Servus beinand,
ich hatte testweise versucht, weit südlich, knapp am Horizont, ein paar nette Deep Sky-Objekte zumindest "nachzuweisen". Die Testfotos waren besser, als ich dachte, obwohl die Sicht nicht hundertprozentig war. Ich kam bis knapp unter -40° (trotz Alpen). Kurz gesagt: ich wartete auf eine wirklich klare, gute Nacht – und die kam bei mir vom 15. auf den 16. Juni 2021. Also los, das Stativ gepackt, meine Mini Track LX3, Kamera und Teleobjektiv, natürlich den Campingstuhl nicht vergessen – und gaaaanz wichtig: die zu dioptrinstarke Kaufhausbrille, um trotz Altersweitsichtigkeit wirklich schwarf stellen zu können – ein Bisserl was zum Knabbern und zu Trinken, warme Jacke... ach ja, und natürlich mein Fernglas (20 x 70)... und los gings.
Ich bin mit dem Auto aus meinem Dorf heraus zu meinem Beobacxhtungshügel gefahren – freie Sicht nach Süden, keine (nachts befahrene) Straße in Sichtweite, keine Laternen, nichts. Am Horizont begrenzen nur die Alpen die Sicht. Nachdem ich alles ausgepackt habe, den Pol halbwegs eingestellt hatte, die Kamera auskühlen lassen, den Campingstuhl warmgesessen und das Fernglas schonmal genutzt habe, passierte das Übel... Licht am westlichen Horizont kam näher, wurde immer greller - zwei landwirtschaftliche Fahrzeuge kamen (Traktor wäre untertrieben gewesen). Sie fuhren zielstrebig auf eine Wiese in exakter Südrichtung von meinem Beobachtungspunkt aus gesehen. Gerade, als ich loslegen wollte, war nur ein gleißendes Licht zu sehen. Vermutlich hatten die werten Landwirte zu lange Fußball gesehen, mussten aber nochmal das Heu wenden...
Ich überlegte, doch andere Ziele anzuvisieren – vielleicht doch was in Richtung Norden? Im Nordosten nervt München noch ein bisserl, Nordnordwest Landsberg und Augsburg im Hintergrund, aber das ginge schon. Oder den Platz wechseln, alles wieder einpacken? Und wenn auch dort dann... Nein, ich blieb, ließ meine Augen etwas blenden, da ich mit dem Fernglas dann doch geschaut habe, was sie da trieben. Dank der Monstermaschinen rasten sie quasi über die Wiese, das heu flog nur hin und her und siehe da, sie trollten sich wieder. Ein bisserl hatte ich Angst, dass sie jetzt zu mir auf den Hügel kämen, aber die fuhren brav heim. Also konnte ich doch noch loselegen.
Zuerst habe ich M6, den Katzenpfotennebel und weitere Objekte fotografiert - da ich mit einem 200 mm-Tele arbeite, passt alles auf ein Foto. Die ersten Stacks mit DSS zeigten klar die Pfote mit den einzelnen Ballen. Ich werde das aber noch nicht vozeigen, da ich alles neu stacken will, damit das Ergebnis besser wird. Ich habe mir Astro Pixel Processor frisch zugelegt. Auf meinem Steinzeitlaptop brauchte ich aber für das Foto rund um M22 drei Tage(!), nachdem der PC zweimal abstürzte (bzw. einmal einfach neu bootete). Die Region des Stachels des Skorpions muss deshalb noch ein bisserl warten.
Um aber konstruktiv zu sein u nd etwas zu zeigen, komme ich direkt zu M22 und der Umgebung. Als ich um 02 Uhr mit meinem horizontnahen Grenzgang fertig war, blieb mit noch eine Stunde Dunkelheit, um mir diesen schönen Kugelsternhaufen zu schnappen. Hier das Ergebnis:
Technische Daten:
Kamera: Canon Eos 6D Mark II (nicht modifiziert)
Objektiv: Canon EF-200mm Tele, f/2,8 (Blende 2,8)
Nachführung: Omegon Mini Track
15.6.2021, 2:06-3:00 Uhr, 562x4s = 37 Minuten 28 Sekunden
ISO 1600
Stack mit APP, Nachbearbeitung mit APP (sonst nix)
Location: südlich von Dettenschwang, zwischen Wolfgrub und Gimmenhausen.
Dafür, dass das Foto ohne Teleskop entstanden ist und zudem ohne "saubere" Nachführung, bin ich sehr zufrieden. Mehr als 4 Sekunden schaffe ich mit meiner schweren Kamera (plus Batteriefach und dem Tele) mit dem Mini Track nicht. Die Geschwindigkeit der mechanischen "Uhr" prüfe ich immer mit einer Beat-App, die mir die Anzahl der Beats pro Sekunde des Tickens ermittelt. Je nach Tempo muss man dann mit Federn nachhelfen oder bremsen (das Bremsen geht nur suboptimal, weshalb ich nicht alle Himmelsrichtungen abdecken kann). Am besten geht geradeaus nach Süden, was hier ja der Fall ist/war.
Was macht man nebenbei? Ich sage nur: Campingstuhl und Fernglas. Und bloßes Auge. Was kann man alles erkennen? M6 mit bloßem Auge? Kein Problem gewesen. Milchstraße bis zum Horizont? Ja klar. Milchstraße in der Cassiopeia im Nordosten? Trotz Restlicht von München auch deutlich zu sehen. M4 mit bloßem Auge? Leider nein. Dafür aber immerhin das Sternbild Wolf (nicht sehr lichtstarke Sterne) und das erste Mal überhaupt die südliche Krone - zumindest blitzten Sterne der Biegung immer wieder auf. Das Fernglas bestätigte die Sichtung.
M22 selbst habe ich wiederum nicht mit bloßem Auge sehen können. Dafür müsste man wohl auf die Kanaren fliegen. Aber wie soll ich dann zur Arbeit kommen?
Nach den Sichtungen habe ich dann (zum ertsen Mal , ehrlich gesagt) versucht, den Cirrusnebel mit dem Fernglas zu sehen. 52 Cygni findet man ja schnell, aber NGC 6960 wollte nicht erscheinen. Dafür war aber der linke Bogen, NGC 6992 / 6995 sehr gut und wirklich deutlich zu erkennen. Ich habe ein altes Russenfernglas ohne Stativadapter, halte es also frei Hand, was bei 20x etwas nervig sein kann, aber mit aufgestützen Unterarmen kein Problem. Oder eben im Campingstuhl "liegend" und die Ellenbogen auf der Lehne... geht gut.
Das finde ich am Fotografieren nett - während die Kamera beschäftigt ist, hat man so viel Zeit und kann in aller Ruhe beobachten. Nova Her 2021 war schon sehr schwach, aber auch noch klar erkennbar. Nova Cas 2021 hingegen immer noch sehr hell. Und dann den Schützen mit dem Fernglas zu beackern - ein Genuss.
Aber zurück zum eigentlichen Anlass der Nacht (bzw. dem zweiten, also der Region um M22)... Das Gesamtfoto musste ich deutlich verkleinern, wegen der Dateigröße. Ich habe dort aber mal alles markiert, was ich meine, per Vergleich mit dem "Pretty Deep Sky Atlas" und Aladin herausbekommen zu haben. Manche der Objekte kannte ich vorher nichtmal (ich meine, ich wusste z. B. nicht, dass es ESO-nummerierte Offene Haufen gibt oder dass so etwas wie ASCC 95 existiert. Wie auch immer, hier erstmal das Panorama (technische Daten natürlich wie oben, nur hier mit Photoshop noch nachverschlimmbessert, um auch schwache Objekte rauszukitzeln):
Natürlich sieht man hier vieles nicht, was ich (mit Paint) am Ende markiert habe - so z. B. die LEDA-Galaxien. Deshalb zeige ich die Objekte noch anhand von Ausschnitten aus dem Original-Panaorame vor. Ich fange oben links an, muss das aber in einem Folgebeitrag machen (ich hatte mehr geschrieben, aber es kam die Meldung, nur 10.000 Zeichen...). Der Folgebeitrag kommt gleich
astrotreff.de/index.php?attachment/4830/