Beiträge von astrometer im Thema „Seeing-Überraschung – Uranus gezeichnet“

    Hallo Roland,


    ja, der dem LZOS entsprechende TMB 100/800 ist wirklich ein klasse Rohr. Sehr nahe am Fluorit. Ich hab einen und kann mich nicht zum Verkauf durchringen, obwohl ich einen TEC 110 FL habe und den TMB rational betrachtet eigentlich nicht brauche. Aber bei ihm kommt man mit dem Binokularansatz ohne Glaswegkorrektor bzw. Barlow in den Fokus. Und hergestellt wird er auch nicht mehr – der kostengünstigeren Konkurrenz aus China sei „Dank“. Also bekommt er ein, zwei Mal im Jahr etwas Licht und darf bleiben.

    Seine Bildcharakteristik: leicht kühl, rattenscharf, mit knochenhartem Kontrast. Ein fantastisches Mars-Instrument, mit dem das hier entstanden ist:



    CS, Jörg

    nanu, Dein Biothythmus verschiebt sich bei nächtlicher Bewölkung? Das nenne ich einen Hardcore-Astronomen! :D :D :D


    Mich wundert der merklich kontrastschwächere Astrophysics-Apo. Aber da spielt ja viel mit rein, gerade bei dem Öffnungsunterschied. Viele Freiheitsgrade mit (möglicherweise schon zu alter?) Ölfügung, eigenen Farbnuancen der Optikdesigns und weiß der Fuchs ;)

    Hallo Norman,


    ja, das Dauergrau beeinflusst den Biorhythmus. Wenn‘s klar ist, hab ich einfach weniger Lust, vor Mitternacht schlafen zu gehen. Als Rentner ist das zum Glück kein Problem mehr … :)


    Und ja, es gibt einen merklichen Unterschied zwischen ölgefügtem ED und ölgefügtem FL. Am Alter der Ölfügung dürfte es kaum liegen. Der ED ist von 1999, der FL von 2008. Ich schätze, es liegt tatsächlich am Glas. Es ist zwar mittlerweile kein Problem mehr, nahezu farbfehlerfreie ED-Apos zu bauen. Doch die haben heute bei sehr gutem Kontrast eine etwas kühle Farbcharakteristik. (Der von der Konstruktion her 30 Jahre alte 130er AP ist weniger kühl, aber auch nicht so kontrastreich.) Echte Fluorits hingegen haben eine absolut natürliche Farbcharakteristik gepaart mit unübertroffenen Mikrokontrasten, wenn dafür dieser Begriff aus der Fotografie gestattet ist. Klingt wie Werbung, bestätigt sich aber in meiner Beobachtungspraxis immer wieder.


    CS, Jörg

    Hallo Ralf,

    … Fotografisch sah ich allerdings kein Band sondern nur zwei Bereiche. Genau das aber spricht für deine Beobachtung und Zeichnung, denn unsere Augen machen schnell mal eine Kante da hin. Ist sozusagen ein eingebauter Schärfefilter …

    So sehe ich das auch. Auge und Hirn sind schon wunderbare Werkzeuge. Das erlebe ich am deutlichsten bei der visuellen GRF-Positionsbestimmung, die ich (mit einigen Jahren Unterbrechung) seit 1970 mache. Wenn die Luft unruhig ist, sehe ich den GRF oft im ersten Moment überhaupt nicht. Doch nach einigen Sekunden Schauen wird er allmählich sichtbar. Ganz so, als würde da eine Art neuronaler Stackingprozess ablaufen.


    Das visuelle Schärfen sollte schon etwas kritischer gesehen werden. Das ist wie in der EBV, wo man am Anfang glaubt, viel hilft viel und im Grunde könne man jedes Bild gut machen. Doch das richtige Gefühl dafür muss sich entwickeln. Beim visuellen Beobachten stellt man sich mit der Zeit immer häufiger die Frage: Ist das wirklich da, oder wollte ich es nur sehen und hab es mir eingebildet? Wir reden ja hier über einen Grenzbereich der Wahrnehmung, für den die Bilddatenbank in unserem Kopf eine entscheidende Rolle spielt. Zu Zeiten der chemischen Fotografie haben die Zeichner am Fernrohr Details auf Jupiter ganz anders wahrgenommen. Das änderte sich schnell, nachdem die ersten Pioneeraufnahmen eintrafen. Heute haben wir ein Jupiterbild vorm inneren Auge, das von Weltraummissionen und fantastisch detailreichen Amateuraufnahmen geprägt ist. Das führt einerseits dazu, dass wir Details erkennen, die uns vorher nicht aufgefallen sind, weil wir nicht mit ihnen rechneten. Aber es besteht auch die Gefahr, dass uns die Begeisterung mitreißt und wir Dinge wahrzunehmen glauben, die gar nicht da sind. Ein historisches Beispiel ist die kollektive Marskanal-Täuschung. Hätten Schiaparelli und Co. das heutige Bild des Mars im Kopf gehabt, wären ihre Zeichnungen ganz anders ausgefallen.


    Solche Überlegungen relativieren auch meine Uranuszeichnung. Bin ich bei der Breite des Bandes unbewusst von dem ausgegangen, was ich von Jupiter kenne? Gut möglich. Andererseits habe ich gestern in der Datenbank der ALPO Japan ein Bild gefunden, das meine Wahrnehmung bestätigt. Hier ist es der Zeichnung gegenübergestellt:



    Doch die meisten anderen ALPO-Bilder bestätigen Deine fotografische Wahrnehmung, Ralf, dass es nur einen Hell-Dunkel-Übergang gibt.


    CS, Jörg

    Hallo Roland und alle anderen,


    Danke nochmal für eure netten Worte. Ich war ja selbst erstaunt, was mit dem 130er AP-Apo an Uranus geht. Eigentlich halte ich ihn für merklich kontrastschwächer als den TEC 180. Der Unterschied zwischen einem ED und einem echten Fluorit ist schon deutlich. Aber der AP wiegt nur die Hälfte des TEC, deshalb setze ich ihn öfter ein. Immer dann, wenn es nur eine kurze Beobachtung wird oder wenn abzusehen ist, dass das Seeing den Großen zu stark limitiert.


    Wie angekündigt, habe ich meine einzige Videoaufnahme von Uranus rausgesucht. Sie zeigt keine Bänder. Um die abzubilden, ist wohl ein IR-RGB nötig. Das ist für die nächste Gelegenheit geplant.



    Zu den anderen Dingen schreib ich morgen was. Der Bettzipfel winkt. Mein Biorhythmus hat sich verschoben, seit es fast jede Nacht bewölkt ist.


    CS, Jörg

    Danke, Holger, Ralf unf Norman.


    Ein dunkles Band auf Uranus hab ich schon mal vor einigen Jahren gesehen, da allerdings mit dem TEC 180. Noch länger ist es her, dass ich ihn sehr schön im 300er Newton hatte, damals jedoch ohne Band. – Vor der gestrigen Beobachtung hatte ich übrigens eine mehrjährige Uranuspause.


    Videografiert hab ich Uranus bisher einmal. Werde das Bild nachher raussuchen und hier zeigen. Dann gehe ich auf eure Anregungen (Meteoblue und vom Auge gemachte Kanten) noch detailliert ein.


    CS, Jörg

    Hallo Planetenbeobachter,


    manchmal gibt es noch echte Überraschungen in diesem Gruselseeing-Herbst …


    Aber der Reihe nach: Gestern Nachmittag sah es nach Aufklaren aus. Das bedeutete Hoffnung auf einen der letzten GRF-Transits der 2021er Jupitersaison. Also gegen 18 Uhr den 130er aufgebaut. (Den 180er rauszuwuchten, schien sich wegen der miesen Meteoblue-Seeingprognose nicht zu lohnen.)


    Doch zwei Stunden später stauten sich die dichten Hochnebelwolken immer noch am Nordrand des Erzgebirges. Also kein GRF. Gut für meine Enkelinnen. So bekamen sie ihr tägliches Kapitel Harry Potter vorgelesen.


    Danach hatten sich die Wolken endlich verzogen. Das Rohr stand noch auf dem Balkon, wunderbar ausgekühlt. Na, dann schaun wir mal nach Neptun und Uranus, dachte ich halbherzig, gefasst auf die mindestens zehnte Seeingenttäuschung in Folge. Beim tief stehenden Neptun schien sich das zu bewahrheiten.


    Dann aber: Uranus im Meridian, mehr als 50 Grad hoch, bei 266x binokular ein fast ungestörtes Scheibchen. Und was war das: ein dunkles Band! Ich hielt es zunächst für eine Täuschung, aber es zeigte sich immer wieder. Die Orientierung war allerdings ungewöhnlich, nahezu parallel zur Nord-Süd-Richtung. Ich machte eine Skizze und sah später in Guide nach. Tatsächlich, die gesehene Bandorientierung passte!


    Fazit: Es kann sich immer lohnen zu beobachten. Auch wenn Meteoblue das Gegenteil behauptet und das Seeing schon wochenlang schlecht war. – Das einzige, das ich gestern bereut habe, war, nicht den 180er aufgebaut zu haben.


    PS: Mit Photoshop habe ich die Skizze in eine digitale Zeichnung verwandelt:



    CS, Jörg