Beiträge von JSchmoll im Thema „Kollimieren“

    Wie waere es, hier einfach mal einen Strich zu ziehen und die Diskussion, wer was wann wie gesagt hat, zu beenden? Dann koennten wir zur Ausgangsfrage zurueckkommen. Also mal [CTRL][ALT][DELETE] und ...



    ... soweit ich es verstehe, ist die Sachfrage das Verhalten von offenen und geschlossenen Tuben unterschiedlicher Laenge in Bezug auf das Seeing.

    Da gibt es zwei Lager (ist ein bisschen wie "Sucher oder Telrad" oder der Klassiker "Spiegel oder Linse").

    Die Liebhaber geschlossener Tuben argumentieren, dass Luftschlieren diesen nicht beeinflussen und das Bild im Fernrohr ruhig bleibt.

    Die Liebhaber offener Tuben bringen eine schnellere Auskuehlung und Warmluftseen ins Spiel, die im geschlossenen Tubus lange herumwabern und die volle Instrumentenleistung erst spaet entfalten lassen.

    Welche Seite nun Recht hat, haengt von vielen Gegebenheiten ab. Beispielsweise, ob das Instrument in einer Sternwarte steht und somit quasi immer ausgekuehlt ist, oder bei Bedarf aus dem beheizten Raum hinausgetragen wird. Dann ist entscheidend, wie offen der Tubus ist - beispielswiese ein RC im Volltubus (vorne offen) oder im Serruriertubus (ganz offen).

    Meine persoenliche Erfahrung, die sich sowohl auf portable als auch auf Sternwarteninstrumente bezieht, laesst mich den vorn offenen Volltubus favorisieren. Der Volltubus vermeidet, dass bodennahe Luftschlieren (Ausduenstungen des Beobachters etc :) ) in den Strahlengang geraten. Gerade bei Gruppenbeobachtungen ist dieser Aspekt nicht von der Hand zu weisen. Andererseits verhindert die oben offene Bauweise die Bildung von Warmluftseen an der Korrekturplatte, die dem Stern eine Zeit lang ein tropfenfoermiges Aussehen verpassen koennen. Ich habe das mal an einem 180er Maksutov von Intes erlebt, den ich fuer jemanden justieren sollte. Stundenlang dieser "Tropfen", dessen Schwanz langsam kleiner wurde. Als ich dann endlich soweit war, fing die Korrekturplatte an, zuzutauen ... so ein Instrument macht wohl eher als Sternwartengeraet Sinn. Bei meinem 10" RC hatte ich dieses Problem nie - die warme Luft macht am Anfang der Beobachtung fuer ein paar Minuten eine starke Turbulenz (das Bild ist nicht "schoen ruhig" wie beim geschlossenen System), doch einmal ausgekuehlt ist Ruhe. Ironischerweise habe ich inzwischen oeffnungsfieberbedingt statt dem 10" RC ein 14" SCT, das aber als Sternwartengeraet quasi immer ausgekuehlt ist und selten Auskuehleffekte zeigt.

    Also meine Beobachtung: Offene Systeme kuehlen rapide und unter starker Turbulenz aus. Geschlossene Systeme brauchen laenger, zeigen aber eher laminare Effekte wie den erwaehnten Warmluftsee. Mit Serruriertuben habe ich selbst keine Erfahrung. Aber ich kann mir vorstellen, dass sie naturgemaess anfaelliger sind, da die Luftschlieren ja von der Seite in den Strahlengang eindringen koennen. Deswegen werden ja auch bei Grossteleskopen saemtliche Waermequellen aus dem Kuppelraum verbannt: Der Beobachter sowieso, aber auch Abwaerme von Instrumenten, die per Kuehlmittelkreislauf und Waermetauscher aus dem Gebaeude gebracht wird.


    Was das Seeing ausserhalb des Instruments betrifft, ist diese Komponente natuerlich bauartinvariant. Der bereits deformierten Wellenfront interessiert es nicht, auf welches Instrument sie trifft.