Beiträge von Jürgen im Thema „Die ersten Parallaxen unter die Lupe genommen“

    Schöner Beitrag Caro!
    Da Du noch nichts zu Bessels Instrument geschrieben hast, möchte ich hier noch etwas anfügen.


    1813 wurde unter der Leitung des Astronomen Friedrich Wilhelm Bessel die Königlich Preußische Sternwarte in Königsberg erbaut. Sie war Teil der bereits 1544 unter Albrecht v. Brandenburg-Ansbach gegründeten Albertina Universität. Die Instrumente der neuen Sternwarte stammen zunächst überwiegend von einer unter Graf Friedrich von Hahn (1742-1805) um 1793 bei Remplin in Mecklenburg errichteten und nur wenige Jahre betriebenen Turmsternwarte. Bessel stand auf der neuen Sternwarte nur ein altes Heliometer des englischen Instrumentenbauers Dollond zur Verfügung. Da er die Vorzüge der äußerst genauen Heliometer-Messmethode gegenüber der Messung mit einem Fadenmikrometer erkannt hatte, jedoch die ungenügende Lichtstärke seines Instruments bemängelte, informiert er sich etwa 1818 bei Fraunhofer über die im optischen Institut gefertigten Heliometer. Schließlich bestellte er 1824 bei Utzschneider ein Instrument. Mit einem Objektivdurchmesser von 70 Pariser Linien und einer Brennweite von 8 Fuß war Bessels Instrument fast doppelt so groß als alle bisher in der Münchener Werkstatt angefertigten Heliometer. Kurz darauf gelangen Fraunhofer drei nahezu identische Objektive von 6 Zoll Durchmesser. Alle konnten noch kurz vor seinem Tod von ihm geprüft und retuschiert werden. Die Herstellung der mechanischen Teile des Instruments verzögerte sich in den folgenden zwei Jahren durch die Umstrukturierung des Instituts nach Fraunhofers Tod. Bessels Zweifel an der Fertigstellung seines Heliometers nach den vereinbarten Plänen wurden immer lauter. Er befürchtete, dass Utzschneiders Werkstätte nach Fraunhofers Tod nicht mehr in der geforderten Qualität liefern könnte. Dieser reagiert in einem Brief vom August 1826 auf Bessels Bedenken und informiert ihn über den gegenwärtigen Fertigungszustand des Instruments, wonach der Objektivansatz mit der Mechanik, der Okularansatz und drei Objektive zur Auswahl fertig gestellt wurden. Im Februar 1827 gelang G. Merz gleich beim ersten Versuch die Teilung eines der drei Objektive. In Gruithuisens Analekten für Erd- und Himmels-Kunde lesen wir hierzu:


    <i>„Im von Utzschneider-Fraunhofer’schen optischen Institute in München ist ein für Hrn. Bessel nach Königsberg bestimmtes Heliometer fertig geworden und ist von der Hälfte Octobers an bis Ende deselben im laufenden Jahre für die Kenner ausgestellt gewesen. Die Oeffnung des in 2 Hälften getheilten Objectivs ist sechs Pariser-Zoll. Herr Merz (gebohren in Benedictbeyern, im optischen Institut gleichsam aufgewachsen, Fraunhofers geschiktester Schüler und seit vielen Jahren sein erster Arbeiter) spaltete die zwey Objectivgläser mit einem Diamant; und es gelang schon zum Erstenmale so gut, dass nur die Bruchflächen durften matt geschliffen werden.“</i>

    Im gleichen Jahr wurde auch die parallaktische Montierung und das Stativ des Heliometers unter der Leitung Joseph Mahlers (1795-1845) fertiggestellt. Er orientierte sich hierbei an dem 1824 aufgestellten Refraktor der Dorpater Sternwarte, änderte aber gegenüber diesem Instrument die Aufnahme des Gegengewichts auf der Deklinationsachse. Über die Nebenapparate des am 11. März 1829 ausgelieferten Heliometers findet sich ebenfalls bei Gruithuisen folgender Hinweis:


    <i>„Das Fernrohr hat 5 Oculare von 45 bis 290malige Vergrösserung mit verschiedenen Sonnengläser versehen. Auch ist dabey eine Lampenmikrometer Vorrichtung, ein Ocular mit Fäden ins Kreuz, ein anderes mit Netz in Rhomben und noch eins mit concentrischen Kreisen, beyde leztere auf Glas. Noch gehört dazu ein Kreismikrometer mit 2 concentrischen Ringen nach Fraunhofer. Die Oculare der Netz- und Kreismikrometer haben eine 66,92 und eine 165malige Vergrösserung. Die Aufstellung ist parallactisch, alles in jeder Lage wohl balancirt, und das Fernrohr geht mittelst einer Uhr mit den Gestirnen, wie beim Dorpater Instrument. Der Stundenkreis hat eine Eintheilung von 4” zu 4” in Zeit, der Declinationskreis von 10” zu 10” im Raume. Alles dieses ist erst nach des unvergesslichen Fraunhofers Tod gefertigt worden.“</i>


    Die Kosten für das Instrument betrugen laut Kaufvertrag zwischen Utzschneider und Bessel rund 9.000 Gulden. Die Endkontrolle führte C. A. Steinheil durch, bevor es für den Transport nach Königsberg verpackt wurde. Im Frühjahr 1829 begann man in Königsberg mit dem Bau der Heliometer-Kuppel auf dem nördlichen Instrumentensaal der Sternwarte. Am 11. März 1829 kam das Instrument in Königsberg an. Im Oktober des gleichen Jahres wurde es aufgestellt und in Betrieb genommen. Das Königsberger Heliometer konnte trotz anfänglicher Zweifel zur vollsten Zufriedenheit Bessels auch ohne Fraunhofers Aufsicht von Georg Merz (1793-1867) gebaut werden. Bessel gelang damit in den Jahren 1837/38 die erste exakte Winkelmessung einer Fixsternparalaxe. Nun war es erstmals möglich, die Entfernung eines nahen Fixsterns zu bestimmen.


    Gruß in die Runde,
    Jürgen