OdM Februar 2022 : NGC-2539 - ein OS im Achterschiff (Puppis)
- stardust3
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Hallo liebe Astrofreunde,
heute möchte ich, als Einstand sozusagen, ein Objekt mit dem Titel Objekt des Monats - Februar 2022 - versehen und damit dem fernen Objekt hoffentlich zu einem unverhofften Besuch durch Astronomie Beobachter, und vielleicht Astronomie Fotografen verhelfen so wem das Wetter dieses mal gnädig ist.
Bei mir ist dieses Objekt irgendwie immer durch die Beobachtungsprogramme gerutscht und auch spontan auf dem Feld (im Garten, auf dem Balkon, etc.) stolpert man wohl eher seltener darüber. Das liegt vielleicht daran, daß es ein eher unauffälliges Objekt ist in einer unaufälligeren Region des Himmels, und in meinem Falle auch am Rande des Blattes im Karkoschka Atlas liegt, den man also leicht übersieht.
Ich stelle also vor:
NGC 2539
Offener Sternhaufen
Rekt. 8h 10,7m
Dekl. -12,83°
Sternbild: Puppis/Schiff-Achterdeck
Auffinde-Information: Unmittelbare Nähe zum Stern 19 Pup (4,7mag)
Kulmination Anfang Februar: etwa 23:00
scheinbare Größe: ca. 20 Bogenminuten
Gesamthelligkeit: 7 mag
Flächenhelligkeit: 13 mag / Bogenminutenquadrat
Ich habe diesen fein-sternigen OS deshalb ausgewählt, weil ich gelegentlich zu Hause beim Blättern des Karkoschka einen Geisteswink bekomme, "den hast Du aber schon lange nicht mehr beobachtet" und es dann wieder vergesse, wenn ich mal auf dem Feld bin, vor lauter anderer geplanter und spontaner Ziele. Es gibt etwa 3-4 solcher Objekte im Karkoschka Katalog, die ich stiefmütterlich behandle. Mit dem jetzigen OdM denke ich aber sicher dran.
Wer den Karkoschka besitzt, es ist also das Blatt E8 und ganz ganz links an der Grenze zu Blatt E10. Der andere Einsteiger ReiseAtlas von Oculum führt in sicher auch, hoffentlich etwas augenfälliger ;-).
Zunächst habe ich alle meine Astronomie Beobachtungsbücher durchgeblättert und fand anfangs nur eine Niederschrift einer Beobachtung aus dem März 2013:
"Leicht zu übersehen; OS klumpig, wie Beschreibung im Karkoschka; Durch Stern aber leicht zu finden."
Das ist alles. Ich würde aus der dunklen Erinnerung noch hinzuzufügen trauen: feinster Sternchenstaub.
Aber ich habe erst ab Dezember 2012 überhaupt angefangen, mir Beobachtungsnotizen zu machen. Die Beobachtung damals muss noch mit dem TAL100 (4" Refraktor) erfolgt sein. Und zwar im Odenwald bei vermutlich knapp unter 6mag Himmel. Mondloser Himmel natürlich.
Nach dem ersten Entwurf dieses Textes bin ich noch mal aufmerksamer durch all meine Beobachtungsbücher gegangen und tatsächlich - da ist noch ein Beobachtungseintrag im Februar 2019. Mit 8" Newton und dann im Odenwald bei dunklem Himmel. Der Eintrag:
"NGC 2539; OS; Ja interessant, Sternengruppen ringförmig."
Als simple Skizze hab ich vier gleichförmige Sternenringe gezeichnet - einer im Zentrum an dem drei weitere ringsum anhaften (gleiche Ringgröße). Sieht ein wenig aus wie eine Micky Maus Kopfsiluette mit einem dritten Ohr am Kinn.
Das verlangt also nach einer Nachbeobachtung mit ein wenig mehr Würze :-).
Was schreibt denn das Internetz dazu? Es folgen nun ein paar zusammengezogene Informationen. Ich mache mal die Annalena und bau als erstes die drei Sätze im Karkoschka um:
"Der Haufen ist nicht einfach im Fernglas auszumachen. Ist aber recht interessant in einem Teleskop (6" beim Erich K.). Er bietet optisch Sternenverklumpungen, hat einen unregelmäßigen Umriss, er besteht aus etwa 100 Sternen."
Wikipedia bietet etwas mehr:
" Alter des Sternhaufens geschätzt 650 Mio. Jahre; enthält 170 Sterne. Entfernung 4400 LJ.
Entdeckt wurde dieser OS von Wilhelm Herrschel."
und im Englischen Wiki Artikel:
" Der eigentliche Durchmesser (scheinbar 22') beträgt etwa 24 LJ. Sein Einflußbereich geht bis 25LJ raus (Radius). Die Masse wird auf 3,1 Mio. Sonnenmassen geschätzt (ich frage mich wie denn bei nur 170 Sternen???). Interessant ist, daß er einige rote Riesensterne enthält, so daß sich wohl nette bunte Fotos anfertigen lassen. Mit größeren Öffnungen sollten sie auch visuell farblich erfassbar sein. Schreibt doch bitte, ob ihr Farben seht und mit welcher Öffnung. Oder mit welcher Öffnung nicht.
Es folgt noch eine Sammlung interessanter Internet Links:
Ein fast antiquarisches Buch, mit schön klassischer Beschreibung des Sternhaufens,
Steve O'Meara's "Herrschel 400 Observing Guide" - page 69
Die Auffindekarte aus dem Astrobin, user: Kurt Zeppetello
obwohl NGC2539 sicher auch in jedem Beobachtungsatlas selbst für kleine und mittlere Fernrohre aufgelistet ist.
Die sehr anschaulich simulierte räumliche Position in der Milchstraßenscheibe, ref. zur Sonne auch:
https://vnawrath.files.wordpress.com/2016/07/ngc-2539-position-in-milchstrac39fe.jpg
und das schönste farbliche Foto, das ich gefunden habe, von J.T. Thommes:
Sicher ist der Haufen auch wegen seiner räumlichen Nähe zu 19 Pupis reizvoll. Das ist natürlich ein Vordergrundstern in etwa nur 185 LJ Entfernung. Dies ist auch ein gelb scheinender Stern, ein gelber Riese und ein Doppelstern, der etwas schwierig ist. Der Begleiter ist in 2" Distanz zu finden, ist aber 6.5mag schwächer (also ca. 11 mag). Ab 8" sollte das machbar sein? Vielleicht erst ab 16". Seeing muss wohl hervorragend für eine erfolgreiche Beobachtung sein.
Hier Detail Infos zu 19 Pupis:
19 Puppis Star Facts (Type, Distance, Magnitude, Colour, Luminosity, Location & more)
Ich hoffe ich konnte Euch Ansporn geben, einen auch "vergessenen" OS mal (wieder?) zu besuchen und ein paar Aufzeichnungen dazu zu schreiben und hier vorzustellen. Und gerne auch Fotos! Denn ich konnte keine public domain Fotos in diesen Artikel einstellen zum Aufhübschen des Textets. Ich habe auch bei Astrotreff in der Gallerie nach Fotos gesucht und keines gefunden, das gibt vielleicht einen Anreiz?!
Zum Abschluss noch ein kleiner Hinweis: Es gibt einen Nachbarn in der Region der die gleichen Ziffern hat mit Zahlendreher. NGC 2359! Viele, auch ich verdrehen diese Zahlen. Ich hab es in meinen Aufzeichnungen und ich habe das auch sogar in einem Internetartikel gesehen, oder ein Astro Forum Titel. Das ist aber der berühmte "Thor's Helm" Nebel ein Sternbild neben Puppis, im Gr. Hund! Also aufgepasst bei der GoTo Eingabe ;-)!
Ach, "Thor's Helm" - jetzt habe ich eines vergessen am Anfang. Dieser Sternhaufen scheint auch einen eigenen Namen zu haben: "The Dish Cluster". Warum auch immer, vielleicht sind es vier Teller (s.o.)?
Möge uns das Nacht-Wetter im Anfang Februar wohlgesonnen sein, aber Neumond Anfang März ginge ja auch. Ich freue mich auf Euere Beobachtungsberichte und Bilder.
Und schreibt bitte auch was zu, ob er bei Euch auch so ein "vergessenes Objekt" ist.
Clear Skies allerorts,
Walter
Antworten 18
CorCaroli
Hallo,
Ich habe in meinem Aufzeichnungen eine Beobachtung zu diesem Offenen Sternhaufen gefunden. In meinem Beobachtungsnächten im März 2021 konnte ich diesem Offenen Sternhaufen mit meinem 12"/f4 Newton beobachten. Die Vergrößerung war 67x.
Notiert habe ich mir:
"Mittelgroßer Offener Sternhaufen.
Mittlere Anzahl an Sternen. Im Haufen sind schwächere Sterne von fast gleicher Helligkeit. Die Sterne sind in kleinen Gruppen im Haufen verteilt.
Der Sternhaufen hat eine länglich gebogene Form. An der Süd-Ost Kante vom Haufen steht der 4m7 helle Stern 19 Pup.
Der Sternhaufen ist voll aufgelöst."
Viele Grüße
Gerd
Lucifugus
Servus Walter,
vielen dank für das tolle, neue Objekt des Monats! NGC 2539 habe ich bisher nur mit dem Fernglas angesehen, aber noch nicht eingehend mit dem Teleskop stuidert. Ich hoffe auf entsprechend klare Nächte im Februar bzw. überhaupt :-).
Wieder ein Offener Sternhaufen – das freut mich, denn ich mag diese Objekte ja sehr. Jeder sieht anders aus und die Historie ist bei jedem anders, was dann zu unterschiedlichem Aussehen führt. Ich freu mich schon drauf, NGC 2539 näher anzuschauen.
Liebe Grüße,
Christoph
stardust3
Guten morgen,
Vielen Dank für Euere netten Reaktionen, und schon mal Vor-Berichte :-)! Neumond ist ja schon am 1. Februar, Dienstag in einer Woche und ich hab schon mal in die Wettervorhersage geschaut - oh jeh kann ich nur sagen - für den ganzen Zeitraum drum herum, insbesondere das Wochenende zuvor.
Immerhin ist die Wahrscheinlichkeit für diese 7-8 tage Vorhersage nur 25%, also Klopf auf Holz ...
Weswegen ich noch mal kurz rein schreibe - ich habe gemerkt, mein Link zu 19 Puppis gibt so gar nix her zum Mehrfachsystem. Sorry - hier ist noch mal etwas mehr:
Webb Deep-Sky Society: Double Star of the Month in Puppis
blättert bitte zu (!) Double Star of the Month - February 2017
Also ein Dreifach System. Zwei Begleiter:
ein 8,9mag Begleiter in bequemen 58" Distanz
ein 9.3mag Begleiter in 12" Distanz
...,und dieser mysteriöse Dritte in etwa 2" Distanz, kaum beobachtet
CS,
Walter
Cleo
Hallo Walter,
herzlichen Dank für die Anregung - ich hab's gestern abend ernsthaft versucht, aber es ist mir nicht gelungen, NGC 2539 zu beobachten... Erst war es viel zu feucht, so dass ich nur zenitnah sinnvoll beobachten konnte, und später hab ich auf dem Weg zu NGC 2539 so viel Zeit mit Thors Helm verbracht, dass die Batterien vom ArgoNavis leer waren und ich schließlich lieber zusammengepackt habe, als von Hand zu suchen oder neu einzurichten...
War trotzdem ein guter Abend - ich bleib dran!
Viele Grüße, Holger
stardust3
Hallo Holger,
ich habe in meinen Aufzeichnungen etliche(!) Einträge für den Thors Helm Nebel gefunden (den habe ich fast jedes Jahr beobachtet, teils mehrmals p.a.), unter der Bezeichnung "NGC 2539" (!). Wenn Du die genaue Beschreibung für den Helm hier rein gestellt hättest, wäre das also fast passend als Anekdote .
CS,
Walter
NormanG
Hallo Walter,
eine schöne Objektwahl für kleine Optiken!
Letzte Nacht mit 10x22 Fernglas bei 6m5 Himmel aufgestoebert. Deutliches gleichmäßig diffuses und recht großes Fleckchen. Ein sehr netter Anblick, mysteriös da ohne Einzelsterne.
Im 12"Dobson im 17mm Okular eher langweilig aber auffallend strukturiert,schaut etwas wie eine DNA Helix aus oder tatsächlich 2 Teller.
CS
Norman
stardust3
Hallo Norman,
interessant - jedes Gehirn macht vielleicht was anderes draus: Doppelhelix also bei Dir.
Hast Du Farben sehen können im 12"? also ähnlich wie bei h oder Chi wo man die orangenen Rosinchen auch schon mit 8" (jedoch nicht mit 4") heraus picken kann?
CS,
Walter
Lucifugus
Servus Walter,
bei mir war's gestern sternenklar. Ich wollte NGC 2539 gleich fotografieren und dann nach dem einen oder anderen Planetarischen Nebel nochmal zurück in die Auriga gehen (ist ja eh noch Januar). Aber erneut ist mir sehr schnell der Fangspiegel beschlagen. Da ich NGC 2539 als erstes gemacht habe, müsste was bei rumkommen. APP arbeitet gerade fleißig.
Fazit: ich muss was gegen den Tau machen. Die feucht-kalten Nächte gehen nicht. Da heute eh Arbeitstag ist, war es nicht so schlimm, etwas früher heim zu kommen. Ich wollte nur ein Bisserl herumjammern.
Liebe Grüße,
Christoph
stardust3
Hallo Christoph,
OT, aber:
mir hat es auch mal gereicht und ich habe am FS eine Tauschutz Heizung verbaut. 4 Keramik Leistungswiderstände. Zum Glück war genug Platz auf der Rückseite des FS. Darf halt nur wenig Leistung sein darauf musst Du achten. Ich glaube ich habe da ca. 1W verbaut. Betrieben mit meinen 12V für die HEQ5.
Freue mich auf das Foto :-)!
CS,
Walter
Lucifugus
Servus Walter, servus zusammen,
wie schon oben beschrieben, konnte ich am 25.1.2022 NGC 2539 aufs Korn nehmen. Ich bin mit besten Erwartungen auf meinen Beobachtungshügel gefahren, wobei die Erwartungen durch Nebelbildung schon etwas getrübt wurden. Ich hatte gehofft, dass ich oben nebelfrei wäre, aber Pustekuchen. Wenn das Moor (Ochsenmoos) gefroren ist, sollte es nicht mehr als Luftbefeuchter dienen, dachte ich... Aber egal, ich habe nicht weit weg eine Ecke gefunden, die sowohl dunkel als auch nebelfrei war.
Die Nacht war klar, aber irgendwie wurden die Sterne etwas unrund. Entweder hatte ich nicht gut genug justiert (zu ungeduldig, der Tubus musste vielleicht weiter auskühlen...) oder es war doch ein bisserl zu windig?! Den Wind habe ich gespürt, aber eigentlich sollte er nicht viel bewirken, dachte ich. Oder die Kamera ist doch etwas schwer und saß nicht ganz im rechten Winkel am OAZ. Muss ich mal bei besseren Bedingungen prüfen.
Mir hat's dann auch noch den Fangspiegel beschlagen. Aber gestern habe ich schon Abhilfe bestellt (Fangspiegelheizung). Um nicht zu sehr ins OT abzugleiten, nun doch endlich das Ergebnis:
NGC 2539 - am 25.1.2022, zwischen 21:48 Uhr und 22:28 Uhr, 295 Lights zu je 6 Sekunden (ich wollte den hellen Vordergrundstern nicht ausbrennen), also insgesamt 39,5 Minuten Integrationszeit. Optik: 8" RC (siehe Signatur).
Der Sternhaufen ist groß, hell, enthält viele, helle Sterne und zeigt einige Sternkettenn. Eine DNA kann ich da nicht erkennen und insgesamt sind es für mich zahlreiche Bögen und Muster, aber nichts, was ich irgendwie einer mir bekannten Form zuordnen könnte:
Ich bezeichne es mal als abstrakte Kunst. Formen sind ja eh nur menschliche Interpretationen. Ich sehe, wenn ich keine Asterismen suche, einen lockeren, ziemlich zerzausten, sternreichen Offenen Sternhaufen, Mit 650 Millionen Jahren Alter sind die "großen Blauen" wohl schon alle durch. Es sind daher viele, gleich helle Sterne zu sehen, was die hellsten Mitglieder angeht. Typisch für etwas ältere Haufen. Dass er zerzaust aussieht, ist sicherlich eine Folge der Gezeitenkräfte beim Umlauf um das Zentrum der Milchstraße, denn NGC 2539 liegt ja mitten in der galaktischen Scheibe. Da sind viele Störquellen, an denen der Haufen im Lauf seiner Entwicklungsgeschichte vorbei "geflogen" ist.
Ich finde solch zerzausten Haufen sehr interessant. Die Sternenketten sind ja kein reiner Zufall, sondern Zeugnis von Ereignissen der Vergangenheit, die den Haufen zerzupft haben. Er befindet sich vermutlich in Auflösung und wird die erste Milliarde Jahre wohl nicht mehr erleben. Ist aber reine Spekulation.
Ein schönes Objekt
Liebe Grüße,
Christoph