Beiträge von Jedi im Thema „Spannungen im Glas - Fortsetzung“

    Hallo Robert,
    zum Thema Temperatur der Nachkühlung werde ich besser schweigen. Ein wichtiger Punkt ist, das man beim Zerodur nicht wirklich "0" Dehnung hat sondern immer zwischen -0,1 bis +0,1*10^-6 liegt. Beim Nachkühlen muss man natürlich auch Änderungen im Ausdehnungskoeffizient berücksichtigen.
    Wer sich für Zerodur interessiert kann sich auf der Schott Homepage den Katalog herunterladen.
    Gruß
    Jedi

    Hallo Ulli, Achim,
    ich kann aus ganz sicherer Quelle sagen: Ja, Zerodur kann man nachkühlen. Auch wenn Zerodur eine Glaskeramik ist kann diese thermisch entspannt werden. Dies macht aber normalerweise nicht viel Sinn, da der Ausdehnungskoeffizient ja schon ausreichend niedrig ist. Eine Nachkühlung kommt dann ins Spiel wenn beim Schleifen Zugspannungen entstehen, die man sicherheitshalber vermeiden will. Beispielsweise wenn man ein großes Mittenloch in den Spiegel bohrt (VISTA 4m Spiegel war so ein Fall) oder wenn man eine Leichtgewichtsstrukturierung macht (schleifende Bearbeitung der Rückseite). Im letzteren Fall wird aber meist nicht nachgekühlt, sondern mit Säure die Oberfläche angeätzt, da bei der schleifenden Bearbeitung die mechanischen Spannungen oberflächennah sind.
    Gruß
    Jedi

    Hallo ihr Nachkühler,
    ein paar grundsätzliche Überlegungen.
    Oberhalb von Tg entspannt sich das Glas recht schnell (wenige Stunden sollten reichen). Entscheidend für den Spannungszustand nach der Kühlung ist die Temperaturverteilung, welche sich in dem Rohling um Tg herum ausbildet und eingefroren wird.
    Diese bildet sich durch
    1. Die Tempoeraturverteilung im Ofen (Homogenität)
    2. Die Kühlrate bis ca. 100°C unterhalb Tg (um sicher zu gehen)
    Taugt der Ofen nichts, ist auch die beste Feinkühlung sinnlos. Probleme gibt es vor allem bei zu kleinen Öfen.
    Typische Feinkühlraten von optischen Glas sind < 2°/h (oft zwischen 0,5 und 1°C)!
    Soweit meine Hinweise
    Viel Glück
    Jedi

    Hallo,
    es ist leider nicht ganz einfach zu erklären, warum man genau eine Viertelwellenfolie benötigt, ich glaube dies würde das Forum sprengen (außerdem müsste ich mir das selber auch noch mal ganau anschauen).
    Ich habe aber eine wichtige Ergänzung zu dem Prinzip. Wichtig ist, das man mit der Methode die Spannung nicht überall messen kann, sondern nur genau auf einer Linie "zwischen" den Balken des Kreuzes (45° zur Polarisationsrichtung).
    Gruß
    Jedi

    Hallo an alle Spannungsprüfer (auch Marty),
    nach meinen beiden ersten Postings zu diesem Thema hier noch einmal eine praktische Prüfanleitung nach der Senarmont Methode. Alles was benötigt wird sind 2 Polarisationsfolien (bzw TFT + Polarisationsfolie) und eine Viertelwellenfolie (PV200 Schneider Kreuznach).
    Folgender Aufbau:
    1. Polarisationsfolien kreuzen (dunkel, kein Licht geht durch)
    2. Viertelwellenfolie kommt zwischen die gekreuzten Polarisatoren und wird so gedreht, das wieder kein Licht durchkommt.
    3. Probe zwischen Polfolie (TFT) und Viertelwellenfolie. Spannungen werden sichtbar.
    Also Reihenfolge: TFT, Probe, Viertelwellenfolie, Polarisationsfolie (Analysator)
    Zur Ermittlung des Wertes der Spannungsdoppelbrechung wird der Analysator gedreht. Dabei wandert ein dunkler Bereich von innen nach aussen. Im Prinzip betrachtet man die Stelle, an der man die Spannung messen möchte und dreht so lange, bis an dieser Stelle die Aufhellung verschwunden ist, dann ist die Spannung kompensiert. Jetzt muss man den Winkel bestimmten, um den der Analysator verdreht wurde.
    Die Spannung ermittelt man folgendermaßen:


    Winkel*Wellenlänge/180°/Dicke der Probe in cm


    Werte von weniger als 5 nm/cm halte ich auch für gut.
    Dies ist übrigens die Methode, mit der bei uns alle optischen Gläser und Zerodur geprüft wird.
    Gruß
    Jedi

    Hallo,
    da ich gerade nicht so viel Zeit habe, hier ein paar kurze Zusätzliche Hinweise:
    lambda/4 Folie gibt es bei der Firma Jos. Schneider Kreuznach unter dem Namen "Verzögerungsfolie PV200" 100x100mm kosten ca. 70 Euro.
    Bitte keine Zirkularpolfolie verwenden (dies wäre eine lamba/4 Folie + Polfolie im Winkel 45°).
    Duran hat einen Spannungsoptischen Koeffizienten von 4*10^-6 mm^2/N, das sind 40 nm/cm/MPa.
    Die Spannungsdifferenz am Messort in MPa ist gleich dem Messergebnis (in nm/cm) geteilt durch 40.
    Mechanische Spannung hat die Einheit Kraft pro Fläche. 1 MPa = 1 N/mm^2
    Ich hoffe das hilf wieder weiter.
    Gruß
    Jedi

    Hallo an alle Spannungsprüfer,
    ich weiss nicht, ob das Thema noch aktuell ist.
    Hier ein paar Tipps zum Thema Spannungsmessung und Interpretation der Messergebnisse (aus der Praxis bei SCHOTT).
    Prinzipiell werden Spannungen in z.B. ZERODUR-Spiegeln für die Astronomie (VLT, KECK, GTC ...), über die Spannungsdoppelbrechung in Einheiten nm/cm definiert. Typische Spezifikationen für z.B. Zerodur liegen zwischen 10-12 nm/cm. Sehr fein gekühltes optischen Glas hat < 4 nm/cm im Extremfall sogar < 1nm/cm.
    Die Spannungsprüfung erfolgt i.A. mit der "de Senarmont" Methode. Zum wirklichen Messen der Spannung benötigt man neben zwei Polarisatoren noch eine viertelwellen Folie.
    Aber auch ohne diese Folie kann man dem Spannungsbild schon einiges ansehen.
    Grundsätzlich haben Spannungen in rotationsymmetrischen Körpern auch eine rotationssymmetrische Geometrie. In Scheiben gibt es also eine radiale, azimuthale und axiale Komponente. Die axiale Komponente kann man bei der Prüfung in axialer Richtung nicht sehen. So bleibt nur die radiale und azimuthale Komponente. Die radiale Komponente verschwindet am Rand und es bleibt nur die azimuthale Komponente übrig. Spannungen werden in gekreuzten Polarisatoren nur sichtbar, wenn die Richtung nicht mit der Polarisationsrichtung zusammenhängt, daher das schwarze Kreuz. An diesen Stellen fällt die azimuthale und radiale Komponente mit den Polarisationsrichtungen zusammen.
    Alle hellen Bereiche sind Spannungen im Glas.
    Zur Interpretation ist es wichtig, ob mit Weisslicht oder monochromatisch geprüft wird.
    Beobachtet man bei monochromatischer Prüfung eine umlaufende schwarze Linie dann hat man eine Doppelbrechung in Höhe der Wellenlänge des Prüflichts. Z.B. rotes Licht 600 nm -> Spannungsdoppelbrechung mindestens 600nm/Dicke in cm. !!
    Bei der Prüfung mit Weisslicht wird aus solch einem dunklen Bereich ein Farbübergang (purpur/violett). Bei Weisslichtprüfung kann man eine Wellenlänge von ca. 545 nm annehmen. Der beobachtete Farbübergang bedeutet also eine Spannung von wenigstens 545nm/Dicke in cm.
    Dieser erste Ring wird auch als 1. Ordnung bezeichnet.
    Höhere Verspannungen führen zu höhrern Ordnungen.
    Interessant ist auch das Auftreten einer deutlich gelben Färbung im Weisslicht ohne weitere Farbringe. Diese gelbe Färbung entspricht einem halben Ring und somit 545nm/2.
    Wie man an meiner kurzen Ausführung sehen kann ist die Dicke des Prüflings ganz entscheidend für die Beurteilung.
    Es gibt auch einen Zusammenhang zwischen der Spannungsdoppelbrechung und der tatsächlichen mechanischen Spannung. Dazu benötigt man den spannungsoptischen Koeffizienten des Glases.
    Ein paar Informationen zum Entstehen von Spannungen in optischen Glas kann man übrigens auf der Schott Homepage finden:
    http://www.schott.com/optics_d…glish/download/index.html
    allerdings nur in Englisch.
    Eine Gefahr bei verspannten Rohlingen ist die Verformung bei der Bearbeitung. Schleift, oder poliert man in Spannungsgebiete ändert man die Spannungsverteilung und bewirkt damit eine "Umsortierung" der Spannungen, welche zu einer Formänderung führen können (ich kann allerdings nicht sagen wie groß diese Effekte sind, dies wissen nur die Kunden).
    Ich hoffe ich konnte ein klein wenig weiterhelfen.
    Grüße
    Jedi