Beiträge von Kalle66 im Thema „Brauche Entscheidungshilfe“

    Hi Flo,
    dass ich so ausführlich auf Go-To eingegangen bin, hat damit zu tun, dass dies vielen Anfängern als kaufentscheidendes Argument im Kopf herumschwirrt: Typisch ist die Vorstellung bei Anfängern, dass man sich die Optionen


    - nachrüsten auf Go-To
    - fototauglich


    offen halten will.


    Beides läuft aber erfahrungsgemäß darauf hinaus, dass man binnen Jahresfrist, sofern man das Hobby "Astronomie" da nicht schon aus anderen Gründen aufgegeben hat, dann ein gänzlich anderes Teleskop kauft. Gründe für Hobbyaufgabe sind dann eher: Nachts ist es draußen "ungemütlich" kalt, erst recht, wenn man von der Arbeit "müde" ist.


    Hobbyastronomie ist wie Hobbykochen ... man plant 3 Tage vorher, was man will und bereitet dann 6h das Essen vor. Jedenfalls nix für Leute, die nur die 5-Minuten-Terrine kennen.

    Hi Rockaflo,
    willkommen im Forum.


    Gerade draußen auf dem Feld(weg) würde sich ein Dobson (Newtonteleskop auf Dobsonmontierung) anbieten, wenn du mit dem Auto dorthin gelangen kannst ... Weil sie ohne Strom/Akku auskommt.


    Aber eins nach dem anderen. Fangen wir bei den Begriffen an. So ein Teleskop besteht aus Teleskop/Tubus und der "Montierung" (als Sammelbegriff für die Mechanik). Die Montierung wiederum besteht aus Stativ und Montierungskopf oder aus der sog. "Rockerbox" eines Dobson. Eine typische deutsche parallaktische Montierung (so nennt man die Anordnung mit Achsenkreuz in Abgrenzung z.B. zur Hufeisenmontierung) kann auf der Stundenachse oder beiden Achsen motorisiert sein. Dann müssen die Motoren aber auch gesteuert werden. Im einfachsten Fall mit einem 24h-Uhrenwerk auf der Stundenachse, sprich der Motor der Stundenachse gleicht die Erddrehung aus und fertig. Diese Fähigkeit nennt man "Nachführung" (auf der Stundenachse) und die ist essentiell, sonst hat "parallaktisch" keinen Mehrwert gegenüber einer Alt-AZ-Montierung (Achsen senkrecht/waagrecht).


    Aktuell sind computerbasierte Steuerungen üblich und die Namensgebungen, was die alles machen, sind vielfältig. Goto heißt schlicht, dass nach dem Aufstellen der Montierung/Teleskop eine Prozedur zum "Einnorden" unterstützt wird und sich daran ein "Star Alignment" anschließt. Der Computer weiß dann mehr oder weniger präzise, wohin das Teleskop am Himmel schaut und kann über die Handbox/Smartphone/Laptop gezielt Objekte nach Koordinaten am Himmel anfahren.


    Ich erlebe, dass ein blutiger Anfänger regelmäßig mehr als ein Tag braucht, um eine parallaktische Go-To-Montierung überhaupt zum Laufen zu bringen und dann ein bestimmtes Objekt am Himmel auch anzufahren. Ich habe da genug Leute Fluchen gehört.


    Trotz aller Tipps, kann ich Dir wenig zu Deinen Vorschlägen sagen, weil ich beide nicht selbst kaufen würde. Bei visueller Nutzung haben "Newton-Spiegelteleskope" auf jeder Stativ-Montierung einen Nachteil. Durch den bauartbedingten seitlichen Einblick kommt es immer wieder zur Situation, dass das Stativ "im Weg steht" und man deshalb den Newton in seinen Rohrschellen drehen muss. Ein Star-Alignment verliert dadurch an Genauigkeit oder geht ganz flöten und muss dann wiederholt werden ... das Gegenteil von dem, was ich unter "Goto" verstehe.


    Warum, wird mancher sich fragen: Weil dann, wenn man einen Newton in den Rohrschellen dreht, die Sichtachse (opt.Achse im Newton) im Verhältnis zu den Montierungsachsen geändert wird. Selbst wenn die Rohrschellen selbst perfekt rotieren, die Schellen müssten perfekt kollinear ausgerichtet sein UND der Newton selbst müsste perfekt kollinear im Tubus "justiert" sein. Das ist praktisch nie der Fall.


    Dazu kommt bei den günstigen Montierungen das Problem, dass diese keine "absoluten" Winkelencoder enthalten, die kosten nämlich allein so viel, wie das ganze Angebot und mehr. Ohne Encoder verliert aber eine solche Montierung ihre Orientierung am Himmel, wenn man "mal eben" die Achsenkupplungen löst um das Teleskop händisch mal von Westen nach Osten zu schwingen. (Ein etwas ältere Montierung wurde gerne auch "Kaffeemühle" genannt, wenn sie geräuschvoll und minutenlang einen Vollschwenk machte).


    Fazit: Die Bequemlichkeit von "Go-To" ist relativ bei den Einsteigergeräten ...


    PS: Es ist ein Anfänger-Irrglaube, wenn man meint Go-To ersetze Kenntnisse über Sternbilder, weil man ja die Objekte am Computer auswählen kann. Damit Go-To überhaupt funktioniert, muss man die wichtigsten Sterne mit ihren Namen kennen und am Himmel auch finden. Sonst kann man kein Star-Alignment durchführen.


    PPS: Händisch betrieben hat eine parallaktische Montierung in meinen Augen keinen Mehrwert gegenüber einer Alt-Az-Montierung (wozu auch ein Dobson gezählt wird). Es gibt m.E. nur einen Grund, dass man eine "Stativ-gebundene" Montierung wählt, nämlich, wenn man ein Teleskop hat, dessen Einblick "hinten" ist (Linsenteleskope und bestimmte Spiegelteleskope, aber halt nicht der "Newton"). Ohne Stativ sitzt man da sonst auf dem Boden.