Wieder etwas dazu gelernt! Entfällt dieses Problem, wenn ich statt dual einen mono Filter nehme?
Hallo Günter,
es ist ja eigentlich nicht ein "Problem". Es ist zwar möglich, aber nicht besser, Monofilter mit Farbsensoren zu verwenden. Es funktioniert, ist aber gegenüber Duo-Filtern eher uneffektiv. Wenn man aber z. B. SII- oder N- Schmalbanddaten verarbeiten will, macht es durchaus Sinn.
Du müsstest dich aber vielleicht mit der Theorie des Aufbaus von Farbsensoren beschäftigen, um die Sache richtig zu verstehen. Ich versuche mal, das Prinzip kurz zu erklären. Ein Farbsensor ist im Prinzip ein Monosensor, auf dessen Pixeln Mikrofilter der Farben Rot, Grün und Blau angebracht sind. Die Mikrofilter sind in einer so genannten Bayer-Matrix angeordnet. Dabei sind doppelt so viele grüne wie blaue und rote Pixel vorhanden.
Das Originale, nicht debayerte Rohbild hat also für jedes Pixel nur einen Helligkeitswert für die Luminanz von Rot, Grün oder Blau. Ein fertiges RGB Farbbild hat nun aber für jedes Pixel drei Helligkeitswerte (für R, G und B). Um aus einem Rohbild mit Bayer Matrix ein einheitliches Farbbild mit R-, G- und B-Werten für jedes Pixel zu erhalten, werden die Farbwerte für R, G und B beim "Debayern" zwischen den Pixeln interpoliert, also Helligkeits- und Farbwerte der einzelnen Pixel miteinander verrechnet, quasi "vermischt". Das macht für die normale Fotografie bei Tageslicht und Astroaufnahmen mit Klarfilter viel Sinn, ist aber für Schmalbanddaten suboptimal.
Bei einem Duo-Filter für OSC Kameras dringt nahezu ausschließlich Licht von nur 2 unterschiedlichen, genau abgegrenzten Wellenlängenbereichen durch den Filter (Ha und OIII). Ha belichtet dabei die roten Pixel und OIII die grünen und blauen. Wenn man nun die Bilder eines Duo-Filters erst in einem im "normalen" Prozess debayert, also erst die Helligkeitswerte zwischen den Pixeln interpoliert und dann später in der Bearbeitung die "vermischte" Farbinformation von Ha und OIII wieder aus dem RGB herausziehen will, ist das ein wenig so, als wolle man die verrührte Milch wieder aus einem Kaffee herausbekommen (der Vergleich hinkt natürlich, soll ja nur das Prinzip verdeutlichen). Die Seifenblase ist ein gutes Beispiel dafür, denn hier gibt es Ha im Hintergrund, Ha in der Blase und OIII in der Blase. Wenn die Pixelwerte der Seifenblase beim Debayern miteinander verrechnet werden, dürfte das OIII ordentlich darunter leiden und in der Luminanz beim späteren Extrahieren deutlich schwächer/kontrastärmer sein als ursprünglich in den grünen und blauen Pixeln.
Statt nun also die beiden von einander unabhängigen Farbinformationen durch "Debayern" miteinander zu verrechnen, gibt es Astroprogramme, welche die Luminanz der roten, blauen und grünen Pixel ohne Debayern jeweils getrennt auslesen und daraus separate Luminanzdaten für Ha und OIII berechnen. Diese Daten ähneln dann den Daten einer Monokamera mit Schmalbandfiltern, wenn sie auch nicht die gleiche Kontrastauflösung haben können. Diese Daten kann man dann aber einzeln weiter bearbeiten, optimieren und wieder zu einem RGB Bild zusammenrechnen, z. B. zu einem HOO-Komposit. Neben einem besseren Signal/Rausch-Verhältnis bringt dieses Vorgehen auch erhebliche methodische Vorteile und viele zusätzliche Freiheiten bei der Bildbearbeitung.
Wie geht das Erstellen separater Ha- und OIII-Daten aus OSC Aufnahmen mit Duo-Filtern nun praktisch? In PixInsight und Siril werden die Kanäle (R, G und B) voneinander getrennt. Dann werden daraus die Luminanzdaten für Ha, und OIII mit empirisch ermittelten Formeln berechnet (z. B. Ha = 0.8*R + 0.15*G + 0.05*B, OIII = 0.95*G + 0.45*B). Diese "künstlichen" Schmalbandkanäle werden dann z. B. zu einem HOO-Komposit zusammengerechnet. Das Ganze klingt einigermaßen kompliziert, wenn man es nicht gewohnt ist bzw. die dahinter stehenden Prinzipien nicht verinnerlicht hat.
Im Astro Pixel Processor gibt es bereits fertige Presets, die das Extrahieren der Schmalbandluminanz aus Farbkameras sehr vereinfachen bzw. automatisieren. Man wählt einfach beim Laden der Einzelbilder den passenden Prozess und lässt das Programm machen.
Hier die Übersetzung eines Ausschnittes des Pop-Up Textes im Load Menü für die entsprechenden Funktionen:
"- Wasserstoff Alpha/Beta, Schwefel II, Sauerstoff III, Stickstoff II
Sie können Schmalbanddaten, die Sie mit Ihrer One Shot Colour (OSC)-Kamera aufgenommen haben, direkt debayern. Wenn Sie einen dieser Algorithmen wählen, erhalten Sie direkt die monochrome
Schmalbandaufnahme. Eine vorherige Trennung der Kanäle ist nicht erforderlich. Diese Methode ist allen anderen Verfahren zur Verarbeitung von mit einem OSC aufgenommenen Schmalbandaufnahmen überlegen
Die Auflösung bleibt erhalten, was auch den Vorteil hat, dass die Registrierung nicht beeinträchtigt wird. In anderen Arbeitsabläufen wird das Integrationsergebnis in der Regel durch die Verwendung von Drizzle Integration wieder hochskaliert, was natürlich zu einem verrauschten Endergebnis führen wird.
- Ha-OIII Farb-/Mono extrakt Ha extrakt OIII
Diese Demosaik-Algorithmen sind speziell für sogenannte Multiple Narrowband filters (STO Astro DUO. OPT TRIAD Tri-Band Narrowband filters). Diese Filter ermöglichen Ihnen die Erfassung von
Schmalbanddaten von Hydrogen Alpha und Oxygen III gleichzeitig mit einer One-Shot-Farbkamera zu erfassen. Da Sie Daten, die mit diesen Filtern aufgenommen werden, mit Ihrer OSC Kamera
in den Kanälen Rot, Grün und Blau aufnehmen, gibt es verschiedene Möglichkeiten, die Daten zu verarbeiten. Sie können die Daten einfach direkt so interpretieren, wie sie in RGB (Ha-Dill-Farbe) aufgezeichnet wurden. Sie können die Daten als Luminanzdaten interpretieren, also monochrom (Ha-Oill mono). Sie können sogar die Wasserstoff-Alpha- (Ha-OIII-Extrakt Ha) und Sauerstoff-Lil- (Ha-Olli-Extrakt OIII) Daten direkt aus
aus diesen Aufnahmen extrahieren, was Ihnen bei der Nachbearbeitung viel mehr Kontrolle gibt.
Der Ha-OIII-Farbalgorithmus ist gegenüber dem Standard-Algorithmus Adaptive Airy Disc (AAD) eine Verbesserung bei der Verarbeitung von Daten, die mit Mehrfach-Schmalband-Filtern aufgenommen wurden. Die Qualität und Schärfe der Olll-Daten sind gleich, da der AAD-Algorithmus perfekt für die OIII-Daten geeignet ist, die sowohl im grünen als auch im blauen Kanal Daten enthalten. Für die Wasserstoff-Alpha-Daten hingegen ist der AAD Algorithmus nicht geeignet. Der HA-Olll-Farbalgorithmus behandelt die Wasserstoff-Alpha-Daten dagegen völlig getrennt von den Olll-Daten und liefert daher eine viel bessere Rekonstruktion der'
Wasserstoff-Alpha-Daten im Vergleich zum AAD-Algorithmus. Das Rauschen in Ihren H-Alpha-Daten wird viel geringer sein, so dass bei Integrationen mehrerer Lightframes das Signal-Rausch-Verhältnis im Ergebnis viel höher sein wird."
APP erzeugt beim Laden automatisch Luminanzaufnahmen je Schmalbandkanal. Die werden dann separat registriert, normalisiert und gestackt. Die fertigen Stacks werden anschließend wie Aufnahmen einer Monokamera weiter bearbeitet und am Ende zu einem HOO Komposit verrechnet.
Ich hoffe, ich habe das einigermaßen verständlich (und hoffentlich auch richtig ) erklärt.
Viele Grüße
Peter