Unfassbar, der letzte Urlaubstag in der
Heimat sollte tatsächlich mit dem schönen Wetter enden und nochmal
eine Beobachtungsnacht in den Tiefen Brandenburgs zulassen. Danke an Rene für die Vorwarnung,
dass ich diese Nacht rechtzeitig ins Blickfeld bekam...
Das schrie nach meinem Heimatberg, dem
sogenannten Silberberg. Woher der Name kommt, kann ich nur mutmaßen,
vielleicht sind es die schönen silbrigen Lichtverschmutzungsgürtel
gen Osten und Westen (s. nachstehendes Panorama) Nein, das ist mein heimatlicher
Beobachtungsplatz, der vom östlichen Stadtrand Berlins in 30 min mit
Zug gen Osten erreichbar ist. Top-Platz gemessen an der für mich
günstigen Lage und dem Potential dort.
Ich freute mich riesig drauf. Obwohl
der letzte „Berg-Besuch“ erst ein halbes Jahr her ist, hab ich es
bisher noch nicht geschafft, ein gescheites Panorama anzufertigen
dort oben. Oben heißt hier 57 üNN, nur 10 m höher als das nächste
Örtchen.
Um die 10 Höhenmeter auch gut mit dem
Radl zu meistern, hab ich extra vorher ein Latschenkieferbad genommen
Nee, ich war vorher joggen und generell bisl zermatscht. Natürlich
Top-Voraussetzung für eine durchzumachende Nacht. So schaute ich,
dass ich möglichst spät loskam um mich noch ein wenig zu erholen
aber gleichzeitig genug Zeit vor Ort zu haben, um gut 3 h vom Himmel
mit meinen beiden Ferngläsern zu nutzen und ein wenig zu
photographieren. Kurzum: schlichtweg einfach die Szenerie genießen
ohne viel Stress und Equipment-Huddelei.
Feld, Flur, Tau.
Als einziger stieg ich aus dem Zug in
die Dunkelheit und das scheinbar verlassene Örtchen aus und radelte
drauflos, 12x42mm und 10x22 Fernglas im Gepäck nebst Stativ und
Winterklamotten.
Erst gings erst durch Nebel auf den
Wiesen am Ortsrand und anschließend durch kühle dunkle Latschen, wo
ich bewusst mitten auf der Straße radelte, damit ein möglicher
Wildwechsel noch die Chance hatte auf mich zu reagieren und mir nicht
gleich auf der Pedale sitzt.
Zu meiner Überraschung war der Berg
weniger anstrengend als gedacht und ich war schneller da. Vermutlich,
weil meine letzten Radlerinnerungen einen 12“er in der Hauptrolle
hatten...
Als ich ankam war es kurz nach
Mitternacht und der Himmel war mehr oder minder verschleiert, nur im
Nordosten sah es gut aus. Wieder zurück, letzten Rückzug vor dem
Morgen noch erwischen?
Erstens nee, zweitens zog es in wenigen
Minuten wieder freier, puh. Wäre nicht das erste mal, entgegen aller
Prognosen 4 h unter versifftem Himmel zu hocken...
Licht aus, Lage checken. Die Stille.
Die Stille.
NICHTS aber auch gar nichts war zu
hören. Kein Lufthauch, nicht ansatzweise. Nichtmal eine Mücke kam
vorbei, mit der ich bei der Feuchte um die Zeit noch gerechnet hätte.
Wo es unten im Ort noch erstaunlich trocken war, ist es hier weiter
oben doch leider feuchter. Am Boden glitzerten schon Tropfen von der
Luftfeuchte in den Halmen der Wintersaat. Ich breitete meine Isomatte
aus, baute schonmal grob die Kamera auf und checkte skysafari bzw.
meine zuvor angefertigten Screenshots.
Objekte?
Danke an Christoph hier im
Forum für sein Bild der Nova bei M 52 im entsprechenden Veränderlichen-Thread, irgendwie bin ich über
dieses Bild am Handy zuerst gestolpert welches mir hilfreich zum
Auffinden erschien. Dies war eines der geplanten Objekte.
Im wesentlichen hatte ich nur 2-3
konkrete Objekte vor, ansonsten einfach so rumgucken.
Ich hatte trotz der Hilfen per Bild und
Skysafari Mühe, die richtige Ecke der Nova zu finden, mit Fernglas bin ich
noch ungeübt. Trotz eingeblendetem Bildkreis des Fernglas-Sehfeldes
in Skysafari. Tolles feature übrigens.
Irgendwann hat es endlich geklappt mit
der Sichtung, nach einer Dreiviertelstunde mit Wolkenschwaden, die
aber nicht allzu sehr störten, weil ich eh die meiste Zeit auf den
Karten rumgeguckt hab.
Mittlerweile gab es eine zunehmende
Geräuschkulisse. Motorräder, die in Kurven fahren? Nee, irgendwann
war klar, das sind röhrende Hirsche! Man merkt im Forum, es wird
Herbst. Erst ganz schwach aus Nord, dann auf einmal auch aus Südost,
dann lauter werdend...verschwindend.
Kürzlich bei Rene zu Besuch berichtete
er mir von den Schwierigkeiten, mit einem 8x20mm-Fernglas den kleinen
Hantelnebel M 76 zu sichten. Da bin ich natürlich gleich drauf
angesprungen und hab das auf meine Agenda für mein 10x22 Fernglas
gesetzt, worauf ich nun tierisch gespannt war.
Praktisch identische Voraussetzungen
würde ich sagen, er wird es bei gutem Landhimmel probiert haben,
dennoch stets bisl feucht. Bei mir jetzt stand das Objekt schön
hoch, guter Landhimmel, gut feucht, Beobachtungserfahrung
vergleichbar, Ehrgeiz auch...
Zuerst mal hab ich mit dem 12x42 nach
dem Nebelchen geguckt, um mich drauf einzustellen wie das Suchgebiet
aussehen muss. Ich fand via skysafari und dem 42er Fernglas sogleich
zwei 10mag-Sternchen, an denen man sich gut orientieren kann, die in
unmittelbarer Nähe zu M 76 stehen. Der Nebel selbst war auch zu
erkennen, aber man muss schon wissen wo er genau ist. Im 12x42 waren
diese 10mag-Sternchen zwar noch gut zu erkennen, aber dennoch
einigermaßen schwach – woran soll ich mich denn dann im 10x22
orientieren? Hmmmm.
10x22 angesetzt: hui! Auch hier waren
die 10mag-Sternchen ganz schwach erkennbar. Wahnsinn, aber ich begann
mich zu erinnern, dass ich schonmal mit dem kleienn Glas in die
10mag-Region vorgestoßen bin... Nun die Jagd nach dem Nebelchen.
Wackeln ist tödlich. Fernglas auf das Gesicht auflegen fiel aus,
denn die Atmung und der Puls machen alles zunichte. Also irgendwie
frei vor dem Gesicht halten und versuchen still zu halten. Ganz
schwach, aber GANZ schwach, tauchte reproduzierbar an der richtigen
Stelle eine Aufhellung auf. So schwach wie das war, ist klar warum
das mit 8x20 nochmal eine andere Übung ist: Minimalst weniger
Öffnung und v.a. etwas weniger Vergrößerung. Es bleibt aber Luft
nach oben, denn auf dem Berg wäre vermutlich auch ein 8x20
erfolgreich. Mein kleines Kowa hat möglicherweise auch einen kleinen
Vorsprung wegen den hochdurchlässigen Prominar-Linsen.
Jetzt war erstmal Zeit für ein Brot
und ich knipste anschließend etwas herum. Extra für Jörg, der
letztens Bergpanos vermisst hat, liefere ich hier nun nach, ich hab
sogar ein Gipfelkreuz gefunden!
Wer hätte das gedacht auf 57m üNN...
Zu meiner Überraschung hab ich das
Stativ im Gras ohne jedes Gefummel so gut ausrichten können, dass
ein 360Grad-Pano ohne jede Abweichung funktioniert hat. Ist mir so
noch nie gelungen, trotz elektronischer Wasserwaage in der Kamera.
In der Ferne krachen Hirschgeweihe
aneinander... Verhalten aber vorhanden ruft auch eine Waldohreule.
Jetzt kann man langsam mal anfangen,
den Himmel zu genießen und nicht so Geknaupel zu suchen. Rauf auf
die Isomatte, Deckel vom 12x42 ab, M 31 gucken. Sowie ich mir die
Okulare abschirmen wollte, beschlugen sie. Schade! Dabei erhöht das
doch immer das Spacewalk-Feeling. Aber auch so hatte ich den
Eindruck, dass dies mein bisher bester Anblick der Galaxie im neuen
Fernglas war, trotz Wendelstein. Aber der Eindruck ist sehr ähnlich,
wieder leicht geschwungen an den Enden, untypisch für dieses Objekt.
Wo ich nun schon in der Ecke war, habe ich noch NGC 891 mit dem 12x42
probiert: recht einfach, wirkte wie gemotteltes Kettchen schwächster
Sternchen, die breites und längliches Glow provozieren, aber
Position und Ausrichtung waren exakt richtig.
Im Fuhrmann stiegen die Haufen höher.
Aber entgegen der allgemeinen Kombi der drei Haufen in einer Reihe
gefiel mit eine Kombi besser, die 2 der Messierhaufen mit einem NGC
(1893?) kombinierte, die bequem in den 6,5 Grad ein Dreieck bildeten. Toller
Anblick! Bei IC 405 kam es mir so vor, als wäre schon ohne Filter
was nebliges zu sehen gewesen, komisch, das muss ich nochmal in Ruhe
prüfen. Aber die Arme fingen an zu wackeln.
Mirachs Geist hab ich noch versucht,
aber das wurde nichts, nix gesehen.
Das ganze Gesurfe nach M 52 hat mich
natürlich über diverse andere Haufen stolpern lassen, zuweilen
Paradeobjekte. Erst recht spät stolperte ich über einen
wunderschönen engen Haufen, gerahmt von 2 helleren Sternchen in
gleichem Abstand. Ich hatte Carolines Haystack erwischt, ein klasse
Haufen in kleinen Geräten, im 72er Apo bezaubernd in meiner
Erinnerung.
Wie schon bei Rene in der Heide hielt
ich auf die Plejaden: auch hier zeigte sich der Merope-Nebel einfach
im 12x42 Fernglas. Wahnsinn, wie muss das erst auf dem Berg im
Fernglas aussehen, bei noch besserer Transparenz …
h und chi... klar... da bin ich mehrfach hingeschwenkt, was will man da schreiben
Mehr oder minder zum Abschluss schaute
ich noch auf den Nordamerika-Nebel. Stark, wie einfach der in so
einem Gerät mit 6,5 Grad Sehfeld ist. Toller Anblick, obwohl der
Schwan schon im Lichtsiff abzutauchen begann. Auch den Cirrusnebel
habe ich hier nochmal probiert, gleich gegen Mitternacht. Auch hier
ist der zweite Bogen, der schwierigere Teil, der Sturmvogel, im
Fernglas zu sehen, wenngleich das kurze Stück welches über den
anliegenden Stern hinausragt ohne Filter wieder verwehrt bleibt.
Erstaunlich, dass dies in
Lichtglockennähe noch so funktioniert. Man muss es erstmal gesehen
haben, dann wird es auch unter schwierigeren Verhältnissen
einfacher.
Gegen Viertel vor Vier war es an der
Zeit, sich wieder aufs Rad zu schwingen. Der feuchte märkische Sand
knirschte in der Kette. Mangels Halterung für das Vorderlicht musste
ich es in der Hand halten und die GripshiftSchaltung war dann nur
überkreuz am Lenker zu bedienen, mit der linken Hand am rechten
Griff. Nicht nachmachen liebe Kinder. Vor allem nicht, wenn es bergab
geht. Ich genoss es, durch den lichten Teil des Waldes mit Blick zum
Orion dahinzugleiten, der trotz hellem Vorderlicht wunderbar über
der Straße prunkte, die hier und jetzt nur mein war. Ich blieb
jedoch vernünftig und achtete weiter auf die Straße, gerade zur
Dämmerung. Zu gern hätte ich einfach weiter in den Himmel gestarrt.
Die letzte Aktion dieser Art endete jedoch im Straßengraben … So
knirschte ich mich mit genügend Zeitpuffer durch den dunklen Wald in
den wartenden Nebel, kurz vor 5 Uhr lag ich im Bettchen.
Der eine oder andere hat ggf. schon
einmal etwas von sog. „Pflegepanzern“ gehört. Panzer, die extra
auf ehemaligen Truppenübungsplätzen umhergurken, um das durch sie
geschaffene alternierende offene Flächen-Mosaik zu erhalten.
Morgens 8.45 Uhr. Die Pflegepanzer sind
da!! Was haben die im Innenhof zu suchen?
Ich rieb mir die verkniffenen Augen:
Der Hausmeister war per Aufsitzmäher unterwegs, dass es im Innenhof
nur so schallte und bollerte.
Na dann – guten Morgen und CS!
Norman