Hallo Freunde des fernen Lichts,
Nach ein paar klaren Nächten mit meinem neuen 16" von Pierre Desvaux (DobsonFactory) kann ich Euch einen ersten Erfahrungsbericht bieten. Meines Wissens gibt es in Deutschland bis dato drei Besitzer von Teleskopen aus der Hand von Pierre, sodaß es vielleicht für den Einen oder Anderen von Interesse sein könnte diese kennen zu lernen.
Zur DobsonFactory:
Es handelt sich um einen Ein-Mann Betrieb mit Sitz in der Bougogne (Frankreich, gelegen zwischen Dijon und Lyon). Bei Abholung des Teleskopes im November hatte ich Gelegenheit die Werkstatt sowie einen fertigen 24" und mehrere andere, sich in der Fertigung befindlichen, Dobsons zu bestaunen. In der Werkstatt gibt es alles, was man zur Bearbeitung von Aluminium, Stahl und Holz benötigt. Die Werkstatt hat Pierre von seinem Vater übernommen, der Formenbauer war. Es ist sozusagen ein Mehr-Generationen-Betrieb. Manche der Maschinen sind historisch und Eigenentwicklungen und waren schon an sich einen Besuch der Werkstatt wert.
Die DobsonFactory baut Individualanfertigungen. Die kleinsten fangen m.W. bei 12" an. Das Größte gebaute ist ein 28". Ein 1m Dobson ist laut Homepage derzeit in der Planung und Pierre ist wohl noch auf Interessentensuche. Gebaut werden klassische, reiseoptimierte und motorisierte Dobsons auf einer eigens dafür entwickelten EQ-Platform. Spiegel werden nach Wunsch verbaut und extern zugeliefert. Die Spiegelbestellung läuft nicht über die DobsonFactory, sondern wird durch den Käufer selbst beauftragt. Besonderes Augenmerk wird auf Stabilität der Teleskope gelegt. Die Dobsons sind keine auf Gewichtreduzierung getrimmten Minimalisten-Teleskope.
Der Kontakt läuft über E-Mail und Telefon. Neben Französisch spricht Pierre fließend Englisch und erstaunlich gut Deutsch. Er berät basierend auf seinen eigenen, langjährigen, Erfahrungsschatz ohne dabei jemanden in eine Richtung drängen zu wollen. Die neutrale Beratung hat mir besonders gut gefallen und mir am Ende bei der Auswahl des Spiegelherstellers, der Öffnung und des Öffnungsverhältnisses geholfen. Die Dobsons an sich sind qualitativ sehr hochwertig, handwerkliche Schmuckstücke könnte man sagen. Entsprechend haben diese Dobsons auch Ihren Preis. Trotz des gehobenen Preisniveaus gibt es eine längere Warteliste, was für die Qualität dieser Geräte spricht. Wie lange die Wartezeit an sich ist, kann ich schlecht sagen, da bei mir die Gesamtwartezeit durch die Spiegelherstellung bestimmt war.
Zum Teleskop:
Anfangs schwankte ich zwischen verschiedenen Anbietern, 12" und 16" sowie zwischen f3,8 und f4,5. Ausgehend von meinem 5" Takahashi sollte eine deutliche Steigerung erfolgen und möglichst nicht nach einem Jahr schon wieder der Wunsch nach einer nächst größeren Optik aufkommen. Das Gerät, wie die Optik, sollten hochwertig sein und nicht für Flugreisen (wohl aber für den täglichen Feldeinsatz) konzipiert sein. Ein ArgoNavis war geplant - wurde aber im Nachinein aus Kostengründen wieder gestrichen. Zur Entscheidungsfindung habe ich mir eine Liste der (subjektiven,) relevanten Kriterien gemacht und die diversen Anbieter am Markt anhand der Kriterien bewertet. Die DobsonFactory kam erst spät dazu, da sie mir völlig unbekannt war. Erst ein Posting hier im Astrotreff machte mich darauf aufmerksam. Nun, nach langer Überlegung und Beratung ist es nun ein 16" f4,5 geworden. Haupt- und Sekundärspiegel stammen vom Mirrosphère / Frankreich.
Für mich waren die Argumente Qualität und Stabilität ausschlaggebend. Transportabilität und Gewicht standen nicht im Vordergrund, wohl aber eine Einblickhöhe ohne Steighilfe. Bei der Auswahl des Spiegelherstellers zählte für mich einzig Qualität. In die teils subjektive, engere Wahl der europäischen, kommerziellen Spiegelhersteller schafften es am Ende Alluna Optics und Mirrosphère. Mirrosphère hat in Frankreich einen erstklassigen Ruf (insb. auch für die besonders feine Politur). Dieser, und Pierres Versicherung zur herausragenden Qualität, hat am Ende - ohne das ich es vorab überprüfen konnte - den Ausschlag bei der Auswahl gegeben. Teleskopkauf ist immer eine Frage des Vertrauens in beratende Personen, denn nicht alles läßt sich anhand von Fakten vorab verifizieren.
Die Teleskopbauweise konnte ich schon vorab im Detail auf der Blog-Seite und der Homepage der DobsonFactory betrachten. Besonders angetan hatte es mir der Spiegelkasten. Hier muss keine Hand an den Spiegel gelegt werden. Der Spiegel ist bei Transport, Auf-und Abbau optimal geschützt und dennoch luftig gelagert.
Spiegelzelle und laterale Lagerung sind durchdacht, ebenso wie die Fangspiegelverstellung und das Schnellspannnaben-Stangenkonzept. Auch hatte mir das "Karren-Prinzip" gefallen. Mit Hilfe einer Art Sackkarre kann das ganze Teleskop problemlos umgesetzt werden. Durch die großen Höhenräder ist das Teleskop gegen stark variierende Okulargewichte gefeit. Selbst bei horizontnaher Beobachtung und Okular-Gewichtsänderungen von > 1kg bewegt sich nichts von alleine. Und dennoch läßt sich das Teleskop sanft und angenehm bewegen. Die Materialien (Multiplex, Alu, Carbon) werden sinnvoll eingesetzt und das Holz ist mit Schiffslack gegen die Unbilden der Nacht geschützt. Es gibt keine losen Unterlegscheiben oder Bedarf an Inbus- oder schraubenschlüsseln. Der Auf- und Abbau ist kinderleicht. Bei Abholung zeigte sich, wie sauber alles verarbeitet ist.
Zum Spiegel:
Auf den Spiegel musste ich (Warteliste bedingt) mehr als ein Jahr warten. Dies wurde schon zu einer Geduldsprobe, doch dann kam eine Nachricht von Franck Griere (Mirrosphère): Der Grobschliff hatte begonnen. Ein paar Monate später ging der Spiegel zum Beschichten. Herausgekommen ist ein Spiegel, der am Himmel absolut überzeugt.
In Sachen Justage besteht bei mir als eingefleischter Refraktornutzer noch Verbesserungsbedarf (Übung mach den Meister). Bin gespannt, was sich bei "perfekter" Justage noch weiter herausholen läßt.
Transport des Teleskopes:
Der Dobson ist alles andere, als ein Packwunder. Im Gegenteil, er nimmt einigen Raum im Auto ein. So ist der Kofferraum eines Opel Zafira damit bereits recht gut beladen. Zusätzlich ist ein Platz auf der Rückbank für den Spiegelkasten belegt und die Stangen sind quer durch's Auto geschoben.
Klar, man könnte noch kompakter packen, aber es soll ja auch ein sicherer, schonender Transport sein. Um gleichzeitig noch meinen Refraktor + Montierung ins Auto zu bekommen, muß ich umsichtig beladen. Für den Keller gilt ähnliches: Platz zur Lagerung ist vonnöten. Eine Packmass optimierte Version wäre möglich gewesen (-> ggf. die Reisedobsons von der DobsonFactory oder andere, auf Reiseteleskope spezialisierte, Hersteller), war aber nicht mein Ziel.
Aufbau des Teleskopes:
Der Dobson läßt sich in 10 Minuten ohne jegliches Werkzeug aufbauen. Der Aufbau kann neben dem Auto erfolgen, denn das fertig zusammengebaute Teleskop kann mit der Sackkarre ja am Stück (Ausnahme Basisring) bewegt werden. Hier ein paar Eindrücke vom Zusammenbau:
Basisring, Gewicht 6,4kg:
Spiegelzelle mit Höhenrädern, Gewicht 11,9kg:
Spiegelkasten mit Spiegel, Gewicht 19,8kg:
Stangen, Gewicht 3,9kg:
Frontring incl. Sekundärspiegelbox und Tak-Sucher, Gewicht 4,8kg:
Lichtschutz:
Gesamtgewicht, rund 48kg
Transport mit der "Karre":
Die Karre selbst läßt sich zerlegen, jedoch mit Werkzeug.
In den nächsten Wochen hoffe ich Euch mit ein paar Beobachtungsberichten beglücken zu können. Nächste Ziele sind die noch verbesserte Justage und der Beginn mit Skizzieren am Okular.
Links:
DobsonFactory (franz. Originalhomepage): https://sites.google.com/site/thedobsonfactory/
DobsonFactory (z.T. veraltete, deutsche Übersetzung): https://sites.google.com/site/thedobsonfactory2/home
DobsonFactory Blog (neueste Modelle & Studien): http://dobsonfactory.blogspot.de/
Mirrosphère (franz.): http://www.mirro-sphere.com/topic/index.html
CS
Dirk