Beiträge von reiner im Thema „Wer sieht was? Welche Farbe hat NGC 6572?“

    Daniel hat mich gestern auf diesen Thread aufmerksam gemacht. Ich denke, dass die unterschiedlichen Farbeindrücke aufgrund unterschiedlicher Empfindlichkeiten der einzelnen Zapfenzelltypen zustande kommt, so wie das Matthias Kronberger und andere ja schon geschrieben haben.


    Kurz was zur Empfindlichkeit von Photorezeptorzellen: Die Stäbchen und die einzelnen Zapfenzelltypen enthalten ja unterschiedliche Rhodopsine als Lichtdetektoren, die für die unterschiedliche spektrale Empfindlichkeit sorgen. Prinzipiell haben diese Rhodopsine in etwa ähnliche Quantenausbeuten, die Stäbchenrhodopsine sind also nicht wesentlich empfindlicher als die in den Zapfen.


    Der Grund, warum Stäbchenzellen (und jetzt geht es um die Zellen, nicht die Rhodopsine) bei Dunkelheit empfindlicher sind als Zapfen, liegt an ihrer Fähigkeit zur Dunkeladaption (eigentlich spricht man eher von Helladaption oder bleaching adaptation), bei der die biochemische Verstärkung des von einem einzelnen Rhodopsinproteins ausgehenden Signals maximal verstärkt wird. Zapfen mache auch eine Dunkeladaption, diese geht allerdings nicht so weit wie die der Stäbchen. Zu einem großen Teil liegt das daran, dass Zapfenrhodopsin eine gewisse Dunkelaktivität hat, die eine komplette Dunkeladaption verhindert. Ich habe dazu mal einen kurzen Artikel für unser Vereinsblättchen geschrieben, siehe hier


    Die Dunkeladaption findet auf der Ebene der einzelnen Rezeptorzellen statt, jede Zelle macht also die Adaption zunächst einmal unabhängig von denen in der Umgebung (die Pupillenreaktion, die für alle selbstverständlich gleich ist, rechnet man nicht zur eigentlichen Dunkeladaption). Somit ist auch die Adaption der einzelnen Zapfentypen unabhängig voneinander und man kann die teilweise Adaption eines einzelnen Zapfentyps durch entsprechende Belichtung selektiv verändern.


    Vielleicht erklärt das die unterschiedlichen Wahrnehmungen bei verschiedenen Beobachtern und vor allem auch die Unterschiede bei einem einzelnen Beobachter abhängig von den Umgebungsbedingungen. Allerdings würde ich dann bei dem Experiment, dass Ekkehard durchgeführt hat, eine Verschiebung zum Blauen nach Blenden mit roter LED erwarten, die nach und nach wieder ins Grüne zurückwandert. Das ganze scheint also doch noch komplexer zu sein.


    Grüße
    Reiner