Beiträge von LutzLiebers im Thema „Ein Schiefspiegler mit torischem Hauptspiegel“

    Hallo Georg,
    besten dank für deine Zemax-durchsicht meiner idee vom torischen mangin-gegenspiegel.


    Natürlich hast du recht, einen farbwerfenden "Unkutter" braucht niemand, das ist ja gerade
    einer der vorteile, dass es beim spiegel-teleskop keinen "frühling am mond-horizont" gibt,
    wie z.b. zuletzt beim durchsehen durch einen verbreiteten 153 / 1300 Flaunhofel-Leflaktol
    am vollmond beobachtet (es grünt so grün, wenn...:-).


    Ja, wir bleiben beim torisch-konkaven hauptspiegel. Fertigungstoleranzen beim torischen
    figurieren lassen sich ausgleichen, das haben Guntrams emipirische verkippversuche mit
    WINSPOT gezeigt.


    Die ich zum anlass nehme, an dieser stelle auf Carl Anderson´s spreadsheet hinzuweisen:
    "Carl's Yolo and Schief Spreadsheet", auffindbar an unteren ende seiner webseite:
    http://www.geocities.com/stressedglass/
    Es handelt sich um eine EXCEL-anwendung, die die wesentlichen teile des Kutter´schen
    formel-werks, wie auch jene von Artur Leonard für den Yolo beinhaltet.


    Damit kommt der amateur auch ohne eine teure optik-design-software aus. Die von den
    erfindern hinterlassenen formeln führen geradlinig zu ergebnissen, die im fall von Georgs
    ToKu 150 f25 von seite 1 sehr ähnlich denen aus ZEMAX sind, so dass hier allenfalls ein
    finales fein-tuning mit WINSPOT erforderlich scheint.


    Die anwendung erlaubt es, verschiedene schiefspiegler-variationen zu berechnen:
    - Yolo_Toric_Sec
    - Yolo_Toric_Pri
    - Schief_Toric_Sec
    - Schief_Toric_Pri (oder "ToKu" nach letzter version)
    - Schief_Anastigmatic
    - Stevick-Paul


    Es lassen sich sowohl zöllige wie auch metrische eingaben machen, und mit den enthaltenen
    erklärungen wird die rechnerei zum kinderspiel. Es gibt anhand eines Yolo-beispiels auch eine
    Step-By-Step-Instruction, die aber nicht wirklich notwendig erscheint.


    Hier als beispiel der Georg-ToKu von seite 1; in die grünen felder sind die entspr. eingaben
    surface 1-Rtan/Rsag, separation, surface2, primary diameter zu machen. Die blauen felder sind
    die berechneten ausgaben.
    In der letzten version, die ich vorab erhalten habe, kann das (blaue) phi1 auch vorgegeben
    werden, je nachdem, wie gross man den fangspiegel machen möchte (wunsch-feldabhängig).


    Diese software hat mir beim designen meines 125 mm anastigmatischen schiefs gute dienste
    geleistet, denn es hat sich gezeigt, dass die konkreten original-beispiele, wie sie von Kutter in
    seinem artikel: "Mein weg zum schiefspiegler" genannt sind, durchaus noch optimierbar sind.


    Hallo Michael, hallo Guntram,


    > Es wäre realistischer wenn du beide Radien jeweils um die Hälfte (aber in entgegengesetzte
    > Richtung) verändert hättest, dann wäre die Gesamtbrennweite gleich geblieben.
    Im wort case kann ich aber nicht davon ausgehen, dass sich meine fehler beim torodisieren
    symmetrisch zur ursprünglichen brennweite (der vormals sphäre) ausbreiten. Ich halte es schon
    für realistisch, dass die brennweiten bzw. radien beim torischen figurieren einseitig weglaufen.


    > ==> Michael: Winspot stellt automatisch "scharf". Man kann durch Drücken von F11 und F12
    > durch den Fokus fahren. Nachfokussieren bringt zur Verbesserung des Bildes nichts.
    > Das kann ich nicht überprüfen, weil ich das Programm Winspot nicht habe.


    Winspot kann u.a. bei Carl Anderson heruntergeladen werden, der es sich zur aufgabe gemacht
    hat, wissenswertes über unobstruierte reflektoren zusammenzustellen.
    http://www.geocities.com/stressedglass/


    Suche bitte nach diesem textblock, dort ist der link, etwas unauffällig, im "here"
    > Dave Stevick has just enhanced his spot
    > plotter program called WinSpot. One of
    > the new features allows you to scale up
    > or down an existing design with the click
    > of a mouse.
    > The new version can be downloaded >>>here<<<


    Tatsächlich ist es so, dass WINSPOT wohl nicht in allen fällen nach veränderungen "scharfstellt".
    Bei meinem o.g. fehler-torodisieren hatte ich aber vorher auf den menüpunkt Focus! geclickt.


    Guntram, dein vergrössern des phi_2 hat es augenscheinlich gebracht, mein provozierter 1 mm-fehler
    konnte voll kompensiert werden! Aber dann hatte ich gemäss Michael den tan. radius um 1 mm
    verkürzt, doch ich kam per zurücktilten des fangspiegels keineswegs wieder zu guten spotplots.
    Eine umfassende untersuchung scheint angesagt.


    Ausserdem erscheint mir ein shiften des fangrohrs im 1/10 grad-bereich mechanisch etwas
    problematisch. Augenscheinlich hat die torizität per reflexion einen enormen durchgriff auf die
    schiefwinkligen. Will daher meine heutige idee des lichtbrechenden torodisierens noch nicht aufgeben.


    Deswegen warte ich auf Kurts und Georgs statement in dieser sache. Habe auch mal Carl Anderson zu
    diesem thread informiert, er versteht deutsch, vielleicht äussert er sich auch dazu. Und dann haben
    wir ja auch noch Harrie Rutten.


    Lutz, from the woods (at present:-)

    Hallo Kurt, hallo Georg,
    beachtliche leistung, Kurt, insbesondere unter betrachtung der wenigen zeit, die du dir für den bau deines 153 mm
    Toku gelassen hast.


    Du hattest als design-vorlage den vorschlag des 150 mm f/25 TokU übernommen, wie ihn Georg auf seite 1 dieses
    threads veröffentlicht hatte.


    Die optischen daten dieses 150 mm f/25 Toku habe ich auch mal in WINSPOT eingegeben und selbst ein wenig mit
    den torischen radien des hauptspiegels: 4562 mm und 4573 mm gespielt.


    Und jetzt kommt es:
    Wenn ich die 11 mm ROC-differenz dieses torischen hauptspiegels um nur einen millimeter verändere, (z.b. von
    4573 nach 4574), verändert sich das spotplot-diagramm schon beträchtlich zum ungünstigen.


    Das originale spot-verhalten befindet sich auf seite 2 dieses threads (in Kurts beitrag, der grüne screen shot).
    Zum vergleich hier die deutlich aufgeblähten spots durch das nichteinhalten des sagittalen ROC von nur ca. 10%.



    Und damit komme ich zum kern der sache: wenn man versucht, den hauptspiegel-torus durch polieren bzw. durch
    figurieren vom ausgangspunkt "sphäre" (z.b. nach eidgenössischer Yolo-manier) hinzubekommen, wird man sicher
    nicht so mm-genau die vorgegebenen radien der gewünschten torizität einhalten können.
    Infolgedessen werden sich suboptimale spots einstellen, die sich nicht einfach durch justieren an der stellschraube
    einer spannfassung "auf vordermann", bringen lassen, z.b. eben mal nachts am stern. Vermutlich hatte schon Kutter
    dieses problem erkannt und daher die "amateur-nähere" keil-linse zwischen fangspiegel und fokalebene favorisiert.


    Mir stellen sich folgende fragen:
    - kann man eine erneute nach-optimierung anderer parameter, wie verkippwinkel phi2 oder auch des spiegel-
    intervalls für diesen eigenerstellten "ist"-torus vornehmen, um zum optimalen spot zurückzufinden?
    - auch wenn es diesen optimierungs-spielraum gäbe, WIE kann der genutzt werden? Braucht man dafür eine teure
    ZEMAX-software? Diese frage richtet sich auch an leser, die erfahrungen mit OSLO, Jose Sasians´s TCT oder
    anderen optikdesign-programmen haben.


    Sollte es keine optimierungs-lösung geben, sehe ich zwei "amateur-gemässe" lösungen dieses toleranzeinhaltungs-
    problems:
    - eine "spannfassung zweiter ordnung", also eine variante, bei der nur der fehler der einpolierten torodisierung
    kompensiert würde. Wegen der geringen verbiegungskräfte könnte dies mit einem feingewinde an der stellschraube
    recht feinfühlig geschehen.
    - beidseitig KONKAVER (!) fangspiegel, "Kutter-verkehrt-herum" montiert.


    Vorteile: sphärisch-konvexe fangspiegel-fläche, die sich in gewohnter manier KONKAV leicht und genau herstellen
    und testen lässt. Die vordere, konkave korrektur-fläche arbeitet mit REFRAKTION, die bekanntermassen die strahlen
    viel weniger ablenkt. Damit könnte die differenz zwischen dem sagittalen bzw. meridionalen torus-radius nun grösser
    werden, käme damit in den bereich des torodisierenden amateurs zurück.


    So stelle lch mir diesen tokumangin vor:



    Herstellung:
    - zuerst die hintere fläche bearbeiten, die später sogar mit einer lifetime-versilberung belegt werden kann, weil die nie
    kaputt ginge (silberschicht mit schutzlack).
    - diese hintere fläche temporär schwärzen, um sie zum testen der vorderen fläche optisch zu inaktivieren.
    - einbringen der torisch-konkaven vorderfläche. Ausgangspunkt dafür sei eine sphäre mit der krümmung der hinteren,
    reflektierenden fläche, vermindert um die glasdicke.
    Und da die optische wirkung der torischen fläche nun durch REFRAKTION (wenn auch zweimailiger) entstünde, und
    bekanntermassen die strahlablenkende, glasdickenabhängige wirkung der lichtbrechung viel geringer ist, könnte die
    differenz zwischen dem sagittalen bzw. meridionalen torus-radius viel grösser werden, könnte damit unter umständen
    in den bereich des torodisierenden amateurs zurückgeführt werden.


    Gibt es einen denkfehler? Ergeben sich vielleicht an diesem torischen Mangin-spiegel aufgrund der verkippung
    andere, unerwünschte effekte? Wohin gehen denn die 4% des an der torus-vorderfläche REFLEKTIERTEN,
    verlorenen lichts? Führen die "nur" zu einer kontrastverminderung, oder entsteht ein z.b. parallelversetztes geisterbild
    in der fokal-ebene?


    Wie seht ihr das? Und was meinst du, Georg? Falls keine grundlegenden einwände, wärst du willens und hättest zeit,
    ZEMAX erneut anzuwerfen, um zu deinem 150er Tuko die opt. daten für diesen torischen fangspiegel zu errechnen,
    gern mit einhergehender brennweiten-verkürzung auf f/20, das Kutter-übliche öffnungsverhältnis bei komafreier
    anlage? Dazu brauchst du nur deinen Toku 200 / 4000 von seite 1 auf 150 mm herunterzuskalieren.


    Als glassorte schlage ich Borofloat 33 von Schott Jena vor, technische daten hier:
    http://www.schott.com/schweiz/…/broschuere_borofloat.pdf
    Ich bekomme nämlich in kürze ein paar scheiben der dicke 13 mm, von denen auch Stathis meint, dass dieses
    material erstaunlich spannungsfrei sei.


    Wenn mir deine optischen daten zu diesem torischen fangspiegel fertigungs-technisch aussichtsreich erscheinen, würde
    ich mir überlegen, ob ich meine mikrocontroller-gesteuerte (drei stepper- ein dreiphasen-motor mit inverter)
    poliermachine auf torisches figurieren von sphären umprogrammieren sollte. Mit zugehöriger idee zur technischen
    ausführung gehe ich schon seit jahren schwanger, aber erst jetzt erscheint eine lohnenswerte anwendung in aussicht.


    Viele grüsse,
    Lutz


    Nur schade, dass nun wieder lichtbrechendes glas in den strahlengang kommt, ade, ihr wolken der Venus im UV-
    licht!

    Re: Holzkiste, mich schauderts


    Mich auch, Georg! :)
    Besten dank für deine genialen entwürfe, wobei mir dein kleiner ToKu 150/5000 derzeit am besten gefällt,
    denn dafür habe ich hier material zur verfügung, und zum üben des torischen polierens tut´s ja auch erstmal
    ein 150 mm hauptspiegel.


    Was deine ausführungen zu f25 betrifft, um planeten in fokalprojektion aufzunehmen, hab ich mal den radius
    des Airy-scheibchens berechnet: r_airy ~ 1.22 * Lambda * brennweite / öffnung
    ~ 1.22 * 0.0005 * 3750 / 150 ~ 0.015 mm
    Der pixelabstand einer ToUcam beträgt 6 mikrometer, also etwa fünfmal mehr als der durchmesser des beugungs-
    scheibchens. Die zugrundeliegende theorie erscheint damit in der praxis weitgehend erfüllt, siehe auch:
    http://astrofotografie.hohmann…ndlagen.abtasttheorem.php
    Wenn ich meine nachrichtentechnischen vorlesungen richtig in erinnerung habe, so besagt das Shannon´sche abtastheorem, dass die höchsten frequenzen eines signals theoretisch mindestens zweimal zeitdiskret pro periode abgetastet werden müssen, um die innewohnende, ursprüngliche information zu erhalten (in der praxis besser fünfmal).
    Auf den CCD-chip angewandt, tasten wir die höchste ortsfrequenz (in der grösse des Airy-scheibchens) etwa fünfmal feiner ab, was schon eine recht gute anpassung der schiefspiegleroptik an einen webcam-sensor darstellt. Von der praktischen seite gesehen, untermauert der erfahrungssatz: "die besten mondbilder sind mit
    schiefspieglern gemacht",
    diesen sachverhalt.


    Man braucht also keine teure vierfach-Barlow fürs photografieren und visuell kann man den Jupiter ganz entspannt in 25 mm zweizoll-Kellner-okularen betrachten, die bereits ab EUR 40,-- erhältlich sind. F25 stellt eben kaum anforderungen ans okular.


    Nun, es geht natürlich auch ohne holzkiste und auch ohne den Kutter´schen "kolben" oder "chassis" (der verbindende
    holzkörper zwischen hauptspiegel- und fangspiegelrohr). Mein nachstehend gezeigter 125/3500 schief (< die populäre, US-Am. abkürzung, ähnlich wie K-town für Kaiserslautern) ist übrigens auf den himmelskörper im hintergrund ausgerichtet. Man erkennt, dass ziemlich alles am schief schief ist, so zeigen weder fang-rohr noch hauptspiegelrohr in dieselbe richtung.



    Ich verwende eine anbringungsart an die montierung, bei der die symmetrie des schiefs zu seiner meridional-
    ebene ausgenutzt wird. Zum austarieren reicht damit eine verschiebung in nur noch einer richtung (nämlich
    längs der prismatischen GP-schiene), um den schwerpunkt des geräts ins zentrum der dec-achse zu bringen.
    Zwei bilder hierzu:
    http://schiefs.com/Schief0001.jpg
    http://schiefs.com/Schief0002.jpg