Beiträge von gscholz im Thema „Verzeichnung von WW-Okularen“

    Hallo Stathis,


    "Das (fast) ebene Bildfeld des Objektivs soll also auf die Kugelfläche der Netzhaut abgebildet werden, richtig?"


    Nicht so ganz. Nicht die Netzhautkugel ist die Ursache, sondern einzig die Himmelskugel und die daraus resultierenden Besonderheiten bei der Beobachtung.
    Wenn du mit dem Teleskop eine ebene Fläche beobachten würdest, wäre jede beliebige Vergrösserung kein Problem.
    Alle Winkel und Abstände würden ihre Verhältnisse beibehalten.


    Das ist bei der Kugelbeobachtung anders. Ursache dieser Verzeichnung ist nur, dass die Krümmung des herangezoomten Beobachtungsauschnitts nicht mehr zur Sphärenkrümmung passt.
    Das Beispiel mit dem Ball ist doch ganz anschaulich:
    Nimm einen Kreis mit 20cm Durchmesser und einer mm-Teilung auf dem Umfang. Schneide ein 4cm langes Stück aus, vergrössere es 100-fach und lege diesen Bogen mittig am Kreis an. Vom Kreismittelpunkt aus siehst du am Berührpunkt die Urspungsteilung ebenfalls 100-fach vergrössert, die Teilung am den Rändern des herausgeschnittenen Stücks, die weit ausserhalb des Ursprungskreises liegen (bei fast +-90° Blickwinkel), sind dagegen vom Kreismittelpunkt aus gesehen stark gestaucht.


    Der Astigmatismus ist ein anderes Problem bei der Abbildung (Stichwort Abbildungsfehler dritter Ordnung, siehe Wikipedia). Auch er ist blickwinkelabhängig, macht sich also bei Weitwinkelokularen stärker bemerkbar. Zur Abhilfe kann ich nichts sagen, da sind Spezialisten gefragt.


    Gruss
    Günter

    Hallo Stathis,


    die Formeln der Ethos-Seite sind leicht zu verstehen:


    y=f*tan(beta) bzw. tan(Offaxisbildwinkel) = Offaxistabstand/Okularbrennweite ist einfach die Abbildung der idealen einfachen Linse.
    Zeichne mal die Brennebene und den Mond genau die Achse berührend. Wenn du ihn jetzt auf der Brennebene von der Achse wegschiebst, wird der Blickwinkel immer kleiner. Das ist die 'normale' Verzerrung der 'idealen' Linsenabbildung.


    Die zweite Formel ist der Wunsch der Astronomen:
    y=f*beta bzw. Offaxisbildwinkel=Offaxisabstand/Okularbrennweite heisst, dass der Winkel direkt proportional zum Achsenabstand ist, und damit Winkelabstände über das gesamte Gesichtsfeld konstant sind (runde Objekte bleiben dann rund). Dies ist nur möglich, wenn die 'ideale' Linsenabbildung verzerrt wird, achsferne Abstände müssen gedehnt werden, Kissenverzerrung muss erzeugt werden, um die zweite Formel zu erhalten.


    Das Ganze ist einfach das Problem, fast ebene Flächen auf eine Kugelfläche zu bringen. Stell dir einen Ball mit 20 cm Durchmesser vor. Du sitzt drin und beobachtest einen Quadratmillimeter vom Zentrum aus 100-fach vergrössert. Da musst du dir einen Ball mit 20m Durchmesser nehmen und einen dann fast ebenen 10x10cm-Fleck herausschneiden und dann versuchen, den über den Originalball zu legen.
    Das geht nicht, die Fleck ist viel weniger gekrümmt.


    Gruss
    Günter