Zwei Basteleien mit Thermoplast

  • Hallo liebe Bastler,


    ich bin kürzlich geschäftlich auf ein geniales Material, bezeichnet als "Thermoplast" oder "Polymorph", für Rapid Prototyping gestoßen von dem ich sehr begeistert bin. Es ist ein Kunststoff, der bei Raum- und Außentemperatur sehr hart ist. Wenn man ihn erwärmt, z.B. indem man ihn in heißes Wasser legt, wird er jedoch einfach verformbar. Man kann dann damit arbeiten wie mit Kinderknete und sich schnell und einfach nützlich Dinge basteln.


    In der Rohform sieht das Zeug so aus:



    Man kann es natürlich auch nach der Verarbeitung immer wieder neu bearbeiten, indem man es in heißes Wasser wirft oder sonst irgendwie erwärmt. Man kann auch z.B. nur einen Teil eintunken wenn man nur diesen bearbeiten und den Rest nicht mehr gefährden will.


    Ich weiß nicht, ob Thermoplast hier im Forum schon bekannt ist. Ich habe zwar einen alten Thread von 2009 gefunden wo etwas in die Richtung schonmal erwähnt wurde, aber ich dachte ich zeig euch trotzdem mal was ich in den letzten Tagen damit gebastelt habe.


    Das erste war ein Adapter von 0,96" auf 1,25". Ein neuer Adapter für ca. 25 Euro hätte sich nicht gelohnt, aber mit einer alten 1,25" Hülse und Thermoplast war es eine Sache von wenigen Minuten. Hier ein paar Bilder.




    Ich habe das Thermoplast gut angedrückt, bzw. ohne Okular noch minimal verkleinert, so dass das Okular fest drin sitzt und nicht rausfallen kann.



    Der zweite Prototyp war ein Anschluss für 1.25" Okulare für meinen 50mm TS-Sucher. Hintergrund war, dass ich den Sucher zunehmend auch für Beobachtungen genutzt habe und mich dabei irgendwie das Fadenkreuz gestört hat (so ist das, wenn der Sucher teurer war als das restliche Teleskop ;-)). Also hab ich mal vorsichtig dran rumgedreht und siehe da, das gesamte hintere Teil ließ sich abschrauben. Neugierig wie ich bin hielt ich natürlich mal ein Okular dahinter. Und tatsächlich: ich kam in den Fokus. Nun ist das "freihändig" natürlich nicht das Wahre und ich wollte die Sache auch mal beim Beobachten testen, evtl. mit unterschiedlichen Okularen.


    Also habe ich auch dafür fix einen Adapter gebastelt. Dazu musste eine alte Billig-Umkehrlinse dran glauben. Den Fokus kann man zum Glück vorne am Objektiv durch Drehen verstellen solang er grob passt. Auch hier habe ich das ganze gut angedrückt, damit der Adapter fest sitzt und nicht einfach abfällt. Funktionierte bei ersten Tests am Tag gut.





    ... nun habe ich also einen Mini-Richfielder mit dem ich mit dem 40mm Plössl auf über 10° Gesichtsfeld komme, mehr als mein Fernglas mit 7,5°. Die Brennweite ist ca. 160mm (grob von Hand nachgemessen). Das Gute an dem Adapter ist, dass man den Sucher mit wenigen Handgriffen umbauen kann. Einfach das alte Teil abschrauben und das neue dranstecken. Sollte sogar beim Beobachten gehen, wenn nötig. Ich bin auf jeden Fall gespannt auf die nächste Beobachtungsnacht und wie sich die Pleyaden, die Hyaden und h&Chi drin machen. Die waren schon mit Fadenkreuz und weniger Gesichtsfeld eine Pracht.


    Klar, die Sachen sehen jetzt nicht sehr professionell aus, aber sie erfüllen erstmal ihren Zweck. Genial um mal eben schnell etwas auszuprobieren ist es so oder so.


    Auf jeden Fall bin ich begeistert von den Bastel-Möglichkeiten, die das Zeug bietet. 1 kg davon kostet übrigens ca. 25 Euro.


    Viele Grüße,


    Alf

  • Hallo Alf,


    als alter Bastler finde ich das Zeugs auf jeden Fall interessant und mir würden sicher einige Nutzanwendungen einfallen. Dazu müsste ich es aber erst einmal haben! Also, wo kann man es kaufen und gibt es dazu irgendwelche Datenblätter?


    fragt Kurt

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Kurt</i>
    <br />Hallo Alf,


    als alter Bastler finde ich das Zeugs auf jeden Fall interessant und mir würden sicher einige Nutzanwendungen einfallen. Dazu müsste ich es aber erst einmal haben! Also, wo kann man es kaufen und gibt es dazu irgendwelche Datenblätter?


    fragt Kurt
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Hallo Kurt,


    das Zeug wird doch wohl nicht dem guten, alten Tape den Rang ablaufen[B)]


    auf der Website des Herstellers gibt es Infos und günstigere Preise als bei Amazon:
    http://www.plaast.de/Plaast_Datenblatt.pdf
    http://www.plaast.de/index.php
    Das Zeug ist ein Polyurethan auf Basis von Polycaprolacton.
    Polycaprolacton ist ein Polyester, der durch Ringöffnung von Caprolacton gebildet wird. Darf ruhig an die Haut[8D]


    CS Franjo

  • Hallo Franjo,
    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Das Zeug ist ein Polyurethan auf Basis von Polycaprolacton.
    Polycaprolacton ist ein Polyester, der durch Ringöffnung von Caprolacton gebildet wird.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    [:D][:D][:D]
    andächtig genieße ich deine Aufklärung und glaube alles ohne Hinterfragung. Du hättest auch die Begriffe per Zufallprinzip in einer anderen Reihenfolge in den Satz einbauen können, wäre mir nicht aufgefallen. [:D][:D][:D]
    Haupsache die Ringöffnung verschließt nicht den Schlund, sodass kein Kaffe bzw. dessen Wirkung mehr im Hirn ankommen kann.
    Viele Grüße
    Jörg

  • Hallo Franjo,


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">
    das Zeug wird doch wohl nicht dem guten, alten Tape den Rang ablaufen
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    ... wohl eher nicht. So stabil und dauerhaft hätte ich die beiden Lösungen mit Tape sicherlich nicht hinbekommen (auch wenn ich Tape-Fan bin). Für die schnellen Reparaturen vor Ort ist Tape aber natürlich immer besser, da sofort nutzbar ;-).


    Vielen Dank auch fürs Raussuchen der Datenblätter.


    Falls noch jemand was astronomisches mit dem Zeug bastelt würds mich interessieren.


    Viele Grüße,


    Alf

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Alter-Heide</i>
    <br />


    ... wohl eher nicht. So stabil und dauerhaft hätte ich die beiden Lösungen mit Tape sicherlich nicht hinbekommen (auch wenn ich Tape-Fan bin). Für die schnellen Reparaturen vor Ort ist Tape aber natürlich immer besser, da sofort nutzbar ;-).


    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Hallo Alf,


    Du bist nicht der einzige Tape-Fan[8D]
    Zumal man ja nicht immer einen Wasserkocher dabei hat.
    Das Granulatzeug hat 'ne Menge Bastelpotential.
    Danke für den Tip!


    CS Franjo

  • Hallo Alf,


    Wie weich wird das Zeug denn im Wasserbad? Ließe es sich auch gießen?
    Und schrumpft es beim Abkühlen?


    Den Kopf voller Bastelideen:
    Marcus

    16" f/4 Dobson, 6" f/5 Dobson, C8, 60/360 Apo, 70/700 PST-Mod "Sunlux"


    Zeige mir einen Dobson und ich zeige Dir eine Baustelle

  • Hi Marcus,


    es wird nicht so weich, dass man es gießen könnte. Vielleicht wenn man es noch über 100° erhitzt, keine Ahnung ob das geht. Man könnte es aber vielleicht schon in eine Form drücken.


    Nachdem es ins kochende Wasser geworfen hat ist es zunächst sehr weich und auch etwas klebrig. Wenn man es dann in der Hand etwas knetet, dann kühlt es wohl noch etwas ab und die Konsistenz wird gut, so wie Kinderknete. Ich habe bisher nicht den Eindruck, dass es noch merklich beim Abkühlen schrumpft. Im wesentlich bleibt es so, wie es geformt wurde. Die Adapter passen ja alle noch.


    Gruß,


    Alf

  • Hallo Marcus,


    im oben verlinkten Datenblatt sind Viskositäten bei verschiedenen Temperaturen angegeben.
    Selbst bei 190°C ist das Zeug noch sehr dickflüssig, etwa Honigkonsistenz.
    Es sollte aber in einer flachen Gußform verlaufen können, wenn man ihm genügend Zeit lässt.
    Zu thermischer Ausdehnung/Schrumpf gibt es keider keine Angaben.


    Aber Vorsicht, nicht höher erhitzen!:


    "Thermische Zersetzung: &gt; 200 °C, Entwicklung von entzündlichen Gasen/Dämpfen."


    CS Franjo

  • Hallo Franjo, hallo Alf,


    Vielen Dank für eure Infos.


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">...das Zeug wird doch wohl nicht dem guten, alten Tape den Rang ablaufen<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    ...in wie weit, das werd ich erfahren sobald ich es einsetzen kann[8D]. Jedenfalls scheint es mir noch so zu scheinen dass Tape mein Lieblingsprovisorium für Fixagen fast jeder Art blieben wird. Hab erst vorgestern den Lichtschutzschirm am Dobson mit Tape fixiert...


    Gruß Kurt

  • Hallo,


    hier nochmal ein kleines Update, da ich noch etwas mit Thermoplast gebastelt habe. Und zwar hatte ich das Problem, dass sich der Sucherschuh für meinen bereits erwähnten 50mm Sucher nicht an meinem Reiseteleskop (ein Refraktor) befestigen ließ. Auch dies ließ sich nun einfach und schnell lösen, indem ich aus Thermoplast einen spezielle angepassten Sucherschuh gebastelt habe. Damit man den Sucher befestigen kann habe ich zwei Rädelschrauben mit Mutter "eingeknetet". Diese lassen sich wie bei normalen Sucherschuhen festziehen damit der Sucher nicht rausrutscht.


    Hier einige Bilder:


    - Sucherschuh montiert:


    - Sucherschuh im Detail, diesen kann man übrigens auch abnehmen. Gut ist, dass er genau an die Form des Tubus angepasst wurde. Damit es stabil genug ist habe ich hinten noch eine Führung für einen Kabelbinder angebaut.




    Und hier der Refraktor aufgebaut (ich weiß der Sucher ist überdimensioniert ^^):



    Viele Grüße,


    Alf

  • Hi Alf,
    mit Plastik-Getränkeflaschen und einem Heißluft-Fön lässt sich auch wunderbar Basteln (ähhm Schrumpfen/Formen). Zumindest hab ich so mir mal ne Schutzkappe für ein altes Okular gebastelt.


    Eine Frage hätte ich noch: Wie gut lässt sich Dein Zeugs 'verkleben'? Franjo schrub ja was von PU-ähnlich; das müsste man dann einfach mit Pattex bombenfest verkleben können.


    Gruß

  • Hi Kalle,


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Eine Frage hätte ich noch: Wie gut lässt sich Dein Zeugs 'verkleben'? Franjo schrub ja was von PU-ähnlich; das müsste man dann einfach mit Pattex bombenfest verkleben können.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Bisher habe ich nicht probiert die gebastelten Teile zu verkleben. Das hat vor allem den Grund, dass sie ja jetzt nicht so toll aussehen und ich mir die Möglichkeit nicht verbauen will sie später wieder abzunehmen. Wenn man zwei Teile Thermoplast verbinden will kann man aber einfach nur die Ränder kurz erwärmen und dann einfach verkneten. Das klappt gut.


    Viele Grüße,


    Alf

  • Hallo,


    reparieren und verkleben geht bei Thermoplasten mit einem Lötkolben sehr gut. Damit läßt sich die Kontaktstelle gut verschweißen. Erfahrung damit habe ich mit anderen Thermoplasten, deren Schmelzpunkt aber höher als bei dieser Type liegt. Ob es bei dem niedrigen Schmelzpunkt auch funktioniert bevor es zur Zersetzung kommt weiß ich nicht. Einfach mal versuchen.


    Das Material finde ich auch sehr interessant und werde es mir auch für kleinere Basteleien zulegen.

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