Beiträge von Caro im Thema „Explosionen helfen uns, Entfernungen im Universum zu messen“

    Hallo Martin,


    letztlich ist genau das der Punkt. Eine Theorie macht Annahmen und hat dementsprechend Grenzen. Newton ist nicht falsch, bloß weil die Relativitätstheorie einen größeren Gültigkeitsbereich hat. Im Gegenteil: In den allermeisten Alltagssituationen ist es schlichtweg Overkill, relativistisch zu rechnen. Zu wissen, welche Annahmen man gemacht hat und wo man deshalb eine bestimmte Theorie nicht mehr verwenden kann, ist in der Wissenschaft zentral, wird in der allgemeinen Öffentlichkeit aber schnell zu "widerlegt". Das gleiche gilt für Modelle. In der Wissenschaft ist ein Modell immer eine Vereinfachung. Es hat gar nicht den Anspruch, die Realität vollumfänglich beschreiben zu können (wenn wir das könnten, bräuchten wir das Modell nicht). Stattdessen soll es Zusammenhänge veranschaulichen, die in der Realität beobachtet werden.


    Niemand streitet ab, daß wir das, was als Urknall bezeichnet wird, nicht vollständig verstehen. Gewisse Alternativmodelle lassen sich aber entweder ad acta legen weil widerlegt oder sind schlichtweg extrem komplex und/oder unwahrscheinlich.


    Viele Grüße

    Caro

    Hallo Martin,


    schonmal auf den Gedanken gekommen, daß es auch im Wissenschaftsbereich Leute geben könnte, die einfach nur gut darin sind, ihr eigentlich unausgegorenes Zeug mit großem Tamtam der Öffentlichkeit bzw. der Presse als Mittler zu verkaufen und dann was von hinterherrennen und in die Ecke drängen fabulieren, wenn sie vom Rest der Community Gegenwind bekommen und widerlegt werden?


    Avi Loeb ist ein hervorragendes Beispiel dafür, daß man sich in der Astronomie akademisch komplett zum Affen machen kann, der Publicity tut das keinen Abbruch, solange man den Medien Schlagzeilenfutter liefert. Das ist hier nicht anders als bei den Themen, die von gewissen populistischen Parteien immer wieder breitgetreten werden. In Bereichen wie Urknall, Dunkle Materie oder Dunkle Energie wird die Bedeutung von Außenseiterdarstellungen massiv aufgebauscht, was dann in der allgemeinen Öffentlichkeit zu einer extrem verzerrten Wahrnehmung des tatsächlichen Stands der Forschung auf dem Gebiet führt.


    Viele Grüße

    Caro

    Hallo Micha,


    laß uns mal einen Schritt zurück gehen: Zunächst einmal ist ein Gamma Ray Burst nur das und es gilt herauszufinden, wo genau (im Sinne von Himmelskoordinaten) der überhaupt stattgefunden hat, um das Nachleuchten aufzuspüren und eine Hostgalaxie zu identifizieren. Das klappt mittlerweile ganz gut, da sich ein Netzwerk von Teleskopen aus allen möglichen Wellenlängenbereichen gebildet hat, das sich auf die Dinger stürzt.


    Das Spektrum eines GRB ist einigermaßen unspektakulär und folgt einem Potenzgesetz. Emissionslinien, wenn sie denn überhaupt erkennbar sind, sind stark dopplerverbreitert und deshalb stark verwaschen. Das Nachleuchten ist spektroskopisch besser greifbar und fängt dann auch an, Absorptionslinien zu zeigen, die von Gas aus der Hostgalaxie stammen, allerdings erstmal identifiziert werden müssen, bevor man sich an eine Bestimmung der Rotverschiebung machen kann. Wenn man die Hostgalaxie also unabhängig vom GRB sehen und messen kann, umso besser.


    Und das ist der Punkt: Sehr häufig kann man, denn die allermeisten GRBs sehen wir zwischen z = 0.5 bis 2, also in einem ganz anderen Rotverschiebungsbereich als die Rotverschiebungs-Rekordhalter, denen man mit dem JWST zuleiberückt. Weit weg ist das aber natürlich trotzdem schon, verdammt weit sogar. Man darf übrigens nie vergessen: In der Profiastronomie gibt man sich mit der Angabe von z vollkommen zufrieden. Niemand rechnet das in Entfernungen um, eben weil die Lichtlaufzeitentfernung nicht gleich der "echten" Entfernung ist, die nicht nur ohnehin schwer greifbar ist, weil sich alles ausdehnt, sondern auch von den Modellparametern der kosmischen Expansion abhängig ist.


    Der eigentliche Punkt, um den es hierbei ging, ist aber folgender: Spektroskopische Messungen und damit auch zuverlässige Rotverschiebungen sind deutlich aufwendiger als photometrische Messungen. Wenn man es also hinbekommt, GRBs (oder genauergesagt, diesen speziellen Typ von GRBs) standardkerzenmäßig zu kalibieren, kann man auch ohne Spektroskopie eine Entfernungsabschätzung wagen - was natürlich insbesondere dann von Vorteil ist, wenn es mit der Hostgalaxie mal nicht klappt. Bis zu Rotverschiebungen im zweistelligen Bereich wird man dabei dennoch eher nicht vordringen.


    Viele Grüße

    Caro

    Wie misst man große Entfernungen zu den entlegensten Winkeln des Universums? Ein internationales Team unter der Leitung von Maria Dainotti - einer Assistenzprofessorin am National Astronomical Observatory of Japan (NAOJ) - hat dafür einen neuen Weg gefunden, denn es ist ziemlich schwierig, sogenannte Standardkerzen zu finden, die hell genug sind, um mehr als 11 Milliarden Lichtjahre von uns entfernt gesehen zu werden - je näher wir dem Urknall kommen, desto schwieriger ist es, diese sehr hellen Objekte zu finden.


    Standardkerzen sind Objekte, die immer die gleiche absolute Helligkeit haben (die Helligkeit, die man sehen würde, wenn man - astronomisch gesehen - direkt neben diesem Objekt stünde). Wissenschaftler verwenden sie normalerweise, wenn sie sehr große Entfernungen im Kosmos messen. Durch den Vergleich der absoluten Helligkeit des Objekts mit seiner scheinbaren Helligkeit (das, was wir von der Erde aus sehen) können die Astronomen die Entfernung zur Standardkerze ermitteln - und auch zu anderen Objekten in derselben Gegend.


    Künstlerische Darstellung zur Nutzung von Gammastrahlenausbrüchen zur Bestimmung von Entfernungen im Weltraum. Illustration: NAOJ


    In 11 Milliarden Lichtjahren Entfernung von uns werden diese Objekte immer seltener. Das Team von Maria Dainotti suchte daher nach anderen Standardkerzen und fand heraus, dass Gammastrahlenausbrüche (auf Englisch Gamma Ray Bursts oder kurz GRBs) - große Strahlungsexplosionen, die beim Tod massereicher Sterne entstehen - sehr hilfreich sein könnten.


    Diese Ausbrüche sind hell genug, aber ihre Helligkeit hängt von den Merkmalen der Explosion ab. Um sie als Standardkerzen zu verwenden, analysierte das Team die Daten von 500 Gammastrahlenausbrüchen, die von verschiedenen Teleskopen stammen. Durch die Untersuchung der Muster, wie GRBs im Laufe der Zeit heller und dunkler werden, fand das Team 179 dieser Objekte, die sehr ähnlich sind und möglicherweise auf ähnliche Weise entstanden sind. Anhand des Verhaltens ihres Lichts berechnete das Team die Helligkeit und Entfernung für jeden GRB, die zur Messung großer Entfernungen im Universum verwendet werden können.


    Die Ergebnisse werden uns neue Einblicke in diese Klasse von GRBs geben und uns helfen, immer weiter in das Universum zu blicken. Ist das nicht unglaublich?


    Fun Fact: Gammastrahlenausbrüche sind die energiereichsten und hellsten elektromagnetischen Ereignisse im Universum nach dem Urknall!


    Die deutschsprachigen Space Scoops werden vom Universe-Awareness-Team am Haus der Astronomie in Heidelberg erstellt. Den Originalbeitrag gibt es unter https://spacescoop.org/de/scoo…n-im-universum-zu-messen/