Beiträge von Tripleseven im Thema „Wir pumpen so viel Grundwasser ab, dass sich die Neigung der Erdachse 80cm verändert hat.“

    Da Du das gelernt hast: Wie und wann (welcher Zeitraum) hat man gemittelt und an wievielen Stellen (vermutlich alles andere als in Polnähe) gemessen? War das einmalig oder wird das alle paar Jahrzehnte wiederholt? Nicht umsonst heißt es ja WGS'84 beim GPS zum Beispiel.

    Welcher Rotationsellipsoid da als Basis verwendet wird, habe ich nicht mehr auf dem Schirm. Ich gehe aber stark von WGS 84 aus. Leider kann ich dir ad hoc auch nicht sagen, in welchen Abständen die Drift der geografischen Pole gemessen wird. Mein Studium ist doch schon lange her... Aber prinzipiell ist es so, dass für Kartenwerke eine Kombination aus Ellipsoiden und Geoiden als Annäherungen an die exakte Form der Erde verwendet werden.
    Rotationsellipsoide sind per Definitionem an den Polen abgeflachte Kugeln, die möglichst gut an die Erdoberfläche angepasst sind.

    Geoide stellen eine gemittelte Fläche als Repräsentation der Schwerepotentiale der Erdoberfläche dar. Man kann sich das so vorstellen, dass der Geoid an den Ozeanen der Wasseroberfläche folgt, und innerhalb der Kontinente das Mittel zwischen den höchsten Erhebungen und tiefsten Senken darstellt.

    Letztendlich gilt bei aller Genauigkeit dieser Referenzsystem in der Kartographie das selbe wie in allen Ingenieursdisziplinen. Messungen und Berechnungen unterliegen immer einer gewissen Toleranz, und wenns um den letzten Milimeter geht, dann wird es sehr schwierig.

    LG, Nick

    Also, wenn ich mich da richtig an die Vorlesungen zu Kartennetzlehre in meinem Kartographiestudium zurück erinnere, dann ist es tatsächlich so, dass der geografische Nord- und Südpol (d.H. die gedachten Durchstosspunkte der Erdachse auf der Erdoberfläche) nicht immer an der selben Stelle liegen. Das hat aber meines Wissens nach nicht allein mit dem Abpumpen von Grundwasser zu tun, sondern mit einer sich ständig verändernden Verteilung der Massen innerhalb der Erdkruste und auch innerhalb des Erdmantels.
    Und es gibt eine Menge Einflüsse auf die Masseverteilung. Ein paar Beispiele wurden schon genannt. Z.B. Flüsse, die zwar stetig, aber über einen langen Zeitraum gesehen keine konstant belibenden Massen an Wasser bewegen. Hinzu kommen längerfristige Prozesse, wie z.B. abschmelzende oder anwachsende Eismassen, Plattentektonik, und hier insbesondere die Subduktion von Ozeanischen Platten in den oberen Erdmantel.


    Die Bewegungen des geographischen Nordpols wurden schon Ende des 19. Jhdt. von einem Wissenschaftler namens Chandler entdeckt und gemessen und werden als Chandler Wobble bezeichnet. Die Werte dieses Wobbles sind aber größer, als die 80 cm, die in dem Bericht erwähnt werden. Sie liegen bei ca. 9m Veränderung alle 433 Tage.


    In Kartenwerken werden übrigens nicht permanent die Positionen der geografischen Pole korrigiert, sondern es werden gemittelte Werte aus den gemessenen Bewegungen als Positionen der Pole definiert.


    Weil das hier im thread auch erwähnt wurde: Die Präzession ist keine Veränderung der Erdachse in Relation zu ihrem gedachten Durchstosspunkt durch die Erdoberfläche, sondern ein Taumeln des Planeten mitsamt seiner Drehachse.

    LG, Nick