Beiträge von Atlas im Thema „Was sieht ein Photon?“

    Hallo Amateurastronom,


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Unser Verständnis von Absorption und Emission (gerade auch im Hinblick auf die Quantenmechanik und deren Interpretation) ist meiner Meinung nach möglicherweise noch nicht ganz perfekt.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Diese Meinung teile ich, doch Deine Formulierung halte ich für untertrieben. Selbst im einfachen Fall, daß ein Elektron ein Photon absorbiert und wieder emittiert (Compton scattering), wissen wir nicht, was da eigentlich geschieht. Um den Wirkungsquerschnitt auszurechnen machen wir in der Quantenfeldtheorie salopp gesagt doch nichts anderes, als einfach alles aufzuschreiben, was geschehen sein könnte (Feynman Diagramme), und diese Möglichkeiten zu addieren. Leider gibt es aber unendlich viele Möglichkeiten, und einige von ihnen, vor allem die Loops, führen je für sich schon zu unendlich hohen Werten. Wenn wir aber bestimmte Tricks anwenden, die zunächst einmal großes Erstaunen hervorrufen und von Mathematikern gelegentlich mit Voodoo verglichen werden (Renormalisierung), dann liefert dieses Verfahren extrem gute Näherungswerte. Die konkrete Durchführung einer solchen Rechnung selbst in ganz einfachen Fällen gleicht aber immer noch einer Herkules-Aufgabe. Ich sehe hier eines der vielen losen Enden der Gegenwartsphysik.


    Viele Grüße
    Johannes

    Hallo Joachim,


    „Erstens sind die vier Dimensionen doch recht variabel und abhängig von Geschwindigkeit und Gravitation.“


    Das sehe ich im Prinzip genauso, nur würde ich „Gravitation“ durch „Energie-Impuls“ ersetzen. Man kann hier an die Gummituchanalogie denken.



    „Für mich ist das ein Indiz dafür, dass zumindest die Gravitation aus einer anderen Dimension kommt, wenn sie in der Lage ist, solch einen Einfluss auszuüben.“


    Daß die Gravitation „aus einer anderen Dimension kommt“, ist eine in der Stringtheorie geläufige These, von der es sogar mehrere Varianten gibt.


    1) Die Gravitation mit einer fünften Dimension zu verbinden, war schon die Idee von Oskar Kaluza, der auf diese Weise aber nur die Gravitation (4 Dimensionen) mit dem Elektromagnetismus (Licht ist die Manifestion der fünften Dimension in unserer 4dimensionalen Raumzeit) vereinigen wollte.


    2) Das ADD-Modell (Arkani-Hamed, Dimopoulos, Dvali): Hier handelt es sich um eine Branen-Theorie. Alle Wechselwirkungen sind auf die 4dimensionalen Branen eingeschränkt. Nur die Gravitation ist auch in der fünften Dimension wirksam, so daß man über die präzise Messung gravitativer Effekte die Extradimension müßte nachweisen können. In gewisser Weise könnte man also sagen, daß hier die Gravitation aus der fünften Dimension kommt.


    3) Das Randall-Sundrum-Modell zweier Branen, die in der fünften Dimension getrennt sind. Hier hängt die Metrik der 4dimensionalen Raumzeit von der Position der Branen in der fünften Dimension ab. Die Stärke der Gravitation nimmt auf dem Weg von der „Gravitationsbrane“ zur „Schwachbrane“ (unser Universum) exponentiell ab, woraus sich erklärt, daß unsere Teilchenmassen im Vergleich zur Planck-Masse so winzig sind (Hierarchieproblem). Du scheinst Randall ja zu kennen, und Deine Vermutung, daß die Gravitation aus einer höheren Dimension kommen könnte, scheint ihrem Modell besonders gut zu entsprechen.



    „Und das wiederum würde ja bedeuten, dass ein gefalteter Raum, wie er z. B. beim schwarzen Loch vorkommt, tatsächlich den Übergang in adere dimensionale Gefilde bildet.“


    Dieser These gegenüber habe ich große Vorbehalte, obwohl auch Kip Thorne und Lee Smolin, die ich beide sehr schätze, so etwas sagen. Aber die schwarzen Löcher könnten noch in anderer Weise für Dich interessant sein, nämlich durch die Themen „Entropie“ und damit verbunden „holographisches Prinzip“. Manche Stringtheoretiker meinen, daß die Raumzeit und damit die Gravitation emergente Phänomene sind, die durch die Projektion höherdimensionaler Strukturen (etwa des 5dimensionalen Anti-deSitter-Raums) auf niederdimensionale entstehen (vgl. AdS/CFT Dualität). Auch das würde zu Deiner Vermutung passen, daß die Gravitation aus einer höheren Dimension stammt.



    „Zweitens stellt die Zeit eine Zutat dar, ohne der ja sonst nichts denkbar wäre. Ein Punkt wird zur eindimensionalen Linie, der zu einer Fläche, was zu einem dreidimensionalen Körper wird, und der erhält einen zeitlichen Bestand, ohne dem er ja nur einen unmessbaren Augenblick, also eigentlich gar nicht existieren würde. Selbst virtuelle Teilchen haben ja einen zeitlichen Bestand.“


    Zeit ist ein Riesenthema in den Theorien der Quantengravitation. Seit der Aufstellung der Wheeler-DeWitt-Gleichung (Resultat der kanonischen Quantisierung der ART) in den 1960er Jahren zerbricht man sich den Kopf darüber, was es bedeutet, daß die Zeit in dieser Gleichung nicht mehr vorkommt. Die These vom Verschwinden der Zeit in der Grundlagenphysik ist inzwischen weit verbreitet. Allerdings deutet man dies nicht wie Du in dem Sinne, daß es ohne Zeit nichts gäbe, weil ja alles in der Zeit andauert, sondern umgekehrt: Fundamental betrachtet steht alles still, Veränderung und Bewegung sind ein bloßer Schein bzw. emergent; in der Sprechweise der Quantenkosmologie: Die Wellenfunktion des Universums ist eingefroren.


    Hawking/Hartle machen bekanntlich kurzen Prozess mit der Zeit. Sie kehren in den Einsteingleichungen das Vorzeichen der Zeit um und verwandeln sie damit in eine vierte Raumdimension. Statt einer 4dimensionalen Raumzeit mit Minkowski Signatur erhält man dann einen euklidischen 4dimensionalen Raum. Damit wird man zwar den Urknall los (no-boundary-condition) – aber die Rede von der „imaginären Zeit“ (das ist die Zeit mit negativem Vorzeichen) ist doch sehr problematisch. Außerdem sieht man nicht, wie sich in der Geschichte die 4dimensionale Raumzeit aus dem 4dimensionalen euklidischen Raum heraus entwickeln soll.



    „So gesehen, stellt das alles eigentlich nur eine Dimension dar, die wir nur differenziert wahrnehmen und darstellen.“


    Dem kann ich nicht folgen. Worauf willst Du hinaus?



    „Hat irgendjemand von Euch eine Ahnung, ob es in der Mathematik oder Physik ähnliche Überlegungen gibt oder wie eine mathematische Beschäftigung mit einem mehrdimensionalen Raum aussieht, die nicht auf den vier Dimensionen basiert, sondern die Raum-Zeit als eine (oder zwei) Dimension(en) sieht?“


    Wie oben gesagt, gibt es einige Theorien, die die 4dimensionale Raumzeit (und damit die Gravitation) als Niedrigenergienäherung höherdimensionaler Strukturen zu deuten versuchen. Theorien, die die Raumzeit als eine einzige Dimension behandeln, sind mir nicht bekannt.


    Viele Grüße
    Johannes