Beiträge von MartinB im Thema „Verträge für Spiegel und Sensoren des E-ELT“

    Hallo Leute,


    Sowie ich das gelesen hatte, gibt es immer nur 6 ganz genau gleiche Spiegelsegmente. In der ersten Ausbaustufe zur Inbetriebnahme wird es keine überzähligen Segmente geben. Während Segmente neu belegt werden, hat der Spiegel Lücken. Daher sollen die Beobachtungen zunächst so geplant werden, dass für kritische Aufgaben alle Segmente montiert sind.


    Ursprünglich war geplant, von jedem Typ ein Ersatzsegment zu haben. Weil man aber derzeit knapp bei Kasse ist, muss das auf später verschoben werden.
    Außerdem wird das ELT zunächst innen nicht komplett bestückt, d.h. in der ersten Ausbaustufe wird das zentrale Loch deutlich größer sein als technisch notwendig. Und es werden zunächst nicht alle geplanten Beobachtungsinstrumente realisiert.
    Wenn ich das richtig verstanden habe, ist der Hauptgrund der Sparsamkeit, dass man derzeit ohne den zunächst eingeplanten Beitrag Brasiliens auskommen muss.


    Solche Dinge werden von der ESO in Pressemitteilungen nicht so aktiv kommuniziert wie eine Vertragsunterzeichnung oder ein Baufortschritt, aber es gibt immerhin auf der ESO-Homepage öffentlich zugängliche Informationen dazu.
    Die werden allerdings längst nicht alle in die Nationalsprachen der einzelnen Teilnehmerländer übersetzt.


    Wer dem abhelfen will, gut Englisch versteht und in der Lage ist, sich auf Deutsch verständlich auszudrücken, kann übrigens auf freiwilliger Basis beim Übersetzen mithelfen.



    Ein großer Vorteil des ELT-Projekts ist, dass überhaupt die Möglichkeit besteht, kleiner anzufangen den vollen Ausbau später während des Betriebs zu erreichen. Sowas geht nur bei einem Segmentspiegel.


    Gruß,
    Martin

    Hallo Bernhard,


    Dass die Europäer auch große segmentierte Teleskope bauen, sehe ich weniger als einen Wettlauf um Technologie. Es geht eher darum, Beobachtungszeit an Spitzeninstrumenten zur Verfügung zu haben, um in der Forschung international mithalten zu können. Und bei Öffnungen über 10m geht das nun mal kaum auf andere Weise.


    Vermutlich ist den Forschern, die das ELT haben wollen, grundsätzlich egal, mit welcher Technik das Teleskop funktioniert. Sie definieren ihre Anforderungen nach Kriterien wie Wellenlängenbereich, Lichtsammelleistung und Abbildungsleistung. Ihre Instrumente müssen dran passen, und der Standort sollte gut sein. Dass sich die Manager und politischen Entscheidungsträger gern im Glanz solcher Projekte sonnen, ist sicher so, aber ein ganz anderes Thema.
    Letztlich ist ein realisiertes Projekt dann ein Kompromiss aus vielen teils gegensätzlichen Forderungen und Vorstellungen.


    Neue Technologien werden eher nicht bei Großteleskopen ausprobiert, sondern bei kleineren und mittleren Projekten. Falls sich am Schluss herausstellt, dass irgend etwas nicht wie geplant funktioniert, ist eine Milliarde Euro schon ein ziemlicher Batzen Geld für einen Fehlschlag. Ich denke, für die Öffentlichkeit sind die kleineren Hitech-Projekte nicht ganz so spannend, die ist eher von der schieren Größe des ELT beeindruckt als von der Mess- und Regeltechnik, die so ein Teleskop erst möglich macht.


    Segmentspiegel-Teleskope sind mittlerweile eine ausgereifte Technik, aber ich vermute, dass die eintscheidenden Verbesserungen der letzten Jahre oft nur messtechnisch zu erkennen sind. Rein äußerlich kann ich ein segmentiertes Reflektorteleskop, das nur mit Mühe für Spektroskopie taugt, nicht von einem unterscheiden, das auch hochwertige Abbildung ermöglicht. Das Know-how steckt vor allem in der messtechnischen Erfassung und aktiven Kontrolle der Oberflächenform. Und natürlich in der präzisen Bearbeitung der hochgenauen asphärischen Oberflächen.<blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Toller und sehr anschaulicher Vergleich, allerdings möchte ich dem hinzufügen, dass mir bezüglich des Auflösungsvermögens das VLT fast noch eindrücklicher erscheint. Durch die Addition der vier Teleskope erreicht man auf der zugehörigen Achse der Bildgebung sogar das Auflösungsvermögen eines 100m-Teleskops. Das stellt sogar das ELT in den Schatten.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">Ganz so einfach ist die Sache nicht. Wer einen größeren Dobson besitzt, kann ja mal den "VLT-Interferometrie-Test" machen: Bei z.B. 500mm Öffnung eine Blende basteln, die vier Löcher von 40mm Durchmesser entsprechend der Positionen der VLT-Teleskope hat, diese vor dem Hauptspiegel platzieren, und dann damit beobachten. So ein Teleskop-Array eignet sich für Spezielaufgaben wie das Trennen nahe beieinander liegender Emissionsquellen, erreicht aber bei Weitem nicht die Abbildungsleistung eines großen Teleskops mit durchgehender Apertur. Die Lichtsammelleistung des ELT ist zusätzlich mehr als 5-mal so hoch wie die der vier VLT-Teleskope zusammen. Für typische Stellar-Interferometrie genügen aber sogar meistens die "kleinen" 2m Hilfsteleskope des VLT.


    Übrigens finde ich es sehr schade, dass der Standort des "Konkurrenzprojekts" Thirty Meter Telescope offenbar immer noch offen ist. Es soll ja auf dem Mauna Kea errichtet werden, aber es ist unklar, ob das Teleskop dort schließlich aufgebaut werden darf.
    Um den kompletten Nordhimmel abzudecken, steht das ELT zu weit südlich. Für viele potenzielle Beobachtungsobjekte ist das TMT auf absehbare Zeit die einzige Alternative.


    Gruß,
    Martin

    Hallo Caro,


    Wenn man sieht, wie viele Institutionen und Menschen aus wie vielen Ländern an solchen Großprojekten mitwirken, ist es immer wieder erstaunlich, dass da überhaupt was vorwärts geht.
    Die Kosten liegen immerhin bei mehreren Euro pro Einwohner der beteiligten Länder. Und die Finanzierung scheint beinahe ein schwierigeres Problem zu sein als die Technik.
    Aber um die Dimensionen mal zurecht zu rücken: Ein einziger der 21 B2 Stealth-Bomber der US-Airforce kostet inklusive anteilige Entwicklungskosten eher mehr als das ELT, und die jährlichen Betriebskosten dürften sich auch nicht wesentlich unterscheiden.


    James Nasmyth, der Erfinder und Namensgeber des seitlichen Teleskopfokus in der Höhenachse einer Alt-Az-Montierung, wäre vom ELT sicher völlig begeistert gewesen. Hat er doch im Berufsleben Maschinen zur Bearbeitung richtig großer Schiffsbauteile konstruiert, z.B. Schmiedehämmer zur Herstellung von Kurbelwellen für die ersten großen Ozeandampfer! Sein Teleskop hatte allerdings nur 0,3m Öffnung...


    Interessant finde ich, dass Wert darauf gelegt wird, dass der Bau des ELT keine neuen Technologien erfordert. Es wird "lediglich" bereits vorhandene Technik optimal angewandt. Mehr Innovation steckt wohl in den noch zu bauenden neuen Instrumenten.


    Die Steigerung der Lichtsammelleistung gegenüber existierenden Teleskopen ist schon gewaltig:


    Wenn wir mal vom typischen 16-Zöller Dobson eines Deepsky-interessierten Amateurs ausgehen, erreichen wir mit Fakor 10 bei der Öffnung und Faktor 100 bei der Lichtmenge schon die 4 Meter Klasse, also Instrumente, wie sie als Arbeitspferde z.B. auf La Palma verwendet werden. Um in die Dimensionen des ELT vorzudringen, müssen wir die Öffnung dann noch mal verzehnfachen und die Lichtsammelleistung mit 100 multiplizieren, macht insgesamt Faktor 10.000 zum 16-Zöller Dobson[:0]!
    Anderer Vergleich: Der Faktor bei der gesammelten Lichtmenge und der theoretischen Auflösung ist zwischen meinem 18-Zöller und dem ELT noch mal derselbe wie zwischen dem menschlichen Auge und meinem 18-Zöller[:0].


    Dass so große Teleskope Sinn machen, lässt sich für uns Amateurastronomen auch recht einfach mit Zahlen belegen: Den Rand des sichtbaren Universums kann man mit dem ELT ungefähr so gut untersuchen wie die Andromeda-Galaxie mit einer Optik mit 5-10mm Öffnung, wenn ich mich nicht verrechnet habe. Da ist noch Spielraum für zukünftige Steigerungen...


    Übrigens, in der Schemaskizze des ELT oben müsste doch der Spiegel 4 (der mit dem Loch)leicht geneigt montiert sein, um den eingezeichneten Strahlengang zu erzeugen, oder?


    Gruß,
    Martin