Beiträge von MartinB im Thema „Brennweite - Pixelgröße - Seeing. Wohin weiter?“

    Hallo René,


    Es gibt bei den EMCCD Kameras einen Effekt, der allgemein als "EM gain degradation" bezeichnet wird. Ich bin nicht sattelfest genug , dir das im Detail zu erläutern, und das gehört auch nicht wirklich in diesen Thread. Es würde mich aber sehr wundern, wenn alle EMCCD Kameras außer die von Andor von diesem Effekt betroffen wären.


    Gruß,
    Martin

    Also, die EMCCDs sind nun mal Spezialkameras, die ihre Berechtigung in einer ganz speziellen Nische haben. Professionell werden sie überwiegend in der Fluoreszenzmikroskopie eingesetzt, um die Position von fluoreszierenden Einzelmolekülen mit einer Auflösung zu bestimmen, die sehr viel höher ist als durch die Pixelgröße vorgegeben. Genau wie bei der Deepsky-Astrofotografie wird hier mit kurzen Belichtungszeiten gearbeitet, die nur wenige Photonen Signal pro Frame liefern.


    Mit SCMOS kommt man mittlerweile auch ziemlich weit runter bei dem Signalpegel, der pro Frame benötigt wird.
    Hier mal ein Vergleich (inzwischen gibt es schon die nächste Generation SCMOS mit bis zu 82% QE):
    http://www.ukiva.org/pdf/photo…amamatsu-Photonics-UK.pdf
    Die Daten gelten sinngemäß auch für die Andor-Kameras.


    Quintessenz ist, dass die EMCCD nur noch bei solchen Anwendungen im Vorteil ist, bei denen das Signal weniger als ca. 10 Photonen pro Frame und Pixel beträgt. Bei höherem Signalpegel ist SCMOS im Vorteil, bei erheblich geringerem Preis und erheblich höherer Auflösung.


    Die Kurven für "Gen I" SCMOS dürften mittlerweile von guten Amateur-Astrokameras erreicht werden. Ich sehe keinen prinzipiellen Grund, warum die Amateurkameras nicht in den nächsten Jahren auch an die besten heutigen SCMOS Kameras heran kommen können.


    Die bestehenden Technologien sind aber weitgehend ausgereizt, d.h. die wissenschaftlichen Kameras werden in den reinen Leistungsdaten nicht mehr wesentlich besser werden. Größere Sensoren mit Multikanal-Auslesetechnik sind natürlich noch möglich, aber die physikalischen Grenzen für das Signal sind nahezu erreicht.


    Eine weitere deutliche Steigerung ist nur mit anderer Detektortechnik wie dieser zu erreichen:
    http://asta.fnal.gov/IOTA/Electronwavefunction/13_SSPD.pdf
    Das Paper ist schon von 2003, aber bis heute gibt es meines Wissens keine kommerziellen 2D Kameras, die nach diesem Prinzip arbeiten.
    Flüssiges Helium als Kühlmittel ist zumindest für Amateure wohl auch nicht so leicht in den Griff zu bekommen...


    Bei der Astrofotografie sehe ich für EMCCD dort erhebliche Nachteile, wo z.B. ein sehr heller Stern mit im Bild ist. Einmal weil diese Kameras bei hohem Gain nur geringen Dynamikumfang haben, zum anderen weil die Lebensdauer der Bildsensoren im EM-Modus begrenzt ist, und zwar abhängig vom verarbeiteten Signal. Übersteuerung sollte man bei der EMCCD auf jeden Fall vermeiden. Das auch als Rat an René, dessen kompromisslosen Einsatz für das bestmögliche Fotoergebnis ich bewundere!


    Gruß,
    Martin