Beiträge von Caro im Thema „Grundsteinlegungszeremonie für das ELT“

    Hallo Stathis,


    wenn man man bedenkt, daß man vom ganz ursprünglich mal angedachten Overwhelmingly Large Telescope mit 100 Metern Durchmesser auf erst 42 und nun 39 Meter abgespeckt hat, erscheint einem der Schritt von 10 auf 39 Meter jetzt nicht mehr so groß. Übrigens war die Frage der technischen Machbarkeit nur ein Nebenaspekt, als man sich gegen OWL entschieden hat, in erster Linie waren es die Kosten, die den Ausschlag zum kleineren ELT gegeben haben. So ganz stimmt es ja auch nicht, daß es gar nix dazwischen gibt, schließlich zimmert man gerade mehrere 8m-Spiegel zum Giant Magellan Telescope mit 25 Metern zusammen, und auch wenn das Thirty Meter Telescope derzeit in der Warteschleife hängt, heißt das ja nicht, daß es nie gebaut wird.


    Die magischen eine Milliarde Euro (die ja letztlich auch den Schritt von 42 zurück auf 39 Meter bewirkt hat) stehen jedenfalls für das ELT nach wie vor als Vorgabe im Raum. Und weil die nicht so einfach zu beschaffen sind, wenn die Brasilianer nicht endlich ihre Mitgliedschaft ratifizieren und anfangen ihre Beiträge zu bezahlen (wonach es nicht aussieht...), muß das ELT womöglich erstmal auf den innersten Spiegelring verzichten. Fakt ist: Das ELT ist weder BER noch die Elphilharmonie, eine deutliche Kostenerhöhung würde das Projekt schlichtweg unmöglich machen.


    Wer mehr zu den optischen und konstruktionstechnischen Details des Teleskops wissen will, muß die oberflächlichen ÖffentlichkeitsSeiten links liegenlassen und sich zu den wissenschaftlichen Seiten durcharbeiten: https://www.eso.org/sci/facilities/eelt/telescope/index.html
    Wers noch genauer will, wird im Weißbuch fündig, auch wenn hier nicht alles auf dem neuesten Stand ist: https://www.eso.org/sci/facili…/e-elt_constrproposal.pdf


    Viele Grüße
    Caro

    Hallo Henning,


    ganz im Gegenteil, denn Interferometrie ist alles andere als trivial. Fangen wir doch mal ganz von vorne an. Betrachte Licht als Welle. Eine Welle wird charakterisiert durch Amplitude, Ausbreitungsgeschwindigkeit und Phase. Letzteres kannst du als "wo genau im Verlauf einer Sinuskurve befinde ich mich gerade?" betrachten. Interferometrie heißt, auf diese ganz grundlegenden Eigenschaften des Lichtes zurückzugehen, um Eigenschaften der aussendende(n) Lichtquelle(n) zu ermitteln oder etwas sich im Verlauf des Strahlengangs befindliches zu untersuchen. dabei macht man sich die Überlagerung der Wellen im Interferometer zunutze: Sind zwei Lichtwellen mit gleicher Wellenlänge genau in Phase, verstärkt sich dabei die Amplitude, sind sie um eine halbe Schwingung verschoben, löschen sie sich gegenseitig aus. Bildet man das ganze räumlich ab, erhält man ein Interferenzmuster. Nehmen wir mal die Materialprüfung, und hier ganz aus unserem Bereich das Spiegelschleifen: Unterschiedliche Phasen des Lichts eines eingestrahlten Lasers erzeugst du hier durch Oberflächenungenauigkeiten des Spiegels, die in der Überlagerung zu ganz leicht unterschiedlichen Lichtlaufzeiten räumlich verschieden verlaufender Lichtstrahlen führen. Das entspricht wenn du so willst einer hochpräzisen Entfernungsmeßmethode. Ein Interferogramm eines Teleskopspiegels läßt sich damit letztlich auf eine "Höhenkarte" eben dieses zurückrechnen.


    In der astronomischen Interferometrie interessiert dich stattdessen üblicherweise eher die räumliche Auflösung deiner Lichtquelle. Auch hier gilt: In der Phaseninformation steckt das was du dafür brauchst, denn das Licht zweier nebeneinander liegender Lichtquellen legt unterschiedliche Wege zu dir zurück. Visierst du also mit einem Interferometer einen Stern mitsamt Exoplaneten an, erhältst du ein Interferenzmuster, das dir sagt "da überlagern sich zwei Lichtquellen", aber kein direktes Bild der beiden. Das müßte erst mühsam rekonstruiert werden: Nehmen wir an, du hast zwei Teleskope, deren Licht du dafür zur Interferenz bringst. Es gilt dabei das Prinzip, daß der Abstand der Teleskope dem theoretischen Durchmesser deines kombinierten Teleskops entspricht, damit erhältst du eine entsprechende Auflösung. Allerdings räumlich nur in einer Dimension, exakt entlang der Verbindungslinie der beiden Teleskope! Jetzt kann man dankenswerterweise tricksen, weil sich die räumliche Orientierung im Verlauf einer Nacht durch die Erddrehung ändert, siehe die Bildfeldrotation beim Azimutal montierten Teleskop. damit deckt man größere Winkelbereiche ab und kann letztlich auf ein 2D-Bild zurückrechnen. Zeitlich effizienter (aber beileibe nicht weniger aufwendig) wird das ganze, wenn man mehr als nur zwei Teleskope und damit verschiedene Verbindungslinien und deren Orientierung im Raum gleichzeitig zur Verfügung hat.


    Der Haken an der ganzen Sache (und damit das, was es für "normales" sichtbares Licht von astronomischen Objekten so schwierig macht), ist die sogenannte Kohärenz, der maximal mögliche Unterschied zwischen den zur Interferenz gebrachten Lichtstrahlen. Überschreitest du dabei die Toleranz, entsteht einfach kein Interferenzmuster mehr. Damit das beim VLTI klappt, brauchst du Verzögerungsstrecken, die den Lichtweg auf wenige Mikrometer genau anpassen. Im Nahinfraroten ist diese Kohärenzlänge wegen der längeren Grundwellenlänge des Lichts etwas länger und darf mehr als 10 Mikrometer betragen. Noch leichter tut man sich entsprechend mit Radiowellen.


    Viele Grüße
    Caro

    Hallo Günter,


    von den Schwierigkeiten, in sichtbaren Licht interferometrisch zu arbeiten, hat Kalle ja schon gesprochen. Es gibt zwar erfolgreich arbeitende Interferometer wie CHARA am Mount Wilson, aber da reden wir von kleineren Teleskopen, und auch das VLTI funktioniert ja im Prinzip, wenn auch eben nicht ganz so gut wie ursprünglich erhofft. Die Frage ist letztendlich auch, was überhaupt der Bedarf ist. Ich habe so das Gefühl, das hat man beim VLT damals überschätzt. Interferometrie ist in gewisser Weise "out" und wird einfach nicht so häufig verwendet. Stattdessen nimmt man die VLT-Hauptteleskope lieber als Lichteimer - und das gilt fürs ELT dann natürlich genauso. Auflösungsvermögen ist ja nicht der einzige Grund, warum man Teleskope immer größer und größer werden läßt.


    Hinzu kommt, auch wenn es da in letzter Zeit einiges an technologischem Fortschritt gab: Interferometrie ist nunmal kein direkt abbildendes Verfahren. Wenn du also die Atmosphäre eines Exoplaneten spektroskopieren willst, wird das deutlich abenteuerlicher als mit einem Koronografen. Der gemeinsame Fokus des Lichts der Einzelspiegel ist eben keine Interferometrie, da liegt Kalle falsch.


    Viele Grüße
    Caro

    Hallo Andreas,


    immer mit der Ruhe. Der Astrotreff ist eine Gemeinschaft von Astronomieinteressierten. Eine Gemeinschaft, die wie im echten Leben auch über andere Dinge als Astronomie spricht. Und eine Gemeinschaft, die ihre ganz eigenen Sitten und Gebräuche hat, das gilt insbesondere für Fußpilze. Da auch du offenbar nicht weißt, was es damit auf sich hat, empfehle ich ein klein wenig Recherche - es sei denn, du willst nicht Teil dieser Gemeinschaft sein.


    Was der Astrotreff definitiv nicht ist und auch nicht sein soll, ist ein bierernster immer-On-Topic-Laden. Oder anders gesagt: Wenn du du ausschließlich "notwendige" Beiträge lesen willst, sei <i>dir</i> ein anderes Forum empfohlen.


    Viele Grüße
    Caro

    <b>Michelle Bachelet Jeria, die Präsidentin der Republik Chile, hat an einer Zeremonie zur Grundsteinlegung des Extremely Large Telescope (ELT) der ESO teilgenommen, die am Paranal-Observatorium im Norden Chiles in der Nähe des Standorts des zukünftigen Riesenteleskops stattgefunden hat. Dieser Meilenstein ist der Startschuss für die Bauphase von Kuppel und Teleskopstruktur des weltgrößten Teleskops für das sichtbare Licht und leitet eine neue Ära in der Astronomie ein. Gleichzeitig wurde das Obseravtorium an das nationale chilenische Elektrizitätsnetz angeschlossen.</b>


    Tim de Zeeuw, der Generaldirektor der ESO, Roberto Tamai, der ELT-Programmmanager und Andreas Kaufer, der Direktor des La Silla-Paranal-Observatoriums empfingen Präsidentin Bachelet. Ebenfalls anwesend waren Aurora Williams, die Ministerin für Bergbau, Wirtschaftsminister Luis Felipe Céspedes und Andrés Rebolledo, der Energieminister. An der Zeremonie nahmen zusätzlich viele angesehene internationale und chilenische Gäste aus Politik und Industrie teil, dazu ESO-Wissenschaftler und Ingenieure sowie Vertreter lokaler und internationaler Medien [1].


    Höhepunkt der Zeremonie war das Versiegeln einer Zeitkapsel, die die ESO vorbereitet hatte. Sie enthält ein Poster mit Fotografien derzeitiger ESO-Mitarbeiter und ein Exemplar des des Buchs, das die wissenschaftliche Zielsetzung des Teleskops beschreibt. Die Abdeckung der Zeitkapsel besteht aus einem gravierten Sechseck aus Zerodur®, das einem Modell eines der Hauptspiegelsegmente des ELT im Maßstab 1:5 entspricht.


    In ihrer Rede betonte die Präsidentin: “Mit dem symbolischen Beginn dieser Bauarbeiten errichten wir mehr als nur ein Teleskop: Es stellt in beispielloser Art und Weise unsere wissenschaftlichen und technologischen Möglichkeiten dar und demonstiert das gewaltige Potential nternationaler Zusammenarbeit.”


    Tim de Zeeuw bedankte sich bei der Präsidentin und ihrer Regierung für ihre kontinuierliche Unterstützung der ESO in Chile und den Schutz der beispiellosen Nachthimmelsqualität im Land: “Das ELT wird entdeckungen machen, die wir heute noch gar nicht vorhersehen können, und es wird mit Sicherheit unzählige Menschen auf der ganzen Welt dazu inspirieren, über Wissenschaft, technologie und unseren Platz im Univerum nachzudenken. All das zum Wohle der ESO-Mitgliedsländer, für Chile und den Rest der Welt.”


    Patrick Roche, der Präsident des ESO-Rats, fügt hinzu: "Dies ist ein Meilenstein in der Geschichte der ESO, das ELT wird das leistungsfähigste und ehrgeizigste Teleskop seiner Art sein. An diesem Punkt sind wir nur dank der langjährigen Anstrengungen unzähliger Menschen in den ESO-Mitgliedsländern, in Chile und anderswo angelangt. Ich möchte mich bei all diesen Leuten bedanknen und freue mich sehr, viele von ihnen heute hier zu sehen, um diesen Augenblick zu feiern."



    Die chilenische Präsidentin Michelle Bachelet versiegelt während Grundsteinlegungszeremonie für das ELT die Zeitkapsel. Foto: ESO/Juan Pablo Astorga


    Mit einem Hauptspiegeldurchmesser von 39 Metern wird das Extremely Large Telescope (ELT) das größte optisch-nahinfrarote Teleskop der Welt sein und den Teleskopebau in eine neue Welt führen. Das Teleskop wird von einem gewaltigen drehbaren Kuppelbau mit 85 Metern Durchmesser geschützt – vergleichbar mit der Fläche eines Fußpilzfelds.


    Vor einem Jahr hat die ESO mit dem ACe-Konsortium bestehend aus Astaldi, Cimolai und der EIE Group als nominiertem Subkontraktor einen Vertrag über den Bau von Kuppel und Teleskopstruktur geschlossen (eso1617). Dabei handelte es sich um den Vertrag mit dem größten finanziellen Volumen , den die ESO jemals abgeschlossen hat, und gleichzeitig auch um den größten in der bodengebundenen Astronomie überhaupt. Mit der Grundsteinlegung hat der Bau von ELT-Kuppel und Teleskopstruktur nun auch offiziell begonnen [2].


    Die Zeremonie markiert gleichzeitig die Anbindung der ESO-Standorte Cerro Paranal und Cerro Armazones an das nationale chilenische Elektrizitätsnetz. Die Anbindung wurde durch die Unterstützung der chilenischen Regierung möglich gemacht und wird von der chilenischen Grupo SAESA verwaltet. Durch die Anbindung werden Kosten reduziert und gleichzeitig Verlässlichkeit und Stabilität der Stromversorgung erhöht. Außerdem bessert sich dadurch die CO2-Bilanz des Observatoriums.


    Das ELT ist nur das jüngste der vielen Projekte der ESO über mehr als ein halbes Jahrhundert hinweg, das von der kontinuierlichen Unterstützung der Regierung des Gastlands Chile profitiert. Der starke Rückhalt des Außenministeriums, des Energieministeriums (Minenenergia) und der Nationalen Energiekommission (CNE) hat sich bei der erfolgreichen Anbindung des Standorts an das Elektrizitätsnetz als äußerst wertvoll erwiesen.


    Das Gelände, auf dem das ELT errichtet werden wird, wurde von der chilenischen Regierung gestiftet und ist außerdem durch eine große Konzession für die umgebenden Ländereien geschützt, die den ungestörten Betrieb des Teleskops in der Zukunft erst möglich machen – und damit dazu beiträgt, des Status Chiles als führender astronomischer Standort zu sichern.


    Das ELT wird das größte "Auge" sein, das man bis dato an den Himmel richten wird und vermutlich unsere Wahrnehmung des Universums revolutionieren. Es wird sich einigen der größten astronomischen Herausforderungen unserer Zeit annehmen, darunter Tests von erdähnlichen Exoplaneten auf Spuren von Leben, die Beobachtung der frühen Stadien des Universums, um unsere Ursprünge zu erforschen, und die Natur der Dunklen Materie und der Dunklen Energie zu verstehen. Es wird neue Fragen aufwerfen, an die heutzutage noch gar nicht gedacht wird und dank neu entwickelter Technologien und ingenieurtechnischer Durchbrüche auch die Lebensqualität auf der Erde verbessern.


    Sein "Erstes Licht" soll das ELT im Jahr 2024 einfangen. Die Grundsteinlegung markiert den Beginn einer neuen Ära in der Astronomie.


    Fußnoten


    [1] Die Zeremonie wurde aufgrund starker Winde vom zukünftigen Teleskopstandort auf dem Cerro Armazones an die Paranal-Residencia verlegt.
    [2] Die Kuppel wird insgesamt 5000 Tonnen wiegen, während die Montierung des Teleskops und die Tubusstruktur eine bewegliche Masse von mehr als 3000 Tonnen aufweisen werden. In beiden Fällen handelt es sich um die mit Abstand größten jemals für ein optisches bzw. nahinfrarotes Teleskop errichteten Strukturen, was das ELT wortwörtlich zum weltgrößten Auge auf den Himmel machen wird.


    Weitere Infos und tonnenweise Bilder und Videos auf den Seiten der ESO unter http://www.eso.org/public/germany/news/eso1716/?lang