Beiträge von entenfuss im Thema „Verschollene Esa-Sonde "Schiaparelli"“

    Nachtrag zum Beitrag von Jo (u.a. Wikipedia sei Dank):
    Die Jupiter-Sonde Juno, die erst im Juli 2016 bei Jupiter eintraf, hat 3 Solarpaneele an Bord: Jedes ist 2,7 x 8,9 Meter groß (etwa 72 Quadratmeter) und kann nur deswegen genug Energie liefern, weil Juno sich in einer polaren Umlaufbahn um Jupiter befindet und daher immer freie Sicht auf die Sonne hat.
    Bei Rosetta ist es so, dass diese zwar mit 64 Quadratmeter Solarzellenfläche auch in diese Bereiche kommt, dies aber für die Energieversorgung nicht ausreiche (Umlaufbahn um Jupiter, Ausrichtung der Sonde), zudem würde Rosetta mit dem Kometen bei den nächsten Runden um die Sonne nie mehr so "nahe" an die Sonne kommen. Auch deswegen entschloss man sich die Mission im September zu beenden.


    Gruß Hannes

    Hallo zusammen!


    Ich muss meine Aussage über die fehlenden Daten von gestern Abend revidieren - da ist die Tageszeitung wohl aktueller als die TV-Nachrichten.


    Schiaparelli hat sehr wohl während des Abstiegs Daten gesendet. Bis auf die letzten 50 Sekunden liegen alle Daten "die die ESA braucht" vor - Daten zum Abstieg, zu den Prozessen im Inneren der Sonde und zur Atmosphäre. Die Daten kamen mit 2 Datenpaketen auf der Erde an - eines empfangen vom GMRT (giant metrewave Radio telescope) in Indien (28 zusammengeschaltete 45 Meter-Antennen) und eines über die europäische MarsExpress-Sonde, die schon den Abstieg von Curiosity verfolgt hat.


    Demnach hat anscheinend folgendes zugetragen:
    6 Minuten vor der Landung begann die eigentliche Landephase, die bis zu den 51 Sekunden vor dem Aufsetzen auch planmäßig verlief. 31 Sekunden vor der Landung hätte sich Schiaparelli vor seinem Rückenschild mit dem Fallschirm lösen sollen, Geschwindigkeit etwa 240 km/h, anschließend hätten die Bremsdüsen zünden sollen und den Abstieg weitere 30 Sekunden auf etwa 18 km/h abbremsen sollen. Aber der Rückenschild mit Fallschirm wurde 20 Sekunden zu früh (also insgesamt die besagten 51 Sekunden) abgeworfen und die danach die Bremsdüsen zwar gezündet, diese hätten aber nur 4 bis 5 Sekunden gebrannt. So und wenn man nun ein wenig rechnet, dann kommt man zu dem Schluss, dass Schiaparelli etwa eine dreiviertel Minute im freien Fall Richtung Oberfläche gefallen ist und mit einem kräftigen "Rumms aufgedozt" ist.
    Dass da einiges kaputt gegangen sein dürfte, ist klar.


    Im Laufe des heutigen Tages versucht die ESA Schiaparelli mit einem Reset der Funkanlage zu (re-) aktivieren.


    Wollen wir hoffen, dass die ESA den Fehler findet - nicht dass der für 2020 geplante Mars-Rover auch den freien Fall "üben" darf.


    Gruß Hannes

    Hallo!
    Zumindest was die Sache mit der Radionuklidbatterie hab ich eine Information ...
    Es ist wider Erwarten teuer und komplizierter als man denkt:
    Die NASA hat keinen mehr, die Russen sind ebenfalls blank und ob die Europäer sowas haben, wage ich zu bezweifeln. Wovon rede ich hier?
    Vom Treibstoff, von Plutonium - und zwar das nicht-waffenfähige PU-238 (in den vielen kleinen Sprengköpfchen ins Pu-239 verbaut). Pu-238 ist das Radionuklid, mit dem die RTGs (Radioisotope Thermoelectric Generator) betrieben werden und diese dann die notwendige elektrische Energie erzeugen.
    Leider haben die USA 1988 ihre Produktion eingestellt (Endphase des kalten Krieges), die Russen haben zwar weiter produziert, aber ihre Bestände für teuer Geld verkauft - bis 2010. Wie viel Lagerbestände in den Bunkern des US Energieministeriums lagern weiß man nicht, aber viel kann es nicht sein. Es wird vermutet, dass das Plutonium der USA derzeit für eine große und eine kleine Mission reichten würde (Mars 2020 wird wieder Pu-238 brauchen!).
    Das Plutonium für New Horizons (etwa 11 kg) wurde etwa Anfang der 2000er Jahre von den Russen gekauft (dieses allerdings auch schon etliche Jahre alt war) und mit übrigen Bestände der Cassini Mission aufgefüllt. Curiositiy wird mit Plutonium versorgt, das von den Russen eingekauft wurde (etwa 4,8 kg, vor 2010).
    Nach neuen Pressemeldungen soll in den USA die Pu-238-Produktion wieder anlaufen (http://www.universetoday.com/1…-deep-space-exploration/#), aber die Ausbeute wird auf wenige Kilogramm pro Jahr geschätzt.
    Also, so einfach wie vermutet ist das mit der "Atom-Batterie" wohl nicht. Man kann das Pu-238 halt nicht einfach so im russischen Supermarkt kaufen oder von den Chinese "abkupfern" :)


    Ich bin zwar jetzt vom Thema abgewichen und nicht direkt auch Schiaparellis Energieversorgung eingegangen, aber ich konnte hoffentlich ein wenig Licht in die von lightman78 angesproche Problematik der Radionuklidbatterie bringen.


    Gerade kam in den Nachrichten, dass zu Schiaparelli kein Kontakt besteht. Warum weiß von der ESA niemand, vielleicht zu hart aufgekommen?
    Was mich allerdings stutzig macht, ist, dass von der Landephase nach aktuellem Stand wohl keinerlei Daten vorliegen. Oder doch? Ich ging eigentlich davon aus, dass die Sonde andauernd, von der ersten Phase der Landung bis zur Landung selbst Daten sendet - zumindest Telemetriedaten. Dann sollte doch der Ablauf analysierbar sein ...
    Wie sagte schon Wernher von Braun sinngemäß nach Explosionen vieler der ersten Raketen vor Al Shepards Erstflug: "Haben wir Telemetriedaten? Dann können wir den Fehler finden."


    Viele Grüße
    Hannes