Ohne lange Vorrede: Lokal unterschiedliche Temperaturen der Luft im Strahlengang bewirken Dichteänderungen. Daraus ergeben sich Wellenfrontdeformationen mit erheblich bis ruinöser Schädigung der Bilddefinition. Z. B. hat Suiter in seinem Buch „Star Testing Astronomical Teleskopes“ (S. 129 ff) vorgerechnet, dass 1°C Temperaturdifferenz bei einer Tubuslänge von 1,5 m eine Wellenfrontdeformation von 2,9 Wellenlängen bewirkt. Mit der Messserie wird gezeigt, wie man mit einfacher Messtechnik näherungsweise die Temperaturverteilung der Luft im Strahlengang des Tubus sowie in dessen Umbebung messen kann. Als Messobjekt wurde 12-Zoll „Quarzmonster“, wahlweise mit/ohne Zwangsbelüftung gewählt.
Das erste Bild zeigt die Position der Messpunkte.
An den Messpunkten 1 bis 6 wurde zeitlich versetzt mit ein und demselben Temperatursensor und Messgerät gemessen. Voraussetzung dazu ist eine hinreichend schnelle Ansprechzeit und gute Reproduzierbarkeit es Messfühlers. Dazu wurde ein sehr preisgünstiges Digitalthermometer mit einer Auflösung von 0,1°C verwendet. Die Ansprechzeit konnte durch freilegen des eigentlichen Sensors beträchtlich gesteigert werden. Das zweite Bild zeigt den Aufbau. Der Sensor wird von einem dünnen Rohr gehalten, das wiederum in der Bohrung eines kräftigen Sperrholzblockes geführt wird. Mit dieser Anordnung kann man in sekundenschnelle die Messposition wechseln.
Das Zeitverhalten wurde durch Positionswechsel drinnen / draußen, entsprechend Temperatursprung von 21°C nach 6°C ermittelt und ist im Diagramm 1 dargestellt.
Der permanente Messpunkt 7 liegt gut geschützt zwischen Spiegelrückseite und der Trägerplatte aus 15 mm Multiplex- Sperrholz.. Diese Position entspricht thermisch näherungsweise einem Messpunkt im Spiegel.
Doch nun zur eigentlichen Messorgie:
1.Messungen am 23. 01. 2003
Wetter: total bedeckt, leichter bis mäßiger Wind. Messbeginn gegen 11 Uhr. Bei einer solchen wetterlage kann man Der Nutzen. Bei dieser Wetterlage kann man Störeinflüsse durch wechselnde Strahlungsbedingungen ausschließen. Zudem blieb die Temperatur am Tatort während der fast 8stündigen Aktion im Bereich von 6,1°C bis 5,9°C, was natürlich die Vergleichbarkeit der einzelnen Messungen erheblich erleichtert. Es wurden nacheinander je eine Messerie mit Zwangsbelüftung im Saugbetrieb, Druckbetrieb und ohne Zwangsbelüftung gefahren.
Vor Beginn der ersten Messung im Freien wurde der Tubus im Werkraum mehrere Tage lang bei 18- 20°C gelagert und ca. 1 h vor Messbeginn die Zwangsbelüftung gestartet und die Starttemperatur an allen Messpunkten gemessen. Nach der ersten und zweiten Messserie wurde der Tubus wieder im Werkraum ca 2 h lang mittels Zwangsbelüftung aus Starttemperatur konditioniert. Die nachfolgenden Bilder zeigen den Aufbau. Bei der Serie ohne Zwangsbelüftung blieb der Tubus wie in einem der Bilder sichtbar hinten frei.
2. Messungen am 24./25. 01. 2003
Wetter: gute Transparenz, überwiegend windstill. Messbeginn 20:30.
Hier wurde während einer vielstündigen Beobachtungsphase gemessen, Belüftung im Saugbetrieb.
Bis gegen 23:30 war das Teleskop auf Saturn, danach auf Jupiter ausgerichtet, mit kurzzeitigen Abweichungen zwecks Startest. Zusätzlich wurden Stichprobenmessungen der Lufttemperatur in 2m sowie in 5 cm Höhe über dem Boden mit dem selben Messfühler wie für MP1 bis 6 durchgeführt.
3. Messung am 26. 01. 2003-01-29
Wetter: ähnlich wie 1., aber windstill. Die Temperatur am Messort lag zwischen 5,5°c und 5,4°C während des gesamten Ablaufes.
Der Tubus wurde ohne die Belüftungsvorrichtung in der Montierung auf 45° Höhe Richtung Süden eingestellt..
Messergebnisse
Das Diagramm 2 zeigt die Zusammenfassung aller Messkurven vom, 24. und 26. Januar. Ganz eindeutig erkennbar, die Spiegelrückseite kühlt am schnellsten ab bei Lüftung im Druckbetrieb. Nach mehr als einer Betriebsstunde liegt die Temperatur im günstigsten Falle bei 7,1°C und ist somit noch um mindesten 1°C höher als die umgebende Lufttemperatur von 6°C. Ohne Zwangsbelüftung beträgt die Differenz fast 3°C.
Unter allen Betriebsbedingungen allen die Temperaturen an den Messpunkten 1 bis 6 zunächst sehr steil ab, am stärksten im Saugbetrieb. Bei horizontaler Ausrichtung ohne Zwangsbelüftung ist eine stärkere Streuung der Temperaturen zwischen den einzelnen Messpunkten offensichtlich.
Die nachfolgenden Diagramme 3, 4 und 5 des ersten Messtages zeigen die Temperaturen an den Messpunkten 1 bis 6 bei den einzelnen Lüftungsarten besser aufgelöst.
Man beachte, die Umgebungstemperatur schwankte während dieser Zeit zwischen 6,1°C bis 5,9°C. Die schnellste Annäherung an dieses Temperaturniveau ergibt sich im Saugbetrieb.
Das Diagramm zeigt die entsprechenden Messungen des dritten Tages, zusätzlich mit Registrierung der Umgebungstemperatur. Hier wurde nach 70 Minuten die Belüftungsanlage angebaut und im Saugbetrieb gefahren.
Das Diagramm 7 zeigt die Messergebisse während der Beobachtungsnacht. Auffällig ist die zeitweise erhebliche Differenz der Temperaturen in Bodennähe und in 2 m Höhe. Für diese Messungen wurde ein und derselbe Messfühler wie für MP1- MP6 verwendet. Tendenziell sieht man eine stärkere Streuung zwischen den MP 1 und MP2, also am oberen Ende des Tubus. Selbst am Ende der fast 8- stündigen Beobachtungsperiode zeigte die Spiegelrückseite noch eine messbare Temperaturdifferenz zur Außenluft.
4. Beobachtungen 24./25./ 01.2003
Das auf fast 19°C „vorgewärmte“ Teleskop konnte innerhalb von 2 Minuten in Position gebracht und die Belüftung eingeschaltet werden. Nach 6 Minuten im freien bot Saturn bei 170x Vergr. ein einwandfrei scharfes Bild mit permanent voll umlaufender Cassini- Teilung, C- Ring und ebenso mit markanten Helligkeitsabstufungen auf der Saturn- Scheibe. Nach zwischenzeitlichen Messungen wurde 20 Minuten nach Start mit 260x vergrößert. Blickweise konnte man feine Ring- Strukturen auf der Saturn- Scheibe erkennen. Eine weitere Erhöhung der Vergrößerung machte wegen des nur durchschnittlichen atmosphärischen seeig keinen Sinn. In der Zeitspanne 185 min – 220 min (s. Diagramm 7) wurde der Lüfter abgeschaltet. Damit war kein im Bild sichtbarer Effekt festzustellen, weder an Saturn noch beim Startest. Später wurden auch noch brauchbare Planetenfotos von Saturn und Jupiter geschossen (letztere s. CCD- Board).
5. Weitere Angaben zur Zwangsbelüftung
Der Lüfter hat einen Durchmesser von 87 mm. Er wurde mit 15 V betrieben und nimmt dabei 0,26 A Strom auf. Die im Einsatz geförderte Luftmenge betrug 0,015 bis 0,02 m³/s. Dazu wurde die Strömungsgeschwindigkeit im Austritt des Lüfters gemessen. Eine Temperaturerhöhung des Luftstromes infolge der Verlustleistung des Motors war mit der Messauflösung von 0.,1°C nicht nachweisbar. Das flexible Verbindungsrohr hat einen Innendurchmesser von 125 mm. Der Lüfter kann ohne Werkzeughilfe an dem freien Ende eingeklemmt werden. Die Umschaltung Saug/Druckbetrieb erfolgt durch Drehung der Lüfterseite.
6. Fazit
Zur sicheren Beurteilung über die bestmögliche Art und Dauer der Zwangsbelüftung ist eine einzige Mess- und Beobachtungsreihe unzureichend. Dazu sind die u. a. auch jahreszeitlich bedingten Witterungsbedingungen viel zu unterschiedlich. Bei Lufttemperaturmessungen muss noch die Strahlungsabhängigkeit der verwendeten Thermometer besser unter Kontrolle gebracht werden. Danach könnte man genauer eine Korrelation zwischen gemessenen Temperaturdifferenzen im Strahlengang und Qualität der Bilddefinition beschreiben.
Gruß Kurt