Der Zentralstern von NGC7635 Bubblenebel

  • Hallo Forum,
    ich denke, die meisten unter uns kennen den Blasennebel.
    Zur Sicherheit hier noch mal der Link zu Wikipedia
    https://de.wikipedia.org/wiki/NGC_7635
    Ich frage mich, wieso der helle Stern als Aussender der "Blase" gilt. Oder anders herum: wieso steht der dann nicht in der Mitte?
    Kann ein Sternenwind durch seine Umgebung derart gebremst werden, dass der Nebel sich in einer Richtung so viel schneller ausdehnt? Die fast kreisrunde, und in gewisser Weise ungestörte Form, sprechen meiner Meinung nach dagegen. Der Stern weist auch keine nennenswerte Eigenbewegung auf.
    Klar ist, dass es sich um einen heißen O-Stern oder WR-Stern handelt, und damit in der Lage wäre Gas abzustoßen, und klar ist auch, dass er die ganze Szene beleuchtet. Vielleicht hat das Hubble-Bild (und auch einige gute Amateuraufnahmen im [OIII]) zu dieser Annahme geführt. Sie zeigen kleinere und dichtere Filamentstrukturen in der direkter Umgebung des Sterns. Schaut man aber genau hin, so sieht man diese Strukturen nur zum Zentrum der Blase hin. Auf der abgewandten Seite gibt es keine in direkter Nähe. Zudem sehen diese Strukturen keineswegs "schalenartig" aus, sondern eher "blasenartig". Kann es nicht sein, dass Gas und Staub(?)an dem Stern vorbeiziehen und dabei zum Zentrum hin eine Stoßfront ausbildet? Wenn man möchte, dann kann man auf der "Lee-Seite" sogar Verwirbelungen deuten.
    Wenn nun aber dieser Stern nicht ursächlich für die Wolke ist, welcher dann?
    Im Zentrum des Nebels gibt es ein sehr schwaches Sternchen, etwa 18 mag hell, das "geografisch" sehr gut passen würde.(das Hubble-Bild zeigt diesen nicht) Nomad 1511-0367723. Zu diesem Sternchen finde ich aber leider keine wesentlichen Infos. Es gibt eine B-Helligkeit, auch eine im V-Band, aber keine Angaben zu R. Im IR scheint das Sternchen wieder recht hell zu sein. Hier wird eine Helligkeit von etwa 15 mag angegeben. Ich belichte die Region gerade, und es sind 2-3 echte IR-Sterne im Gesichtsfeld. Diese sehen sehr rot aus. Dieser hier sieht aber gar nicht danach aus, und er erschein auf meinen Fotos eher weiß. Die Helligkeit variiert auch nicht wesentlich zwischen IR-Sperrfilter und ohne. Gerne hätte ich bei dem Sternchen eine hohe UV-Helligkeit gefunden, das hätte sicher einiges erklärt, aber bei "Galex" ist es nicht sichtbar.
    Kann mir jemand weitere Infos geben? Vielleicht habe ich ja auch nur einen einfachen Gedankenfehler, denn die Astronomen scheinen sich ja einig zu sein.
    Also, warum steht der Stern nicht in der Mitte der Blase?
    Für Aufklärung wäre ich dankbar.
    Viele Grüße,
    ralf

  • Darüber habe ich mich auch mal am Crescend-Nebel gewundert, welcher auch nicht zentral zur Front der stellar getriebenen Gase liegt. Diese auffallende Asymmetrien sind dann wohl eher die Regel.


    Auf die Schnelle gelesen spielt in die Formung der vom Ursprungsstern wegdriftenden heissen Gasmassen mehreres hinein, wie asymmetrische Dichteverteilung der abgeworfenen Hüllen aufgrund Rotation, nichtspärische stellare Winde, Asymmetrie der Dichte des umgebenden ISM und interstellare Magnetfelder. Das ist schon ne Menge um das Ideal eines kugelsymmetrischen Modells zu zerstören.


    Hier beim Bubble-Nebel sollen ja leichte Dichteunterschiede im umgebenden Gas der bestimmende Faktor sein. Und sieht man sich die Gestalt der Hüllenfront mal genau an, ist sie ja auch nicht wirklich ungestört, sondern schon recht eiförmig mit Beulen, wenn auch BD +60°2522 nun stark exzentrisch liegt. Aber schon eigenartig diese Anordnung. Eigenartigkeiten sind bei Blasen um WR-Sterne schon wieder das Markenzeichen.


    ciao,
    Jo


    Edit Schreipveller

  • Hallo Ralf,


    Jo hat das schon sehr schön zusammengefasst. Zu Asymmetrien von Hülle und umgebenes Medium würde ich noch die normale Eigenbewegung (die auch durch einen Nova- oder Supernova-Stoß induziert sein kann) der stellaren Quelle hinzuzählen.

  • Hallo Jo, hallo Nico,
    vielen Dank für eure Antworten.
    Nun gut, dann muss ich mich wohl damit anfreunden, dass hier nichts ungewöhnliches passiert.
    Beim Crescend-Nebel hätte ich keine Probleme, hier wirkt die Wolke "zerfleddert und zerzaust" und der "Druck" von einer Seite ist irgendwie sichtbar.
    Aber ihr habt mich auf 2 neue Aspekte gebracht. Zum einen hatte ich interstellare Magnetfelder nicht auf meiner Liste, diese wären wohl in der Lage das Gas abzubremsen ohne die Morphologie zu zerstören, und zum Anderen habe ich zwar keine nennenswerte Eigenbewegung des WR-Sterns gefunden, das sagt aber nicht viel aus, wenn ich nicht weiß, wie alt die Hülle ist. Er könnte sich also doch vom Zentrum fort bewegt haben.
    Ich gebe allerdings die Hoffnung nicht auf, dass bei Nomad 1511-0367723 (bzw. bei seinem Begleiter) doch noch ein hoher UV Anteil gefunden wird. WR-Sterne sollen ja 99% ihrer Leuchtkraft verlieren kurz bevor sie explodieren. Sie verraten sich dann nur noch im UV.
    Ich warte einfach ab ;)
    Viele Grüße und vielen Dank,
    ralf

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