Beiträge von Gesarah im Thema „Beobachtungsbesuch bei Darmstadt mit Filtermarathon“

    Hallo Walter,


    ja, an dich habe ich auch gedacht, als ich auf den Odenwald geblickt habe ;)


    Jetzt kann ich endlich auf deine Anmerkung/Frage eingehen nach dem gestrigen Experiment.

    Also, ich hatte weder Teleskop noch meinen Filter in Darmstadt mit dabei, klar, ich hätte vergleichen können, aber so spezifisch bin ich den Besuch gar nicht angegangen. Wollte einfach nur beobachten und genießen :)


    Gestern hatte ich folgende Bedingungen:

    Viertelmond (statt Neumond), leicht dunstiger Himmel, einäugig (aber auch 100 mm Öffnung), 21-fache Vergrößerung (in DA war es mit 23-fach sehr ähnlich), Bortle 5 (statt Bortle 4), also eher geschätzt Sterne bis 4m5 (in DA war es geschätzt eher etwas über 5m...), mein ES-Filter, doppelte Fleece-Decke zum kompletten Abschirmen (hat echt was gebracht, Handling war aber mühsam).


    Das Ergebnis:

    52 Cygni gaanz knapp überhaupt gesehen, gleich mit Filter und 21-fach draufgehalten. Öh. Mh. Nix? Blinzeln, blinzeln, schwenken. DA! Der Bogen nordwärts. Zisch, kurz ganz schwach aufgeleuchtet, wieder weg. Das ist mir einige Male gelungen. Südlich von 52 Cygni war gar nichts.

    Mal rüber zum östlichen Nebelteil. Der war im nördlichen Bereich hin und wieder aufgeflackert und im franseligen, südlichen Bereich.

    Hätte ich nicht genaustens gewusst, wo da was ist und was da sein müsste, ich hätte die beiden Nebel ganz bestimmt nicht erkannt. Nur das ganze Vorwissen und die Geduld gestern Abend haben es ermöglicht, überhaupt sagen zu können: Hin und wieder ist da etwas aufgeleuchtet, naja, Leuchten darf man es nicht nennen ;)


    Beim nächsten Neumond kann ich das Experiment in meinem Garten hoffentlich fortführen und ich glaube, lange dauert es nicht, da spare ich auf neue Filter hin und vergleiche mal zwei oder drei und behalte die mit dem besten Ergebnis :)

    Noch ein Bericht, juhu! Ich freue mich total, euch von meinem gestrigen Ausflug erzählen zu können :saint:

    Ich habe einen echt superlieben und guten Astrofreund in der Nähe von Darmstadt besuchen können. Der Nachmittag verflog bei süßen Leckereien in seinem grünen Gartenparadies im Nu und nach dem Abendessen durfte ich mich seinen vielen Astroschätzen widmen, unter anderem der spannenden Bibliothek. Aus der zogen wir dann einen Atlas und Guide, um zu entscheiden, was wir an dem absolut klaren Neumondabend beobachten wollen mit seinen Geräten.

    Ich habe mir gewünscht: "Bitte zeig' mir einen Nebel im Schwan, weil ich sowas noch nie gesehen habe!"

    Als erfahrener Sterngucker und begnadeter Objekte-Vielwisser fiel die Wahl direkt auf den Supernovaüberrest bei 52 Cygni. Der Cirrusnebel ... viel gewünschtes Objekt, nie gesichtetes Objekt. Ein Mysterium für mich. Und das soll heute möglich sein? Echt jetzt? Es folgte eine richtig (!) spannende Lehrstunde über die drei Nebelgebiete Sturmvogel, Pickering's Triangle und die Knochenhand, wir schauten uns viele Details und mögliche Herausforderungen auf den Zeichnungen im Guide an und dann konnte es losgehen.

    Während ich im oberen Teil des Gartens am zweiten Beobachtungsplätzchen einfach mal den Kopf in den Nacken gelegt und gemütlich auf der Bank sitzend den wunderwunderschönen Nachthimmel und die zart aufschimmernde Milchstraße äußerst neidisch betrachtet habe (der Himmel ist ein GANZES Stück dunkler und besser als in meinem Garten), wurde am unteren Beobachtungsplätzchen direkt am Astroschuppen (hach, nochmal Neid ... ein Hoch auf alte Bestandshäuser mit großen Gärten) ein 100/550-Bino mit Hocker und Verdunkelungsdecke aufgebaut.



    An Okularen haben wir für den Supernovaüberrest tatsächlich nur ein 24 mm benutzt und mit 23-facher Vergrößerung beobachtet. Das Spannende an der gut einstündigen Beobachtung war das geduldige Durchtesten einer ganzen Palette an OIII-Filtern, es waren glaube ich 6 Stück in engmaschigen Abstufungen von 12 nm bis 6 nm.

    Meine erste Erhellung und gleichzeitig Cirrus-Premiere offenbarte sich mit der 12-nm-Filterung. Ein helles Bild voller feiner Sterne und ... ein langer, heller Streifen! Ein richtig langer, nebliger Streifen, mal oberhalb, mal unterhalb von 52 Cygni! Oberhalb, Richtung Norden weisend, ein richtiger "Bauch" oder ein Bogen, genau wie auf der Zeichnung im Guide, eeecht toll!

    Etwas nordöstlich des Sturmvogels schimmerte irgendwie etwas ganz Schwaches hinter einer Sternenreihe entlang, sehr schwierig zu fassen. Aber da! Es muss das Pickering's Triangle gewesen sein, das sich in einem kleinen Bereich zeigen wollte. Noch weiter östlich dann extrem markant die Knochenhand! Mystisch, sage ich euch, so ein riesiges Ding, das nicht wie ein Nebel im Schützen so hell, gewaltig und geballt daherkommt, sondern langgezogen, franselig, mit seltsamen, quer verlaufenden Aufhellungen im südlichen Bereich. Absolut faszinierend!

    AAAAAH, ich habe den Cirrusnebel gesehen :weary_cat: :weary_cat: In Echt!


    Von Filter zu Filter wurde das Bild minimal dunkler, der Unterschied zum vorherigen war gar nicht so einfach zu beschreiben, die Nebel hoben sich etwas konstraststärker ab. Ab 8,5 nm abwärts flackerte der zweite Bogen oberhalb des schwachen Sterns nördlich von 52 Cygni am häufigsten auf, wie ein winzig kleiner, heller Wurmfortsatz ^^ Auch waren in dem Filterbereich um die 8 nm die Nebel am stabilsten, sodass am wenigsten indirektes Sehen für die filigranen Details und das "große Ganze" notwendig war.

    Am Triangle verschwand die zarte Aufhellung eher und die Knochenhand verlor zwar ihren mittleren Bereich weitgehend, dafür kamen die quer verlaufenden Franseln etwas besser hervor.

    Nach dem 6-nm-Filter, der erstaunlicherweise fast das interessante Bild nach dem 12 nm bot und nicht wie befürchtet die Nebel verschluckte, wollte ich nochmal den breitesten Filter als Gegensatz nutzen, und war überrascht, dass sich auch dann noch die vielen schönen Details so bereitwillig zeigten.


    Es hat irre Spaß gemacht, sich an zwei Objekten derart auszutoben und in den Details zu stöbern. Ganz anders, als zu versuchen, den Nebel zu sichten, eine Zeichnung zu machen, noch ein wenig zu beobachten und dann zum nächsten Objekt überzugehen. Außerdem habe ich das zweiäugige Beobachten am Bino extrem genossen, weil ich früher oder später immer eine Art Krampf am linken Augenlid bekomme vom Zudrücken am Refraktor.


    Immer wieder zuckte meine rechte Hand und wollte nach einem Stift greifen, aber ich hatte mir nichts gerichtet. Durch die einstündige und echt intensive Beobachtung habe ich stattdessen versucht, eine möglichst brauchbare Erinnerung abzuspeichern und habe heute aus dem Gedächtnis heraus eine Zeichnung vom Cirrusnebel erstellt. Bei den Umgebungssternen musste ich ein wenig nachhelfen, die hätte ich ansonsten völlig woanders hinplatziert ;) Schaut mal her:



    Über diesen wundervollen, lustigen, lehrreichen und geselligen Abend habe ich mich riesig gefreut. Ich habe in den letzten zwei Jahren meine Astrobekanntschaften und das gemeinsame Beobachten wirklich sehr liebgewonnen und genieße die gemeinsamen Abende und Gespräche echt besonders. Und Berichteschreiben, ja, das mache ich am zweitliebsten, direkt danach :winking_face_with_tongue:


    Bis bald ihr Sternsüchtigen :smiling_face_with_halo: