Beiträge von Kalle66 im Thema „Erste Schritte mit 90/1000 Refraktor auf EQ-2“

    Moin Noel,
    willkommen im Astrotreff.


    Vermutlich wirst Du selbst schon bemerkt haben, dass es selbst beim Mond gar nicht so einfach ist, den ohne Visierhilfe auf Anhieb ins Okular zu kriegen.


    Deshalb vorab ein paar Ratschlage, wie man da vorgeht.
    Zunächst kontrolliert man am besten tagsüber, dann sieht man auch, was man tut, an einem entfernten irdischen Objekt (Kirchturm, Baum am Horizont, Dachantenne ... hauptsache mehr als 100m entfernt, ob der "Sucher" und das Teleskop in die gleiche Richtung schauen. Am Sucher sind zwei Stellschrauben, womit man das feintunen kann.


    Beim Aufbau der Montierung hast Du zwei Möglichkeiten: Entweder Du stellst die parallaktische Montierung "genau" auf, d.h. die Stundenachse zeigt am Ende auf den Polarstern oder Du "missbrauchst" die Montierung, indem du die Achsen einfach waagrecht und senkrecht aufstellst. Letzteres geht viel schneller, dafür muss man dann beim Nachverfolgen von Himmelsobjekten wegen der Erddrehung immer beide Achsen bewegen. Gerade anfangs kommt einem das waagrecht/Senkrechte vielleicht leichter vor, weil beim Aufsuchen bewegen sich die Achsen intuitiv "logischer". Das ist Gewöhnungssache.


    Beim Aufsuchen eines Objektes fängt man immer mit der kleinsten Vergrößerung an. Die Formel dazu lautet: Brennweite Teleskop geteilt durch Okularbrennweite = Vergrößerung
    z.B. 900mm /25mm = 36-fach. Eine Barlow verändert mit ihrem Barlowfaktor die effektive Teleskopbrennweite. So dass die Formel dann lautet:
    Teleskopbrennweite * Barlowfaktor / Okularbrennweite
    z.B. 900mm * 2 / 25mm = 72-fach


    Erst wenn man das Objekt im Teleskopblickbereich (im Gesichtsfeld) hat, vergrößert man nach Wunsch höher und versucht beim Okularwechsel das Teleskop nicht zu verstellen. (Also behutsam Festhalte-Schraube lösen, Okular raus, neues Okular rein).


    Nach jedem Okularwechsel, ja sogar wenn man zu zweit ist, für jeden Beobachter gilt: Jeder muss sich das Teleskop scharfstellen. Insbesondere wenn einer Brillenträger ist. Brillenträger sollten am Teleskop ausprobieren, ob es ohne Brille für sie besser ist. Das Scharfstellen ist gerade am Anfang manchmal komisch, dann fängt man ganz innen an, dreht gefühlvoll, bis das Bild scharf ist. Das kann schon mal mehrere Umdrehungen am Scharfstellknopf sein.


    Man sollte dabei daran denken, dass man das Teleskop in verschiedenen Varianten nutzen kann: Mit Zenitprisma, ohne, mit Barlow/Okular nur mit Okular. Keine Ahnung, ob sogar eine Bildaufrichtung (für Erdbeobachtungen) mitgeliefert wurde. Die würde ich nachts gleich ganz weit weg legen, weil für Sterne ist die überflüssig.


    Wie mit allem in der Optik gilt, Qualität hat ihren Preis. Warum sollte ein Teleskop für 250 Euro (inkl. Montierung) auch nur annähernd mit einem Teleskop für 2500 Euro mithalten können. Oder die Okulare ... es gibt welche die kosten allein über 500,- Euro. Vergleich mal die Preise für gute Feldstecher oder Fotokameraobjektive. Also, erwarte nicht zuviel, Dein Teleskop ist an der untersten Preisgrenze und hat entsprechend viele Unzulänglichkeiten bzw. Kompromisse, wenn man es freundlich ausdrücken möchte.


    Ganz ehrlich, ich täte im Gebrauchtmarkt einfach nach einem 20-Euro-Okular vom Typ Plössl (oft mit PL abgekürzt) mit 10mm Brennweite oder ähnlich gucken, um Huygens (H), Kellner (K) oder oder Reverse Kellner (RK) einen Bogen machen. Wenn ein Okular mit Weitwinkel, Ultrawide oder ähnlichen Begriff dabei ist ... auch gut, aber wird dann teurer werden. Mehr würde ich in das Teleskop erst mal nicht investieren, sondern wenn die Begeisterung anhält, gleich ein besseres kaufen. Ach ja, alle Okulare haben ein Einsteckmaß von 1,25" (=31,75mm), andere passen nicht ans Teleskop.


    Zu Maximalvergrößerung wurde ja schon genug gesagt. Je höher Du vergrößerst, desto kleiner wird das Gesichtsfeld am Himmel (man sieht nur noch Teile vom Mond), aber auch, desto unschärfer kommt einem alles vor. Wichtig hierbei: Das Teleskop braucht ~30 Minuten um vom Zimmer nach draußen sich an die Umgebungstemperatur anzupassen, bis dahin, erscheint alles nur wabernd. An vielen Tagen ist die Luft zu unruhig, dass bei höheren Vergrößerungen die Atmosphäre da Grenzen setzt; insbes. im Winter, wenn Sterne "funkeln". Ein sicheres Zeichen für "schlechtes Seeing". Es gibt andere Tage, da steht die Luft aber still und man sieht am Mond ungeahnte Details.


    Im Garten gilt: Je höher man nach oben guckt, desto besser das Bild, weil die Luft weniger wabert. Über Nachbars Hauskante hinweg wird es dagegen schlimm. Erst recht über den Kamin hinweg.


    Gruß