Wert 10, um bei aufziehenden Wolken keine Aufnahme zu starten. Verwendest Du meine Firmware oder das Original? Ich verwende nämlich andere Analogeingänge als die Originalschaltung.


    Viele Grüße,
    Joachim

  • Hallo Joachim,


    ich verwende im Wesentlichen Deinen Sketch. Habe nur die Sachen für die Displayanzeige angepasst. Danke für den Hinweis zum Verhalten des Plugins.


    Die Lötstopmaske nennt sich Dynamask. Wird bei ca. 110Grad auflaminiert und dann mit UV belichtet. Die belichteten Stellen bleiben beim Entwickeln in Soda stehen.


    Bin gespannt aus das Shield, SMD mag ich persönlich lieber, weils im Ofen (nicht im Küchenofen) in einem Rutsch lötet.


    LG Robert

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