Beiträge von astrometer im Thema „Battle der High-End Apos“

    Es kommt auf den Anwendungszweck an. Wenn Du Deep-Sky-Fotografie betreiben möchtest, sind aufgrund der Seeing-Unschärfe Überlegungen zur Abbildung auf der Achse relativ uninteressant - das schaffen im Prinzip alle Apos gut genug. …


    … finde ich allerdings, dass man gerade bei Takahashi die Adapterschlacht hat … Und natürlich den Fokussierer austauschen gegen einen, der nicht wackelt.


    Für‘s Visuelle und Planeten kann ich nicht wirklich was beitragen. Mir erschließt sich da der Spaß am großen Refraktor nur bedingt, weil da die Öffnung entscheidend ist. Selbst ein schlechter 0.8 Strehl Spiegel mit 300mm Durchmesser hat eine bessere Kontrastabbildung als ein TOA 150 …

    Hallo Torben,


    in Deinem Beitrag stecken viele interessante Gedanken. Sicher hast Du recht, dass für ausschließliche Astrofotografie ein besserer China-Apo ausreichend ist. Aber Andreas sucht ja nach der eierlegenden Wollmilchsau, und der kommt ein Highend-Apo nun mal am nächsten.


    Bedenkenswert fand ich, was Du bei Takahashi als Cons angeführt hast: Den OAZ bzw. die Adapter. Meine Tak-Erfahrungen beschränken sich auf den kleinen 60er. Aber selbst bei dem war viel Nacharbeit nötig, bis er ausreichend feinfühlig zu fokussieren war und die Kameras dranpassten. Von den Nutzern größerer Taks habe ich gehört, dass sich der Fokus schon bei kleinsten Temperaturänderungen ändert und es frustrierend sein soll, sie ohne Motorfokus mit Temperatursensor zu betreiben.


    Wenn man seinen visuellen Schwerpunkt im Deep-Sky-Bereich hat, steht die Überlegenheit eines 300mm Durchschnitts-Newtons gegenüber einem 150mm Premiumapo natürlich außer Frage. Doch bei Mond, Planeten und Doppelsternen sieht es anders aus. Ich habe meinen 300mm Lomo-Newton wiederholt mit meinem TEC 180 verglichen und hatte mit dem Refraktor so gut wie immer das bessere Bild. Den Grund sehe ich darin, dass die Leistung des größeren Teleskops viel stärker von der Erdatmosphäre beeinträchtigt wird und das Licht im Newton zweimal durch die Luft im Tubus geht.


    Die oben erwähnte eierlegenden Wollmilchsau wäre demnach ein Duo: Ein Premium-Apo und ein möglichst großer, aber noch transportabler Dobson.


    CS, Jörg

    ... Dennoch zeigt z.B. ein APQ auch ohne ADC an hoch stehenden Objekten ein deutlich besseres Bild als ein einfacher Achromat.

    Hallo Willy,


    vollkommen richtig. Es ging mit ja auch nur darum, dass alle Diskussionen darüber müßig sind, welcher Premiumapo der bessere ist, wenn dieser nicht mit einem ADC ergänzt wird.


    Für alle, die das skeptisch sehen, hier noch zwei mathematisch unterlegte Argumente für den Einsatz eines Premium-ADC:




    Quelle ist mein Artikel „Endlich Bilder ohne Farbsaum“ in Interstellarum Nr. 95 von 2014, S. 44 bis 49.


    CD, Jörg

    Und noch eine Tatsache ist zu ergänzen: Ob Zeiss APQ, AP, TEC, Takahashi oder TMB – ohne einen guten ADC (Gutekunst oder Great Star) können wir alle Strehlwerte und CA-Messungen auf der optischen Bank vergessen. Das ist finanziell schmerzhaft und geht wohl deshalb so langsam in die Köpfe. Viele glauben noch, das Problem mit einem Pierro Astro ADC oder baugleichem Klon lösen zu können, aber die bringen es nicht. Zumindest nicht an einem Highend-Refraktor. – Wer anderer Meinung ist, soll mir das Gegenteil beweisen.


    CS, Jörg

    Apropos Highend-Apos gebraucht kaufen: Da muss wohl erst jemand sterben oder schwer krank werden. Im Umkehrschluss: Bei Instrumenten, die sehr häufig angeboten werden, sollte man sich fragen warum. Es liegt nämlich nicht (nur) an den größeren Stückzahlen, die gefertigt werden.

    Könntest du als sehr erfahrener Teleskopuser erklären, woran es liegt, dass manche Benutzet von Edel Apos dieses gewisse etwas in den Geräten finden während andere behaupten, die China Apos tuns genau so?

    Hallo Andreas,


    mit dieser Frage begeben wir uns auf gefährliches Terrain.


    Fakt 1: Jeder neigt erst einmal dazu, sein persönliches Instrument gut zu finden und zu loben. Denn Zweifel führen in der Regel dazu, dass ein Veränderungswunsch entsteht, und der ist für die meisten mit Unruhe verbunden. Schließlich bedeutet ein besseres Instrument fast ausnahmslos, dass mehr Geld in die Hand genommen werden muss. Und die wenigsten von uns haben davon so viel, dass sie dann nicht woanders sparen müssten. Die finanzielle Schmerzgrenze ist nicht für jeden gleich. Und sie ist auch nicht ausschließlich abhängig von der Höhe des monatlichen Einkommens oder dem Guthaben auf dem Konto. Ich beobachte immer wieder, dass Leute, die die Teleskoppreise unverschämt hoch finden, sich nur wenig dafür interessieren, wieviel Knowhow, Fertigungsaufwand und Zeit in einem guten Instrument stecken. Sie vergleichen es oft mit der Arbeit, die sie selbst leisten, und wenn dort die Produkte größer und komplexer sind und auch in viel größeren Stückzahlen gefertigt werden, ist das Urteil über ein Rohr mit vorn und hinten je einem Stück Glas schnell gefällt.


    Fakt 2: Die Qualität eines Teleskops wirklich einschätzen zu können, setzt neben Erfahrung auch Geduld, ein gutes Auge sowie einen Hang zu Objektivität und Akribie voraus. Wer zum ersten Mal durch ein Teleskop schaut, wird den Unterschied zwischen Gurke und Premiumoptik noch nicht bemerken. Es fehlt einfach am Vergleich zu bisherigen Erlebnissen mit anderen Instrumenten. Wenn die Beobachtungsbedingungen immer identisch wären, würden wir unsere Referenzbeobachtungen viel schneller sammeln können. In der Realität kann es aber sein, dass wir von einem Highend-Apo total enttäuscht sind, weil wir das eine Mal, als wir durchschauen konnten, total schlechtes Seeing, Wolkenschleier oder sonst was hatten. Und ein paar Wochen später gucken wir durch irgendeinen Billigheimer, aber die Luft steht, die Transparenz ist hervorragend und wir sind hin und weg.


    Fakt 3: Ein Premiuminstrument ist kein Garant für erfolgreiche Beobachtungen. Es gibt uns aber die Gewissheit, dass wir zu keiner Zeit unter dem realen Himmel mehr sehen könnten – außer vielleicht. mit einem größeren Teleskop gleicher Bauart und Güte. Und es befreit uns von der Unsicherheit, dass es vielleicht doch noch was Besseres gibt. Aber da begeben wir uns bereits auf dünnes Eis. Manche würden sich diese Frage gar nicht stellen. Andere schielen jedoch nach einem besseren Exemplar ihres Highend-Rohres, weil gerade irgendwer eines mit 0,5% höherem Strehlwert verkauft…


    Fakt 4: Und jetzt komme ich zu den ölgefügten Fluoritobjektiven. Jenseits aller Subjektivität („mein geliebtes Teleskop …“) und aller Objektivität (Messprotokolle und Zahlen) ist es die Gesamtheit und das Zusammenspiel der Eigenschaften, die langjährige Beobachter diese Instrumente besonders schätzen lässt. Und für alle, die es nicht sofort sehen, gibt‘s noch ein schönes Experiment: Man leuchtet mit einem Grünlaser vorn ins Teleskop. Im ED-Refraktor mit Luftspalt sieht man genau, wo die Linsen sind, denn es entsteht Streulicht. Durch das ölgefügte Fluorit jedoch geht der Strahl einfach durch, als ob da nichts wäre.


    CS, Jörg

    Hallo Andreas,


    ein wirklich endgültiger Apo wäre der TEC 140 FL mit Flattener und/oder Reducer als Astrograph. Er ist gleichzeitig ein ausgezeichnetes visuelles Instrument für Sonne, Mond, Planeten und Doppelsterne. Als echter Fluorit-Apo ist er den ebenfalls sehr guten AP-Apos m.E. deutlich überlegen. Ich habe einen TEC 180 FL und einen AP EDF-S 130, die ich seit 15 Jahren häufig abwechselnd einsetze, so dass ich es zuverlässig einschätzen kann. Der TEC liefert im direkten Vergleich etwas klarere, farbrichtigere und merklich kontrastreichere Bilder. Wohlgemerkt, das ist Meckern im absoluten Highend-Bereich.


    Warum empfehle ich den 140er und nicht den 160er oder 180er? Weil der 140er noch so gut transportabel ist, dass man keine Ausreden vor sich selbst findet, um ihn nicht aufzubauen. Ich bin aktuell gerade dabei, den 180er dauerhaft aufgebaut zu lassen, weil das jedesmal eine Belastung für den Rücken ist und ein Risiko „freischwebend“ über der Balkonbrüstung.


    CS, Jörg