Beiträge von pete_xl im Thema „Temperatursensor für Motorfokussierer - wo am Teleskop anbringen?“

    Hallo Jens,


    ich habe gute Erfahrungen damit gemacht, den Sensor etwa in der Tubusmitte anzubringen, ausreichend weit von der Tauheizmanschette entfernt. Die sitzt zwar auf der Taukappe, aber trotzdem...


    Zur Isolierung habe ich eine ordentliche Lage Verbandmull und selbsthaftende Mullbinden (Elastomull) verwendet. Das hinterlässt keine Kleberspuren und passt auch von der Farbe.


    Was den Backlash angeht, hilft, vor allem, wenn man mit Filtern und Offsets arbeitet, nach meiner Erfahrung eigentlich nur die "overshoot" Methode, wie sie z. B. in NINA oder im MFOC implementiert ist. Alle anderen Methoden haben bei mir nur unzureichend funktioniert.


    Eine Anmerkung noch zur Methode. Den Gradienten (steps/°C) kann man anhand der mit Bahtinovmaske kontrollierten Werte einer Nacht mit ausreichend Temperaturunterschied ermitteln. Die Werte in Excel eingeben und die Formel für die Steigung der Ausgleichsgeraden ermitteln lassen (heißt in Excel "Trendlinie"). Oder grafisch auswerten, oder Lineare Regression mit Taschenrechner machen. Es reicht aber nicht, Werte am Anfang und am Ende der Nacht zu nehmen, da man erst einmal absichern muss, dass das jeweilige Gesamtsystem aus Linse/Spiegel und Tubus sich auch linear verhält.



    Eine temperaturgesteuerte, kontinuierliche, softwaregesteuerte Nachführung zwischen den Frames, wie es NINA und wohl auch APT erlauben, ist auf jeden Fall besser als wiederholte Nachfokussierungen mit Autofokus z. B. je 1 Grad Temperaturänderung. Nicht nur, weil man Belichtungszeit verliert, auch wandert der Fokus immer erst bis zu einer Toleranzgrenze, bevor er korrigiert wird. Das kostet Bildqualität. Es besteht auch das Risiko, dass zu dem Zeitpunkt gerade eine Schleierwolke oder etwas anderes den Autofokus beeinflusst, was dann die folgenden Bilder bis zum nächsten Autofokus verschlechtert. Schließlich ist 1 ° zumindest für Systeme wie meines (TS 130/910) zu viel Spanne. Mein Gradient für das 130/910 beträgt 64 micron/°C und meine Toleranz für einen scharfen Fokus etwa 25 micron. Das bedeutet, dass ich jede 0.3°C nachfokussieren müsste, wenn nicht temperaturgesteuert kontinuierlich nachgeführt würde. Das wären eine Menge Autofokus-Runs jede Nacht.


    Mit einer wie auch immer realisierten, kontinuierlichen Anpassung kann der Fokus die ganze Nacht halten. Wenn man Filter verwendet und eine Software benutzt, die auch mit Offsets und Backlash gut umgehen kann, geht das sogar bei beliebig vielen, sequenzgesteuerten Filterwechseln. Als Beispiel ein Screenshot, den ich gestern morgen nach einer vollautomatischen Ha/R/G/B Aufnahmenacht von M 106 gemacht habe.






    Man sieht an den anfangs ansteigenden und am Ende abfallenden Sternanzahlen (gelbe Linie), dass von nautischer Abenddämmerung bis zur nautischen Morgendämmerung fotografiert wurde. Es gab nur einen einzigen automatischen Fokus am Ende der astronomischen Abenddämmerung (weißes Dreieck). Die grüne Linie zeigt die Sternqualität (HFR). Leider fehlt hier die linke Achsenbeschriftung. Der HFR liegt so bei 2,6-2,8 und bleibt bis auf die Schwankungen durch die unterschiedlichen Filter die ganze Nacht konstant. Auf den jeweiligen Filter bezogen liegt die Schwankung deutlich unter 10% . Diese Schwankungen sind allein auf atmosphärische Änderungen (Transparenz, Seeing) und das Guiding zurückzuführen.


    Diskontinuierliches Nachfokussieren, z. B. nach Temperaturgrenzen oder HFR-Toleranzwerten verursacht zwangsläufig einen Sägezahnverlauf der HFR-Kurve oder halt sehr viele Fokus-Runs. Jetzt kann man sagen, man möchte das tolerieren. Aber Fehler addieren sich und wenn man schon einen Motorfokus mit Temperaturgeber besitzt, wäre mein Rat, den auch optimal einzusetzen.


    Viele Grüße

    Peter