Beiträge von Lars73 im Thema „Woher kannte Kepler die Planetenabstände?“

    Hallo Stefan,
    Kepler hatte ja Tychos jahrzehntelange Beobachtungsreihen des Mars zur Verfügung und aus diesem Material hat er seine Erkenntnisse gewonnen.


    In Wikipedia (Keplersche Gesetze) ist der entscheidende Weg so zusammengefasst:


    "So konnte Kepler annehmen, dass der Mars, obwohl seine genaue Bahn noch unbekannt war, nach jedem seiner Umläufe um die Sonne wieder die gleiche Position im Weltraum einnimmt, auch wenn er von der Erde aus gesehen an verschiedenen Himmelspositionen erscheint, weil dann die Erde jedes Mal an einer anderen Stelle ihrer Bahn steht. Daraus bestimmte er zunächst mit ca. 4-stelliger Genauigkeit die Erdbahn. Auf dieser Basis wertete er die übrigen Beobachtungen des Mars aus, bei dem die Abweichungen von einer Kreisbahn deutlicher sind als bei der Erde. Als er nach vielen Fehlschlägen und langem Probieren den Maximalfehler bei der Position des Mars am Himmel nicht unter 8#8242; (etwa 1/4 Vollmonddurchmesser) drücken konnte, nahm er einen weiteren Anlauf und fand – halbwegs zufällig –, dass die Marsbahn am besten durch eine Ellipse wiederzugeben ist, wobei die Sonne in einem ihrer Brennpunkte steht. Dieses Ergebnis bestätigte sich auch bei der Erdbahn, und es passte auch zu allen anderen von Tycho beobachteten Planeten."


    Sehr ausführlich wird das hier behandelt:
    https://dokumentix.ub.uni-sieg…er_Die_Kepler_Ellipse.pdf


    Da heisst es auf Seite 81:


    "5.6. Die Erkundung der Erdbahn vom Mars aus
    In der Geschichte der Philosophie taucht immer wieder das Prinzip auf, dass man die Welt von außen, jedenfalls von einem andern Standpunkt aus betrachtet. Auch in der Astro- nomie war das von jeher so. Tycho hatte sich gar den Wahlspruch gewählt ‚Suspiciendo despicio‘ („Indem ich hinaufblicke, blicke ich herab“).
    Kepler hatte bei der Aufsuchung der Knoten der Marsbahn festgestellt, dass der Mars jeweils nach einem Umlauf in dieselbe Position im Raum zurückkehrt, — jedenfalls ist dies die einfachste Interpretation der Tatsache, dass er dann die Erdbahnebene kreuzt —, so dass es nahe liegt, diesen Punkt als Fixpunkt für eine Trigonometrie der Erdbahn zu benutzen. Mit zwei Fixpunkten (der andere ist am einfachsten die Sonne) lässt sich, wie auf hoher See, eine Position durch Winkelmessung bestimmen. Niemand hat dieses Verfahren mehr bewundert als Einstein [16]. Er vergleicht den Fixpunkt mit einer Laterne oder einem Leuchtturm. ..."


    Er war eben ein echtes Genie. Zuerst bestimmte er also die Erdbahn und dann die Marsbahn.
    Diese beiden Bahnen - das heisst ihre Relation zu einander - reichen ja schon, um die Beziehung lt. dem 3. Keplerschen Gesetz zu finden.
    Die Abstände der anderen Planeten in AE wiederum ergeben sich aus dem 3. Keplerschen Gesetz.


    Gruß Lars

    Hallo Stefan,
    es waren zu Keplers Zeiten die Umlaufzeiten der Planeten schon mit hoher Genauigkeit bekannt, d.h. sie waren es bereits in der Antike. Die Beobachtungen überspannten ja schon Jahrhunderte.
    Für die Ermittlung der Keplerschen Gesetze ist die Kenntnis absoluter Abstände (d.h. in Kilometern o.ä.) nicht notwendig.
    Die Frage der tatsächlichen Dimensionen des Sonnensystems konnte dann erst später beantwortet werden, Stichwort: Sonnenparallaxe.
    Kennt man einen einzigen Abstand, so folgen die übrigen aus den keplerschen Gesetzen.
    Die Entfernung Erde-Sonne war dieser erste fundamentale Abstand, den die Astronomen zu ermitteln versuchten. Viel Aufwand wurde betrieben, um anläßlich der seltenen Venusduchgänge 1874 und 1882 die Sonnenparallaxe zu bestimmen. Mit größerer Genauigkeit gelang dies später mit der Parallaxe des Eros (1941) bzw. mit Radarmessungen.
    Gruß Lars