Beiträge von TGM im Thema „Das Universum und der Quantencomputer“

    Johannes,


    dein Kommentar, dass viele exzellente Physiker des letzten Jahrhunderts, wie auch der Nobelpreisträger Glashow (und andere wie Gell-Mann, Weinberg) Mulituniversen ablehnen, während viele Physiker unserer Tage sie sogar für zwingend notwendig halten hat mich überrascht und neugierig gemacht. Ich frage mich auch, wie du darauf kommst. Im Physik-Studium, in den Physik- und Astrophysik- Lehrbüchern kommen Multiuniversen soweit ich es überblicken kann nicht oder nur ganz am Rande vor, mag sein, dass dies in 20 Jahren anders ist.


    Wie auch immer, die intensive Diskussion von Multiuniversen hat auch etwas damit zu tun, dass die Erforschung der Fundamente der Physik, der Kosmologie, hier das Konzept der Inflation und auch der Teilchenphysik sich in Schwierigkeiten, manche meinen sogar in einer Sackgasse befindet. Die Teilchenphysik möchte – muss im Grunde - einen neuen, nochmals größeren und teureren Beschleuniger als LHC bauen, wenn relevante, neue Fakten gesammelt werden sollen und damit Gebiet nicht schrumpft, d.h. ein Heer von Nachwuchswissenschaftlern nicht vor dem 'Nichts' sehen soll. Doch die wissenschaftliche Begründung für eine extrem teure Maschine fußt weitgehend auf reinen Spekulationen zur String-Theorie, Supersymmetrie, Dunkler Materie etc. Auch wenn die wissenschaftliche Begründung vielen eher mager scheint und experimentelle Teilchenphysik immer kostspieliger wird sollten wir uns sie meiner Meinung nach wenn irgend möglich leisten, neue experimentellen Techniken entwickeln, denn andernfalls hören wir auch auf mangels neuer Anstöße Fragen zum Verständnis der Grundlagen zu stellen.


    Am verlängerten Wochenende hatte ich etwas Zeit, bei Thema Multiuniversen und Stringtheorie bin ich dann auf folgenden Artikel gestoßen:


    https://www.nzz.ch/wissenschaf…postfaktischen-ld.1401525


    Übrigens, wer das 500 Seiten Buch von Tegmark nicht lesen möchte, hier hat Tegmark seine Ideen zusammenfasst:


    https://www.spektrum.de/magazin/parallel-universen/830044


    Der Mathematiker Daniel Kleitmann macht sich in der weiter o.g. Rezension über Tegmark's Vorstellung lustig, dass es von jedem von uns in einem der unendlich vielen Multiuniversen eine identische Kopie von uns gibt. Doch denkt man dies etwas weiter, müsste es wohl nicht nur eine Kopie von jedem von uns, sondern nahezu unendlich viele, sehr ähnliche geben, wenn man davon ausgeht, dass die Zukunft nicht determiniert ist, sondern im Sinn der Quantenmechanik sich in verschiedene Möglichkeiten verzweigt. Es muss nicht mal ein quantenmechanische Experiment sein, wenn du oder ich, einer von uns im Lotto gewinnt, was machen dann unsere fernen Zwillinge, gewinnen die auch? Ich vermute, die Lebenswege unserer Zwillinge oder Kopien verzweigen sich ab unserer Geburt, einige sind vielleicht schon unter der Erde, andere werden vielleicht bei bester Gesundheit den 100. Geburtstag feiern (Oder mache ich einen Denkfehler?). Ob das geht, ist eine Frage der großen Zahlen, welche 'Unendlichkeiten' 'größer' sind, die der Möglichkeiten Materie anzuordnen oder die der Anzahl von Universen. Kleitmann und Glashow halten Tegmarks Abschätzungen für falsch, doch wäre seine sein Antwort interessant, denn Tegmark kommt mit ganz verschieden Ansätzen zu ähnlichen Ergebnissen (siehe oben, Link Spektrum). Wenn ich Tegmark richtig verstanden habe, dann könnte man folgern, dass im Laufe des Lebens, im Laufe der Zeit, die identischen Kopie, die uns perfekt identisch ist immer weiter von uns entfernt seien, während 'näher' dran sich eine Unzahl von sehr ähnlichen findet, deren Lebenswege andere Pfade genommen hat. Könnten wir zuschauen würde wir sehen, ob wir uns Leben geschickt gestaltet haben.



    Das ist schon unterhaltsam und auch vielleicht inspirierend. Doch wenn eine wissenschaftliche Theorie sich nicht - oder eventuell erste in Milliarden Jahren - überprüfen lässt und damit falsifizierbar ist/wird, und zweitens und auch nichts erklärt, neue Einsichten liefert, was bleibt dann übrig?


    Viele kluge Köpfe werfen sich daher vielleicht auf andere interessante, 'seriösere' Gebiete, z.B. Astrobiologie, Quanteninformatik, künstliche Intelligenz. Letztere ergänzen sich sogar. Max Tegmark hat seinen Schwerpunkt ja auch in diese Richtung verlagert. Ich finde es sehr interessante dass D-Wave in Vancouver als kleine Pionierfirma mit dem wohl ersten kommerziellen Quantencomputer beide Wege verfolgt und mit Anwendungen Geld verdient. Allerdings ist die Entwicklung von Quantencomputern als Hardware an aufwändige Labors gebunden, jeder Fortschritt bei Algorithmen für neurale Netzen – die häufig frei zur Verfügung gestellt werden - kann sich dagegen quasi instantan verbreiten, so dass dieses Gebiet extrem schnell wächst und uns wohl noch eine stürmische Entwicklung – hoffentlich zum Guten - bevorsteht. Was sich im Alltag ergeben könnte, parallel zu Leben 3.0 lese ich gerade „Maschinen wie ich“ von Ian McIwan. Wen das Thema interessiert empfehlen keine der vielen Rezension zu lesen, man verdirbt sich vielleicht den Spaß.


    Beste Grüße


    Thomas


    p.s.


    Vielen Dank für den Hinweis auf Tegmarks schönes Zitat, „dass in unserem Kosmos Bewusstsein entstanden ist, das "Selbstreflexion, Schönheit und Hoffnung zulässt - sowie das Verfolgen von Zielen, Bedeutung und Absicht." Ohne die Entstehung solchen Bewusstseins, so meint Tegmark, wäre das Universum völlig sinnlos - "lediglich eine gigantische Platzverschwendung"..

    Man kann schon die Frage stellen, was die Pressmitteilung bedeutet, wurde ein wichtiger Durchbruch erzielt, der Auswirkung auf die Lösung weniger abstrakte Probleme hat oder ist es der Versuch wieder etwas mehr sichtbar zu werden. Mein Eindruck, um Quantencomputer ist es in letzter Zeit etwas ruhiger geworden, ein neues Schlagwort ist Maschine Learning.



    Zum Thema Max Tegmark und die Multiuniversen, im Urlaub habe ich sein Buch „Leben 3.0“ zu lesen begonnen und bin dabei auch auf sein erstes Buch über das Mathematische Universum gestoßen, mit den verschieden Arten von Multiuniversen. Ich fand diese Rezensionen recht interessant,


    https://inference-review.com/article/its-you-again


    https://inference-review.com/l…hand-waving-exact-science


    http://backreaction.blogspot.c…view-max-tegmark-our.html



    Sie haben mir geholfen verschiedene Abschnitte, z.B. über die Besiedlung des Weltalls in „Leben 3.0“, das ich für ein lesenswertes Buch halte, einzuordnen. Als Leser weiß man oft nicht wo die Grenze zu purer Sciencefiction überschritten wird. Bei Vielem frage ich mich, ob Max Tegmark selber glaubt was er schreibt, oder ob es großteils eine reine intellektuelle Spielerei ist, mit der man Widerspruch und damit Aufmerksamkeit bekommt. Der aktuelle Forschungsschwerpunkt seiner Arbeitsgruppe scheint sich in Richtung künstlicher Intelligenz und Machine Learning verschoben zu haben, hier gibt es wie sein neues Buch zeigt auch viel Raum für interessante Spekulationen.


    Beste Grüße


    Thomas