Beiträge von Lucifugus im Thema „Meine ersten Erfahrungen mit dem C8 und doch ernüchert in Sachen Deep Sky“

    Servus Ceule,


    es wurde ja bereits viel geschrieben, vielleicht kann ich aber auch noch ein bisserl was beitragen (war die letzten zwei Wochen unterwegs und kaum im Forum).

    Die wichtigste Frage dürfte ja immer sein, was du dir vom Hobby Sterngucken erwartest. Jetzt hast du ein All-Round-Teleskop zur Verfügung. Der C8 ist noch gut transportabel, ist robust, macht wenig Zicken mit der Kollimation, insofern ganz praktisch.

    Negativ sehe ich am C8 die bauplanbedingte Schmidt-Platte, die dazu führt, dass die Auskühlzeit recht groß ist (ohne Bastelarbeit mit Öffnungen und Lüfter) und das schnelle Beschlagen. Das spielt aber hier ja keine große Rolle.


    Zurück zum Hobby Sterngucken... Für mich ist das Vieles Kopfsache. Und dann macht es auch Spaß. Beispiel: man sieht einen Quasar (egal ob visuell bei den sehr hellen, nahen oder als schwachen Lichtpunkt auf eine, Kamerachip). Siehst du den Lichtpunkt live, dann ist ja nicht der Lichtpunkt an sich das, was den Reiz ausmacht, sondern, was dieser Punkt aussagt: du siehst das Licht eines aktiven Galaxienkerns, das - sagen wir mal - drei Milliarden Jahre unterwegs war, um gerade jetzt, live, in dein Teleskop zu fallen, um von dir wahrgenommen zu werden. Du blickst in die Vergangenheit und bist Zeuge eines Infernos. Und dennoch ist es nur ein Lichtpunkt.


    Ebenso die Wattebausche. Galaxien sehen visuell erstmal langweilig aus. Mit sehr großer Öffnung sieht man auch live Spiralarme, was auch mit kleinerem Gerät, Kamera und Geduld geht. Mit dem C8 kannst du aber einige Galaxien als "klare Wattebausche" sehen. Auch hier ist - für mich jedenfalls - das Kopfkino das entscheidende. Ich habe, als Beispiel, im August NGC 7814 mit der Supernova visuell angesehen (und danach auch fotografiert). Visuell war die Galaxie nur mit indirektem Sehen klar erkennbar, aber die Supernova leuchtet als kleiner, weißer Nadelkopf aus dem Nebel heraus. Für mich ist das ein "Wow-Moment". Ich sehe das Licht eines Sterns (!), der viele Millionen Lichtjahre entfernt ist. Und da die Flächenhelligkeit der Galaxie nicht sehr groß ist, sticht die Supernova klar als Punkt heraus. Mit 13.1 mag war sie nicht gerade hell, dennoch gut zu sehen. Es kam zudem zum "Blinking-Effekt". Schaut man indirekt, sieht man Galaxie und Supernoca, schaut man direkt, ist die Galaxie weg und nur noch die Supernova erkennbar (die dann aber nicht lang zu halten ist, weil zu lichtschwach, ist vielleicht auch eine Bildbearbeitungseffekt unserer Netzhaut/unseres Gehirns).


    Will man hingegen pure Ästhtik, dann schaut man sich M13 an oder M22 im Sommer oder andere schöne Kugelsternhaufen. Dann kommt die Neugierde: bis zu welcher Helligkeit schafft man es, noch Einzelsterne aufzulösen? Geht das auch mit lichtschwächeren Haufen? Oder ist es "sportlicher Ehrgeiz", eine besonders klare Nacht und bestes Seeing zu haben, um aus dem zigmal angesteurten Nebelfleck dann doch ein paar funkelnde Sterne auf wattigem Hintergrund zu schaffen?


    Planteraische Nebel können auch nett sein, aber eben - wie visuell so oft - schwarzweiß. Auch hier ist die Story dahinter für mich das Besondere. Sich vorzustellen, wenn man den Ringnebel anschaut, was da passiert ist. Dann eine aktuelle Nova anzusteuern (ja, wieder nur ein Lichtpunkt, aber einer, der da vorher nie da war...) und sich zu überlegen, ob da gerade ein neuer PN entsteht...


    Oder M1: Denk an die Menschen, die die Supernova gesehen haben und dann schau dir heute diesen Wattebausch an. Du bist - wie die Menschen damals - ein Zeitzeuge.


    Das ist jedenfalls die Astronomie für mich. Es ist mehr, als nur Lichtpunkte und Wattebausche zu sehen. Zusatzeffekt: visuelles Arbeiten am Teleskop entschleunigt, enspannt. Man muss warten, bis man dunkeladaptiert ist. Man muss immer wieder indirekt "hingucken", also wegschauen, um was zu sehen. Man lernt, sein Auge auf eine ungewohnte Art zu nutzen und wird plörtlich Strukturen erkennen, die einem vorher nie aufgefallen sind. Natürlich nicht spektakulär, aber ein Staubband bei einer Galaxie macht eben mehr Struktur in den Wattebausch.

    Und auch und gerade deshalb genieße ich es, das nicht daheim, sondern draußen zu machen. Das Naturerlebnis, ja, auch der Tau gehört dazu. Die ganze Stimmung rundherum, die tierischen Besucher von Vögeln, die scharren bis hin zum Wildschwein im Maisfeld nebenan oder einem bellenden Fuchs in der Umgebung.


    Das alles macht jedenfalls für mich die Astronomie spannend. Und ich weiß noch, wie glücklich ich war, als ich als Teenager zum ersten Mal mit einem C8 beobachten konnte und nicht mehr mit meinem damaligen 114mm-Kaufhaus-Newton (der mir dennoch sehr viel Freude gemacht hat. Hätte ich damals (es gab noch kein Internet) deinen Frust gelesen, hätte ich es kaum glauben können ;-).


    Daher mein persönlicher Tipp: lass dich beim Beobachten auf das Kopfkino ein. Dann sind Nebelflecken und Wattebäusche eine tolle Sache.


    Liebe Grüße,

    Christoph