Beiträge von Caro im Thema „Fernstudium Astronomie in Deutschland fordern“

    Grob würde ich sagen: Etwa zwei Drittel der Mitarbeiter*innen eines astronomischen Forschungsinstituts sind Wissenschaftler*innen, ein Drittel alles mögliche andere, was es braucht, um den Laden am Laufen zu halten. Das kann im Detail natürlich aber auch je nach Spezialisierung und Größe des Instituts variieren. Bei uns hieße das mit einem Schwerpunkt auf dem Instrumentenbau zum Beispiel neben Kantine, Haustechnik, IT, Sekretariat und Verwaltung so wie bei Jürgen Konstruktion (=Ingenieure*innen) sowie Werkstätten für Feinwerktechnik und Elektroniklabor, in denen übrigens auch ausgebildet wird. Das kann dann auch dazu führen, daß es die Auszubildenden halt zur Installation der hier gebauten Meßinstrumente nach Chile oder sonstwohin an die Observatorien verschlägt. Reinigungskräfte hingegen wäre ein schlechtes Beispiel, das ist an eine externe Firma vergeben, die auch mal wechseln kann. Fahrdienst? Das ist ein Fall für Uni-Kanzler*in oder Forschungsgesellschafts-Präsident*in. Wir leben hier mit leihbaren Dienstfahrzeugen schon im Luxus.

    Hallo Stefan,


    das mit dem Fachkräftemangel in der IT kann ich nur bedingt beurteilen, aber angesichts der Tatsache, daß ein Großteil derer, die aus der Astrophysik aussteigen, in informatiknahen Bereichen landen, kann es so schlimm nicht sein. Dabei geht es dann natürlich aber auch nicht um First-Level-Support-Strippenzieher, sondern um Leute, die Data Science oder Machine Learning machen.


    Eines steht jedenfalls fest: Besser verdienen wirst du in der freien Wirtschaft in der IT in jedem Fall (auch ohne Abi und Studium), denn wissenschaftliche Forschungsinstitute heißt in Deutschland: öffentlicher Dienst und damit ganz klare Vorgaben für die Bezahlung, da besteht nur bei Uni-Profs und Institutsdirektor*innen etwas Verhandlungsspielraum. Wir finden selber keine ITler*innen fürs Institut, um die Infrastruktur zu pflegen, weil die freie Wirtschaft guten Leuten gerne das doppelte von dem zahlt, was wir zahlen dürfen.


    Viele Grüße

    Caro

    Moin CHnuschti,


    das mit der "Kragenweite" hat aber Nullkommagarnix mit Alter oder zweiter Bildungsweg zu tun, nicht jeder hat alleine schon aus finanziellen Gründen die Möglichkeiten direkt nach der Schule den Berufsweg einzuschlagen, der es dann für den Rest des Lebens wird. Wie geschrieben - und ich wiederhole mich ungern, also bitte lesen - es gibt sie, die deutschen Institutsdirektoren mit Astrophysik-Studium auf dem zweiten Bildungsweg. Chemie interessiert übrigens nicht die Bohne, solange du nicht später in einem der wenigen Spezialbereiche landest, wo du es im Weltall mit chemischen Vorgängen zu tun hast, und deine Mathekenntnisse aus der Schule kannst du mehr oder weniger in die Tonne kloppen, selbst wenn du ein Einser-Abitur bzw. eine 6 in der Matura vorweisen kannst. Mathe an der Uni ist was vollkommen anderes.


    Der Punkt ist aber natürlich in der Tat der, daß viele, die (vollkommen unabhängig vom Alter) mit Astrophysik liebäugeln, falsche Vorstellungen von Studieninhalten und dann später dem Arbeitsalltag haben - da kommt dannverklärt vor, daß man für das was in der Hobbyastronomie macht, Geld bekommt (was so direkt nur für eine Handvoll Social-Media-Influencer*innen zustimmen dürfte). Stattdessen: nine-to-five am Computer, Programmieren, mit Daten hantieren


    Viele Grüße

    Caro

    Ich meinte mit den Jobaussichten...

    Hallo Aichan,


    dadurch daß die Astrophysik (genau wie die meisten anderen Naturwissenschaften) auf internationaler Ebene vollkommen durchlässig ist, macht es letztlich keinen Unterschied, wie der Arbeitsmarkt nur in Deutschland aussieht. Es gibt eben weltweit nur eine begrenzte Zahl an unbefristeten Jobs in der Wissenschaft, in der universitären Lehre und in direkt astronomiebezogenen Bereichen (zum Beispiel an Planetarien oder Science Centern) und um die herrscht ein entsprechender Wettbewerb.


    Der Brain Drain von Deutschland ins Ausland ist dabei sicherlich vorhanden (hauptsächlich in die USA, aber auch in Länder, die zur Zeit auch politisch stark auf Astronomie als Technologie-Treiber setzen wie Südafrika oder Chile und die gezielt Forscher*innen aus dem Ausland zu sich locken), aber klein, die denn die viele Deutsche wollen dann doch eine funktionierende Krankenversicherung oder für ihre Kids doch das deutsche Schulsystem.


    Bis einschließlich Promotion ist es relativ einfach, an die entsprechenden Stellen zu kommen, weil Promotionen immer zeitlich befristete Projekte sind, für die sich leicht Geldmittel einwerben lassen, aber danach geht wie geschrieben ein harter Wettbewerb los. Und ja, der ist härter als in vielen anderen Feldern, und nicht immer kommen schließlich und endlich diejenigen Leute zum Zuge, die auch wirklich die besten wären - sondern halt die, die unter den erschwerten Bedingungen bei der Stange bleiben konnten.


    Viele Grüße

    Caro

    Hallo Aichan,


    in Deutschland ist nichts los in Sachen Astronomie? Ähhhh... Physik mit Spezialisierung Astrophysik oder Astroteilchenphysik kannst du an den Unis in Aachen, Berlin (HU und TU), Bielefeld, Bochum, Bonn, Braunschweig, Dresden, Duisburg-Essen, Erlangen, Frankfurt am Main, Freiburg im Breisgau, Göttingen, Hamburg, Hannover, Heidelberg, Jena, Karlsruhe, Kiel, Köln, München (LMU und TU), Münster, Potsdam, Stuttgart, Tübingen, Würzburg und Wuppertal studieren. Das ist nun wirklich nicht wenig, und obendrauf kommen eine Reihe von außeruniversitären Forschungseinrichtungen (zum Beispiel Max-Planck-Institute, DLR usw.). Deutschland betreibt Spitzenforschung mit einer stattlichen Zahl an wissenschaftlichen Fachartikeln auf dem Gebiet der Astrophysik, ist an unzähligen Observatorien beteiligt, baut Messinstrumente für Großteleskope, kurzum, ist immer an vorderster Front mit dabei. Alles in allem arbeiten in Deutschland eine vierstellige Anzahl an Menschen an astronomischen Forschungsinstituten, und die wiederum haben weltweit einen derart guten Ruf, daß Studierende und Doktorand*innen in Scharen aus dem Ausland kommen, um sich hier ausbilden zu lassen. Schwingt da vielleicht eine verzerrte Wahrnehmung mit rein, weil sich zum Beispiel die NASA besser in der Öffentlichkeit verkauft?


    Wie geschrieben, zweiter Bildungsweg, Alter, alles irrelevant, solange du dir kein völlig falsches Bild davon machst, was dich in der Astrophysik erwarten würde (sprich, ein mathelastiges Studium und eine Welt in der man ohne Programmierkenntnisse nicht mehr weit kommt, Englisch als Alltagssprache unter Kolleg*innen, aber eben nur in den wenigsten Fällen schlaflose Nächte am Teleskop). Man muß allerdings auch ehrlich sein, und so blöd das einen Tag nach dem Weltfrauentag klingt, aber einer der Hauptgründe, warum der Frauenanteil in den fortgeschritteneren Karrierestufen immer kleiner wird, ist eben, daß die Vereinbarkeit einer Karriere in der Wissenschaft mit Familie leider alles andere als einfach ist. Von Berufseinsteiger*innen wird de facto erwartet, daß sie mobil sind und mal zwei Jahre hier, dann drei Jahre dort arbeiten, und das üblicherweise mit Stationen im Ausland. Frauen, die länger Elternzeit nehmen oder nur in Teilzeit arbeiten, werden leicht "abgehängt", wenn sie in der Zeit weniger oder gar keine Fachartikel veröffentlichen. Der Kampf um die seltenen unbefristeten Stellen ist knallhart (unter dem Stichwort Ich bin Hanna findest du jede Menge Infos dazu), und das gilt letztlich weltweit, aber in Deutschland im Besonderen (und es betrifft nicht nur die Astrophysik).


    Viele Grüße

    Caro

    Hallo zusammen,


    Alter ist relativ. Ich kenne eine Reihe von Menschen, die auf dem zweiten Bildungsweg in die Astrophysik eingestiegen sind. Einer davon ist mittlerweile Professor bzw. Institutsdirektor.


    Letztlich wäre die Frage an Aichan aber natürlich in der Tat, was das Ziel des Studiums sein soll. Willst du Astronomie wirklich als Beruf ergreifen oder geht es mehr in Richtung persönliche Bildung aus Interesse an der Sache ohne Berufswunsch in der Richtung - den Abschluß jetzt auch erstmal beiseite gelegt. Die meisten Unis bieten Gasthörer-Zugänge wie den an, den Thomas verlinkt hat, wo man dann an regulären Uni-Veranstaltungen teilnehmen kann. Während der Corona-Hochzeit war da auch viel komplett online möglich, leider haben viele Unis diese Möglichkeiten mittlerweile wieder eingeschränkt. So wenig Unis sind es zwar nicht, die zumindest Grundvorlesungen zur Astrophysik im Angebot haben, aber wenn sie für dich nicht erreichbar sind, bleibt das Problem natürlich bestehen. Das zu recherchieren, kann sich aber dennoch lohnen, denn so einiges wird immernoch hybrid angeboten.


    Viele Grüße

    Caro

    Hallo Aichan,


    nicht wundern, du bist hier in einem Forum in dem sich Leute tummeln, die Astronomie in erster Linie als Hobby betreiben. Astronomie studieren möchten die wenigsten hier, insbesondere nicht mit einem echten Abschluß. (Fernstudiengänge mit Zertifikaten stattdessen gibt es ja durchaus, die werden aber natürlich nicht wirklich ernstgenommen.)


    Das es kein richtiges Fernstudium in Astronomie gibt, ist übrigens gar nicht das Entscheidende. In Deutschland kann man nämlich auch in Präsenz nicht Astronomie studieren - man studiert immer Physik und spezialisiert sich auf die Astrophysik. Es gibt aber auch keine richtigen Fernstudiengänge in Physik in Deutschland. Du müßtest also mit deinem Anliegen eigentlich erstmal mit Lobbyarbeit für ein Physikstudium anfangen.


    Daß sich das in Deutschland nie etabliert hat, liegt vermutlich auch darin begründet, daß das Studium sehr arbeitsintensiv und auf Teamarbeit angelegt ist: Übungsaufgaben werden in Kleingruppen bearbeitet, damit die angehenden Physiker*innen von vornherein lernen, daß Einzelgängertum in der Wissenschaft normalerweise nicht zum Ziel führt. Die Teams treffen sich regelmäßig zum gegenseitigen Austausch, und das ist mit einem berufsbegleitenden Teilzeitstudium nicht gut vereinbar. Aber um das hinzukriegen, werden Fernstudiengänge ja üblicherweise belegt.


    Beim Astronomie-Kursangebot im Ausland muß man teilweise genau hinschauen, nicht alles was da so auf dem Markt ist, ist auch seriös. Die Open University wäre eine gute Option. Generell gilt ja auch: Astronomie ist wie alle Naturwissenschaften international, Lehrbücher gibt es spätestens im Master praktisch nur noch auf Englisch und auch die Vorlesungen an Präsenz-Unis werden auf Englisch gehalten. Warum also nicht gleich von vornherein auf Englisch einsteigen?


    Viele Grüße

    Caro