Beiträge von Caro im Thema „Einmal Paranal und zurück - ein Live-Reisebericht“

    So, bevor es demnächst Richung Heimat geht, hier noch ein paar kleine Impressionen und Funny Takes



    ESO-Souvenir gefällig? Auf dem Paranal hat es nicht nur mit ESO-Logo bedrucktes Geschirr in der Kantine, sondern auch Handtücher, die einen Dieb sofort verraten würden. Tatsächlich kann man an der Rezeption aber auc richtigen Merchandise (Baseballcaps, T-Shirts und Polohemden) käuflich erwerben.



    Hauseigenes Parken-Verboten-Schild vor dem Eingangstor zum Guesthouse. Und die Leute halten sich tatsächlich dran!



    Für die Freunde des Katzen-Threads: Chilenischer Zimmertiger der Untergattung extrem scheu. Auf mehr als drei Meter ließ mich das zierliche Tierchen nie an sich heran, daß sich hier gerade ein schattiges Plätzchen unter dem Brunnen im Atriumbereich des Guesthouses gesucht hat. Ob die Mieze wohl schonmal versucht hat, an die Goldfische im Brunnen heranzukommen?



    Es wird Herbst in Santiago. Herbst?! Ja, tatsächlch, der eine oder andere Baum verliert schon seine Blätter, aber so manches steht auch noch in voller Blütenpracht.



    Erwähnte ich schon, daß unterirdisch verlegte Stromleitungen hier unbekannt zu sein scheinen?



    Ein letzter Blick zurück an den strahlend blauen Himmel, mit dem Mond in ungewöhnlicher Perspektive.

    Mit dem Unterschied, daß es dort eher eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme ist. Ähnlich wie - entschuldigung - in der ehemaligen DDR. Nehmen wir das Gesthouse. Dort arbeiten insgesamt drei Leute in der Verwaltung (Organisation des Guesthouses selber, Reiseplanung für die Gäste), dazu ein Koch, zwei Küchenhilfen, zwei Gärtner, zwei Reinigungskräfte. Und das alles für durchschnittlich 4-6 Gäste gleichzeitig. Hierzulande würden all diese Tätigkeiten von maximal zwei Personen übernommen werden, aber in Chile ist es ein Statussymbol, derart viele Beschäftigte zu haben. Es ist sogar so, daß du schief angeguckt wirst, wenn du zu den Besserverdienenden zählst, aber der Meinung bist für dich selber kochen zu wollen. Und als Ausländer bist du immer Besserverdienender. Der typische Monatslohn einer solchen helfenden Hand liegt dann aber auch nur bei umgerechnet 200 Euro. Und auch wenn in Chile alles günstiger ist, zum Leben reicht das vorne und hinten nicht. ESO zahlt den Angestellten mehr, läßt sie in ihrer Freizeit im Internet surfen etc. Dein Kind aufs Gymnasium schicken kannst du davon trotzdem nicht. Dienstleistungsgesellschaft ist für mich etwas anderes.


    Chile ist ein Land, in dem bis vor gar nicht so langer Zeit viele Leute beim Militär beschäftigt waren. Diese Kapazitäten abzubauen war und ist nicht einfach. Hinzu kommt, daß der Moloch Santiago mit seinen mehr als 5 Millionen Einwohnern (8 Millionen im gesamten Ballungsgebiet) stetig weiterwächst, und daß obwohl schon fast die Hälfte der Gesamtbevölkerung des Landes in der Hauptstadt lebt. Wovon sollen die Leute leben?

    So. Der offizielle Teil der Veranstaltung ist beendet[:o)]


    Heute um 11:30 brachte mich ein Taxi vom Guesthouse in Las Condes in das Nobelviertel Vitacura, wo die ESO ihr Hauptquartier hat



    Zuerst schien es, als hätte man mich und meinen angekündigten Vortrag vergessen, aber schließlich und endlich fanden sich dann doch die Zuhörer zur Präsentation meiner älteren Beobachtungsdaten und der Ergebnisse, die wir daraus gewonnen haben, zusammen. Wie so häufig überzog ich mal wieder die Zeit, aber das Publikum war immerhin interessiert und konnte auch ein paar gute Tips für die Planungen neuer Beobachtungen beisteuern.



    Das ESO-Hauptquartier liegt - wie sollte man es anders erwarten hier in Chile - mal wieder in einer von einer Handvoll fleißigiger Gärtner gepflegten Grünanlage. Das Bürogebäude der Wissenschaftler beinhaltet helle, freundlich eingerichtete Räume, in denen die Leute zu dritt in kleinen Runds ähnlich den Stationen der Teleskope auf dem Paranal arbeiten. Da aber häufig von drei Leuten zwei entweder auf La Silla oder auf dem Paranal Dienst tun, ist häufig nur eine Person pro Rundecke da.


    Den Rückweg zum Guesthouse trete ich zu Fuß an, auch wenn ein Taxi für die 5km nicht mehr als zwei Euro gekostet hätte. Immerhin, Vitacura und Las Condes sind Viertel, durch die man tagsüber einen völlig ungefährlichen dreiviertelstündigen Fußweg auch mal machen kann. Vitacura zeigt sich so als ausgewachsene Edelmeile, mit Boutiquen vom großen Armani-Schriftzügen und ähnlichem. Das ruhige Las Condes ist auch eine der besseren Wohngegenden, wie wir ja schon gesehen haben. In der Nähe der Escuela Militar, wo sich auch die U-Bahn-Station in Richung Innenstadt befindet, hat man noch die Botschaften "kleinerer" Länder wie Mexiko oder der Philippinen auf der Wegstrecke. Dieser Anblick wird bald abgelöst von Einfamilienhäusern, einige in etwas eigenwilliger Bauweise. Das Sicherheitsbedürfnis der Chilenen bleibt aber allgegenwärtig, alle paar Meter steht ein Häuschen mit einem Pförtner oder Sicherheitsbeamten, auch in dieser Einfamilienhaussiedlung. Daß alle Häuder von hohen Hecken, Mauern und Zäunen mit größen Sicherheitstoren umgeben sind, ist hier normal.


    So einen Job wie Portier, Nachtwächter, Kindermädchen oder Putzfrau hat in Chile ein Großteil der Bevölkerung, und natürlich werden diese Tätigkeiten nicht wirklich gut bezahlt. Die Schere zwischen arm und reich klafft recht weit auseinander, und Kinder aus den unteren Schichten haben so gut wie keine Chance auf höhere Schulbildung oder gar ein Studium. Englischkenntnisse sind eine Seltenheit, so daß ich recht verblüfft war, daß man mir heute in der kleinen Cafeteria, wo ich mit den Jungs von der ESO nach meinem Vortrag essen war, nicht bei der Übersetzung meiner Bestellung helfen mußte.


    Trotz der heißen Nachmittagstemperaturen komme ich zügig am Guesthouse wieder an, Zeit für ein Bad im Pool und danach in der Sonne[8D]


    Die "Blitzabschiebung" ist völlig normal.


    Der Paranal ist ein wunderbarer Standort für astrophysikalische Beobachtungen im optischenund im nahen Infrarot, und das bei einigermaßen vernünftigen Standortfaktoren: Hochgelegen (normalerweise weit über der Inversionsschicht), niedrige Luftfeuchte, nicht zu hohe Windgeschwindigkeiten, etc. Viele dieser Faktoren ließen sich weiter optimieren, aber dadurch fängt man sich oft auch Nachteile ein. ZUm Beispiel die Höhe. Liegt das ganze zu weit oben bekommt man vor Ort Höhenprobleme (wie das zum Beispiel auf dem über 4000m hohen Mauna Kea häufig passiert). An der sich westlich von Antofagasta befindlichen Site Chajnantor für das ALMA-Submillimeter-Array auf über 5000m Höhe hat es den Großteil des Jahres extrem geringe Luftfeuchtigkeiten - aber auch den bolivianischen Winter mit extrem hoher Luftfeuchte, Schnee und Regen. Vom Paranal aus sieht man den sich in ca. 20km Luftlinie befindlichen Cerro Armazones, auf dem sich ein Observatorium der Universität von Antofagasta befindet. Das neuartige Hexapod-Teleskop hat die Ruhr-Universität Bochum aber absichtlich unterhalb des über 3000m hohen Gipfels in der Nähe aufstellen lassen, der Berg selber ist sturmgeplagt.

    Der Paranal ist in gewisser Hinsicht also ein guter Kompromiß. Außerdem gilt: Das Observatorium ist innerhalb von zwei Stunden vom nächsten Flughafen aus per nicht-notwendigerweise-allradgetriebenem Auto erreichbar, dort oben in der Wüste keine Selbstverständlichkeit. Trotzdem befindet man sich ja nicht in einem netten Ferienressort. Mitten im Nirgendwo heißt nunmal, daß man alles heranschaffen muß. Täglich liefern mehrere große Tanklaster Trinkwasser aus Antofagasta. Strom mit mit einer hauseigenen Gasturbine erzeugt, das Gas muß aber wie das Wasser angeliefert werden. Internet gibt es nur dank eines Mikrowellensenders, der die Daten an eine Relaisstation nahe Antofagasta überträgt. Lebensmittel, Gebrauchsgegenstände, alles muß angeliefert werden, dazu der stetige Pendelverkehr der Leute, die zum Arbeiten jeweils nur bis zu zwei Wochen auf dem Berg bleiben. All das ist irgendwo Luxus, der Geld kostet. Daher auch die Politik, daß man nur maximal zwei Tage vor Beginn der Beobachtungen anreisen kann um sich zu akklimatisieren und vorzubereiten, und sofort nach der letzten Nacht auch wieder weg muß. Jeder überzählige Bewohner verbraucht Kapazitäten, und sei es nur, daß er das Zimmer in der Residencia belegt.


    An den Fliesen in der Dusche erinnert einen ein Aufkleber daran, doch bitte mit dem Wasser sparsam zu sein. Im Gegensatz dazu ist den Chilenen ein solches Nachhaltigkeitsbewußtsein und auch umweltfreundliches Verhalten, wie es hier für uns an der Tagesordnung wäre, aber noch lange nicht in Fleisch und Blut übergegangen. Der Bus wartet mal eben eine halbe Stunde bei laufendem Motor, geöffneter Fahrertür und hochedrehter Klimaanlage auf seine Passagiere. Die Straßenränder nahe den Städten strotzen nur so vor Abfällen, ähnlich wie man es auch aus einigen südeuropäischen Ländern kennt. Leider hat in den drei Jahren seit meinem letzten Besuch die in Guesthouse und Residencia ausgegebene Mineralwassermarke gewechselt. Die alte trug einen grünen Punkt auf dem Etikett[:D]

    So, endlich ausgeschlafen [:o)]


    Zurück im Guesthouse in Santiago kann ich mich nun ein wenig der Erholung widmen - und noch schnell den Vortrag zuende vorbereiten, den ich morgen im Hauptquartier der ESO halten werde.


    Erstmal noch ein wenig zür Rückreise: Nach ganzen vier Stunden Schlaf hieß es wieder in den kleinen klimatisierten Luxus-Reisebus einsteigen, den die ESO für die Transporte von Antofagasta zum Flughafen meistens mietet. Am Kontrollposten gebe ich die Magnetkarte "Visitor 215", die mir das Betreten des Kontrollraumes ernöglicht hat und die man beim Essen artig jedesmal durch den Scanner der Kantine ziehen durfte, wieder ab, und weiter gehts. Ein letzter Blick zurück:



    Auf der Fahrt versuchte ich ein wenig zu schlafen, was aber nicht ganz so leicht ist. Zwar ist die Straße inzwischen durchgängig geteert (was vor drei Jahren noch nicht der Fall war), aber die Fahrt ist nach wie vor unruhig. Stephane, den ich schon bei meinem letzten Aufenthalt dort getroffen hatte und der mich doch glatt sofort wiedererkannte, meint es läge inzwischen an den Qualitäten des Busfahrers[:D]


    Immerhin atte ich dadurch die Gelegenheit die eine oder andere Windhose über dem Wüstensand mit der Kamera su erwischen



    Nachdem man Antofagasta durchquert hat, hat man auf dem Weg zum Flughafen kurzzeitig freie Sicht auf das Wahrzeichen der Kupferminenstadt, die Portada. Ein Teleobjektiv braucht es dann aber schon



    Wie auf dem Hinflug bekomme ich diesmal im Flieger einen Gangplatz ab, also wieder keine Chance, die Großobservatorien entlang der Flugstrecke - Paranal, La Silla, Las Campanas - abzulichten, was mir vor drei Jahren leider nur mit der kleinen Digiknipse vergönnt war. Gerade bei der tiefstehenden Sonne zum Abend hin hätte das einen schönen Anblick gegeben. Als wir in Santiago ankommen, ist es bereits dunkel und man sieht die riesengroße Stadt mit ihren Lichtern von weitem inmitten der hohen Andengipfel. Ein Taxi-Van bringt die ESO-Mitarbeiter, die mit mir zurückgeflogen sind, nach Hause und mich zum Guesthouse, wo ich mir erstmal eine lange Schlafpause gönne. Dank in Chile vorgezogener Winterzeitumstellung sogar noch eine Stunde mehr [8D]

    So langsam muß ich mich daran gewöhnen daß es bald heißt: Abschied nehmen vom Paranal. Meine letzte Beobachtungsnacht läuft, und man muß sofort am Tag danach das Observatorium verlassen. Da ich die ganze Nacht bis in die Morgendämmerung beobachte, bedeutet das, daß man sich auch nicht richtig ausschlafen kann, bevor es zurück nach Antofagasta und von dort nach Santiago geht.



    Zeit also für ein "I was here"-Bild, bevor es zum letzten Mal auf der Beobachtungsplattform dem grünen Blitz nachgejagt wird. Die Sicht schien am späten Nachmittag zwar besser zu sein als die Tage zuvor, aber am Kontrollzentrum angekommen fuhr kräftiger Wind in meine nicht vorhandene Frisur. Oben auf der Plattform blies der Wind mit kräftigen 13 m/s, trotzdem haben es Sebastian und ich uns nicht nehmen lassen, erneut mit Kameras bewaffnet die Abendstimmung einzufangen.



    Die tiefstehende Sonne hüllt die Teleskope, hier eines der Hilfsteleskope für das Interferometer (im Hintergrund Sebastian) im hübsche Farbkontraste. Ähnlich mit den Unit Telescopes 1, 2 und 3, An
    tu, Kueyen und Melipal.



    Die Sonne nähert sich langsam dem wieder wolkenverhangenen Pazifik, doch diesesmal konnte ich keinen Green Flash erwischen. Zeit also, den kleinen Mak sicher für die Heimreise zu verpacken. Aber erst geht es an die Teleskope. Ich wieder an UT2 mit UVES, Sebastian hat in der ersten Nachthälfte gleich zwei der großen Teleskope, UT1 und UT3 zusammengeschaltet mit dem Interferometer.


    Richtige Remote-Steuerungen gibt es bei Teleskopen dieser Größenordnung eigentlich nicht, und das aus gutem Grund. So ein Teleskop hat schließlich eine ganze Menge gekostet, und auch der laufende Betrieb ist nicht ohne. Jede Minute Beobachtungszeit läßt sich also praktisch in einen Geldwert umrechnen. Die Leute vor Ort, die sich um die Teleskope und Instrumente kümmern, wissen genau, wie sie die Zeit am optimalsten ausnutzen können. Nun stelle man sich außerdem vor, es kommt zu irgendeiner Fehlfunktion, während ein unerfahrener Beobachter das Teleskop bedient. Da kommt es dann womöglich zu ernsthaften Schäden, während der Nachtastronom genau weiß, was er in solchen Situationen zu tun hat.


    Ein anderer Aspekt ist: Eine Remote-Steuerung ist immer von Dingen abhängig, auf die weder der Beobachter noch die ESO Einfluß haben, zum Beispiel die Qualität der Internetleitung, Stromausfälle etc. Da ist das Risiko einfach zu groß, daß die Verbindung abbricht oder dergleichen. Aus diesem Grund ist auch eine Remote-Komunikation von anderswo mit dem Nachtastronom nicht erwünscht. In solchen Situationen muß man sofort reagieren können. Mögliche Ausfälle würden insgesamt viel kostenintensiver kommen als die Besucher der Wissenschaftler vor Ort.


    Caro

    Hallo Stefan und Ralf,


    ich denk mal eure Fragen lassen sich in einem Aufwasch klären[:)]


    Erstmal: Warum fährt man da noch hin? Tatsächlich werden die Teleskope zum größten Teil im sogenannten Service Mode betrieben, dabei spezifiziert man im voraus jede Kleinigkeit und Instrumenteneinstellung per Formular und schickt das ganze einfach ab, der Nachtastronom lädt das Formular in das Beobachtungsprogramm und hinterher kommen Daten dabei raus. Sowas geht aber nicht immer. Zum Beispiel bei einer solchen Beobachtung wie meiner, die auf einen bestimmten Tag festgelegt ist. Da kann man sich dann nicht die Bedingungen aussuchen, unter denen die Daten aufgenommen werden. Im Service Mode kann ich zum Beispiel verlangen, daß das Seeing besser als 0.6" sein soll und dann das Setup des Instrumentes entsprechend einstellen. Für meine Beobachtungen wurde schon ein Jahr im Voraus festgeöegt, die Termine sollten eben 9./10, 11/12. und 13./14. März sein, damit die gleichzeitig stattfindenden Beobachtungen mit dem XMM-Röntgensatelliten auch gleich mit fixiert sind. für eben diese drei Nächte kann ich mir das Seeing dann halt nicht mehr aussuchen, dafür kann ich dann vor Ort die Spaltbreite des Spektrographen und das sinnvolle Binning der CCD festlegen. Hinzu kommen die erforderlichen Belichtungszeiten. Bei Flaresternen wie meinem Hauptobjekt Proxima Centauri sind die Helligkeiten extrem variabel, so daß man häufig während der Nacht kurzfristig die Belichtungszeit anpassen muß. Solche Entscheidungen kann und darf der Nachtastronom nicht für mich treffen, die Verantwortung für die Einstellungen unter denen die Aufnahmen gewonnen werden liegt einzig und alleine bei mir. Ansonsten könnte man ja hinterher sagen "Also so wollte ich das aber nicht haben".


    So. Und warum nun ausgerechnet dieses Teleskop und dieses Instrument? Keine Sorge, darum muß man sich schon beim Beantragen des Projektes Gedanken machen, sonst ist die Begründung für die Ablehnung meist, daß man die Beobachtung auch woanders einreichen könnte[8D] Ich brauche nun kein Interferometer, ich nehme Spektren auf. Hochaufgelöst Spektren mit möglichst guter Zeitauflösung von Objekten, die nicht besonders hell sind. Da braucht es also schon ein möglichst großes Teleskop. Nur sehr wenige Instrumente weltweit erfordern die Anforderungen, die ich an die Spektren habe, nämlich die entsprechende Auflösung bei gleichzeitiger Abdeckung des blauen Spektralbereichs bis herunter zu 330 nm bei gleichzeitiger Abdeckung des rotn Bereiches bei 1 mu. Keck HIRES wäre eine Möglichkeit, aber an Keck kommt man als Europäer nicht heran. Der FEROS-Spektrograph auf La Silla schafft den Spektralbereich so nicht, außerdem hängt er dort an einem 2.2m Teleskop, die Belichtungszeiten verfünfzehnfachen sich also. Daß ich ausgerechnet UVES brauche, hat also schon seine Gründe. Daß auf La Silla oder dem Calar Alto nichts mehr los ist, stimmt aber so nicht. Klar, der Andrang auf die Großen Teleskope der 8m-Klasse ist größer, aber alle Teleskope die an guten Standorten stehen, sind ausgelastet, es gibt jede Menge Wissenschaft, für die ein 3.5m-Teleskop wie das auf dem Calar Alto völlig ausreicht. Da wissen auch die Wissenschaftler die solche Projekte durchführen und sie beantragen ihre Zeit dort. Dank des geringeren Andranges sind die Chancen, die beantragte Zeit auch zu bekommen, dann nämlich größer[:)]


    Caro

    Erwischt! Heute Abend hatte ich ein besseres Händchen mit der Belichtungszeit beim Green Flash, auch wenn es vielleicht noch einen Tick kürzer hätte sein dürfen



    Wie so häufig spielte Murphy aber auch diesesmal seine Spielchen mit mir, denn eigentlich hatte ich die Kamera auf Serienaufnahme gestellt um möglichtst viele Aufnahmen hinzubekommen, doch nach diesem ersten Bild verabschiedete sich der Akku der Kamera. Also mit flinken Fingern den Ersatzakku hervorgeholt und eingesetzt, aber für weitere Aufnahmen des grünen Blitzes hat es nicht gereicht.


    Ich selber bin ja erst morgen zu meiner letzten Nacht wieder dran, für heute heute steht VLTI auf dem Plan. "Mein" Teleskop habe ich also vertrauensvoll Sebastian Hönig vom Bonner Max-Planck-Institut für Radioastronomie überlassen. Ja, der Sebastian Hönig, der vor einigen Jahren einem von ihm entdeckten Kometen seinen Namen gegeben hat. Beruflich ist er häufiger mal hier auf dem Berg, um mit dem Interferometer Aktiven Galaktischen Kernen zuleibezurücken. Wer also meint, Amateurastronomen wären auf dem Paranal unterrepräsentiert der irrt[:D]. Jedenfalls bin ich nach Sonnenuntergang mit Marc wieder zurück zur Residencia gefahren. Und habe mich dort bereit gemacht, die kurze Zeit nach der Dämmerung zu nutzen um noch ein klein wenig mit dem Mak zu beobachten, bevor der Mond aufgeht



    Ohne das störende Mondlicht ist deutlich die große Magellansche Wolke zu sehen, schnell habe ich auch den Tarantelnebel eriwscht. wieder einmal wünsche ich mir den 16-Zöller herbei, um Struktur zu sehen. Danach nochmal zu den schon vor vier Tagen gesehenen Objekten der südlichen Milchstraße, und dann ist er auch schon da, der Mond. Oben auf dem Berg werden die Kuppelgebäude schon angestrahlt, bevor er über der Residencia auftaucht.

    Kann diese wunderschöne Landschaft gefährlich sein?



    Ja, sie kann, und das sollte man beherzigen, wenn man hier ist. Eine nicht besonders erfolgreiche Beobachtungsnacht (zuerst war das Seeing sehr schlecht, dann haben wir zweimal unser Target verloren, einmal kurioserweise sogar nur das Target, nicht aber den Guidestern) näherte sich dem Ende, die Morgendämmerung war schon angebrochen. Plötzlich ein kurzes Vibrieren des Bodens, ein Erdbeben. Das erste meines Lebens, sollte ich vielleicht anmerken, auch wenn in anderen Gegenden Deutschlands manchmal leichte Beben auftreten, werden wir Nordelbier normalerweise von soetwas ja verschont. Im Kontrollzentrum blieben alle gelassen, das ganze war nur sehr kurz und etwa mit dem Effekt einer heftigen Orkanböe oder einem vorbeifahrenden Schwertransporter zu vergleichen gewesen. Es ist auch nichts um- oder heruntergefallen, und wir haben sogar den Guidestern behalten dabei[8D]


    Nach ein paar Minuten trifft allerdings die Analyse ein, 4.4 auf der Richterskala und Klassifikation als Medium Risk. Damit müssen alle Teleskope heruntergefahren werden und die Instrumente komplett überprüft werden. Meine Beobachtungen wurden also abgebrochen, und im Kontrollzentrum brach eine gewisse Hektik aus, die zuständigen Leute aus der Kontrollinstanz mußten aus dem Bett geholt werden, und so weiter. Heute Mittag hat mit Marc aber versichert, daß alles in Ordnung ist und keine Schäden aufgetreten sind.


    So ungewöhnlich ist ein Erdbeben hier dann aber doch wieder nicht, und die Teleskope, die Kontrollstation und die Residencia sind extra erdbebensicher gebaut worden. Trotzdem haben Erdbeben durchaus schon Schäden in der Vergangenheit angerichtet. Schaut man sich in der Residencia genau um, dann kann man die Stellen sehen, wo vor einigen Monaten ein Stärke-7-Beben einige der Betonplatten gegeneinander verschoben hat und zentimeterbereite Risse im Boden hinterlassen hat



    An vielen Stellen sind die Wandplatten der Gebäude auch einfach nur mit Silikon verfugt, um solche Schäden besser auffangen zu können.

    Hallo Jochen,


    eine Grenzgröße abzuschätzen macht derzeit nicht allzuviel Sinn - es ist Vollmond, und der steht noch dazu prächtig hoch am Himmel. Hinzu kommt, daß ich mich nicht genug am Südhimmel auskenne, als daß daß nicht in Arbeit ausarten würde.


    (==>)Winfried:
    Ich hab ja schon 2007 mal einen Vortrag gehalten - "Ich weiß was du letztes ITV getan hast" - denn 2006 ist das einzige ITV daß ich bislang verpaßt habe, eben weil ich damals ebenfalls zum Beobachten auf dem Paranal war.


    Immerhin wird mich zum ITV mein schmucker 16-Zöller aus dem Hause Timm Klose begleiten, nach Chile durfte er ja trotz Ultraleichtbau wegen des Gepäcklimits nicht mit.


    Caro

    Kleiner Ausschnitt aus #astrotreff.de:
    [08:36:22] <Caro> ?? itv2009
    [08:36:24] <UrsaMajor> itv2009 == offiziell vom 21.-24. Mai. Caro ist dabei, schon ab dem 14.


    Dieses Jahr feiere ich "seit 10 Jahren beim ITV dabei". Das lasse ich mir doch nicht entgehen[:)]


    Caro

    So... nachdem meine Flaresterne wie es scheint auch diese Nacht wieder nichts spannendes anstellen wollen, kann ich euch ja noch etwas auf der Paranal Residencia herumführen, also der Wohnanlage, in der die Wissenschaftler untergebracht sind. Von außen sieht das ganze wahlweise wie eine Mondlandebasis oder wie neumodische Architektur aus. Von der Straße aus bietet sich der folgende Anblick:



    Hier oben in der Wüste wächst bei typischerweise <5% Luftfeuchtigkeit und keinerlei Grundwasser freiwillig weder Baum noch Strauch. Neben dem Haupteingang wächst dann doch tatsächlich noch das eine oder andere Grünzeug, aber auch nur, weil der Gärtner es regelmäßig gießt. Die von außen sichtbare Kuppel beinhaltet dagegen trotzdem ein wahres Gewächshaus



    Sobald man durch die Eingangstür tritt, wird man dann auch gleich von der vergleichsweise hohen Luftfeuchtigkeit und dem allgegenwärtigen Chlorgeruch des Schwimmbeckens am Rand dieser Oase erschlagen



    Palmengarten, Schwimmbad und Sauna sind nur bedingt als Luxus anzusehen. Wenn man sich in die Lage der dort arbeitenden Wissenschaftler und Techniker versetzt, die regelmäßig in Schichten von etwa 10 bis 14 Tagen vor Ort sein müssen, dann kann man schon nachvollziehen, daß es auch mal ein wenig Abwechslung und das eine oder andere Fleckchen grün inmitten der Wüste braucht, um keinen Höhenkoller zu erleiden.



    Besonders häufig genutzt werden das Schwimmbad oder die "Chillout-Ecke" unter Palmen dann aber doch nicht. Hier oben zu arbeiten ist ein Fulltime-Job, der nicht viel Rau für Freizeit läßt. Die Astronomen der Tagschicht zum Beispiel beginnen kurz nach Sonnenaufgang mit der Arbeit und bleiben oft bis nach Sonnenuntergang auf dem Berg. Die Nachastronomen müssen besonders im Winter die bis zu 14 Stunden langen Nächte hochkonzentriert durcharbeiten.


    Abgesehen von der Residencia gibt es am Fuße des Paranal noch die technische Station, hier findet sich alles von der Stickstoffverflüssigungsanlage bis hin zum medizinischen Notdienst. Direkt hinter dem Eingangstor steht außerdem ein Besucherzentrum, daß allerdings nur an zwei Wochenenden im Monat geöffnet ist. Von dort aus startet eine geführte Tour zu den Kuppeln, bei der man allerdings längst nicht so viel zu sehen bekommt wie als Astronom vor Ort. Teil der "Ausstellung" ist auch eine Betonattrappe der größen Spiegel im Maßstab 1:1, die man benutzt hat um Transport und Einbau der echten Spiegel zu testen.



    Nähert man sich der Residencia von der Rückseite aus, sieht man die vier Wohnebenen, auf denen die Zimmer verteilt sind. Jeder Raum hat eine Tür und ein schmales Fenster nach Westen heraus, die nach Sonnenuntergang zu verdunkeln sind, damit Licht aus der Residencia die Beobachtungen nicht stört. Die Außenfassade läßt trotzdem ein seltsames Wüstenfeeling aufkommen, farblich an den Boden angepaßte große Betonplatten, dazu viel Glas, besonders im Kantinenbereich. Zusammen mit dem Kuppeldach ergibt sich so ein nach wie vor fremdartig anmutendes Aussehen.


    Vorhin ging es wie jeden Abend mit dem kleinen Mak auf die Jagd nach dem Green Flash. Die Chancen standen eher schlecht, denn über dem Pazifik hing den ganzen Tag über eine Dunstschicht. In Richung Osten waren sogar Wolken am Himmel.



    Die Sonne machte sich dann aber doch recht nett im Bild und so wartete ich mit dem deutschen Kollegen Christian Hummel und meinem Nachtastromen Jonathan alleine auf den Sonnenuntergang. Und dann sah man ihn dann doch glatt durch den Kamerasucher, den grünen Blitz. Ich drückte den Auslöser, Dauerfeuer! Leider habe ich die Belichtungszeit zu kurz gewählt, so daß man den Kontrast ganz schön hochdrehen muß, damit das ganze auch im Bild zu sehen ist:



    Auf dem Mondaufgang wollte ich diesesmal nicht warten, denn die Wolken gen Osten waren immernoch da:


    Korrekt. Nennt sich dann Nasmyth-Fokus. Die jeweiligen Instrumente können dann an der Seite des Teleskope fest angebracht werden und werden beim Drehen des Teleskopes nicht mitbewegt. Das gilt auch für den Spektrographen UVES, mit dem ich arbeite. Den Tertiärspiegel kann man aber auch einklappen, die Teleskope haben die Möglichkeit auch den Cassegrain-Fokus zu nutzen. Dort sitzen dann zum Beispiel die FORS-Spektrographen


    Caro

    ... mit Rückfall auf 90mm Maksutov[;)]


    Ich schieb erstmal noch eine Morgenstimmung mit Monduntergang ein und leg mich demnächst weider schlafen. Leider war ich ein bissl spät dran, als der Mond noch höher stand und noch nicht im Pazifikdunst verschwunden war, sah es besser aus[:I]


    So. Nachdem ich den heutigen Tag fast komplett verschlafen habe, kann es nun weitergehen. Pünktlich um 18 Uhr wurde ich wach, genau rechtzeitig um sich nach Duschen und Essen wieder auf den Berg zu begeben. Vorgestern noch den richtigen Zeitpunkt zum Besichtigen der Teleskope verpaßt, waren wir heute mehr als pünktlich oben, um mitanzusehen, wie kurz vor Sonnenuntergang die Teleskope zur Beobachtung bereitgemacht werden und die Kuppeln geöffnet werden.




    Hier haben wir UT2 = Kueyen, das natürlich mangels Fisheye immernoch nicht komplett ins Bild paßt, wenn man mit einem einfachen Weitwinkel in der Kuppel steht. Dieses Problem hat wohl jeder schonmal gehabt, der in einer Teleskopkuppel das Fernrohr komplett ins Bild kriegen möchte[8D]


    Von einer erhöhten Galerie aus kann man die Show genießen, wenn sich das Teleskop völlig lautlos dreht und zu einem herunterneigt, kurz bevor die Kuppel geöffnet wird. Dadurch soll Staub, der eventuell beim Öffnen der Kuppel auf den Speigel fällt, gleich herunterrutschen. Wie sollte es anders sein, ist der große 8.2m-Spiegel aber trotzdem nicht sauber. Gelegentlich geraten immernoch Vögel in die Kuppeln und hinterlassen ihre Sch***e auf den Spiegeln. Es muß noch viel beeindruckender sein, sich anzusehen, wenn die Spiegel ausgebaut, gereinigt und neu verspiegelt werden.



    Draußen beginnt die Jagd auf dn Green Flash erneut. Bevor ich selber die Kamera am Mak schußfertig mache, dürfen der aufgehende Vollmond und die "kleinen" Hilfsteleskope des Interferometers nochmal als Fotomotiv herhalten. Auch Yuri ist mit einer lichtstarken Canon-Optik da, um die Stimmung einzufangen. Der grüne Blitz läßt mal wieder vergeblich auf sich warten, und so ziehen sich die Astronomen und Techniker wieder ins Kontrollzentrum zurück. Heute sollen drei der großen Teleskope mit dem Interferometer zusammengeschaltet werden, es tummeln sich daher ein halbes Dutzend Leute in der Steuerzentrale des VLTI. Bei Kontrollbereichen der Teleskopen selber verbleiben nur zwei weitere Personen, der Nachtastronom und der Telescope Operator. Wenn keine visiting Astronomers vor Ort sind, sind sie auch im Normalbetrieb im Service Mode alleine für die Durchführung der Beobachtungen zuständig.


    Ich lasse mir von meinem Nachtastronomen Jonathan noch ein paar Zusatzdaten der gestrigen Nacht mitgeben, die ich mir heute während der Nacht näher anschauen möchte. Wachbleiben ist gefragt um tasüber wieder zu schlafen, damit man den Rhythmus nicht verliert. Mein Support Astronomer Marc nimmt mich und zwei andere wieder mit runter zur Residencia, wo ich die Venus zusammen mit dem Berg in den letzten Zügen der Dämmerung erwische



    In der Residencia selber sitzen die Leute der Tagschicht unter der Verdunklung beim Abendessen, die große Kuppel mit dem Eingangsbereich bekommt dank der dezenten aber farblich ungewöhnlichen Beleuchtung nochmal mehr ein Gewächshaus-Flair



    Im Wohnbereich ist es fast völlig dunkel, die Lounge mit den Palmen kaum zu erkennen.



    Man ist dazu verpflichtet, abends vor Sonnenuntergang in seinem Raum die Vedunklung zu schließen. Jede zusätzliche Beleuchtung soll vermieden werden. Autos müssen den Berg während der Nacht mit Parkleuchten befahren.

    Mit einem herrlichen Monduntergang im Wolkenmeer bei gleichzeitiger Dämmerung um Osten endet für mich die Beobachtungsnacht. Auf dem Weg nach unten zur Residencia läßt sich noch der Schattenwurf des Paranal einfangen



    Jetzt noch ein kurzes Frühstück und ab ins Bett mit mir[8D]

    Eine lange Nacht im Kontrollraum... Obwohl ich mich heute Abend rechtzeitig auf den Weg gemacht habe, um den Sonnenuntergang zu erwischen, habe ich es dann doch aus dem Kontrollzentrum nicht rechtzeitig herausgeschafft. Wie schon vor drei Jahren wollte die Pipeline zur automatischen Datenreduktion nicht so wie wir wollten. Immerhin, dieses Mal haben mein fleißiger Support Astronomer Marc und mein Nachtastronom Jonathan das ganze zum Laufen gebracht.


    Mein Hauptbeobachtungsobjekt Proxima Centauri steht am Anfang der Nacht noch zu tief, da müssen dann erstmal Objekte aus der Reserveliste herhalten. Obwohl allesamt Flaresterne, macht keines meiner Targets Anstalten Variabilität zu zeigen, auch Proxima nicht, als er dann endlich dran ist. Im Kontrollzentrum kehrt langsam gelassene Ruhe ein. Während zu Beginn der Nacht noch hektische Aktivitäten im Bereich der Steuerung des VLTI zu bemerken waren, hat sich inzwischen auch dort die Zahl der Anwesenden stark reduziert. Ich selber sitze schnell mal alleine im großen Rund, das zur Steuerung von UT2 = Kueyen da ist:


    Jedes der vier großen Teleskope hat einen solchen Bereich für sich alleine, zusätzlich niochmal einen für das Interferometer. Der Kontrollstand des VISTA-Surveyteleskops ist verwaist. Ich komme mit Yuri Beletsky ins Gespräch, einer derjenigen, die immermal wieder atemberaubende Bilder vom Paranal veröffentlicht. Er zeigt mir sein neuestes Meisterwerk: Die Milchstraße mit der Schildwolke, zusammen mit dem Zodiakallicht und den Hilfsteleskopen für das Interferometer im Vordergrund. Da kann mein Bild von der letzten Nacht nicht mithalten, er gibt aber auch zu, daß er für solche Aufnahmen eine parallaktische Montierung auf dem Berg hat[:)]

    Legt man 5 solcher Bilder mal eben schnell übereinander, erhält man immerhin schon soetwas hier, ohne daß ich hinterher noch etwas an dem Bild optimiert habe. Auch die Addition könnte sorgfältiger durchgeführt werden und die Bildfelddrehung ausgeglichen werden[:I]



    Der Mond hellt den Himmel dann doch extrem auf. Irgendwann legte ich mich dann kurz hin, um pünktlich kurz nach Monduntergang wieder aufzuwachen. Da sieht das dann schon gleich ganz anders aus:



    Der Kohlensack war nun mit bloßem Auge deutlich als dunkler Fleck inmitten der hellen Milchstraße zu sehen, die wie mit dem Wattebausch an den Himmel getupft daherkam. Da machten die vorher das erste Mal angepeilten Südhimmelobjekte gleich viel mehr Freude im Teleskop. Im Zenit standen nun mehr als prachtvoll der Schütze und die Schildwolke. Die Emissionsnebel in der Gegend lächelten mich an und warteten darauf, mit dem Mak aufs Korn genommen zu werden. Viel Zeit blieb nicht mehr, die Morgendämmerung war schon zu erkennen.



    Bald darauf war die Landschaft in Dämmerungsblau gehüllt, die Milchstarße verschwand, es wurde heller, und bald war nur noch der Jupiter am Osthorizont zu sehen. Bis sich die Sonne über die hohen Gipfel der Anden gearbeitet hatte verging aber noch etwas Zeit. Im Westen, über dem Pazifik lag daher erstmal ein kräftiger Erdschatten



    Noch schnell einen Happen zum Frühstück, und ab mit mir ins Bett, die nächste Nacht muß ich schließlich komplett durchhalten...

    Ja Hartwig, der kleine Mak[:)] Denn wie man hier nachlesen kann, hat sich Wolfgang Busch des Kleinen angenommen, und das Ergebnis ist ganz passabel. Um nicht zu sagen südsternhimmeltauglich, wie ich heute Abend feststellen durfte[8D]


    Aber eins nach dem anderen. Erstmal durfte der Kleine gestern mit auf die Plattform zu seinen großen Brüdern:



    Als ich ihn dort auspackte und auf das Photostativ schnallte, wurde ich auf einmal von einer größeren Gruppe Astrophysiker und Techniker umzingelt, die wie üblich zum Sonnenuntergang auf die Plattform gekommen waren um den Green Flash zu jagen und nun die kompakte Optik bewunderten, die ich da mitgebracht hatte. Es wurden sogar Stimmen laut, morgen, wenn ich die Nacht auf dem Berg bleibe, mal einen Blick damit durchs Okular zu werfen[;)] Für den Green Flash hatte ich den Mak mit zu den Teleskopen genommen, es wurde aber nichts draus:



    Immerhin, ein feiner Sonnenuntergang über dem wolkenverhangenen Pazifik. Der nächste Kronleuchter stand allerdings schon am Himmel:



    Diese Nacht sollte auch noch nicht die meinige auf dem Berg sein, also bin ich wieder runtergefahren in die Residencia, und habe mich nach dem Abendessen meiner Kamera und dem kleinen Mak samt Okularsammlung gewidmet. Der Mond beleuchtete zwar die Szenerie extrem,



    aber seine Freude am Südhimmel hat man trotzdem. Mit Sirius im Zenit greift man sich als erstes den Orionnebel. Hier bin ich aber inzwischen mit 16" Öffnung vom Handeloher Himmel aus verwöhnt worden, da weiß man daß man da viel mehr haben könnte, eigentlich. Als nächstes geht es in südliche Gefilde. Zur Orientierung erstmal den Karkoschka aufgeschlagen, dank Mond kann man den ohne Taschenlampe studieren. Dieses helle Fleckchen da am Himmel, das muß η Carinae sein. Im Mak zeigt sich dann, ja, Volltreffer! Als nächstes zu ω Centauri, auch der wunderbar mit dm bloßen Auge zu erkennen. 90mm können ihn leider nicht wirklich gut auflösen, auch hier wünscht man sich wieder den großen Dobson herbei. Hier zum Abschluß nochmal ein kleiner Südsternhimmel-Quickie mit Kreuz des Südens


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Timm</i>
    Hallo Carolin,
    du wirst doch bestimmt deinen 16" Reisedobson dabei haben, oder etwa nicht?
    [:D][:D][:D]
    CS und viel Spass
    Timm
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Hallo Timm,


    der 16er mußte leider zuhausebleiben. Wenn du ihn halb so "schwer" gebaut hättest, hätte ich es aber vielleicht sogar versucht. Das Gepäcklimit liegt bei 20kg plus 8kg Handgepäck, da hätte ich dann nichtmalmehr eine Zahnbürste mitnehmen können[8D]


    Ich möchte allerdings nicht wissen, was das für ein Kampf gewesen wäre, den Spiegel durch die Sicherheitskontrollen in Europa zu bekommen. Seit neuestem muß ich am Hamburger Flughafen jedesmal nicht nur den Computer extra vorzeigen, sondern auch jedes einzelne Kameraobjektiv auspacken. Die Objektive werden dann allesamt auch nochmal extra auf irgendwelche anhaftenden Stoffe untersucht, Glasansammlungen jedwelcher Art scheinen mehr als verdächtig zu sein. Beim Weiterflug ab Paris war es noch schlimmer: Ich mußte sogar jedes einzelne Okular auspacken... [xx(] Der chilenische Inlandsflug heute dagegen völlig locker. Netbook, Kamera, Objektive, Okulare und der kleine Mak, den ich dabei habe: Alles steckt in einem Rucksack und fährt anstandslos ohne weitere Überprüfung durch den Scanner.


    So. Viele Grüße an alle vom wolkenlosen Paranal. Später mehr, nachdem ich beim Mittagessen war, das erste Meeting mit meinem Nachtastronomen durchhabe und so weiter.



    Caro

    Zum Abendessen gestern erlebte ich eine Überraschung. Im Guesthouse weilten dann doch noch mehr Leute, die ich zum Mittagessen und während des Nachmittages noch nicht gesehen hatte. Traditionell wird als Aperitif Pisco Sour gereicht, die Gruppe hatte sich dazu im Innenhof auf der Terasse versammelt. Ich stieß dazu, obwohl Pisco eigentlich nicht so recht mein Fall ist. Der sympatische Mann mir schräg gegenüber stellte sich als Tim de Zeeuw vor. Der Name war mir wohlbekannt, persönlich kennengelernt hatte ich den derzeitigen Generaldirektor der ESO aber noch nicht. Das letzte mal sah ich ihn aus der Ferne, bei der Eröffnungsveranstaltung des Internationalen Jahrs der Astronomie in Berlin. Zusammen mit seiner Frau, der Astrophysikerin Ewine van Dishoeck, und zwei weiteren "ESO-Officials" war die Gruppe aus organisatorischen Gründen hier, und nicht wie ich als Beobachter auf dem Weg zu den Observatorien. So steht zum Beispiel für Tim de Zeeuw am Dienstag ein Besuch von Bundesministerin Annette Schavan an, leider nur in Santiago und nicht auch auf dem Paranal. Seine Frau dagegen zieht es zu einer Sitzung des Kommitees für die Submillimeterteleskopanlage ALMA, die derzeit in den höchsten Regionen der chilenischen Anden nahe der Grenze zu Bolivien entsteht.


    Es entspann sich ein sehr netter Abend in lockerer Atmosphäre, bei dem man einiges über den Bereich "hinter den Kulissen" der ESO erfuhr, aber auch wissenschaftliches Allerlei. Nach dem Abendessen ging es zurück in den Innenhof, wo die Dämmerung hereinbrach und die Sterne des Südhimmels sichtbar wurden. Ich verzichtete aber auf das Auspacken meiner Ausrüstung, auch der Mond über der Silhouette der Nachbarhäuser war mir kein schnelles Foto mehr wert. Dann lieber nochmal gründlich ausschlafen, denn heute geht es zum Paranal...

    Wer erinnert sich noch an meinen letzten Bericht vom VLT? Fast drei Jahre ist es nun her, daß ich eine Woche bei den Großteleskopen des Very Large Telescope in der chilenischen Atacama-Wüste verbringen durfte, um dort zu beobachten und die wissenschaftlichen Daten mit nach Hause zu bringen, die der Schwerpunkt meiner Doktorarbeit werden sollten. Drei Jahre, da wird es Zeit, an den Ort des Geschehens zurückzukehren.[8D] Dem vorausgegangen waren zwei Beobachtungsanträge (der erste davon wurde abgelehnt, der zweite war erfolgreich und eine mehr als einjährige Wartezeit.


    Und dann habe ich mich gestern nun auf den Weg gemacht. Zuerst nach Paris, und von dort aus dann weiter nach Santiago de Chile, dem ersten kurzen Zwischenstop meiner Reise. Im Gegensatz du meiner Anreise vor drei Jahren verlief diesmal alles glatt und ich konnte mich nach dem 14-stündigen Interkontinentalflug heute morgen Ortszeit (hier ist es gerade 15:15) für einen Tag im Guesthouse der ESO einquartieren.



    Verändert hat sich hier nicht viel in den vergangenen Jahren, das zauberhafte Ambiente mit Nobelflair ist geblieben. Eine eingeschossige Villa römischen Stils mit Atrium und Brunnen im Innenhof, dazu ein Rasen der aussieht als würde er täglich mit der Nagelschere geschnitten, dazu passend ein Schwarm von Dienstpersonal vom Gärtner über Zimmermädchen und Koch bis hin zur Hausherrin. Die Krönung des Ganzen: ein Swimming-Pool. Ob ich den heute noch teste?



    Angesichts von Außentemperaturen im Bereich von 30° im Schatten bei strahlend blauem Himmel übrigens auch durchaus eine Option für den Zeitvertreib. Die meisten der anwesenden Kollegen, von denen mich der Großteil morgen zum Paranal begleiten wird, sitzen allerdings jetzt hier mit mir auf der Terasse im Schatten, einige besprechen ihre anstehenden Beobachtungen. In Chile (Südhalbkugel!) sollte sich langsam der Herbst ankündigen, viel ist davon aber noch nicht zu merken.



    Das ESO-Guesthause gibt es schon seit den 60er Jahren - seit die ESO auf dem Berg La Silla ihr erstes Observatorium einrichtete. Einst nur eines von vielen ähnlichen Häusern, ist die hübsche Villa in Santiagos "besserem" Stadtteil Las Condes heute eingerahmt von Hochhausbauten aus neurerer Zeit, mit gar nicht mal günstigen Wohnungen; sozusagen eine Insel der Ruhe aus der Vergangenheit im Häusermeer der Großstadt. Und daß Santiago auch eine andere Seite hat, zeigt der Blick aus dem Fenster meines kleines Reiches für diese Nacht: Die Fenstervergitterung kommt nicht von ungefähr, sondern soll vor noch heute marodierenden Räuberbanden schützen. Die kommen aus den Slums, an denen man auf dem Weg vom Flughafen in die Stadt vorbeikommt, ganze Viertel mit einfachen Bretterbauten inmitten von Bergen von Abfall, deren Bewohnern man es eigentlich nicht verdenken kann, daß sie ihren Teil vom Kuchen abhaben wollen.



    Morgen gehts weiter,
    Caro