Beiträge von Atlas im Thema „Erdrotation nicht schon vor Foucault bewiesen?“

    Hallo delta9,


    Ich habe den Eindruck, daß Du in Deiner Frage vieles durcheinander wirfst. Wie auch die anderen schon geschrieben haben, mußt Du die Drehung der Erde um ihre eigene Achse unterscheiden von der Bewegung der Erde um die Sonne. Das Foucaultsche Pendel war der erste direkte Beweis für die Achsdrehung der Erde. Mit der Bewegung der Erde um die Sonne hat das nichts zu tun.


    Ob die Achsdrehung der Erde auch vor Foucault schon als bewiesen gelten konnte? Nun, es gab keine direkten Beweise, sondern nur indirekte Hinweise. Kopernikus war natürlich klar, daß er der Erde nur dann eine Bewegung um die Sonne zuschreiben konnte, wenn er sie auch um ihre eigene Achse drehen ließ. Sonst wäre ja ein Tag genau so lang wie ein Jahr. Der Geozentriker erklärt die Tageslänge einfach durch die Sonne, die sich wie alle Himmelskörper um die Erde bewegt. Der Heliozentriker muß dagegen zwei Bewegungen einführen, nämlich die Bahn der Erde um die Sonne und die Achsdrehung der Erde. Der Geozentriker liefert also die einfachere Erklärung, die in diesem Fall aber doch nicht die richtige ist. Die Heliozentriker konnten die zweite Bewegung der Erde, nämlich die Achsdrehung, aber nicht beweisen, sondern sie mußten sie auf der Basis der ersten Bewegung postulieren.


    Ändert sich daran etwas durch Newtons Gravitationstheorie? Ich denke nicht, denn in ihrer astronomischen Anwendung besagt sie über die Achsdrehung der Erde zunächst gar nichts. Sie betrifft nur die Bewegung der Himmelskörper auf ihren Bahnen.


    Man kann weiter fragen, ob die Gravitationstheorie überhaupt relevant ist für die Frage: Heliozentrismus oder Geozentrismus? Es könnte ja sein, daß die Erde der Zentralkörper des Sonnensystems ist. (Über die Massen der Himmelskörper wußte man damals praktisch nichts.) Wäre dann die Newtonsche Gravitationstheorie sogar mit dem geozentrischen Weltbild vereinbar? Nun, das wohl nicht. Denn nach Newton und Kepler bewegen sich die äußeren Planeten langsamer als die inneren (unter der Voraussetzung, daß ihre Massen gegenüber der Masse des Zentralkörpers klein sind). Sie brauchen also mehr Zeit für einen Umlauf. Doch dem geozentrischen System zufolge laufen die äußeren Planeten schneller als die inneren: Die Fixsternsphäre braucht demnach ca. 23,9 Stunden für einen Umlauf; Saturn ist ein kleines bisschen langsamer und wird deshalb alle 29,5 Jahre von den Sternen überrundet; Mars wird ca. alle 1,9 Jahre überrundet; die Sonne wird jedes Jahr einmal von den Sternen überrundet und der Mond alle 27,3 Tage. Der Mond als das nächstgelegene Objekt bewegt sich demnach am langsamsten, Saturn als das fernste Objekt am schnellsten. Das paßt aber nicht zum dritten Keplerschen Gesetz und zur Newtonschen Gravitationstheorie. Wenn diese richtig sind, muß das geozentrische System falsch sein.


    Die Newtonsche Gravitationstheorie liefert somit ein weiteres Argument für die Richtigkeit des heliozentrischen Weltbildes. Die Achsdrehung der Erde wird davon aber nicht direkt berührt, sondern sie ergibt sich weiterhin nur als Zusatzannahme aus dem Heliozentrismus, weil man sonst die Tageslänge von 24 Stunden nicht erklären konnte.


    Foucault hat demgegenüber erstmals einen direkten Beweis für die Achsdrehung der Erde geliefert.


    Viele Grüße
    Johannes