Beiträge von Lucifugus im Thema „Einstieg mit gutem Equipment. Aber was lässt sich heutzutage noch "entdecken"?“

    Servus "Tannhäuser",


    wenn du Neuentdeckungen als zusätzlichen Anreiz benötigst, würde ich an deiner Stelle den Einstieg in das Hobby nochmal überdenken. Wenn dich aber generell die "Faszination Weltall" gepackt hat, dann kannst du die auch genießen, ohne etwas neu zu entdecken.


    Wie in jedem Wissensgebiet muss man sich auch erstmal entsprechend einarbeiten, bevor man an der "vordersten Front" Forschung betreiben kann. Nicht von ungefähr studieren Astrophysiker erstmal Physik und sich eben in Astronomie/Astrophysik vertiefen, bevor sie an die "teuren Geräte" gelassen werden und forschen können. Inwieweit bist du in die Materie eingearbeitet?


    Willst du aber erstmal "nur" das Weltall etwas kennenlernen, z. B. Kugelsterhaufen mal selbst live gesehen haben oder auch schöne Offene Sternhaufen, den einen oder andere Planetarischen Nebel... dann nur zu! Das entspannt, das bildet (man liest ja nebenbei, was man angeschaut hat, recherchiert usw.). Ich will sagen: erstmal sollte man lernen, das nachzuvollziehen, was andere bereits entdeckt haben. Und wer weiß, was dich dann besonders interessiert?!


    Wenn du dann später mal wirklich auch aktiv forschend etwas beitragen willst, dann gibt es viele Bereiche, wo du konstruktiv etwas tun könntest. Allein schon präzise Helligkeitsbestimmungen an veränderlichen Sternen ist eine Mammutaufgabe, die nur viele Schultern stemmen können. Letzten Endes ist das aber "auch nur" das Füllen von Datenbanken mit den Ergebnissen von Einzelbeobachtungen. Die Sterne selbst sind ja bereits bekannt.


    Supernovae entdecken heutzutage die Weltraumteleskope, Kometen ebenso, Asteroiden dito... (komplette Himmelsüberwachung mit besserer und teurerer Technik als die von Amateuren). Aber warum sollen Neuentdeckungen der Anreiz sein? Wichtig ist, was du für dich(!) entdecken kannst. Es ist eben einfach ein schönes, aber teures Hobby. Und ja, man kann auch nebenbei einen Beitrag zur Forschung abliefern. Aber das ist m. E. erst ein späterer Schritt.


    So ist die Gefahr groß, dass du viel Geld investierst um dann enttäuscht zu sein. Die Wattebausche, die eigentlich Galaxien mit Spiralarmen sein sollen, sind live nicht sehr spektakulär. Es sei denn, mann genießt es, überhaupt den Wattebausch zu sehen, sich vorzustellen, wie lange das Licht unterwegs war, um bis in dein Auge gelangt zu sein. Oder man genießt es, mit einem extrem schwachen Wattebausch die Möglichkeiten der Optik ausreizen zu können und so zu wissen, dass man die Technik im Griff hat.


    3000 Euro als Start sind ein Stange Geld, aber nicht allzu viel, wenn man tief einsteigen will (Stichwort Astrofotografie, Neuentdeckungen). Meine Einstigeskosten für das Hobby lagen deutlich über dem Budget. Und vermutlich ist das auch nur der Einstieg (mal nen Filter hier, mal ein Okular dort, dann ein weiteres Teleskop mit noch mehr Öffnung, dann noch eins, das kleiner, dafür transportabler ist usw.). Mit deiner Einstiegssumme bist du weit weg von "High End". Das macht aber auch nichts. Man kann auch mit 300 Euro, einem Zehntel des Budgets, den Himmel für sich entdecken.


    Langer Rede kurzer Sinn:

    Vermeide porphylaktisch eine spätere Enttäuschung. Nimm z. B. einfach mal ein Fernglas und genieße die Wintermilchstraße mit dem Fernglas. Wird dadurch deine Neugierde geweckt, die Nebelfleckchen und im Fernglas kleinen Sternhäuflein groß zu sehen, dann überlege, dir ein Teleskop anzuschaffen. Packt dich aber die Faszination nicht, dann würde ich nicht teuer einsteigen. Du musst nur mal schauen, wie viele Leute "fast neue, kaum genutzte" Teleskope wieder verkaufen, weil sie eben vom Gesehenen entäuscht sind.


    Und zuletzt als positives Ende: was fasziniert mich an dem Hobby (als Vergleich)?

    Bei mir ist es primär die Entschleunigung beim Beobachten, das zur Ruhe Kommen in der Nacht und dabei in den Weltraum schauen zu können. Mich fasziniert, auf den Spuren der "alten Meister" unterwegs zu sein. Wenn ich den NGC-Katalog abklappere, dann ist mir bewusst, dass ich heutzutage mit relativ günstigen Geräten das nachvollziehen kann, was im 19. Jahrhundert nur die Creme de la Creme, die entsprechend große Teleskope zur Verfügung hatte, entdecken konnte. Oder wenn ich ein Palomar-Haufen fotografiere (geht auch ohne Telekskop nur mit Kamera plus Teleobjektiv) oder sogar live sehe, dann bin ich im 20. Jahrhundert angekommen und schaffe es, Objekte zu sehen/zu detektieren, deren Entdeckung mit dem 5-Meter-Spiegel des Palomar-Observatoriums gemacht wurden. Da sage ich für mich nur "wow", was habe ich für geniale technische Möglichkeiten!

    Ich finde es spannend, auf meinen Fotos zu prüfen, was ich da alles sehen kann, welche Phänomene ich abgebildet habe. Ich habe aber nicht den Anspruch, neue Phänomene zu entdecken. Es ist eben nur ein Hobby.


    Liebe Grüße,

    Christoph