Beiträge von Kalle66 im Thema „Spiegelmaterial“

    BK7 steht für <b>B</b>orosilikat-<b>K</b>ronglas. Wer bei einem Spiegelteleskop mit einem sogenannten optischen Glas wirbt, will damit weniger dessen optischen Qualtitäten, sondern dessen mechanische Qualitäten hervorheben.


    Für einen Spiegel spielt z.B. die Reinhheit/Blasenfreiheit fast keine Rolle, denn das Licht soll ja nicht durch das Glas wandern wie bei einer Linse.


    Viel wichtiger ist die Wärmeausdehnung und da ist BK7 (7,1 E-6 je Kelvin) nicht viel besser als Fensterglas (float glass) mit 8,5 E-6/K. Als optisches Glas sollte BK7 aber weitgehend frei von inneren Spannungen sein.


    Zum Vergleich: Pyrex (ursprünglich die Markenbezeichnung von Corning (als Glassorte inzwischen etwas verwässert) und das Borofloat (ebenso auch Supremax, Duran) von Schott sind ein Borosilikat-Glas (hier ohne den Zusatz "Kron") und haben einen Wärmeausdehungskoeffizient, der weniger als halb so groß wie Fensterglas ist. Genau deswegen werden sie primär z.B. als Ofen-Schaugläser, für Kaffeekannen, als Reagenzgläser im Labor etc. genutzt, mangels Wärmeausdehung zerplatzen sie bei Temperaturänderungen nicht.


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    Was vielleicht noch nicht alle mitbekommen haben:
    Corning hat die Produktion von Pyrex inzwischen verkauft. Keine Ahnung wo da die Namensrechte inzwischen gelandet sind, in den USA steht Pyrex für "Geschirr aus Glas". Bekannt wurde bei den Astronomen Pyrex vor ~80 Jahren, als der 5m-Hauptspiegel in Mt. Palomar aus Pyrex hergestellt wurde.
    Pyrex wurde nie im Float-Prozess hergestellt (Float-Prozess ist eine Endlos-Fertigung im Fließverfahren im Gegensatz zum Einzelgussverfahren. Damit hatte Pyrex immer das Problem, dass besondern dicke Scheiben innere Verspannungen aufweisen konnten, sofern sie nicht zusätzlich kontrolliert erwärmt und "langsam" abgekühlt wurden (sog. fine annaeling).


    Die Konkurrenz Schott in Mainz stellt Borosilikatglas in Mainz bis zu einer Dicke von (ich glaub inzwischen 30mm) im Float-Prozess her. Kurzum, wer den Floatprozess so beherrscht, der hat auch keine Probleme mit "inneren Spannungen". Supremax ist dagegen "gewalztes Borosilikatglas". Gleiches Glasmaterial wie Borofloat, anderer Herstellungsprozess.


    Seit einiger Zeit werden auch Zero-Expansion-Gläser (Zerodur und der lizensierte Ableger Astro-Sital, ULE-Glas) angeboten. Die haben faktisch überhaupt keine Wärmeausdehnung, sind aber teuer und deutlich schwieriger in der Bearbeitung. Dann gibt es noch Quarzglas, dessen Wärmeausdehung ebenfalls fast gegen null geht (ca. 10-fach geringer als Fensterglas). Auch hier ist die Bearbeitung wegen der Härte schwierig.


    Wenn man ein Spiegelteleskop aus China bekommt, wäre ich immer vorsichtig mit den Markenbezeichnungen. Ich bezweifle, dass die BK7 von Schott aus Mainz beziehen, sondern einfach ein BK7-ähnliches Glas nehmen. Denn für Spiegelteleskope wäre Borofloat besser und vielleicht sogar billiger als BK7 (Schott). Allerdings produzieren die ihre Sachen weniger für den deutschen Markt, sondern für weltweiten Vertrieb und ich habe keine Ahnung, welche Glas-Marken da wo welchen Stellenwert haben. "Pyrex" z.B. geniest in den USA seit dem Bau des Palomarspiegels eine besondere Wertschätzung.


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    <b> Die Glasauswahl hat bei heutigen Teleskopen keinerlei Auswirkungen auf die optische Präzision der Spiegeloberfläche</b>
    Vielleicht gab es vor 25 Jahren in China mal eine Zeit, als die aus Fensterglasbruch in einem Hinterhof 200mm-Glasrohlinge zusammenschmolzen und deshalb jede Markenbezeichnung sich davon abhob. Mein Bauchgefühl sagt mir, dass das heute aber so nicht mehr läuft; auch in China bleibt die Zeit nicht stehen. Das Schleifen und Polieren dürfte für alle Spiegel einer bestimmten Größe in etwa gleich ablaufen, so dass man keine Rückschlüsse vom Material auf den "Strehl" ziehen sollte.





    (==&gt;)Stefan:
    Temperglas (getempert) ist das Gegenteil von spannungsfrei (siehe Sicherheits-Glas). Da wird Glas schockartig abgekühlt. Bleib einfach bei "fine annealed".