Beiträge von Caro im Thema „Gesamtmasse aller Schwarzen Löcher“

    Hallo Tilo,


    sorry, ich hatte gar nicht gesehen, daß hier noch wieder drauf geantwortet wurde.


    Ja, ich rechne den Großteil der Masse der Milchstraße in Sternen. Denn die Dunkle Materie gehört für mich nicht wirklich dazu. Zum einen konzentriert sie sich nicht in der Scheibenebene, so wie die sichtbare Materie, sondern im kugelförmigen Halo und hat damit eine andere Verteilung, zum anderen betreten wir hier extrem unsicheres physikalisch-kosmologisches Terrain. Die Natur der Dunklen Materie ist unbekannt, alles was wir nachweisen können, ist ihre Gravitationswechselwirkung. Das ist nicht gerade viel. Nach derzeitigem Kenntnisstand dominieren aber eben solche unbekannten Komponenten die Energiebilanz unseres Universums. Demnach dominiert die noch geheimnisvollere Dunkle Energie, die die Expansion des Weltalls vorantreibt, den Kosmos zu etwa 70%. Die Dunkle Energie ist nochmal ein Kapitel für sich. Die derzeitigen Messungen über den Zustand des Universums vor einiges Milliarden Jahren haben Fehlerbalken, die noch immer heißen könnten, daß sie nichts weiter als ein Hirngespinst ist. Und auch sonst tut man sich recht schwer damit sie zu charaktierisieren. Begriffe wie "Anti-Schwerkraft" und "Vakuum-Energie" fallen da, aber keiner trifft es so richtig. Weitere 25% gehen dann auf das Konto der Dunklen Materie. Die scheint im gegensatz zur dunklen Energie nicht gleichmäßig im Raum verteilt zu sein, sondern zur Klumpenbildung zu neigen. Klar, daß man bei solchen Klumpen dann auch sichtbare Materie in der Nähe findet, schließlich zieht sie Schwerkraft aufch eben diese an. Die Verteilungen sind aber nicht exakt gleich. Siehe dazu zum Beispiel http://www.astronews.com/news/artikel/2006/08/0608-016.shtml und http://www.astronews.com/news/artikel/2007/08/0708-026.shtml


    Trotzdem gilt nach wie vor: Nichts näheres weiß man nicht. Gerade für die Dunkle Materie hat man an einiges an Kandidaten verschlissen in den letzten Jahren, wobei es immerhin auch gut zu wissen ist, was es NICHT sein kann. Dazu gehören Neutrinos (haben zwar Masse, aber leider zu wenig), massearme Sterne, Braune Zwerge, interstellares und -galaktisches Gas wäre altbekannte baryonische Materie, aber hier langt es vorne und hinten nicht. Dann gibts noch die Möglichkeit exotischer Elementarteilchen, aber hier scheitert es derzeit am Existenznachweis. Möglich wäre da zwar das eine oder andere, dazu werden uns die Elementarteilchenphysiker hoffentlich in der nächsten zeit mehr sagen können, denn neue Experimente und Teilchenbeschleuniger stehen da kurz vor der Fertigstellung. Einige Kosmologen würden auch ganz gerne an den Naturkonstanten drehen, zum Beispiel die Gravitationskonstante zeitlich und/oder räumlich veränderlich machen, oder aber generell ein paar Modifikationen an der Allgemeinen Relativitätstheorie anbringen. Was letztlich des Rätsels Lösung sein wird, wissen wir noch nicht...


    Ich hoffe damit ist auch Polarlichts Frage einigermaßen beantwortet,
    Caro

    Hallo Alex,


    wie weiter oben schon gesagt, wollte ich mit "unendlich ausgedehnt" eigentlich gar nicht auf die streng kosmologisch-mathematische Unendlichkeit hinaus, sondern andeuten, daß schon in unserer näheren kosmischen Umgebung längst nicht alles bekannt ist, was Galaxie heißt. (Nur als Beispiel, auch wenn sie wohl keine Schwarzen Löcher enthalten: Die Zahl der bekannten Zwerggalaxien, die unsere Milchstraße begleiten, hat sich in den letzten Jahren auf mehr als 20 verdoppelt.) Die beobachteten Galaxien sind schon unzählig viele. Und jede neue Himmelsdurchmusterung erhöht die Zahl erneut. Derzeit liefern die Auswertungen des Sloan Digital Sky Survey SDSS fließig neue Zahlen, für die nächsten Jahre und Jahrzehnte sind ähnliche Projekte mit höherer Ausbeute und größerer Himmelsabdeckung geplant, siehe zum Beispiel das chinesische LAMOST (http://www.lamost.org/en/)


    Nichtsdestotrotz ist die Unendlichkeit derzeit unter den Kosmologen die favorisierte Theorie. Die Idee aus Ulm scheint bei ihnen im übrigen mehr oder weniger untergegangen/ignoriert worden zu sein. Ganze 12 mal wurde die Originalveröffentlichung dazu bislang zitiert, die Hälfte davon vom Autor selber...[;)] Solche Ideen gibt es viele, und welche davon sich später mal durchsetzen - wir werden es sehen.


    Ich persönlich finde auch die Unendlichkeit keine so schlechte Option [:p]

    Trompeten-Universum? Was soll das sein? Hört sich irgendwie nach einer typischen PM-Formulierung an [:D]


    "Unendlichkeiten" sind natürlich nicht unproblematisch. Weder mathematisch, noch kosmologisch-philosophisch. Aber: Nur weil wir Menschen von Natur aus mit der Wahrnehmung des Endlichen weniger Probleme haben und das Unendliche unser begrenztes Vorstellungsvermögen sprengt, wieso sollte sich das Universum darum scheren? Wir werden so schnell nicht die Möglichkeit haben, mit Aussagen mit größerer Sicherheit als zur Zeit verfügbar über die Geometrie des Universums zu machen. Und schon gar nicht über den Teil des Universums, der uns unzugänglich bleibt.


    Die Probleme liegen auf der Hand. Ein unendliches Universum wäre der Gegenpol zur Singularität des Urknalls, aus der es entstanden ist. Beide Konzepte, Singularität und Unendlichkeit sind schwer verdaulich, und es gibt Möglichkeiten sie zu umgehen. Viele Wissenschaftler halten es in so einer Situation aber lieber mit Ockham's Razor: Warum kompliziert, wenn's auch einfach geht? Man sollte sich dabei nur immer der Tatsache bewußt sein, daß es noch andere Möglichkeiten gibt.


    Meine Meinung? Das letzte Wort in Sachen Kosmologie ist noch lange nicht gesprochen. Mich persönlich würde es nicht wundern, wenn sich in 50 Jahren die Wissenschaftler über ihre Kollegen aus der Zeit der Jahrtausendwende amüsieren: "Damals, da dachten sie, sie bräuchten so Sachen wie Dunkle Materie und Dunkle Energie, um alles erklären zu können..."


    Caro

    Gegenfrage, wie kommt ihr darauf, daß das Universum endlich ist?


    Schon seit Jahrzehnten läßt sich anhand der Beobachtungsdaten ein geschlossenes Universum (also mit sphärischen Geometrien ähnlich der Oberfläche einer Kugel oder eines Torus), die besten Kandidaten für ein endliches Volumen des Universums, ausschließen. Bleibt also ein offenes Universum. Das kann einmal hyperbolische Form haben (entspräche der Oberfläche eines Sattels) oder aber die uns wohl vertraute euklidische Geometrie. Letztere hätte man gerne, weil sich das ganze nicht nur anschaulicher gestaltet sondern auch mathematisch leichter zu handhaben ist. In beiden Fällen ist zwar auch ein endliches Universum möglich, aber eher unwahrscheinlich.


    Wenn man mal von der Topologie des Universums absieht, ist es natürlich so, daß wir nur einen kleinen Teil des Universums überhaupt sehen können. Der ist allerdings begrenzt, einfach durch Lichtlaufzeit und Alter des Universums. Und eigentlich wollte ich das Posting auch gar nicht streng geometrisch-kosmologisch verstanden haben, denn schon in der sichtbaren kosmischen Nachbarschaft gibt es soviele Galaxien mit Schwarzen Löchern drin, daß wir mit dem zählen nicht mehr hinterherkommen... [:I]


    Caro

    Hallo Hans,


    die Bildung von neuen Population III Sternen ist ausgeschlossen. Natürlich haben wir jede Menge Gas- und Molekülwolken, in denen Sterne entstehen, aber keine dieser Wolken ist mehr im "Urzustand". (Reiner Wasserstoff geht ja sowieso nicht, schon der Urknall hat ja einen Massenanteil von knapp 25% Helium hinterlassen, dazu noch ein paar Spuren Litium.) All diese Wolken wurden schon kontaminiert durch Supernovaexplosionen, wir sehen ja selbst wie groß Supernovaüberreste werden können und sich das Material entsprechend im Raum verteilt.


    Nein, die einzige Chance, solche Sterne aufzutreiben, besteht darin, jetzt noch sehr alte Sterne in ihren letzten Atemzügen aufzutreiben, die im ganz jungen Universum entstanden sind. Das ist auch nicht ganz einfach, schließlich kann so ein Stern sich auch "verstecken", indem er zum Beispiel metallreicheres Material aus dem interstellaren Gas im Laufe seines Lebens eingesammelt hat. Daher sehen einige Leute schon in den inzwischen gefundenen sehr metallarmen Sternen die Population III. Mit Sicherheit ausschließen kann man das nicht.


    Gruß,
    Caro

    Hallo Tilo,


    die Sternpopulation kann man ja immer nur für einzelne Sterne (oder ganze Sternhaufen und ähnliches) festmachen, zum Beispiel für unsere Sonne. Aber auch da geht das nicht unbedingt eindeutig. Was wir aus Alter und Elementzusammensetzung der Sonne wissen ist: Sie hat einen relativ hohen Metallgehalt (man nimmt für Vergleiche meistens Eisen her) im Vergleich zu vielen anderen Sternen. Durch ihr Alter von mehr als 4 1/2 Milliarden Jahren ist zumindest mal festgelegt, daß ihre Vorgänger in den ersten 10 Milliarden Jahren des Universums bestanden haben müssen. Wieviele das aber waren, ist nur schwer zu ermitteln, geschätzt werden 2, 3 oder 4.


    Man unterteilt die Sterne der Milchstraße in verschiedene Populationen, zum einen nach Metallgehalt, zum anderen durch ihre Umlaufbahn um das Galaktische Zentrum. Dabei zählt die Sonne zur sogenannten Thin Disk, also der stark abgeflachten Milchstraßenebene, die die Spiralarme enthält. Das sind für Milchstraßenverhältnisse recht junge Sterne. Älter ist dann die Thick Disk, wie der Name schon sagt, bewegen sich die Sterne hier auch gerne mal aus der Scheibenebene heraus. Die beiden Scheibenpopulationen faßt man auch manchmal unter dem Begriff Population I zusammen. Um die Scheibe herum haben wir den Kugelförmigen Halo und die Kugelsternhaufen, sie bilden die Population II und sind um einiges älter und metallärmer. Seit ein paar Jahren hat man innerhalb des Halos nochmal einige wenige Sterne gefunden, die fast gar keine Metalle enthalten, was auf eine sehr frühe Sterngeneration hindeutet. Findet man mal einen Stern mit sogenannter primordialer Häufigkeitsverteilung (also nur Wasserstoff und Helium, der Rest nur in den Spuren vorhanden wie aus dem Urknall hervorgegangen sind), hätte man die Population III, die allererste Sterngeneration erwischt.


    Caro

    Hallo Tilo,


    wenn man eine Gesamtmassenbilanz der Milchstraße oder des gesamten Universums aufstellen möchte, sollte man dabei aber schon die Verhältnismäßigkeiten wahren. Die Masse der Milchstraße beträgt in etwa 600 Milliarden Sonnenmassen, der Großteil davon steckt in Sternen (in der Anzahl mehr als 200 Milliarden), dazu kommen dann interstellare Materie, Braune Zwerge und Planeten, und eben auch Schwarze Löcher.


    Aber welchen Massenanteilnehmen diese Objekte ein? Die interstellare Materie maximal ein paar Milliarden Sonnenmassen. Braune Zwerge waren vor einigen Jahren mal ein heißer Kandidat, um Dunkle Materie zu erklären, aber inzwischen hat sich herausgestellt, daß se bei weitem nicht zahlreich genug sind, um einen signifikanten Beitrag zu leisten. Zwar sind M-, L- und T-Zwerge insgesamt die bei weitem am häufigsten Sterne, aber sie sind auch um einiges masseärmer, was die Massenverteilung dann wieder mehr als ausgleicht.


    Bei den Planeten ist es genauso. Zwar haben wir derer neun im Sonnensystem, aber sie alle zusammen enthalten nur 0.1% der Masse des Sonnensystems, der Rest steckt in der Sonne. Das ist auch in Planetensystemem mit noch größeren Gasriesen immernoch ähnlich.


    Und die Schwarzen Löcher? Dasjenige im Zentrum der Galaxis nimmt da bei weitem den größten Anteil mit ca 3.7 Millionen Sonnenmassen ein. In seiner Umgebung tummeln sich noch ein paar "kleinere", die ebenfalls von der hohen Massendichte im Zentrum der Milchstraße profitieren. Die stellares Schwarzen Löcher, die nur wenige Sonnenmassen jeweils beinhalten, sind vergleichsweise selten. Schließlich braucht es überhaupt erstmal massereiche O- und B-Sterne, aus denen sie überhaupt erst entstehen können, und die sind wiederum uch recht selten.


    Die Gesamtmasse unserer Milchstarße ist also mit ziemlicher Sicherheit nicht dominiert von Dingen die wie auf den ersten Blick nicht sehen. In anderen Galaxien ist es genau das gleiche. aber Massen muß man ja auch gar nicht sehen und einzelnen Objekten zuweisen können um sie nachzuweisen. sie macht sich ja schon durch ihre Schwerkraftwirkung bemerkbar und läßt sich so bestimmen. Daher ja auch die mysteriöse Dunkle Materie.


    Gruß,
    Caro

    Hallo Tilo,


    die Massenabschätzung des Schwarzen Lochs im Zentrum unserer Milchstarße geht eigentlich ziemlich einfach: Da reicht es nämlich schon, die Keplerschen Gesetze herzunehmen. Man hat ja die Bahnen einiger massereicher Sterne in unmittelbarer Nähe des Schwarzen Loches vermessen, und kann daraus dann (wenn man die Unsicherheiten in der Entfernung berücksichtigt) die Zentralmasse recht gut bestimmen.


    Siehe dazu auch http://www.eso.org/public/outr…rel/pr-2002/pr-17-02.html


    Bei den Scharzen Löchern im Zentrum anderer Galaxien wird es mit dieser Methode schon schwierig. Eine andere Methode, die insbesondere bei AGN angewendet wird (das Schwarze Loch im Zentrum der Milchstraße ist ja ein sehr ruhiger Vertreter seiner Spezies), ist, aus den beobachteten Jets und der Leuchtkraft verursacht durch Massenakkretion aus den sie umgebenen Scheiben die Massen der Schwarzen Löcher abzuschätzen.


    Um aber alle Schwarzen Löcher im Universum aufzusummieren, müßte man die erstmal alle kennen - und schließlich ist das Universum unendlich ausgedehnt. das wird also schwierig werden...


    Gruß,
    Caro