Beiträge von Stathis im Thema „Monster-Quasar APM08279+5255 Entfernungsrekord“

    Hallo Leute, danke für die Rückmeldungen.


    Christian, mit 13" geht der wohl nur mit Infrarotaugen


    Helmur, Silvio, OJ+287 hatte ich auf 14,2 mag geschätzt, der sollte ab 10" machbar sein? Der hat immerhin z=0,3


    Achim, danke an dieser Stelle für deine schöne High Redshift Zusammenstellung, hat mich sehr zur Beobachtung animiert.


    Ich habe in der Literatur nichts über eine Variabilität gefunden, 1 mag klingt auch eher unwahrscheinlich. Vielleicht bin ich ein "Grüner" und du ein "Roter"? Der Effekt ist ja durchaus schon von den Veränderlichenbeobachtern bekannt; bei roten Mirasternen streuen die Schätzungen stärker. Wie bist du auf die 15,6 mag gekommen? Hast du mit bestimmten Sternen verglichen?


    Was mich aber wirklich wuschig macht, sind diese stark streuenden Helligkeitsangaben der Profikataloge. Im USNO-B1 Katalog gibt's z.B. 2 Datensätze mit je 2 Helligkeiten für Rot und Blau (B1mag, R1mag, B2mag, R2mag). Siehe USNO-B1.0 1427-0231107 = APM Quasar. Beide weichen wiederum von den Helligkeiten im USNO-A2 ab. Kann das jemand erklären? Welcher Wert kommt der visuellen Helligkeit am nächsten?


    Super Tipp mit dem B1422+231 im Bootes. Ich mache mir allerdings keine Hoffnungen, ein 0,8" Dingens bei der zarten Heligkeit zu trennen. Da muss man ja indirekt gucken, um ihn überhaupt zu sehen. Trotzdem, der ist beim nächsten Neumond dran!


    p.s. Robert: Ein 4 mm Mono Brunnenschacht Okular macht bei mir knappe 3 Bogenminuten Gesichtsfeld. Da muss man schon sehr leidensfähig sein, um sich das im Zenit auf der Leiter stehend anzutun[|)]. Aber ich glaube wir kommen vom Thema ab. Vielleicht ein separates Thema dazu aufmachen?

    Auf einem blauen Planeten, der um einen völlig unbedeutenden G2 Stern kreist, steht ein kleiner Grieche an einer Lichtsammelmaschine, die im Vergleich zu seiner Körpergröße so groß ist, dass er auf der Leiter stehen muss, und versucht das zarte Licht aus dem anderen Ende des Universums einzufangen.


    Von der Poesie zur Astrophysik: Der Quasar APM 08279+5255 = QSO J0831+5245 im Lynx hat eine Rotverschiebung von z=3,911 und würde damit meinen alten Rekord von Ton 618 mit z=2,22 deutlich überbieten. Soweit ich weiß, ist dies überhaupt das am weitesten entfernte Objekt, das man als normal sterblicher Amateur auf die eigene Netzhaut bringen kann, nach neustem kosmologischen Modell kommt eine Lichtlaufzeit von 12 Milliarden Jahren heraus, das Universum hatte zur Zeit, als dieses Licht auf die Reise ging, erst 12% des heutigen Alters. (Im neuen Sky and Telescope zeigen übrigens einige Freaks wie man per CCD noch weiter kommt).


    Dieser Quasar galt zunächst als das hellste Objekt im gesamten Universum, da er trotz der enormen Entfernung noch eine ungewöhnlich hohe scheinbare Helligkeit von 15,2 mag im nahen Infrarot aufweist. Man errechnete eine absolute Strahlungsmenge von 5x10^15 (5 Billiarden) Sonnenleuchtkräften! Nähere Untersuchungen zeigen jedoch den Quasar als 3-fach Objekt, sein Spektrum enthält außerdem auch Anteile anderer Rotverschiebungen, alles Hinweise auf eine Gravitationslinse, die das Licht um Faktor 40-90 verstärkt. Trotz dieses Linseneffektes bleibt es jedoch mit ca. 500 Billionen Sonnenleuchtkräften eines der leuchtkräftigsten Objekte im Universum. Das Spektrum weist zudem einen ungewöhnlich hohen Eisenanteil auf (siehe Quelle 1 Quelle 2, Quelle 3)


    Nach dem M87-Jet und dem massivsten schwarzen Loch OJ+287 geht es weiter mit der Disziplin "relativistische Astrophysik direkt per Okular auf’s Auge", das ganze hat irgendwie was vom Marathonlaufen eines Freizeitsportlers, der versucht, seine persönliche Bestzeit immer wieder zu toppen.


    Teleskop: 24 Zoll f/4,1 Dobson
    Himmel: fst= 6,3, Bortle 3-, Stunden zuvor war die Wintermilchstraße deutlich über den ganzen Himmel sichtbar aber wenig strukturiert. Inzwischen steht das Zielobjekt fast im Zenit
    Seeing: 2 (auf Schulnotenskala von 1-6)


    Ausgangspunkt war die in der Uranometria Seite 26 links eingezeichnete Galaxie UGC 4438. Von dort mit dem DSSII blue Ausdruck Richtung Osten entlang der eingezeichneten 4-er Sternkette von ca. 14-15 mag Sternen an die Position gehoppelt.


    APM08279_5255k.jpg
    Klick auf's Bild für das volle 15'x15' DSSII Bild


    Jetzt wird es sportlich; ich steigere die Vergrößerung bis zum 4,8 mm Nagler (525x). Zum Glück ist das Seeing so gut, dass die Grenzgroße mit der Vergrößerung immer weiter ansteigt. Stern a ist immer leicht zu halten, das ist mein Leitstern. Stern b sicher indirekt ständig zu halten, Stern c indirekt sicher aber nur ab und zu, Stern d noch etwas schwerer, nur selten aufblitzend. Der Quasar blitzt 1’ NO von Stern a etwa gleichhell wie Stern c aber merklich schwächer als Stern b auf. Das ist alles andere als einfach, ich würde ihn kaum heller als 17,0 mag schätzen.
    Helligkeiten der Sterne aus dem USNO-B1 Katalog:
    Stern a: 16,5 (Blau) und 15,3 (Rot)
    Stern b: 17,6 (B) und 16,1 (R)
    Stern c: 18,3 (B) und 16,6 (R)
    Stern d: 17,8 (B) und 17,1 (R)


    So schwach hatte ich ihn nicht erwartet, da er in der NED mit einer Rothelligkeit (also bei 652 nm) von 15,2 mag angegeben wird. Diesen Wert will ich ja nicht anzweifeln, aber warum wirft der USNO-B1 Katalog eine Blauhelligkeit von 19,6 und eine Rothelligkeit von 15,7 aus? Im Blauen POSS Bild ist der Quasar auch deutlich schwächer als im Roten abgebildet. Überhaupt sind mir die verschiedenen Helligkeiten der Profikataloge mal wieder äußerst suspekt.


    Ich prüfe, ob der Fangspiegel beschlagen ist, alles ok. Ich schwenke zum Vergleich zum UMA Doppelquasar. Dieser ist merklich einfacher indirekt zu halten, ab und zu kann ich ihn sogar sicher trennen. Es bleibt nur ein Schluss übrig, dieses kosmische Super- Kraftwerk ist derartig rotverschoben, das man ihm die Müdigkeit regelrecht ansehen kann. Bin regelrecht ergriffen von diesem Bild, – oh wie sehr liebe ich in solchen Momenten diesen Spiegel! Siehe zum Vergleich auch Achim Strnad's Beobachtung mit 20".


    Natürlich sind auch in dieser Gegend jede Menge Begleitgalaxien (alle mit 7 mm (360x) und 4,8 mm Nagler (525x):
    Gx 1= 2MASX J08311447+5242245 NED: 16,1 mag(g) 0,5'x0,4':
    6' südwestrlich vom APM-Quasar leicht ovaler Blob von 1/2' Durchmesser, sicher indirekt, mitteldiffus.


    Gx 2= PGC 2421539 = 2MASX J08313901+5242055 NED: 16,4 mag(g) 0,6'x0,3':
    4' südlich vom Quasar an Sternpaar 14 mag 30% der Zeit indirekt zu halten.


    Gx 3= 2MASX J08313043+5245026 NED: 18,1 mag(g) 0,3'x0,14':
    2' westslich vom Quasar und 1' östlich des letzen Sterns (14,8 mag) der Sternkette 2-3x aufgeblizt. Sehr klein, extrem schwach, nur zu 50% sicher, nur erahnt.


    Gx 4= PGC 2423692= 2MASX J08320260+5247138 NED: 16,0 mag(r) PGC: 17,3(B):
    3' nordöstlich vom QSO O-W elongierter sehr schwacher Wattebausch. Nur ab und zu, aber sicher.


    Etwas weiter entfernt außerhalb des 15'x15' DSS Feldes geht es weiter mit leichterer Kost, direkt mit der Uranometria aufgesucht.


    UGC 4438 DSFG: 13,2 mag(V) 0,9'x0,7':
    Das war meine Leitgalaxie zum Aufsuchen des Quasars. Sofort 15' WSW vom Quasar laut und deutlich zu sehen. Rund, ca. 1' Durchmesser. Mitte deutlich heller und N-S ausgerichtet. Unsymmetrisch, Westseite heller (Spiralarm?).


    Sogar NGC Galaxien tummeln sich in unmittelbarer Nähe, sind aber alle klein:
    NGC 2600 DSFG: 14,2 mag(V) 1,2'x0,3':
    3:1 in O-W Ausrichtung elongierte Linse von knapp 1' Länge. Kernbereich heller und unregelmäßig, kein Nucleus. Direkt nordwestlich ist eine markante 4-er Sterngruppe in L-Form. Noch ein Stern 16 mag NW über der Galaxie schwebend.


    NGC 2603 DSFG: 14,3 mag(V) 0,7'x0,3':
    Leicht ovale Scheibe mit stufigem Helligkeitsanstieg
    zum O-W länglichen Kernbereich. In der Mitte ein Nucleus(?). Im 20 mm Nalger nur indirekt zu halten, im 7 mm leicht.


    NGC 2602 DSFG: 14,7 mag(V) 0,4'x0,2':
    Kleiner ovaler Blob ohne jede Struktur


    UGC 4461 DSFG: 13,5 mag(V) 1,7'x0,5':
    Von NGC 2600 Richtung SW über ein schönes Sternpaar gleichheller Sterne 11 mag kommt die hellste von allen: 3:1 in NO-SW elogierte Spindel. Innenbereich homogen, aber das NO-Ende ist heller als das gegenüberliegende. Am SW Ende ein Sternchen ca. 15 mag. Die Unsymmetrie erinnert an NGC 55 in Kleinformat.


    CGCG 263-43 DSFG: 13,7 mag(V) 0,6'x0,6':
    Kompakter kleiner aber recht heller Kernbereich mit sternförmigem Nucleus in sehr schwacher runder Scheibe von ca. 0,5' Durchmesser.


    UGC 4442 DSFG: 14,0 mag(V) 1,1'x0,8':
    Leicht oval in O-W ausgerichtet. Der hellere Innenbereich ist etwas stärker elongiert. Nicht ganz symmetrisch. Dunkelstelle im SO.


    Nach all dem Deepest Sky schwenke ich zur Erholung in unsere galaktische Nachbarschaft zu M81 und sehe im 9 mm Nagler sofort Holmberg IX, ja!. Wenn man die Augen mit diesen extrem- Funzeln geschärft hat, werden solche Geschichten scheinbar zum lockeren Sonntags-Jog. Bei M82 stopfe ich 7 mm Nagler+ 1,8x Barlow = 650x rein und lasse die Knoten, die Dunkelwolken, das Getue und Gemache auf mich einrieseln. Ich muss sie abfahren, da sie gar nicht mehr in's Gesichtsfeld passt.


    Mit Saturn beende ich die Dunkeladaption: wirklich gutes Seeing, umlaufende Cassiniteilung, zart scheinender innerer Creppring, feine Unterbrechung auf der einen Seite der Ringe zur Kugel, pastellfarbene Bänder auf der Kugel... Ich sehe 7 Monde, 4 davon an einer Kette. Der innerste ist Mimas, leicht direkt über dem westlichen Ringrand schwebend.