Beiträge von MartinB im Thema „Wie verspiegelt man einen Primär-Spiegel?“

    Hallo Alex,


    Glas nimmt man vor allem, weil es sich relativ gut mit der benötigten Präzision bearbeiten lässt und dabei formstabil und beständig gegen Korrosion ist.
    Dazu kommt, dass man leicht eine hauchdünne Reflexionsschicht aufbringen und vor allem ohne Veränderung der Form wieder entfernen kann. Wo die Erneuerung der Spiegelschicht nicht nötig ist, z.B. bei Satellitenteleskopen, wird heute durchaus auch Metall als Spiegelträger verwendet.


    Deine Überlegung, Kunstharz als Spiegelträger zu nehmen, lässt vermuten, dass Du dir noch nicht so richtig vorstellen kannst, wie hoch die erforderliche Oberflächengenauigkeit ist.


    Also: Die Lichtwellenlänge ist ca. 1/2000 Millimeter. Damit die Abbildung des Spiegels einigermaßen gut wird, darf die Abweichung von der korrekten Oberflächenform nirgends auf der gesamten Spiegelfläche größer als etwa 1/10 davon, also 1/20000 Millimeter sein!


    Aus technischen Gründen schleift man die meisten Newton-Teleskopspiegel grundsätzlich erst mal sphärisch, d.h. die Oberfläche ist erst mal ein Kugelausschnitt. Dann wird sphärisch auspoliert, wobei die Rauhigkeit der Oberfläche von ca. 10 Mikrometer auf ca. 10 Nanometer verringert wird (Faktor 1000). Erst danach gibt man dem Spiegel die gewünschte Paraboloidform, indem man die Oberfläche unter messtechnischer Kontrolle zur Mitte hin durch Polieren minimal weiter vertieft. Bei kleineren Spiegeln ist diese zusätzliche Vertiefung weniger als 1 Mikrometer, und nur bei großen Amateurspiegeln muss man mehr als 10 Mikrometer zusätzlich wegpolieren.


    Das Spannende an der Sache ist, dass es uns Amateuren gelingt, diese Genauigkeit bei der Bearbeitung sogar mit recht einfachen Mitteln tatsächlich zu erreichen.


    Am besten kommst Du mal am Dienstag um 20 Uhr bei unserem Treffen in der Volkssternwarte München vorbei. Dann können wir persönlich diskutieren und dir eventuell auch einiges live zeigen.
    Zur Spiegelbedampfung haben wir auch eine kleine Anlage, die geht bis max. 400mm Durchmesser.


    Gruß,
    Martin

    Noch was zum Thema Kosten: Es geht hier um beugungsbegrenzte Präziskonsoptik. Die Spiegel müssen unglaublich genaue Oberflächen haben, damit sie einigermaßen funktionieren, selbst für ejnfache Amateurteleskope. Das hat z.B. mit einem Badezimmerspiegel überhaupt nichts gemeinsam.
    Der Preis für die Glasscheibe aus einer geeigneten Glassorte kostet für einen 200mm Spiegel allein schon 50-100 Euro. Fertige 200mm Teleskopspiegel aus China in ordentlicher Qualität kriegst Du bereits ab ca. 250 Euro, das finde ich extrem preisgünstig. Vor 50 Jahren hätte der Spiegel allein wohl mehr als einennormalen Monatslohn gekostet.


    Gruß,
    Martin

    Hallo Alex,
    Mit einer Suche im Browser nach "Astrotreff versilbern" bekommst Du mehrere brauchbare Treffer zum Thema.


    Oh, ich seh gerade, Du hast mir direkt auf meinen Beitrag oben geantwortet.
    Ja, ich denke auch, bis etwa 200 oder 250mm Spiegeldurchmesser bekommst Du fertige Teleskopspiegel schon zu Preisen, bei denen sich selbst herstellen zumindest finanziell nicht wirklich lohnt.
    Spiegel bis 400mm werden heute in Serie in China produziert, da ist der Kostenvorteil beim selber schleifen noch gering. Erst darüber fängt es an sich finanziell zu lohnen - wenn man es vorher an kleineren Spiegeln gelernt hat.


    Übrigens, das Versilbern musst Du regelmäßig wiederholen, so alle 6-12 Monate etwa. Die Aluschicht hält deutlich länger, mit Schutzschicht leicht über 10 Jahre.


    Gruß. Martin

    Hallo Alex,


    Als jemand, der schon einige Spiegel selbst hergestellt hat (von 97mm bis 455mm, es waren insgesamt, glaube ich, 9 Stück bisher) finde ich, Du hast bisher sehr brauchbare Antworten bekommen und ich brauche dem nicht viel hinzu zu fügen.


    Wenn Du Lust hast, im Astrotreff über deine Ideen zum Teleskopbau zu diskutieren, wäre ich gern dabei, zu diesem Themenbereich hatten wir für mein Empfinden in letzter Zeit ziemlich wenig Aktivität hier...
    Aber am besten machst Du dazu einen neuen Thread auf.


    Einen Teleskopspiegel herstellen und ein Teleskop bauen sind sehr unterschiedliche Aktivitäten, die auch sehr unterschiedliche Anforderungen stellen. Der schnellste Weg, damit Du eine bessere Vorstellung bekommst, worum es geht, ist Leute persönlich kennen zu lernem, die sowas schon mal gemacht haben.


    Es gibt in Deutschland an einigen Orten Gruppen, die sich mehr oder weniger regelmäßig treffen. Da kannst Du Leute persönlich treffen, die solche Projekte schon mal erfolgreich durchgezogen haben. Eine andere Möglichkeit sind Teleskoptreffen, wo Du ebenfalls Selbstbauern "in ihrer natürlichen Umgebung" begegnen kannst. Ich halte den persönlichen Kontakt für extrem hilfreich und für wichtiger als eine Diskussion oder Recherche im Internet.


    Für halbwegs moderne Selbstbauten auf dem aktuellen technischen Stand wirst Du online keine fertigen Baupläne finden. Das liegt wohl daran, dass sich Selbstbau praktisch nur lohnt, wenn Du etwas möchtest, das es weltweit so nirgends als Serienprodukt gibt, oder nur als Kleinserienprodukt einer Manufaktur.


    Selbstbauer wie ich neigen dazu, keine kompletten Baupläne zu erstellen, sondern nur Skizzen und Teilpläne, wenn es unvermeidbar ist. Die Aufbereitung der Pläne zur Weitergabe würde dann noch mal fast so lange dauern wie dder Teleskopbau, das tue ich mir zumindest bisher nicht an.


    Noch ein Rat zum Schluss: Die wichtigste Voraussetzung ist der Wille und die Zielstrebigkeit, so ein Projekt komplett durchzuziehen. Alles Andere (und das ist eine ganze Menge) kann man lernen.


    Gruß,
    Martin